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Wolfram Pfreundschuh (1979)

Der Reichtum der bürgerlichen Gesellschaft

 

Vorwort der Herausgeber

 

In der Studentenbewegung war der Marxismus in einem völlig neuen Umfang zur Welt gekommen. Nicht in der Tradition einer Arbeiterbewegung, nicht als Selbstbewußtsein der Arbeiterklasse, sondern in der Selbstfindung der sogenannten Intelligenz war eine radikale Kritik entstanden, die nicht nur Ausdrucksformen der bürgerlichen Gesellschaft angriff, sondern das Ganze ihres Lebenszusammenhangs von dem Standpunkt aus in Frage gestellt hatte, der im Leiden der enthaupteten Bedürfnisse und der tristen Öde eines abgestorbenen Reichtums den Protest gegen die Wertvorstellungen des Bürgers, gegen das Selbstbehauptungsinteresse der bürgerlichen Wissenschaft und gegen die Manifestation persönlicher oder psychischer Gewalt (in der Kritik der Kleinfamilie) gegründet hatte.

Von diesem Ausgangspunkt her war eine Auseinandersetzung mit der Marxschen Theorie folgerichtig, in welcher eine Beziehung der subjektiven Lebenskräfte, wie sie am Menschen selbst erscheinen und der Objektivation einer Gesellschaft, in welcher diese Kräfte in den Gegenständen und Existenzinhalten, kurz, im gegenständlichen Leben der Menschen erscheinen, gesucht wurde.

Der Umfang der Marxschen Kritik an dieser Gesellschaft schien in einer doppelten Dimension wieder ans Licht zu treten. Nach der Wiederentdeckung der philosophisch-ökonomischen Manuskripte in den fünfziger Jahren entstand die Diskussion über den subjektiven Gehalt menschlichen Selbstverstands als Kritik des Ideenzusammenhangs bürgerlicher Lebensverständigkeit auf der einen Seite und der bislang hiervon getrennten Kritik an den gegenständlichen Lebensverhältnissen der Menschen in dieser Gesellschaft der Menschen auf der anderen Seite. Im ersteren Sinne sprach man von den Schriften des jungen Marx, förderte unter der Bezeichnung "subjektiver Faktor" allerlei Verbindbarkeiten von psychischer Erfahrung und ökonomischer Wirklichkeit zutage bis hin zur Stilblüte der Frankfurter Schule, von zweiter Seite her sprach man vom reifen Marx, dem angeblich das Philosophieren des jungen Marx zuwider geworden war, und der sich folgerichtig allein, um die sachliche Gewalt innerhalb des menschlichen Daseins gekümmert hätte. In der Behauptung dieser Trennung des frühen und des späten Marx zerstritt sich eine Bewegung, die hierdurch nicht mehr wissen konnte, woher sie kam: sie war keine proletarische Bewegung und konnte es nicht werden, weil und solange ihr der Prolet als Objekt eines von ihm getrennt entstandenen Verlangens nach der Revolutionierung der gegenwärtigen Gesellschaft gelten mußte. <folgt Org-S. 6> Aber nicht in der Trauer um diese Zersetzung, denn diese war nötig, um zu einem neuen Verstand zu finden, sondern in der Notwendigkeit, den Zusammenhang des Marxismus in der Selbstverständigung über unsere gegenwärtigen Probleme wirklich finden zu müssen, war das vorliegende Papier in einer ursprünglichen Fassung 1974 entstanden. Wir drucken die vom Autor verbesserte Fassung im folgenden ab, um die bis heute unaufgelöste Gegensätzlichkeit der Philosophiekritik des sogenannten jungen Marx und der damit verbundenen Kritik der Ideologie und Wertvorstellungen und der ökonomischen Theorie des sogenannten späten Marx mit der damit verbundenen Sachlichkeit einer proletarischen Bewegung als ein Problem aufzuwerfen, welches zugleich in dem Text aufgelöst werden soll, der – wie darin nachgewiesen ist – die wirkliche Auflösung des Rätsels der überkommenen Trennung geistiger und materieller Prozesse löst: das Kapital.

In dem vorliegenden Teil über das 1. Kapitel des Kapitals wird daher nicht nur dieses Kapitel dargestellt (Darstellung und bestimmte Auffassungen gibt es hiervon genügend), sondern vor allem auf die Diskussion gebracht, die darin bereits aufgelöst war, bevor sie in den Köpfen wieder aufgeworfen wurde: Die Diskussion um den Zusammenhang von subjektivem Gehalt einer Gesellschaft (der Gehalt ihres Lebensorganismus) und der objektiven Form eben dieser Gesellschaft, welche zum Subjekt gegen die Menschen, zum entfremdeten Subjekt sich über alle menschliche Verbundenheit erhebt. Es war deshalb vor allem nötig, die Diskussion auf die im Kapital bereits verarbeiteten Begriffe überhaupt wieder zu bringen, die partikulären Interessen an der Marx-Rezeption also überhaupt auf das darin bereits erreichte Bewußtsein unserer Zeit zu heben und sich von den Positionen auszugrenzen, für die der Marxismus allein ein Lebensmittel, ein friedliches Instrument zur Legitimation eines aparten Lebens außerhalb dieser Welt oder zum Gestöhne über das Weh und Ach im Leiden an dieser Welt geworden war.

Der Marxismus wird sich wieder erweisen müssen als ein Bewußtsein, das mehr ist als die Äußerung oder das Wissen über menschliche Not in der bürgerlichen Gesellschaft, mehr ist als die Hypostasierung eines zum religiösen Gehalt verkommenen Proletariats; es geht um die Rekonstruktion des Menschen innerhalb seiner eigenen Wirklichkeit, die Darstellung des Menschen, der sich eine Wirklichkeit schafft, dessen Objekt er selber geworden ist.

Zu diesem Zweck ist es nötig, die Vorarbeiten, welche die Philosophie bereits geleistet hatte und welche durch Marx zum <folgt Org-S.7> Abschluß gekommen sind und zugleich durch eine Kritik der politischen Ökonomie überwunden wurden, in der Beziehung wiederaufzuarbeiten, in welcher dieser überwundene Selbstverständigungsversuch mit den nichtüberwundenen Bedingungen, welche die Menschen sachlich vorfinden, steht. Es geht also um die Aufdeckung des gesellschaftlichen Organismus innerhalb der Welt, in welcher er nur als Form erscheint, es geht um die Darstellung des Menschen innerhalb der Welt, worin er nicht zur Welt kommen kann. Es geht also um den Beweis, daß diese Welt bereits das Verlangen nach einer Gesellschaft von ihrem natürlichen Gehalt her in sich trägt und zugleich dieses Verlangen durch die Notwendung beherrscht, die in der Gegebenheit der Dinge als hiervon getrennter Zweck verblieben ist, den Beweis, daß der Mensch zwar auf der Welt ist, aber nicht als Gesellschaft verwirklicht wurde.

Marx stellt im 1. Kapitel des Kapitals Band l nicht nur das Verhältnis der Waren als ökonomisches Verhältnis dar, so wie es erscheint, sondern er beweist darin, daß das Warenverhältnis überhaupt das gegenwärtige gegenständliche Verhältnis von Menschen ist. So entdeckt er darin das gegenständliche Dasein des menschlichen Wesens, wie er auch dessen Erscheinung als Faktum einer bürgerlichen Gesellschaft erweist. Das ganze Kapitel ist der Schluß, den die bisherige menschliche Entwicklung in ihrer Sache findet, also der Abschluß der bisherigen Geschichte im Verhältnis der Sachen. Er beweist, daß der Mensch in seinem Wirken und Wesen vollständig entwickelt ist, daß er aber zugleich nicht als Mensch existiert, sondern als ein Verhältnis von Sachen. Der Mensch ist noch nicht als Mensch geboren, obwohl er in seinem gegenständlichen Leben schon da ist. Es handelt sich also überhaupt um den Beweis, daß die bürgerliche Gesellschaft im Keime die kommunistische Gesellschaft, die Gesellschaft des Menschen, hat, zu ihrer Erhaltung und Festschreibung aber der Vernichtung des Menschen bedarf. Es ist der Beweis der Notwendigkeit der Revolutionierung des gesellschaftlichen Lebens.

Die vorgefundenen Lebensbedingungen haben "die Geschichte des Kommunismus" (MEW 3, S. 38f.) ebenso in sich wie ihre Form zugleich die Entwicklung der Menschen als fremde Macht beherrscht. Der Kommunismus ist die gegenwärtige Bewegung der menschlichen Entwicklung als gegenwärtiger Kampf gegen die herrschende Form der Gesellschaft. Das Kapital formuliert den kommunistischen Menschen in seiner eigenen Negation. Es formuliert ihn nicht als Haltung oder von einem Standpunkt aus, den man kommunistisch nennt, sondern als den wirklich gegenwärtigen Menschen, dem der Kampf gegen die herrschende Gesellschaft nötig sein muß. Der naturgeschichtliche Prozeß der Menschheit findet im Kapital seine Darstellung und den objektiven Beweis, daß seine Gesamttätigkeit zur gesellschaftlichen Form der Lebensproduktion emanzipiert werden muß.

München, im März 1979

Arbeitsgruppe Psychologie München <folgt Org-S.8>

 

I. Einleitung in die Kritik der bürgerlichen Gesellschaft

1. Die Philosophie oder das abstrakte Selbstverständnis der bürgerlichen Welt

Seit die Menschen sich nicht mehr durch die Naturgewalten bestimmt fühlen, weil sie selbst gewaltig geworden sind, reflektieren sie sich als ein Wesen, welches sich sowohl über die Schranken seines Daseins erhebt, wie es sich auch innerhalb der Macht, die in diesem gegründet ist, vereint weiß.

Seitdem die Menschen sich als ein eigenes Wesen sehen können, können sie einander auch als gleiches Wesen anerkennen. Die Philosophie ist eine jahrtausendealte Arbeit an der Entdeckung des menschlichen Wesens.

Die Notwendigkeit einer Philosophie hat immer darin bestanden, daß in der bisherigen Geschichte die Menschen einander beherrscht, benutzt und zum Teil auch zerstört hatten. Die Philosophie war insofern der unweltliche Protest gegen die Welt, die Notwendigkeit, in der Not der Welt ein Wesen zu erobern, das über die weltliche Not erhaben sich weiß. Zugleich aber sollte dieses Wesen als Sinn der Welt gelten.

Die Philosophie hat immer ihre Epoche kritisiert. Sie hat sich immer als kritischer Wille verhalten. Und als dieser Wille kam sie zu den Grundformen des menschlichen Verstands, zum Denken als Sinn von Menschen. In der Bildungsgeschichte der menschlichen Sinne hat sie den Sinn <folgt Org-S.9> des Zweifels entwickelt und zum Anspruch auf ein eindeutiges Wesen des Menschen gehoben.

Den Epochen der Menschheitsentwicklung entsprachen von daher auch die Stufen menschlicher Selbstverständigung oder die Inhalte der Philosophie. Die klassische Philosophie bildete den vorgestellten Menschen getrennt von seinem Lebenszusammenhang als Mythologie ab, als Göttergeschichte oder als Ideenzusammenhang abstrakter Persönlichkeiten, Pantheismus. Somit scheinbar ganz und gar unweltlich war es doch praktisch die Idee einer Sklavenhaltergesellschaft, die die Herren nicht nur auf der Erde, sondern auch im ewigen Raum und in der ewigen Zeit gesucht hatte. Nichtsdestoweniger war sie der Trotz gegen die Herren, insofern sie ihnen gerade den Menschen abgerungen hat, der in der persönlichen Herrschaft von Menschen über Menschen sich selbst bezweifeln mußte. Aber es war nicht die Philosophie, welche die Sklavenhalter entmachtet hatte; es war die Notwendigkeit eines allseitigen Verkehrs von Menschen, der die Sklavenhaltung nicht nur überflüssig, sondern vor allem für die Eroberung des Erdenraums als Hindernis hatte.

Der Epoche, in welcher die Grenzen des Raums zum Inhalt der Gesellschaft wurden, in welcher die Kriege zur Grenzziehung von Bodenschätzen und Menschenmassen dienten, der Epoche des Feudalismus also, entsprach die Philosophie des Monotheismus, die Theorie einer allseitigen wie auch vielseitigen Gottheit in einem Gott. Der Gott als Herr über Leben und Tod wurde versinnbildlicht im Fürsten, dem Staatsherren als Gottesdiener, in Gottes Gnaden. Die Philosophie dachte nichts anderes, als was ihr in den Blut- und Familienbanden, in der Persönlichkeitsherrschaft eines <folgt Org-S.10> Naturrechts vorgegeben war, aber sie entwickelte auch das Verlangen nach Freiheit, Gleichheit der Menschen und Wechselseitigkeit ihres Zusammenwirkens, sofern sich dieses in jener Epoche zugleich als Verlangen nach einem wirklich allgemeinen Menschen auch innerhalb der Entwicklung des Reichtums einer feudalen Gesellschaft gebildet hatte.

Aber erst mit der Entwicklung des Bürgertums auf der Grundlage der bürgerlichen Gesellschaft entwickelte sich die Philosophie zu einem eigenständigen Welt- und Selbstverstand, der in sich und durch sich selbst die Wahrheit seines Wesens suchte. Die Entwicklung der Philosophie zum Idealismus war ein gewaltiger Sprung zum Verständnis der sich selbst mangelhaft gewordenen Menschen als ausgedrücktes Verlangen nach ihrer Befreiung von den Schranken natürlicher und politischer Übermacht. Der Idealismus der Philosophie drückte überhaupt die Entwicklungsstufe einer Menschheitsgeschichte aus, in welcher diese Übermächte überwindbar erscheinen konnten, in welcher also schon eine Gesellschaft entwickelt war, die sich über die politischen und Naturschranken erheben wollte. So war der Idealismus die Philosophie einer Gesellschaft, in welcher die Menschen ihre Werkzeuge und ihre Verkehrs formen zu einer eigenen Macht entwickelt hatten.

Der Idealismus kam als erste Philosophie überhaupt auf den Menschen als sich selbst gründendes Wesen, als Wesen, das sich erzeugt und zugleich sich selbst als Prinzip der Welt sucht. Und dennoch konnte der Idealismus nichts anderes bilden als eine Idee des Menschen, der für sich und überhaupt freigesetzt, und das heißt in Wirklichkeit unabhängig gedacht war. <folgt Org-S.11> Die Idealisten, welche die Freiheit zum Begriff des Menschen machten, stellten ihn daher auch als eine abstrakte Persönlichkeit über seine Existenz als ideales Ziel der Menschen, als Utopie ihrer Freiheit gegenüber ihrem Dasein oder als konkrete Religion. Hierdurch stellten sie der allseitigen Abhängigkeit der Menschen den freien Menschen als Abstraktion entgegen und zersetzten die wirkliche Abhängigkeit von Menschen, ihre naturwüchsige Gebundenheit in ihrem gesellschaftlichen Dasein zur Not des irdischen Elends herab. Die Philosophie, welche gerade im Idealismus ihren Sprung zur Freiheit des philosophierenden Menschen begonnen hatte, konnte dieses Selbstbewußtsein nur durch die Denunziation der wirklichen Macht und Entwicklung existierender Menschen erreichen. Gegenüber dem wirklichen Leben hatten die Idealisten "die Unverschämtheit, den Menschen zum Menschen machen zu wollen" (MEW 1, S. 341) und verkehrten die menschliche Geschichte zum gedanklichen Akt, zum philosophischen Prinzip des menschlichen Daseins. Der höchste Idealismus begriff sich selbst als positive Darstellung des Weltganzen zum Gedankensystem einer Welt und vollzog hierdurch die vollendete geistige Bindung des Menschen an seine Existenz, indem er gerade das darin eingeschlossene Verlangen mit dem Sinn füllte, der ihm als Prinzip der Welt entgegenschien.

Gegen diese Selbstherrlichkeit des Denkens, gegen die Vergeistigung der materiellen Welt zum Geist der Welt, gegen die Spekulation auf den Menschen als Macht über dessen wirkliches Leiden, setzte sich daher der Positivismus mit seinem Verständnis des Menschen aus sich selbst und das heißt aus seinem subjektiven Dasein heraus. Von da her mitten aus der Idee des Subjekts als wirkliches Wesen, aus dem subjektiven Idealismus geboren, erfaßte er die Wirklichkeit als menschliches Dasein, <folgt Org-S.12> dessen Entwicklung und Bewegung zur natürlichen Macht inbegriffen ist. Ganz auf der Seite der Wirklichkeit des Menschen erklärte er aber zugleich die menschliche Geschichte aus der Annäherung des Menschen an seine Wirklichkeit und setzte den Menschen zum Prinzip der Wirklichkeit selbst herab. Indem er menschliche Wirklichkeit als menschliche Macht feststellte, brachte er den Menschen zugleich in die Ohnmacht gegenüber seiner Existenz, erniedrigte er ihn zum abhängigen Wesen, zu einem Wesen, dessen Wirklichkeit bereits gesetzt und dessen Wirkung darin einbegriffen galt. Er formulierte zwar eine Gesellschaft, die sich als menschliche Macht entwickelt hatte, er denunzierte aber zugleich den Menschen als sich selbst erzeugendes, sich selbst ermächtigendes Wesen. Wo der Idealist von Freiheitsstreben gesprochen hatte, sprach der Positivist von der menschlichen Befangenheit, von seiner Determination durch den Trieb seiner Entwicklung.

Der Streit zwischen Trieb und Freiheit konnte die Philosophie nurmehr auf die Vorstellung vom Menschen bringen, auf das Leben, das sich der Mensch als Mensch vorstellt. Der Pragmatismus erklärte den Bildungsakt der Menschen selbst zum Sinnbild, in welchem sich die Menschen überhaupt nur mit sich selbst geistig identisch sind, und setzte die Philosophie selbst zum Leben, das Leben also zur Philosophie herab, indem er die Geschichte der Menschen als Kritik menschlicher Gegenwart verstand. Der Pragmatismus machte den Willen der Philosophie zum Selbstzweck, indem er die Erhabenheit der Zukunft der Kritik jeder vergangenen Epoche entgegenhalten konnte und den gegenseitigen Menschen als Objekt dieser Geschichte überhaupt ansah. Der Pragmatismus war über die Zukunft hinaus und der Vergangenheit entronnen ohne Gegenwart zu sein. Er erklärte den Menschen <folgt Org-S.13> durch den Menschen und begründete sein Denken aus der Sinnbildlichkeit des menschlichen Lebens, aus der Mythologie der Geschichte, welche zugleich dem Menschen die Unfähigkeit zu einem wirklich sich gestaltenden Wesen absprach. Diese absolute Gemeinheit gegenüber dem wirklichen Leben gab sich selbst als wirkliches Subjekt, als philosophisches Denken einer wirklichen Philosophie, wiewohl darin nichts anderes verwirklicht ist als die abstrakte Macht des Denkens über die Beschränkung und Endlichkeit des wirklichen Lebens.

So war in der bürgerlichen Gesellschaft die Ausbreitung der Philosophie, der menschlichen Selbstverständigung, auch wirklich an ihrem geistigen Ende, an dem Ende, wo sie die menschliche Geschichte zur Geschichte ihrer Gedanken gemacht hatte. Die Selbstbezogenheit der Verständigung auf den eigenen Verstand machte die Philosophie daher auch zu einem Denken, das von der Notwendigkeit menschlicher Selbstverständigung überhaupt getrennt zum abstrakten Selbstverständnis eines selbständigen Geistes geworden war. Dieser Geist für sich mußte sich fragen, ob seinem Lebensakt, seinem Denken überhaupt, gegenständliche Wahrheit zukommt. Die Philosophie brachte sich daher selbst dazu, sich als Mythos zu behandelt und ihre Selbstgewißheit durch den Streit über die Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit ihres Denkens zu zersetzen.

"Die Frage, ob dem menschlichen Denken gegenständliche Wahrheit zukommt, ist keine Frage der Theorie, sondern eine praktische Frage. In der Praxis muß der Mensch die Wahrheit, i.e. Wirklichkeit und Macht, Diesseitigkeit seines Denkens beweisen. Der Streit über die Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit des Denkens – das von der Praxis isoliert ist – ist eine rein scholastische Frage" (MEW 3, S. 5).

So ist die Philosophie in ihrer eigenen Tätigkeit auf die Stufe gekommen, die die bürgerliche Gesellschaft in ihrer Wirklichkeit vollzieht: Der Streit als Wechsel- <folgt Org-S.14> seitiger Ausschluß des Menschen vom Menschen, der unendliche Streit des sich selbst abstrakten Menschen. Die Entwicklung menschlicher Selbstverständigung ist zu dem Ende gekommen, in welchem die Wirklichkeit des gegenständlichen Lebens der Menschen selbst befangen war: Der Zwiespalt, der wirkliche Zweifel oder der Widerspruch des Menschen in seiner widersprüchlichen Gegenständlichkeit, im Widerspruch der Welt.

So hat sich die Philosophie zur Selbstkritik gebracht, die Marx ausgesprochen hat:

"Alles gesellschaftliche Leben ist wesentlich praktisch. Alle Mysterien, welche die Theorie zum Mystizismus veranlassen, finden ihre rationelle Lösung in der menschlichen Praxis und in dem Begreifen dieser Praxis" (MEW 3, S. 7).

Das Begreifen der menschlichen Praxis, die praktische Frage der Menschen, ist aber keine Frage, die in der Praxis selbst beantwortet ist, ist keine Überhebung des praktischen Menschen über das Geistige, sondern ist die wirkliche Antwort auf alle bisherige Philosophie:

"Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen" (Kommunistisches Manifest MEW 4, S. 462).

Die Philosophie endet also nicht darin, daß sie die Praxis der Menschen, so wie sie ist, nur zu beschreiben hat, endet nicht in der Behauptung, daß in Wirklichkeit alles eins und die Menschen also das sind, als was sie erscheinen, sie endet in der Entdeckung des Klassenkampfs der Menschen, in der Entdeckung der bisherigen Geschichte. In dieser Entdeckung begattet sich das Selbstverständnis zum Verstand der Welt.

Das abstrakte Selbstverständnis des bisherigen Menschen, die geistig vollzogene Einheit des Menschen mündet in einem Kampf, welcher die Wirklichkeit eines menschlichen <folgt Org-S.15> Wesens als wirkliche Gesellschaft hervortreiben soll. Im Verständnis dieses Kampfs als Wirklichkeit ist die Verwirklichung des Verstandes selbst zwar ein theoretischer Akt, aber eine Tätigkeit, die Wirklichkeit produziert. Die Philosophen müssen aus der Selbstbegeisterung ihrer Begriffe heraustreten und sich mit dem Denken als menschlichem Sinn verhalten.

"Philosophie und Studium der wirklichen Welt verhalten sich zueinander wie Onanie und Geschlechtsliebe." (MEW 3, S. 218).

 

2. Theorie als Erkenntnis der wirklichen Welt

A) Das wirkliche Wesen

a) Kritik des abstrakten Geistes

Die Kritik der Philosophie ist Kritik der Anthropologie überhaupt, Kritik der Erklärungsgeschichte des Menschen aus dem Menschen selbst. Es ist die Kritik aller Substantivierung menschlicher Eigenschaften zum Menschen, die Kritik aller Selbstbegriffe, wie sie als Beziehung des gedachten Menschen auf sich bis zum heutigen Tag in allen Bereichen der Wissenschaft existieren (wie zum Beispiel in der Psychologie, wo der Mensch aus der Sexualität, dem Verhalten, der Selbstverwirklichungstendenz oder gar der Energie erklärt wird). Solche Substantivierungen der menschlichen Natur macht die Natur zum Menschen und den Menschen zum Objekt. Sie kritisiert und affirmiert den Menschen durch den Menschen zugleich und ist – sofern diese Kritik gelingt – die absolute <folgt Org-S.16> Leere der Selbstbezogenheit, die Abstraktion der Selbstbegriffenheit, die Unwirklichkeit schlechthin.

Die einzige Erklärung der Welt der Menschen ist die Geschichte des menschlichen Wesens, sein Werden und sein Sein. Diese Geschichte als Geschichte von Klassenkämpfen begriffen mündet in dem Selbstbewußtsein eines gesellschaftlich werdenden Menschen, in der Gründung einer menschlichen Gesellschaft. Die Kritik an dieser Welt erklärt die Notwendigkeit der Veränderung aus dem Dasein der Menschen selbst und ist zugleich das Bewußtsein des Menschen über seine ganze Geschichte (das schließt seine bisherige Geschichte ein). Die Philosophie verschwindet in dem Bewußtsein (und das ist ihre Entwicklung), daß der Grund für ihren eigenen Untergang die Notwendigkeit und das Verlangen des geschichtlichen Menschen nach seiner eigenen Kraft und Wirklichkeit ist.

b) Kritik der abstrakten Natur

Alle bisherige Geschichte ist aber nicht ein Kampf eigenmächtiger Menschen, sondern ein Kampf um das Werden des Menschen. Von daher ist alle bisherige Geschichte die Bildungsgeschichte der menschlichen Sinne, welche bis hin zur bürgerlichen Gesellschaft der Potenz nach entwickelt, aber nicht gesellschaftlich verwirklicht sind.

"Die Bildung der fünf Sinne ist eine Arbeit der ganzen bisherigen Weltgeschichte." (MEW 40, S. 541f).

Die ganze Philosophie ist darin kritisiert, daß die Menschen nicht als geistige Macht gegen die Natur gestellt sind, sondern als Naturmacht die Natur überhaupt <folgt Org-S.17> verwirklichen, als Vergegenständlichung ihrer Natur zugleich die Natur in ihrer Gegenständlichkeit bestätigen und die Natur des Menschen zur menschlichen Natur erklären. Die Natur der menschlichen Sinne ist zugleich der Bildungsprozess des Menschen. Und er hat diesen Sinn nicht von der Natur geschenkt, er hat Arme, Beine, Kopf, Hirn und Gesicht nicht, weil die Natur dasselbe in sich hat, sondern er hat sie in seiner ganzen Entstehungsgeschichte erst zu dem Sinn gebracht, der darin wirklich ist.

"Der unter dem rohen praktischen Bedürfnis befangene Sinn hat auch nur einen bornierten Sinn. Für den ausgehungerten Menschen existiert nicht die menschliche Form der Speise, sondern nur ihr abstraktes Dasein als Speise; ebenso gut könnte sie in rohster Form vorliegen, und es ist nicht zu sagen, wodurch sich diese Nahrungstätigkeit von der tierischen Nahrungstätigkeit unterscheidet. Der sorgenvolle, bedürftige Mensch hat keinen Sinn für das schönste Schauspiel; der Mineralienkrämer sieht nur den merkantilischen Wert, aber nicht die Schönheit und eigentümliche Natur des Minerals; er hat keinen mineralogischen Sinn; also die Vergegenständlichung des menschlichen Wesens, sowohl in theoretischer als praktischer Hinsicht, gehört dazu, sowohl um die Sinne des Menschen menschlich zu machen als um für den ganzen Reichtum des menschlichen und natürlichen Wesens entsprechenden menschlichen Sinn zu schaffen." (MEW 40, S. 542).

Die menschliche Geschichte selbst ist also die Vorbereitungs- und Entwicklungsgeschichte der menschlichen Natur.

"Die Geschichte selbst ist ein wirklicher Teil der Naturgeschichte, des Werdens der Natur zum Menschen." (MEW 40, S. 544).

Die letzte Kritik der Philosophie als abstraktes Naturverständnis enthält ein natürliches Geschichtsverständnis, einen Selbstverstand, in welchem der Mensch als natürliches Wesen selbst aufgeht und sich in diesem Wesen überhaupt in seinem Gegenstand gleichgilt wie auch als Mensch dem Menschen gleich ist. Die Philosophie ist somit zum Selbstverständnis einer Wissenschaft geworden, welche von der geschichtlichen Natur ausgeht, <folgt Org-S.18> welche vom Werden und Stoff (Material) des Menschseins ausgeht, denn "nur wenn die Wissenschaft von der Natur ausgeht, ist sie wirkliche Wissenschaft" (MEW 40, S. 543). Die Wahrheitsfrage der Philosophie ist gegründet auf der gegebenen Unmöglichkeit des Menschen, sich als Mensch zu erkennen. So wie sich der Mensch aber nur im Menschen erkennen kann, erkennt er sich erst dann im andern Menschen als eigenes Wesen, wenn sein Wesen ihm im andern auch als anderes Wesen gilt. Der Mensch als Wesen der Natur, als natürliches Wesen, hat die Natur seines Wesens in jedem andern Menschen, "denn seine eigene Sinnlichkeit ist erst durch den andern Menschen als menschliche Sinnlichkeit für ihn selbst" (MEW 40, S. 544). Die Umkehrung der Philosophie oder die Herausstellung ihres wirklichen Begriffs ist der Satz, daß die menschliche Sinnlichkeit "die Basis aller Wissenschaft sein muß" (MEW 40, S. 545), denn erst in der Natur ist sich der Mensch selbst Gegenstand, wie auch er sich gegenständliche Natur ist.

"Der erste Gegenstand des Menschen – der Mensch – ist Natur, Sinnlichkeit, und die besondern menschlichen Wesenskräfte, wie sie nur in natürlichen Gegenständen ihre gegenständliche Verwirklichung, können nur in der Wissenschaft des Naturwesens Oberhaupt ihre Selbsterkenntnis finden. Das Element des Denkens selbst, das Element der Lebensäußerung, des Gedankens, die Sprache ist sinnlicher Natur." (MEW 40, S. 544).

Die Entdeckung, welche die Philosophie geleistet hatte, ist letztlich die Natur des Menschen, wodurch sich der Mensch selbst gegenständlich als Naturwesen ist. Eine Wissenschaft, welche ihre Handlungen für die Zukunft nicht <folgt Org-S.19> aus dem ableiten will, was ihr aus der Gegenwart entgegenscheint, muß diesen Standpunkt als ihren eigenen Grund wissen. ↓(1) <folgt Org-S.20>

"Die Natur ist der unmittelbare Gegenstand der Wissenschaft vom Menschen." (MEW 40, S. 544).

So ist nun auch der Mangel der Philosophie aufgedeckt, daß sie das menschliche Wesen vom gegenständlichen Leben der Menschen trennt, damit nicht die gegenständliche Wirklichkeit als natürliche Wirkung von Menschen erklärt, bzw. deren Unnatur zum Gegenstand ihrer Kritik macht, sondern ganz von der menschlichen Welt getrennt den Menschen behauptet. Diese Behauptung aber kann nicht beweisen, daß das gegenständliche Leben der Menschen natürlich ist und überantwortet sich somit vollständig der Macht, welche das praktische Leben der Menschen ihr entgegenhält. Die einzig wirkliche Kritik der Philosophie ist die Erkenntnis und Erklärung des menschlichen Wesens aus seinem Material und seiner Geschichte heraus, in seiner Existenz und seiner Ohnmacht. Insofern die Philosophie die Ohnmacht des Menschen schließlich als Grund ihres Denkens entdeckt, entdeckt sie auch den wirklichen Inhalt dessen, was sie denkt. Sie gründet auf der Ausgeschlossenheit des Menschen von seinem Gegenstand und findet den gegenständlichen Menschen im Ausgeschlossensein seiner Wesenskräfte. Indem sie die Wirklichkeit nach ihrem Wesen befragt, wird sie auch das wirkliche Wesen in ihr dann finden, wenn sie die Natur des Menschen als die Natur seines Lebens und seiner Lebensverhältnisse begreift. In der Identität des Menschen mit seiner Wirklichkeit wird der Mensch erst sich wirklich selbst überantwortet. Der Satz, daß die Menschen die Umstände wie auch die Umstände die Menschen machen (3. Feuerbachthese nach MEW 3, S. 5f.), mündet somit in die Selbstverantwortlichkeit des Menschen für seine Zeit und Geschichte und ist damit erst das wirkliche Ende jeder Religion. <folgt Org-S.21>

 

B) Die wesentliche Wirklichkeit

Die Wissenschaft vom Menschen muß davon ausgehen, daß alles, was ist, menschlich gebildet ist, also menschliches Wesen hat, weil sie von der menschlichen Natur in allem ausgeht. Indem sie hiervon ausgeht, setzt sie jede Unmenschlichkeit zum Feind des menschlichen Lebens und den Menschen in die Kritik seiner bisherigen Lebensverhältnisse. Die einzige Wahrheit, die darin gesagt ist, ist, daß im Wesen alles eins ist. Jedes vorausgesetzte Wesen, wie auch jedes vom Menschen abgetrennte Wesen als Folge seines Handelns ist unwahr, ist ein Unwesen. Die Wahrheit der Philosophie kann also nur sein, daß sich der Mensch in seiner Welt selbst anschaut, produziert und genießt, daß der Mensch als wirkliches Wesen selbst ist, nur seine Wirkung als Natur außer sich hat und von daher sich als natürliches Leben und Wirklichkeit seiner Natur weiß.

"Ein Wesen, welches seine Natur nicht außer sich hat, ist kein natürliches Wesen, nimmt nicht teil am Wesen der Natur. Ein Wesen, welches keinen Gegenstand außer sich hat, ist kein gegenständliches Wesen. Ein Wesen, welches nicht selbst Gegenstand für ein drittes Wesen ist, hat kein Wesen zu seinem Gegenstand, das heißt verhält sich nicht gegenständlich, sein Sein ist kein gegenständliches. Ein ungegenständliches Wesen ist ein Unwesen." (MEW 40, S. 578).

Die Identität von Natur und Wesen, welche sich als wesentliche Beziehung zur Natur außer sich verhält, ist wesentliche Gegenständlichkeit. So entsteht kein Gegenstand für den Menschen als ihm fremdes Wesen, sondern als Beziehung seines Wesens auf seine Natur außer sich.

"Daß der Mensch ein leibliches, naturkräftiges, lebendiges, wirkliches, sinnliches, gegenständliches Wesen ist, heißt, daß er wirkliche, sinnliche Gegenstände zum Gegenstand seines Wesens, seiner Lebensäußerung hat oder daß er nur an wirklichen, sinnlichen Gegenständen sein Leben äußern kann. <folgt Org-S.22> Gegenständlich, natürlich, sinnlich sein und sowohl Gegenstand, Natur, Sinn außer sich haben, oder selbst Gegenstand, Natur, Sinn für ein Drittes sein, ist identisch. Der Hunger ist ein natürliches Bedürfnis; er bedarf also einer Natur außer sich, eines Gegenstandes außer sich, um sich zu befriedigen, um sich zu stillen. Der Hunger ist das gestandene Bedürfnis meines Leibs nach einem außer ihm seienden, zu seiner Integrierung und Wesensäußerung unentbehrlichen Gegenstandes." (MEW 40, S. 578).

Und so, wie sich im Hunger die Beziehung des Menschen zu seinem Gegenstand ausdrückt, die innere Natur beider als Beziehung, als Identität von Gegenstand und Mensch, ist diese Beziehung überhaupt auch nur wirkliche Identität. Die Menschen haben ihr Wesen nur in dieser wirklichen Beziehung.

Die Natur des menschlichen Wesens ist also aus der wirklichen Beziehung erschlossen; und was die Philosophie in ihrer Geschichte bewegt hatte, war die Geschichte dieses Schlusses. Der Mensch ist in seinen Beziehungen allseitig abhängig, weil er diese Beziehung selbst geschaffen hat, weil sie sein Wesen ausdrücken. Aber er ist auch darin universal, das heißt, er bildet die Allseitigkeit seiner Beziehung nach dem inhärenten Maß seines eigenen Lebens. Und sein Leben und seine Geschichte ist in Wahrheit die Entwicklung seiner Natur, denn der Mensch – in seiner eigenen Geschichte wesentlich gefaßt – ist das vollendete Naturwesen. So ist auch das Ende der Philosophie, das Ende der Selbstreflexion, die Erkenntnis, daß die menschliche Geschichte die Bildung der menschlichen Natur selbst ist.

"Die Geschichte ist die wahre Naturgeschichte des Menschen." (MEW 40, S. 579).

Die Verwirklichung des menschlichen Wesens ist also nichts anderes als die wirkliche Tätigkeit der Menschen, die wirkliche Beziehung der Menschen zu ihrer eigenen Natur. Es ist die Verwirklichung der Natur als Bildungsprozeß des <folgt Org-S.23> Menschen, und jede Theorie ist zuallererst die Geschichtsschreibung dieses Bildungsprozesses.

"Alle Geschichtsschreibung muß von diesen natürlichen Grundlagen und ihrer Modifikation im Laufe der Geschichte durch die Aktion der Menschen ausgehen. Man kann die Menschen durch das Bewußtsein, durch die Religion, durch was man sonst will, von den Tieren unterscheiden. Sie selbst fangen an, sich von den Tieren zu unterscheiden, sobald sie anfangen, ihre Lebensmittel zu produzieren, ein Schritt, der durch ihre körperliche Organisation bedingt ist. Indem die Menschen ihre Lebensmittel produzieren, produzieren sie indirekt ihr materielles Leben selbst." (MEW 3, S. 21).

Indem die Menschen ihr materielles Leben selbst produzieren, produzieren sie sich als ihre gegenständliche Welt, die Welt als stoffliches Dasein ihres Wesens, als Gegenstand ihres Verlangens und Tuns. Indem die Menschen ihr materielles Leben selbst produzieren, produzieren sie auch die Weise, in welcher sie ihre Lebensmittel haben.

"Die Weise, in der die Menschen ihre Lebensmittel produzieren, hängt zunächst von der Beschaffenheit der vorgefundenen und zu reproduzierenden Lebensmittel selbst ab. Diese Weise der Produktion ist nicht bloß nach der Seite hin zu betrachten, daß sie die Reproduktion der physischen Existenz der Individuen ist. Sie ist vielmehr schon eine bestimmte Art der Tätigkeit dieser Individuen, eine bestimmte Art, ihr Leben zu äußern, eine bestimmte Lebensweise derselben. Wie die Individuen ihr Leben äußern, so sind sie. Was sie sind, fällt also zusammen mit ihrer Produktion, sowohl damit, was sie produzieren, als auch damit, wie sie produzieren. Was die Individuen also sind, das hängt ab von den materiellen Bedingungen ihrer Produktion." (MEW 3, S. 21).

Die Lebensmittel der Menschen stellen den Stand des materiellen Lebens der Menschen selbst dar, stellen ihr Verhältnis zu ihrer eigenen gegenständlichen Welt, in der Weise und in dem Grund, in welchen sie produzieren, also ihre Beziehung untereinander überhaupt dar. Ihr historisches Sein drückt sich durch nichts anderes als durch ihre Produktion <folgt Org-S.24> aus und hat allein den Menschen wahr und wirklich, der sich und seine Werkzeuge darin zur Macht gebracht hat. Die Produktion selbst drückt also das Verhältnis des Menschen zu seiner eigenen Natur und zu sich als gesellschaftlichem Wesen in einem aus und stellt dieses in seiner gegenständlichen Welt dar.

"Die Produktion des Lebens, sowohl des eigenen in der Arbeit wie des fremden in der Zeugung, erscheint nun sogleich als ein doppeltes Verhältnis – einerseits als natürliches, andererseits als gesellschaftliches Verhältnis –, gesellschaftlich in dem Sinne, als hierunter das Zusammenwirken mehrerer Individuen, gleichviel unter welchen Bedingungen, auf welche Weise und zu welchem Zweck, verstanden wird. Hieraus geht hervor, daß eine bestimmte Produktionsweise oder industrielle Stufe stets mit einer bestimmten Weise des Zusammenwirkens oder gesellschaftlichen Stufe vereinigt ist, und diese Weise des Zusammenwirkens ist selbst eine Produktivkraft, daß die Menge den Menschen zugänglichen Produktivkräfte den gesellschaftlichen Zustand bedingt und also die 'Geschichte der Menschheit' stets im Zusammenhange mit der Geschichte der Industrie und des Austausches studiert und bearbeitet werden muß." (MEW 3, S. 29f).

Die Bildung des gegenwärtigen. Menschen faßt sich somit zusammen als eine Bildung menschlicher Werkzeuge zur Verarbeitung natürlicher Stoffe in eine menschliche Gesellschaft. Die Menschen haben schon lange gearbeitet und sie haben schon lange die Natur zum Stoff ihres Lebens gehabt. Noch niemals aber konnten sie sich als Mensch selbstbewußt fassen, sich selbst als Natur begreifen, da ihre Abhängigkeit von der Natur in früheren Geschichtsepochen ihr eigenes Verhältnis noch vollständig bestimmt hat. Vom ursprünglichen Stammeswesen, worin sich die Menschen aus natürlicher Not zusammengeschlossen haben und in ihrer Naturreligion ihr Verhältnis zu ihren Gegenständen als abhängiger Geist nur wissen konnten, hatten sie in der Sklavenhaltergesellschaft aus dieser Abhängigkeit heraus ein Klassenverhältnis gegründet, worin die arbeitenden Menschen auf der einen Seite als Knechte der herrschenden Menschen, dem kriegerischen Stand des Staates unterworfen blieben. Das Feudalwesen hat die <folgt Org-S.25> Kriegsgewalt selbst zur religiösen Gewalt gemacht, zum von Gott gegebenen König, unter dem sich sowohl Soldaten, Arbeiter wie auch Bauern in persönlicher Abhängigkeit befanden. Erst in der bürgerlichen Gesellschaft waren die Werkzeuge der Menschen in Form einer hierin gebildeten Industrie so weit entwickelt, daß die natürliche Abhängigkeit nicht mehr notwendig war. In der bürgerlichen Gesellschaft erst konnte sich in der Arbeit menschlicher Reichtum bilden, Produkte also, durch die sich der Mensch frei von der Not seiner Natur, also als natürliches Wesen selbst, wissen konnte. Soweit und sofern die bürgerliche Gesellschaft die Industrie entwickelt hatte, hat sie die Möglichkeit, das heißt die materielle Grundlage menschlicher Freiheit geschaffen, hat also die Bedingung geschaffen, daß sich der Mensch von keiner äußeren Not mehr beherrscht fühlen muß. In der Bildung des menschlichen Reichtums bildete die Menschheit zugleich die Bedingung und Voraussetzung einer menschlichen Gesellschaft, einer Gesellschaft, worin der Mensch als Wesen sich frei zu sich im andern Menschen setzen kann.

In der bürgerlichen Gesellschaft sind also die Organe des Menschen in seiner Arbeit gesellschaftlich verwirklicht, allein, es sind die Organe eines sich noch nicht wissenden und wirklich gesellschaftlich verbundenen Wesens. Indem nämlich die bürgerliche Gesellschaft die Werkzeuge des Menschen zu gesellschaftlichen Werkzeugen gemacht hat, hat sie zugleich auch die Schranken dieser Gesellschaftlichkeit in der Form des Privateigentums verfestigt. Indem also in der bürgerlichen Gesellschaft der Mensch von seiner natürlichen Not befreit wurde, wurde die Arbeit des Menschen überhaupt zum Gegenstand der Herrschaft von Menschen über Menschen. Der Mensch, der sich nicht mehr in der Not zur Natur weiß, steht sich zugleich nicht als menschliches Wesen weltlich gegenüber, sondern produziert durch seine Gesellschaft zu- <folgt Org-S.26> gleich eine sich selbst fremde Macht. So ist eine Gesellschaft entstanden, in der die Abhängigkeit des Menschen vom Menschen zur Ohnmacht des arbeitenden Menschen und zur Macht des besitzenden Menschen geworden ist. Dieser Widerspruch zwischen Arbeit und Besitz stellt die Entfremdung des Menschen von sich und seiner eignen Gesellschaftlichkeit dar, stellt dar, daß das menschliche Wesen organisch entwickelt, aber in seiner wirklichen Form ungesellschaftlich existieren muß. Die bürgerliche Gesellschaft hat somit zugleich Voraussetzungen produziert, denen gegenüber ihre wirkliche Form zum Hemmnis wird, zur überkommenen Lebensform der bisherigen Geschichte.

Die bürgerliche Gesellschaft hat somit in ihrem sinnlichen Kern eine Verbindung der Menschen gegründet, die den arbeitenden Menschen in seiner Ohnmacht vergesellschaftet, weil und solange diese Arbeit im Widerspruch zur vorhandenen Welt des Reichtums und der Bildung des Menschen in der Form des Privateigentums, also eigentumslos existieren muß. In der Arbeit existiert innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft bereits die kommunistische Bewegung, die Bewegung, die sich gegen die Form und Macht des Besitzes stellt, weil sie sich bereits als wirklich menschliche Bewegung innerhalb dieser Form wissen kann.

"Der Kommunismus ist für uns nicht ein Zustand, der hergestellt werden soll, ein Ideal, wonach die Wirklichkeit sich zu richten haben wird. Wir nennen Kommunismus die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt. Die Bedingungen dieser Bewegung ergeben sich aus der jetzt bestehenden Voraussetzung." (MEW 3, S. 35).

<folgt Org-S.27>

3. Die gegenständliche Wirklichkeit der Menschen

Indem die bürgerliche Gesellschaft den Kommunismus als inhärentes Wesen hat, das zugleich zum Untergang der bürgerlichen Gesellschaft führen muß, wenn die bürgerliche Gesellschaft nicht zum Untergang des Menschen führen soll, produziert sich die Unerträglichkeit des Privateigentums zur verelendenden Macht gegen den Menschen. Der Mensch ist sich also nicht in seinem Geist fremd (vgl. Hegel), sondern hat sein eigenes Leben, seine Produktion wirklich als fremde Macht gegen sich. Was in der Philosophie Entfremdung war, ist in der bürgerlichen Gesellschaft wirkliche Macht. Der Kampf gegen diese wirkliche Macht, gegen die sogenannte Entfremdung, ist die einzige Bewegung des Kommunismus, der die gegenständliche Wirklichkeit der Menschen selbst formuliert und zum bewußten Kampf gegen die bürgerliche Gesellschaft bringt.

"Diese Entfremdung, um den Philosophen verständlich zu bleiben, kann natürlich nur unter zwei praktischen Voraussetzungen aufgehoben werden. Damit sie eine unerträgliche Macht werde, das heißt eine Macht, gegen die man revolutioniert, dazu gehört, daß sie die Masse der Menschheit als durchaus eigentumslos erzeugt hat und zugleich in Widerspruch zu einer vorhandenen Welt des Reichtums und der Bildung, was beides eine große Steigerung der Produktivkraft, einen hohen Grad ihrer Entwicklung voraussetzt – und andererseits ist diese Entwicklung der Produktivkräfte (womit zugleich schon die im weltgeschichtlichen statt im lokalen Dasein der Menschen vorhandene empirische Existenz gegeben ist) auch deswegen eine absolut notwendige praktische Voraussetzung, weil ohne sie nur der Mangel verallgemeinert, also mit der Notdurft auch der Streit um das Notwendige wieder beginnen und die ganze alte Scheiße sich herstellen müßte, weil ferner nur mit dieser universellen Entwicklung der Produktivkräfte ein universeller Verkehr der Menschen gesetzt ist, daher einerseits das Phänomen der eigentumslosen Masse in allen Völkern gleichzeitig erzeugt (allgemeine Konkurrenz), jedes derselben von den Umwälzungen der ändern abhängig macht, und endlich weltgeschichtliche, empirisch universelle Individuen an die Stelle der lokalen gesetzt hat." (MEW 3, S. 34f).

<folgt Org-S.28> Die kommunistische Bewegung gründet auf dem Wissen des universellen Verkehrs oder auf dem Bewußtsein einer vorhandenen Gesellschaftlichkeit, die sich im Kampf gegen die bisherige Gesellschaftsform, also in der Aufhebung des Privateigentums, den eigenen Organismus als wirklich gesellschaftlichen Menschen schafft. Die gegenwärtige Gesellschaft, welche im Privateigentum ihren gesellschaftlichen Zusammenhang hat, wird in ihrer Revolutionierung zugleich auch den Sinn des Menschen für den Menschen, das wirklich gesellschaftliche Sinnesorgan der Menschen bilden.

"Die Aufhebung des Privateigentums ist daher die vollständige Emanzipation aller menschlichen Sinne und Eigenschaften; aber sie ist diese Emanzipation gerade dadurch, daß diese Sinne und Eigenschaften menschlich, sowohl subjektiv als objektiv, geworden sind. Das Auge ist zum menschlichen Auge geworden, wie sein Gegenstand zu einem gegenständlichen, menschlichen, vom Menschen für den Menschen herrührenden Gegenstand geworden ist. Die Sinne sind daher unmittelbar in ihrer Praxis Theoretiker geworden. Sie verhalten sich zu der Sache um der Sache willen, aber die Sache selbst ist ein gegenständliches menschliches Verhalten zu sich selbst und zum Menschen und umgekehrt. Das Bedürfnis oder der Genuß haben darum ihre egoistische Natur und die Natur ihrer bloßen Nützlichkeit verloren, indem der Nutzen zum menschlichen Nutzen geworden ist. Ebenso sind die Sinne und der Genuß der andern Menschen meine eigene Aneignung geworden. Außer diesen unmittelbaren Organen bilden sich daher gesellschaftliche Organe, in der Form der Gesellschaft, also z.B. die Tätigkeit unmittelbar in Gesellschaft mit andern etc. ist ein Organ meiner Lebensäußerung geworden und eine Weise der Aneignung des menschlichen Lebens." (MEW 40, S. 540).

So wird die Aufhebung der bisherigen Gesellschaft, die kommunistische Bewegung, nicht nur den Menschen als Menschen befreien, sondern ist zugleich die Sinnbildung des Menschen für sich als gesellschaftliches Wesen. Indem die kommunistische Gesellschaft die Gesellschaft des Menschen erst ist, ist in ihr zugleich der Gegensatz von Mensch und Gegenstand, von Subjektivität und <folgt Org-S.29> Objektivität aufgehoben zu einer Gesellschaft, in welcher sich Subjekte objektivieren und sich als Sachen menschlich zum Menschen verhalten (vgl. Fußnote a.a.O., S. 540: "Ich kann mich praktisch nur menschlich zu der Sache verhalten, wenn die Sache sich zum Menschen menschlich verhält." Die Bewegung des Privateigentums hat das Material der kommunistischen Gesellschaft bereits gebildet und wird in der Aufhebung ihrer Form als Privateigentum die Einheit des Menschen mit seinem Gegenstand erweisen.

"Wie durch die Bewegung des Privateigentums und seines Reichtums wie Elends – des materiellen und geistigen Reichtums und Elends – die werdende Gesellschaft zu dieser Bildung alles Material vorfindet, so produziert die gewordene Gesellschaft den Menschen in diesem ganzen Reichtum seines Wesens, den reichen all- und tiefsinnigen Menschen als ihre stete Wirklichkeit. Man sieht, wie Subjektivismus und Objektivismus, Spiritualismus und Materialismus, Tätigkeit und Leiden erst im gesellschaftlichen Zustand ihren Gegensatz und damit ihr Dasein als solche Gegensätze verlieren; man sieht, wie die Lösung der theoretischen Gegensätze selbst nur auf eine praktische Art, nur durch die praktische Energie des Menschen möglich ist und ihre Lösung daher keineswegs nur eine Aufgabe der Erkenntnis, sondern eine wirkliche Lebensaufgabe ist, welche die Philosophie nicht lösen konnte, eben weil sie dieselbe nur als nur theoretische Aufgabe faßte." (MEW 40, S. 542).

Um die gegebene Gesellschaft also als Form und Macht gegen den Menschen, wie er in ihr organisch bereits existiert, darzustellen, ist die gegenwärtige Gesellschaft in ihrem vollständigen Zusammenhang als dem Menschen fremde Gesellschaft, als überkommene Form seiner Geschichte, zu entblößen und durch diese Blöße den Kampf des Menschen um seine Gesellschaftlichkeit möglich zu machen. Es ist somit auch überhaupt das sich selbst fremde Bewußtsein zu kriti- <folgt Org-S.30> sieren, das die Menschen über ihre gegenwärtige Welt haben. Eine Theorie, welche von diesem Standpunkt aus das bisherige Wissen des Menschen über sein Sein kritisiert, eine Theorie, welche im bisherigen Bewußtsein die Herrschaft des Menschen über den Menschen nachweisen kann, ist somit das erste praktische Wissen des Menschen über sich. Dieses Wissen kann nicht ohne Tätigkeit, ohne wirklich materielle Veränderung des bestehenden Lebens bleiben. Es ist zuallererst das Wissen über den dem Menschen entfremdeten Zusammenhang seines Lebens, das Wissen über die Produktionsweise seines Lebens, über das ökonomische Dasein des Menschen. In der Kritik der politischen Macht der herrschenden Ökonomie gründet sich überhaupt das Bewußtsein über das wirklich bestehende Leben, wie es in seiner sich fremden Form erscheint und von den politischen Geistern an diese Form gebunden werden will. Das kommunistische Wissen kann sich also zuallererst nur in der Kritik der politischen Ökonomie äußern.

4. Die Kritik der Politischen Ökonomie

Die politische Ökonomie stellt die ökonomische Wirklichkeit als menschliches Faktum dar, als ein Faktum, innerhalb dessen die Menschen produzieren und leben, ein Faktum also, dessen allgemeine Macht überhaupt anerkannt ist. Als politische Ökonomie vertritt sie den Willen, den diese Macht darstellt, wie jede Politik überhaupt auf dem Willen gründet, der sich über den Verhältnissen als Vorstellung des Lebens darin bildet. So ist jede Theorie politisch, wenn sie das gegenwärtige Leben der Menschen zum menschlichen Leben überhaupt erklärt, wenn sie also die Geschichte der Menschen darin <folgt Org-S.31> aufhebt, daß sie ihnen ihr eigenes Tun als Notwendigkeit des Lebens entgegenscheinen läßt. Daß die Menschen sich in der bürgerlichen Gesellschaft eine Verkehrsform gebildet haben, wird zum Grund gegen die Menschen gewendet, insofern diese Verkehrsform nicht als ihre wirkliche Geschichte aufgegriffen und als Zustand der Menschen erklärt, sondern als Notwendigkeit für den Menschen verewigt wird. Die politische Theorie hält den vorgestellten Menschen gegen den wirklichen Menschen und bindet somit jeden Menschen an sein Dasein in der Form, wie es bereits war, bevor es ihn gab (vgl. hierzu: "Entäußerung und Entfremdung in den Pariser Manuskripten von Karl Marx", Resultate der Arbeitsgruppe Psychologie 1978).

In der Kritik der politischen Ökonomie wird nicht nur ein politischer Wille als Inhalt der Theorie abgewiesen, sondern der gegenwärtige Zustand menschlicher Geschichte erklärt. Dies setzt zum einen voraus, daß der Grund jeglicher politischer Ökonomie den Stand einer Geschichte unterstellt, welcher zu ist, welcher also seine Bewegung nicht mehr durch die Menschen, sondern nurmehr in sich hat und zum zweiten die Entdeckung der Menschen, welche in der Geschichte verschlossen geblieben sind als Grund und Gehalt ihres Lebens. Eine Theorie als Erklärung eines menschlichen Zusammenhangs beginnt erst dort, wo alle Geschichte im Zustand zerronnen ist, wo also die menschliche Geschichte sich jenseits von Menschen weiterentfaltet als Zusammenhang von Dingen, die den Menschen selbst fremd sind und beginnt daher mit der Erklärung des Zusammenhangs dieser Dinge, nicht mit der Erklärung einer Geschichte, welche durch Menschen bereits vollbracht war. <folgt Org-S.32> So kann es in der Erklärung auch nicht um eine historisch bestimmte Folge der Kategorien gehen, sondern um die Entdeckung des historischen Menschen in und vermittelst der in der Kategorie entdeckten Abstraktion vom menschlichen Leben.

"Es wäre also untubar und falsch, die ökonomischen Kategorien in der Folge aufeinanderfolgen zu lassen, in der sie historisch die bestimmenden waren. Vielmehr ist ihre Reihenfolge bestimmt durch die Beziehung, die sie in der modernen bürgerlichen Gesellschaft aufeinander haben, und die genau das Umgekehrte von dem ist, was als ihre naturgemäße erscheint oder der Reihe der historischen Entwicklung entspricht. Es handelt sich nicht um das Verhältnis, das die ökonomischen Verhältnisse in der Aufeinanderfolge verschiedener Gesellschaftsformen historisch einnehmen. Noch weniger um ihre Reihenfolge "in der Idee" (Proudhon), (einer verschwimmelten Vorstellung der historischen Bewegung). Sondern um ihre Gliederung innerhalb der modernen bürgerlichen Gesellschaft." (MEW 42, S. 41).

Im Kapital von Karl Marx wird daher die menschliche Geschichte in der Form ihrer Entfremdung, in einem Zustand, einem wirklichen System des gesellschaftlichen Verkehrs dargestellt. Marx stellt also nicht nur das Verhältnis von Dingen außerhalb der Menschen dar, sondern beweist, daß in dem Verhältnis der Waren menschliche Geschichte geronnen ist, so daß es als ein gegenwärtiges Verhältnis von Menschen erscheint, deren Geschichte darin überkommen ist, denen ihre eigene Entwicklung in der Gestalt ihrer Sachen zur fremden Macht geworden ist. Indem er darin das menschliche Wesen dieses gegenständlichen Daseins aufdeckt, entblößt er das Faktum einer bürgerlichen Gesellschaft in ihrem Grund zu dem, was die Philosophie in ihrem Verstand gesucht hatte: Der gesellschaftliche Mensch, wie er in dem erscheint, was er nicht ist. Das menschliche Wesen als Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse wird in einer Gesellschaft entdeckt, in welcher die Verhältnisse der Dinge sich diesem Wesen entziehen und als Macht über es stellen. <folgt Org-S.33> Im Kapital formuliert Marx objektiv an der Welt selbst, was er subjektiv in der Kritik der Philosophie gebildet hatte. Er beweist in der bestehenden Welt, daß und warum der Mensch sich darin gerade in dem gegenständlich unterjocht, was als menschlicher Reichtum zugleich seine Freiheit ist: Der gesellschaftliche Organismus der Arbeit. Es handelt sich also hier nicht um ein objektives Werk eines sogenannten "reifen Marx", der etwas anderes täte, als er als sogenannter "junger Marx" gewollt hatte, – wie dies in einem großen Teil der Marxrezeption inzwischen gang und gäbe ist –, sondern vielmehr um die Vollendung der Kritik der Philosophie in der Kritik der politischen Ökonomie als Erklärung des wirklichen Menschen. So wie es Marx in den sogenannten "Frühschriften" bereits subjektiv formuliert hatte, stellt er im Kapital objektiv den fremden Menschen dar und formuliert ihn nicht als Haltung oder von einem Standpunkt aus, den man kommunistisch nennt, sondern als den wirklich gegenwärtigen Menschen, dem der Kampf gegen die herrschende Gesellschaft nötig sein muß. Der gegebene Stand des naturgeschichtlichen Prozesses der Menschheit findet im Kapital seine Darstellung und den objektiven Beweis, daß die Gesamttätigkeit des Menschen als gesellschaftlicher Organismus bereits existiert, der in einer Form von Verhältnissen erscheint, deren Überwindung erst die Emanzipation des Menschen zu seiner eigenen Gesellschaftlichkeit birgt. Der Gehalt dieser Emanzipation ist in dem Reichtum der bürgerlichen Gesellschaft gegeben. Er ist der entwickelte Organismus der Arbeit, der von dem arbeitenden Menschen angeeignet werden muß, um ihn erst zum gesellschaftlich wirklichen Menschen zu machen. Das erste Kapitel des Kapitals, um das es hier geht, diskutiert im allgemeinen die Bewegung des Verhältnisses von Menschen zu ihren Gegenständen und beweist überhaupt <folgt Org-S.34> darin die Trennung des Menschen vom Menschen, wie auch die Trennung des Menschen von seinem Gegenstand, die Trennung von Spiritualität und Materialismus, Geist und Sinn, in der bestehenden Gesellschaft selbst. Es ist somit auch der wichtigste theoretische Brennpunkt der Marxschen Theorie geworden, denn, dies als Grundlage jeder weiteren Theorie gefaßt, macht sie zur Waffe, die bestehenden Verhältnisse von ihrem mystischen Bewußtsein zu entzaubern, ihre Dogmen zu entlarven und der Welt jenes Bewußtsein zu verschaffen, welches ihr bereits in ihrem eigenen Tun inne ist.

Das erste Kapitel des Kapitals umfaßt alle Momente des gegebenen menschlichen Seins in der sich fremden Form. Die Ware, als Verhältnisform der Menschen dieser Gesellschaft, erweist sich als ein Ding, in welchem der Mensch von sich selbst absehen muß, um es zu besitzen und von dieser Absehung, vom abstrakten Menschsein her, in einen Selbstverstand verfällt, der ihn wiederum zum Knecht seines Lebens macht. Es ist daher gegliedert in folgende Teile:

1. In der Warenanalyse wird die Trennung des Menschen von seiner Sache, vom menschlichen Reichtum, entdeckt,

2. in der Warenform wird die Trennung der Sache von der Sache entwickelt und

3. in der Wertform zum übersinnlichen, zum spirituellen Ausdruck des Menschen gebracht.

Es wird dabei gezeigt, wie und warum darin die menschlichen Kräfte in ihr Gegenteil verkehrt sind, der Gegenstand des Menschen unmenschlich, die Sachen unsachlich und ihr geistiger Gehalt ein Ungeist, ein existierendes Unwesen, ein Ungeheuer ist. Gerade weil darin das <folgt Org-S.35> Individuum nicht getrennt von seiner Gesellschaft gedacht wird, sondern als gesellschaftliches Individuum erkannt ist, kann überhaupt der Prozeß dargestellt werden, in welchem die gesellschaftlichen Sachen zum übergesellschaftlichen Individuum, zum Geld werden. Das Geld, der ungeheure Geist der Zeit und der zur Wesenlosigkeit herabgesetzte Mensch sind die Inhalte des Kapitels, wie sie nun konkret in ihrer wirklichen Bewegung darzustellen sind. <folgt Org-S.37>

II. Die Warenanalyse

1. Der Reichtum als objektives Mittel von Menschen

A) Der Gehalt von Reichtum überhaupt

Der Reichtum von Menschen ist zunächst das, was sie an Gegenständen haben. Der Reichtum ist überhaupt das, worin Menschen sich durch ihre Gegenstände reich wissen, weil sie sich in ihren Gegenständen objektiv, also sich selbst gegenständlich haben. Der Reichtum ist für Menschen als Gegenstand ihres Lebens und zugleich Gegenständlichkeit dieses Lebens; – Sein gegenständlichen Lebens von Menschen, ausgebreitet in ihrer Produktivität, ihrer Genußfähigkeit, ihren Bodenschätzen und anderes mehr. Der Reichtum stellt die menschlichen Gegenstände in dem doppelten Sinne dar, wie sie als Stoffe für den Menschen sind (z.B. als Naturstoffe, welche entdeckt wurden für neue Arbeiten und neue Genüsse) und wie sie von den Menschen sind (z.B. als Produkte ihrer Phantasie und ihrer Sinne). Als Stoffe, welche für das menschlichen Leben sind und als Stoffe, welche es erzeugt hat, verkörpert der Reichtum das Gattungswesen des Menschen überhaupt in seiner gegenständlichen Form und damit das gegebene Verhältnis des Menschen zum Menschen ↓(2). Die Menschen können <folgt Org-S.38> also nur reich sein, wenn sie Stoffe für sich erzeugt oder entdeckt haben, also Stoffe zu menschlichen Gegenständen haben, und wenn sich darin ihr Lebens Zusammenhang und ihr Lebensprozeß ausdrückt, also darin das Dasein der geschichtlich entwickelten und lebenden Menschen sich verkörpert. ↓(3)

<folgt Org-S.40> Der Reichtum der Menschen ist identisch mit der Stufe ihrer Entwicklung, mit ihrer Gesellschaftlichkeit, welches immer deren Form sei. ↓(4) Er ist Dasein menschlicher Geschichte, mit den Menschen identisches Sein ihres Lebens, denn die Menschen leben nicht als menschliche Körper, sondern als sich gegenständlich produzierende Wesen. Im Reichtum hat der Mensch die Form seines gemeinschaftlichen Organismus als Gegenstand, worin ihm sein Wesen gesellschaftlich zu eigen ist. ↓(5)

Der Reichtum ist also die geschichtlich gegebene Reichhaltigkeit des Menschen; er ist Dasein seiner gegenwärtigen Sinne, seiner Erfinderkunst, seiner Empfindsamkeit, seiner Liebe und allem, was sein geschichtliches Sein <folgt Org-S.41> ausmacht. ↓(6) Er ist "die Reichheit der menschlichen Bedürfnisse" (MEW 40, S. 546) wie auch Bestätigung der menschlichen Wesenskraft und Bereicherung des menschlichen Wesens. Er ist also nicht nur Zeugnis des Menschen, sondern auch dessen Erzeugung, indem sich die Menschen darin zu neuen Taten und Geschichten entschließen.

Der Reichtum ist also die Existenz des menschlichen Wesens, Einheit ihrer stofflichen Erzeugung und Stimme, Einheit von Beschaffenheit und Bestimmung. Kein Sinn, kein Geist, nichts, was man an Menschen entdecken mag, wenn man danach sucht, ist ihm fremd oder von ihm getrennt. Im Reichtum ist das menschliche Leben geäußert, denn was die Menschen äußern, das sind sie. ↓(7) Sofern <folgt Org-S.42> das menschliche Leben im Reichtum mit seiner Gegenständlichkeit identisch ist, kann sich kein Mensch darin verlieren, denn der Reichtum bejaht jedes seiner Organe und all seinen Gehalt als gesellschaftliches Sein. ↓(8)

Somit ist der Reichtum nichts anderes als das, was die Menschen lebend äußern, was sie von ihrem Leben haben und was sie daher auch für ihr Leben brauchen. Es ist <folgt Org-S.43> der Stand ihres Lebens als Umstand für Menschen. Somit ist im Reichtum formuliert, "daß die Umstände ebenso die Menschen, wie die Menschen die Umstände machen" (MEW 3, S. 38). So wie sich die Individuen aneinander erzeugen und zum Menschen bilden, haben sie ihre eigenen Umstände gebildet. ↓(9)

Dies ist die Grundlage des später sogenannten historischen Materialismus, der den Positivismus, Idealismus und Pragmatisrnus der bürgerlichen Wissenschaft entgegengestellt wurde. Der Reichtum, die "Summe von Produktivkräften, Kapitalien und sozialen Verkehrsformen, die jedes Individuum und jede Generation als etwas Gegebenes vorfinden, ist der reale Grund dessen, was sich die Philosophie als "Substanz" und ''Wesen des Menschen" vorstellen, was sie apotheosiert und bekämpft haben, ein realer Grund, der dadurch nicht im mindesten in seinen Wirkungen und Einflüssen auf die Entwicklung der Menschen gestört wird, daß diese Philosophen als "Selbstbewußtsein" und "Einzige" dagegen rebellieren" (MEW 3, S. 38). Sofern die bürgerliche Wissenschaft überhaupt kritisch auftritt, tritt sie als Rebell gegen Wirkungen auf, die sie von sich getrennt feststellt. Indem aber im Reichtum die wirkliche Geschichte der Menschen gegenständlich gefaßt ist, gilt die Rebellion gegen die Wirklichkeit als Revolution, in welcher "die Befreiung jedes einzelnen Individuums in demselben Maße durchgesetzt wird, in dem die Geschichte sich vollständig in Weltgeschichte verwandelt." (MEW 3, S. 37). Die Revolution, "die bestehende soziale Umwälzung wird (den Reichtum) diesen gesellschaftlichen Produktions- und Reservefonds, das heißt die Gesamtmasse der Rohstoffe, Produktionsinstrumente und Lebensmittel, erst wirklich zu einem gesellschaftlichen machen, indem sie ihn der Verfügung der bevorzugten Klasse entzieht und ihn der ganzen Gesellschaft als Gemeingut überweist." (MEW 20, S. 180). <folgt Org-S.44>

B) Das Dasein des Reichtums als Mittel

Der Reichtum, worin sich das Gattungsleben der Menschen äußert, erscheint als Mittel für Menschen, wenn und weil diese ihr Produkt nicht als menschliche Beziehung haben, sondern den Reichtum als Mittel für ihr Leben ansehen. In dieser Entfremdung des Lebenszusammenhangs vor. Menschen ist das Produkt der Lebenstätigkeit zum Mittel eines hiervon getrennten Lebens gesetzt. ↓(10)

"Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine ungeheure Warensammlung" (MEW 23, S. 49).

Der Reichtum erscheint zunächst als ein Mittel von und für Menschen, als objektives Mittel oder als Ware. Er erscheint als Ware und er ist Ware oder in Warenform. Die Ware ist die Form, worin der Reichtum der bürgerlichen Gesellschaft existiert. Die Warensammlung ist der Reichtum der bürgerlichen Gesellschaft. Diese Gesellschaft zu kritisieren heißt daher, ihre Waren als menschlichen Reichtum zu erkennen. <folgt Org-S.45>

Der Reichtum dieser Gesellschaft besteht aus Waren, als Warensammlung oder als Vielheit von Waren. Die Ware ist sowohl einzeln wie auch allgemein die Form menschlicher Gegenstände in dieser Gesellschaft, die Form, worin die Elemente dieser Gesellschaft als einzelne zu ihrer eigenen Allgemeinheit verbunden sind. Die Ware ist die Elementarform dieser Gesellschaft. ↓(11) "Unsere Untersuchung beginnt daher mit der Analyse der Ware." (MEW 23 S.49)

Als Ware sind die menschlichen Gegenstände anschaubare, festhaltbare und zu untersuchende Dinge, äußere Gegenstände

"Die Ware ist zunächst ein äußerer Gegenstand, ein Ding, das durch seine Eigenschaften menschliche Bedürfnisse irgendeiner Art befriedigt." (MEW 23 S.49) <folgt Seite 46>

Die Ware für sich genommen, das heißt, als etwas genommen, dessen Herkunft und Werden kein empirischer Gegenstand dieser Theorie ist, ist ein äußerer Gegenstand, ein Gegenstand, der äußeres und damit selbständiges Sein hat. Die Ware ist also nicht das Dasein bestimmten menschlichen Lebens, das Dasein menschlicher Bedürfnisse im Gegenstand, sondern "ein Ding, das durch seine Eigenschaften menschliche Bedürfnisse irgendeiner Art befriedigt." (MEW 23 S.49). Der Gegenstand als Ware hat die Form, die somit zunächst gleichgültig gegen ihre besondere Geschichte und ihren besonderen Inhalt ist. Der Ware ist nur zueigen, daß sie überhaupt Bedürfnisse, ↓(12) Bedürfnisse irgendeiner Art befriedigt. ↓(13)

"Der reiche Mensch ist zugleich der einer Totalität der menschlichen Lebensäußerung bedürftige Mensch. Der Mensch, in dem seine eigene Verwirklichung als innere Notwendigkeit, als innere Not existiert." (MEW 40, S.544).

Das Bedürfnis bezieht sich immer auf menschliche Lebensäußerung, ist die Beziehung eines Menschen auf die Äußerung eines anderen, der ihm Bedürfnisse geweckt hat. Die Beziehung des Menschen auf den Menschen ist wesentlich die Beziehung des bedürftigen Menschen in seinem Reichtum, dem Wesen nach ist die Gegenständlichkeit menschlichen Lebens und seine Bedürftigkeit an der Verwirklichung seiner Lebensäußerung identisch, wenn auch nicht in einem Individuum vereinigt. Produktion als Lebensäußerung und Konsumtion als Bedürfnis haben somit im Menschen denselben Gehalt. Die Menschen sind aber in ihren Bedürfnissen zueinander tätig, abhängig und bezogen. Die Menschen schaffen sich aneinander die Bedürfnisse, wie sie auch durch sich und ihre Arbeit die Mittel ihrer Befriedigung schaffen. Diese Mittel können demnach auch keine bloßen Natursachen sein, keine Gegenstände der Begierde und des Habens, sondern stellen die Reichheit menschlicher Lebensäußerung als bestimmte Gegenstände für bestimmte menschliche Bedürfnisse, sowohl als Bezogenheit der bedürftigen Individuen zueinander, wie als Beziehung der Individuen zum Produkt ihrer Arbeit dar.

In der Gesellschaft, worin der Reichtum als Ware existiert, gilt jedes Individuum als ein Ganzes von Bedürfnissen, wodurch es keine bedürftige Beziehung, keine eigene Not als Beziehung auf einen Menschen gleichen Wesens hat, sondern allein die Not des Habens kennt. Diese stellt die Nationalökonomie erschöpfend und ausreichend dar:

"Die Gesellschaft, wie sie für die Nationalökonomen erscheint, ist die bürgerliche Gesellschaft, worin jedes Individuum ein Ganzes von Bedürfnissen ist, und es nur für den anderen , wie der andere nur für es da ist, insofern sie sich wechselseitig zum Mittel werden."(MEW 40, S.557).

Die Reichheit der menschlichen Beziehung durch ihre Bedürfnisse beziehen sich aber auf die Eigenschaften der Dinge, welche als gegenständliche Eigenschaften des Menschen an einem Ding sind. Der Reichtum, welcher allein die Ware als seinen Gehalt erkennt, der nationalökonomische Reichtum, kennt für das Bedürfnis des Menschen auch nur das Mittel als gehabtes, erkennt sein eigenes menschliches Bedürfnis auch nur in der Form des Habens. Entgegen der Nationalökonomie geht es darum, das menschliche Bedürfnis in menschliche Arbeit zu verwirklichen. Es geht darum, daß "an die Stelle des nationalökonomischen Reichtums und Elendes der reiche Mensch und das reiche menschliche Bedürfnis tritt." (MEW 40, S. 544) <folgt Org-S.48> Als äußerer Gegenstand und als Ding für menschliche Bedürfnisse irgendeiner Art ist die Ware nur ein objektives Mittel, eine Form für sich, dessen Gehalt an ihm <folgt Org-S.49> selbst existiert, dessen Form es aber auch für sich erhält. ↓(14) Obwohl die Ware ein von Menschen erzeugter Gegenstand ist, ist sie nicht als dieser da. Die Ware ist Gegenstand für menschliche Bedürfnisse und äußerer Gegenstand von Menschen; sie ist menschliche Gegenständlichkeit in der Form eines Befriedigungsmittels. Sie ist von Menschen, aber als das, was sie von ihnen ist, ist sie nicht für sie. Obwohl sie von Menschen, also in ihrer Bestimmung existiert, begegnet sie ihnen als gleichgültiges Mittel für ihre Bedürfnisse; sie ist bestimmt, aber gleichgültig gegen diese Bestimmtheit. Der Ware als Ware ist es gleichgültig, wofür sie Mittel ist, aber sie ist bestimmt, überhaupt Mittel zu sein. Ob sie daher für das unmittelbare menschliche Leben als Lebensmittel oder mittelbar für das Leben als Produktionsmittel gilt, kann nichts daran ändern. So ist auch überhaupt die Natur der menschlichen Bedürfnisse für das Dasein der Ware als <folgt Org-S.50> Mittel ihrer Befriedigung gleichgültig, solange sie überhaupt menschliche Bedürfnisse befriedigt.

"Die Natur dieser Bedürfnisse, ob sie zum Beispiel dem Magen oder der Phantasie entspringen, ändert nichts an der Sache " (MEW 23 S.49).

Es gibt also ein Ding als Tatsache anzuschauen, das gleichgültig seiner besonderen Bestimmung gegenüber existiert und daher Gegenstand der Untersuchung ist. Dies ist ein Gegenstand, der seine Vermittlung getrennt von den Menschen hat, äußere Vermittlung enthält. ↓(15)

Die Ware als äußerer Gegenstand ist als Gegenständlichkeit des gegebenen gesellschaftlichen Lebens zum einen dessen Produkt; als objektives Mittel der Menschen ist sie zugleich Voraussetzung dieses gesellschaftlichen Lebens. Die Ware ist Resultat und Voraussetzung des ganzen gesellschaftlichen Verkehrs in der bürgerlichen Gesellschaft. ↓(16) <folgt Org-S.51> Als solches ist sie also die Lebensgrundlage unserer Zeit, der verkörperte Entwicklungsstand der Menschheitsgeschichte.

C) Der gesellschaftliche Gehalt der Ware als menschlicher Reichtum

Als ein Ding, welches zur Befriedigung irgendwelcher Bedürfnisse da ist, ist die Ware ein nützliches Ding ↓(17). <folgt Org-S.52> Die Nützlichkeit eines Dings besteht in den Eigenschaften, welche es an sich hat.

"Jedes solches Ding ist ein Ganzes vieler Eigenschaften und kann daher nach verschiedenen Seiten nützlich sein." (MEW 23 S.49).

Ein Ding ist im Reichtum der bürgerlichen Gesellschaft als das da, was seine Eigenschaften den Menschen an Nutzen bereiten, was also die Eigenschaften eines Dings, der bestimmte Gehalt seiner stofflichen Existenz, für den .Menschen sind. Aber ein Ding ist für sich ein Ganzes vieler Eigenschaften und kann dennoch für den Menschen in dieser Ganzheit je nach der Seite seines Nutzens genommen werden. ↓(18)

<folgt Org-S.54>

"Jedes nützliche Ding, wie Eisen, Papier usw., ist unter doppeltem Gesichtspunkt zu betrachten, nach Qualität und Quantität." (MEW 23 S.49).

Ein nützliches Ding ist nicht in der Quantifizierung seiner eigenen Qualität gewärtig. Obwohl es Eisen, Papier usw. immer nur in bestimmter Quantität gibt, sind sie als nützliche Dinge "unter doppeltem Gesichtspunkt zu betrachten". Qualität und Quantität machen das gesellschaftliche Dasein von nützlichen Dingen aus, weil und solange sie getrennt vom Menschen existieren. Da ein Ding selbst nach verschiedenen Seiten nützlich sein kann, erscheint es als Natur des Bedürfnisses, die Eigenschaft der Dinge für den eigenen Nutzen zu entdecken .

"Diese verschiedenen Seiten und daher die mannigfachen Gebrauchsweisen der Dinge zu entdecken ist geschichtliche Tat. So die Findung gesellschaftlicher Maße für die Quantität der nützlichen Dinge." (MEW 23 S.49f).

Die Eigenschaft der Dinge ist entdeckt, gleichgültig, ob diese Entdeckung nur als Arbeitsprodukt existiert, oder im Kopf vor der Arbeit selbst dem Naturding entgegengekommen ist. Es handelt sich hier allein um den Gehalt dieser Eigenschaften, der von Menschen entdeckt worden war. Ob die Dinge von Natur aus Eigenschaften haben, oder in der Arbeit Eigenschaften erhalten, ist hierfür gleichgültig. ↓(19)

"Weder sind also die menschlichen Gegenstände die Naturgegenstände, wie sie sich unmittelbar bieten, noch ist der menschliche Sinn, wie er unmittelbar ist, gegenständlich ist, menschliche Sinnlichkeit, menschliche Gegenständlichkeit. Weder die Natur – objektiv – noch die Natur subjektiv ist unmittelbar dem menschlichen Wesen adäquat vorhanden." (MEW 40, S. 579).

Zum andern ist die Nützlichkeit der Dinge in der Eigenschaft von Dingen entdeckt, also darin für die Menschen da. Die Dinge als menschlich erkannte Gegenstände, und die Dinge als entdeckte Nützlichkeit für die Menschen unterscheiden sich in der bürgerlichen Gesellschaft nicht, sofern Erkenntnis und Nutzen gerade in dieser Einheit den Stand ihrer Entwicklung ausmacht. Andererseits: Im Nutzen erkennt man nichts. Die Dinge existieren also nicht in einer bestätigten Form für Menschen, sondern als äußere Gegenstände, worin die Erkenntnis der Dinge zugleich in dem endet, was die Dinge als Lebensmittel sind. <folgt Org-S.55>"Die Nützlichkeit eines Dings macht es zum Gebrauchswert." (MEW 23 S.50)

Was die Dinge als entdeckte Eigenschaft, als Nützlichkeit haben, gibt ihnen den Wert eines Gebrauchs. Im Gebrauchswert formuliert sich die Nützlichkeit der Dinge objektiv. Der Gebrauchswert ist nicht Nützlichkeit, aber die Nützlichkeit eines Dings erzeugt den Gebrauchswert, insofern sie als solcher außerhalb der Menschen existiert. Die Dinge sind da für Menschen und haben als solche Gebrauchswert. ↓(20) Der Gebrauchswert <folgt Org-S.56> ist das objektive Dasein eines unbestimmten Bedarfs ↓(21)1 <folgt Org-S.58> Das Verhältnis dieses Bedarfs zur Erzeugung der Bedürfnisse ist ein gesellschaftliches Verhältnis, worin sowohl die Bedürftigkeit von Menschen eingeht, als auch ihre Arbeit. Erst in ihrem gesellschaftlichen Dasein bezieht sich beides aufeinander in der jeweils entwickelten Form dieser Gesellschaft. ↓(22)

Der Gebrauchswert ist an einem Ding, weil nur dieses für den Menschen nützlich sein kann. ↓(23)

"Diese Nützlichkeit schwebt nicht in der Luft. Durch die Eigenschaften des Warenkörpers bedingt, existieren sie nicht ohne denselben." (MEW 23 S.50)

<folgt Org-S.60> Aber das Ding selbst ist nicht für sich Nutzen. Die Eigenschaften eines Dings sind nicht durch sich selbst nützlich. Ein Ding kann schwer sein, ohne daß dies den Menschen nutzt, ja ihm sogar eher Kraft abverlangt, denn ihm Nutzen bringt. Aber Nützlichkeit ist durch die "Eigenschaft des Warenkörpers bedingt", hat also in und durch diese Eigenschaften in der Gesellschaft der Menschen Nutzen.

Die Nützlichkeit eines Dings ist vom Menschen entdeckte Eigenschaft ↓(24) und macht es zum Gebrauchswert. Aber der <folgt Org-S.61>Gebrauchswert ist nur darin gesellschaftlich wahr, daß er sich im Gebrauch verwirklicht.

"Der Gebrauchswert verwirklicht sich nur im Gebrauch oder der Konsumtion." (MEW 23 S.50).

Den Gebrauchswert der Ware gibt es wirklich erst dann, wenn es Dinge gibt, die sich im Gebrauch verwirklichen. Der Gebrauchswert existiert also objektiv nicht als Sache, sondern nur an der Sache, deren Nützlichkeit verzehrt wird. Ober den Gebrauchswert so zu reden, als ob er eine stoffliche Existenz hätte, ist absurd. Was von ihm existiert, ist reine Formbestimmung, ist die Form, in der die Ware für das Bedürfnis eines Menschen existiert, indem also die Ware für etwas existiert, durch was sie nicht existiert, sondern was ein von ihr getrennter Wille, ein Verlangen oder ein Bedarf ist. ↓(25) <folgt Org-S.62>

So hat die Nützlichkeit eines Dings keinerlei gesellschaftliche Gewärtigkeit, wiewohl durch sie gesellschaftliche Bedürfnisse befriedigt werden und entdeckte Eigenschaften von Dingen genutzt werden.

"Obgleich Gegenstand gesellschaftlicher Bedürfnisse und daher im gesellschaftlichen Zusammenhang, drückt der Gebrauchswert jedoch kein gesellschaftliches Produktionsverhältnis aus." (MEW 13, S. 16).

Da das Ding nicht als Ganzes seiner Eigenschaften gesellschaftlich existiert, sondern als nützliches Ding, kann es selbst nicht gesellschaftlich existieren, da es nur für den Menschen und dessen Ergreifungen da ist. Es selbst hat keinen gesellschaftlichen Begriff als Ding, denn als dieses verschwindet es fortwährend, sobald es seinen Gebrauchswert verwirklicht.

So ist der Gebrauchswert an der Ware als Formbestimmung, nicht als stofflicher Gehalt, denn die Ware hat ihre Nützlichkeit nur durch Stoffe, nicht aber ihre ökonomische Bestimmtheit als Gebrauchswert. So ist das Gebrauchswertsein der Ware ihre notwendige Voraussetzung, aber als <folgt Org-S.63> Ware selbst existiert sie nicht als Gebrauchswert.

"Gebrauchswert zu sein scheint notwendige Voraussetzung für die Ware, aber Ware zu sein gleichgültige Bestimmung für den Gebrauchswert." (MEW 13, S. 16).

Den Gebrauchswert gibt es also nur in seinem stofflichen Gehalt, in der ihm eigenen Tatsache, menschliche Bedürfnisse irgendeiner Art zu befriedigen oder menschliche Nützlichkeit zu haben. Er drückt keine gesellschaftliche Beziehung aus, sondern die Beziehung eines Menschen auf sich selbst, welcher ihn zu seinem Bedürfnis hat ↓(26) Der Gebrauchswert existiert stofflich als Eigenschaft, die genutzt werden soll und ist in der "von uns zu betrachtenden Gesellschaftsform zugleich stofflicher Träger des Tauschwerts." (MEW 23 S.50). <folgt Org-S.64>

Es geht also in dem Buch nicht um eine Theorie der Nützlichkeit, um die am Ding dargestellte vereinseitigte und objektivierte Beziehung von Menschen, sondern um die Form einer Gesellschaft, worin die menschlichen Gegenstände als Form durch sich selbst erscheinen, als Tauschwert. Der Gebrauchswert existiert in der Gesellschaft nicht, sondern nur als Ware, als Gebrauchswert für andere. Nur <folgt Org-S.65> in dieser Form ist er überhaupt die Form von menschlichem Reichtum. ↓(27) <folgt Org-S.66>

Der Gebrauchswert als Formbestimmung der Dinge, welche im bürgerlichen Reichtum als Waren existieren, ist als menschliches Produkt zugleich wechselseitiges Mehrprodukt einzelner Individuen. Er ist nicht als Mehrprodukt, aber als Produktion, welche über den eigenen Bedarf hinausgeht, berechnet. Die Menschen stehen also einerseits nur <folgt Org-S.67> in Beziehung auf sich, sofern sie für sich produzieren, andererseits nur in der Abstraktion von Menschen, wenn sie für ein Mehrprodukt für Bedürfnisse irgendeiner Art produzieren. Das Dasein der Dinge hat diesen Gehalt als Beziehung von Menschen, die sich nun an den Dingen treffen, um die Beziehung ihrer Produkte, die durch Produktion und Konsumtion notwendige Gesellschaftlichkeit ihrer Arbeit herzustellen. ↓(28) In dieser Beziehung bestehen nun die Gebrauchswerte wirklich als Dinge, welche irgendwann und irgendwo von Menschen gebraucht werden, die zum einen das bekommen haben, was sie zum anderen daran zu nutzen wissen; – so existiert die Not des einen Menschen immer als Alternative zur Arbeit des anderen. Der Gebrauchswert für andere ist nur darin existent, daß Waren auf dem Markt Gebrauchswert haben, die in <folgt Org-S.68> alternierender Beziehung zu den Menschen stehen. ↓(29) <folgt Org-S.69>

Der Reichtum als äußere Gegenständlichkeit von Menschen erscheint nun in dem unendlichen Alternieren von Gebrauchswerten, deren qualitative Beziehung zum Menschen getrennt ist von dem Quantum, als welches sie existieren. Die Quantität des Reichtums bestimmt sich allein durch das Verhältnis der Gebrauchswerte, durch "die Proportion, worin sich Gebrauchswerte einer Art gegen Gebrauchswerte anderer Art austauschen" (S.50). Als rein proportionelles Verhalten der Gebrauchswerte in ihrem alternierenden Dasein als Gebrauchswert für andere sind die Gebrauchswerte "in der von uns zu betrachtenden Gesellschaftsform..... zugleich die stofflichen Träger des Tauschwerts." (S.50) Der unendliche Formwechsel der Waren hat sich somit als ökonomisches Verhältnis fixiert. ↓(30) <folgt Org-S.71>

Die Gebrauchswerte in diesem Verhältnis gelten einander gerade soviel, wie ihre Proportion zueinander ist. Sie gelten einander als das Quantum, in welchem sie sich proportionell verhalten.

"Als Tauschwert ist ein Gebrauchswert gerade soviel wert wie der andere, wenn nur in richtiger Proportion vorhanden. Der Tauschwert eines Palastes kann in bestimmte Anzahl von Stiefelwichsen ausgedrückt werden. Londoner Stiefelwichsfabrikanten haben umgekehrt den Tauschwert ihrer multiplizierten Büchsen in Palästen ausgedrückt. Ganz gleichgültig also gegen ihre natürliche Existenzweise und ohne Rücksicht auf die spezifische Natur des Bedürfnisses, wofür sie Gebrauchswerte, decken sich Waren in bestimmten Quantitäten, ersetzen einander im Austausch, gelten als Äquivalente und stellen so trotz ihres buntscheckigen Scheins dieselbe Einheit dar." (MEW 13, S.16)

Gebrauchswerte in dieser allseitig quantitativen Beziehung existieren als Tauschwerte. Die Gebrauchswerte oder die nützlichen Dinge stehen untereinander in dem Verhältnis, in welchem sie ein gegebenes Quantum von menschlichen Produkten aneinander proportionieren und erscheinen so "als das quantitative Verhältnis, die Proportion, worin sich Gebrauchswerte einer Art gegen Gebrauchswerte anderer Art austauschen " (MEW 23 S.50f).

Dieses rein quantitative Verhalten der Gebrauchswerte hat keinen Grund in ihrer Beschaffenheit oder in ihrem Dasein für die Menschen, es resultiert aus ihrer existenten Masse. So ist das Verhältnis der Gebrauchswerte als Tauschwerte, ein Verhältnis, das keinen stofflichen Gehalt, keine stoffliche Quantifizierung hat, und daher ein Verhalten ist, das sich nur in Raum und Zeit ausdrückt, "ein Verhältnis, das beständig mit Zeit und Ort wechselt. Der Tauschwert scheint daher etwas zufälliges und rein relatives." (MEW 23 S.50)

Das Verhältnis der Gebrauchswerte als Tauschwert erscheint daher als ein zufälliges Verhältnis, worin die Quantitäten mit Zeit und Ort wechseln und füreinander selbst relativ sind. Es gibt Gebrauchswerte in einer Quantität, die sich selbst zu bestimmen scheint, "ein der Ware innerlicher <folgt Org-S.72> immanenter Tauschwert (zu sein scheint), also eine contradictio in adjecto" (MEW 23 S.51), ein Widersinn des Wortes selbst. Aber ein Widersinn, in welchem ein von Menschen produziertes Quantum an Gebrauchsgütern erscheint, gibt uns das Rätsel, woher die Relationen darin entstehen, woher also das bestimmte Quantum der einzelnen Dinge kommt. ↓(31)1 <folgt Org-S.73>

Das Rätsel dieser Welt ist nun am Gegenstand, an der Elementarform der bürgerlichen Gesellschaft selbst deutlich geworden: worin liegt der bestimmte Gehalt der Quantität oder die Bestimmung der Quantifizierung des Reichtums, also letztlich die Bestimmung der Entwicklung menschlicher Lebensstoffe in der bürgerlichen Gesellschaft? Wir haben daher die Untersuchung der Ware als Gegenstand einer Theorie nun frei vor uns und beginnen mit deren Analyse.

"Betrachten wir die Sache näher." (MEW 23 S.51).

<folgt Org-S.74>

2 . Substanz und Quantum der Ware

A) Das Tauschverhältnis

Der Reichtum der bürgerlichen Gesellschaft existiert nun als Warensammlung, als quantitatives Verhältnis von Gebrauchsgütern. Für dieses Verhältnis ist es gleichgültig, wann und ob eine Ware gebraucht bzw. verbraucht wird. Ihre Existenz ist in dem Tauschverhältnis, und ihr Untergang als Ware im Konsum ist ein verschwindendes und wieder aufgehendes Moment dieses Verhältnisses. Ob und wann einzelne Waren verschwinden, macht lediglich die bestimmte Beziehung einzelner Individuen auf die Nützlichkeit eines bestimmten Dings aus, je nachdem, was ihm als solches gilt, und ist für das Verhältnis der Waren als Existenz des Reichtums der bürgerlichen Gesellschaft gleichgültig geworden ↓(32)2. Indem das Ding als Ware existiert, existiert es also selbst nicht objektiv als Lebensmittel, denn die Waren verhalten sich solange zueinander, wie sie als Tauschgegenstände sind. Zugleich existiert das Ding aber auch nicht als menschlicher Reichtum, sondern als Verhältnis von Dingen, die dem Menschen gegenüber vollständig gleichgültig sind und sich dadurch in einer eigenen Welt aufeinander beziehen. Da aber alle Stofflichkeit und Qualität der Dinge selbst gar nicht existiert, beziehen sich die Dinge in ihrer Welt nur als Quantum aufeinander und das Tauschverhältnis ist das Verhalten ihres Quantums.

Obgleich es die Warenbesitzer sind, die die Dinge tauschen, weil sie ein Bedürfnis an einem Gebrauchswert haben, der in anderer Hand ist, beziehen sie sich auf die Dinge nur durch die Menge, welche der Gebrauchswert, den sie zu Händen haben, zu dem Gebrauchswert ist, den ein anderer zu Händen hat. Ihnen ist die Beziehung zu dem Menschen, der ihnen den Gegenstand ihres Bedürfnisses verschafft, nur als quantitative Beziehung, als Berechnung auf die Menge, die von eigenem Gebrauchswert abgegeben werden muß.

Im Tauschverhältnis beziehen sich die Waren zunächst nur durch ihre Mengen aufeinander in der Gestalt, wie ihre gesellschaftlichen Maße gefunden waren, also zum Beispiel als Quarter Weizen, Ellen Leinwand, Paar Schuhe usw. Die bestimmte Proportion ist gegeben, wenn sich X Quarter Weizen mit Y Ellen Leinwand und Z Paar Schuhen tauschen. <folgt Org-S.76>

X Quarter, Y Ellen und Z Paar sind die Mengen, die hier in Proportion treten; was an bestimmten Stoffen existiert, also Weizen, Leinwand und Schuhe, ist nur für den von Bedeutung, der es braucht, nicht für das Tauschverhältnis selbst. Da sich der Weizen aber nicht nur auf Leinwand und Schuhe bezieht, hat er viele verschiedene Quanta in seinem Tausch und damit in seiner Beziehung auf andere, also zum Beispiel A Quarter, B Quarter, C Quarter usw. "Mannigfache Tauschwerte also hat der Weizen statt eines einzigen" (MEW 23 S.51).

So sind die verschiedenen Tauschwerte an einer Ware ebenso mannigfaltig wie die Waren, welche den Tauschwert selbst tragen, mannigfaltig sind. In ihrer Unterschiedlichkeit und Mannigfaltigkeit stellen die einzelnen Tauschwerte "das quantitative Verhältnis, die Proportion, worin sich Gebrauchswerte einer Art gegen Gebrauchswerte anderer Art austauschen" (MEW 23 S.50), also den Tauschwert überhaupt dar. Aber den Tauschwert gibt es nur durch sie. So drücken die Waren etwas gleiches in ihrem Verhältnis aus, während sie in ihrer unterschiedlichen Quantität dieses überhaupt erst bilden.

"Es folgt daher erstens: Die gültigen Tauschwerte derselben Ware drücken ein gleiches aus. Zweitens aber: Der Tauschwert kann überhaupt nur die Ausdrucksweise, die Erscheinungsform eines von ihm unterschiedenen Gehalts sein." (MEW 23 S.51).

Die Tauschwerte einer Ware und die Waren des Tauschwerts sind einmal Subjekt, einmal Objekt einer Substanz, die sie selbst nicht in ihrem Verkehr bilden; – das wäre in der Tat widersinnig, eine in sich widersinnige Bewegung. Der Tauschwert kann nicht zum einen das Verhältnis der Waren begründen und sich zugleich als unterschiedlicher <folgt Org-S.77> Tauschwert an einer Ware wiederum erst aus dem Verhältnis der Waren gründen. Er müßte sich als das Gleiche und Ungleiche zugleich ausdrücken, das bestimmte Maß wie auch dessen unbestimmte Substanz selbst enthalten. Die unterschiedlichen quantitativen Verhältnisse drücken etwas sich Gleichbleibendes aus, während sie sich aneinander darin unterscheiden. In ihrer Gleichsetzung haben die Waren verschiedene Quanta, sind sich aber doch in dem gleich, was die Gleichsetzung überhaupt ermöglicht, was sich also darin gleich setzt. Wenn 1 Quarter Weizen gleich A Zentner Eisen ist, so ist weder der Weizen mit dem Eisen gleich, noch der Quarter mit dem Zentner, noch die Menge 1 mit der Menge A.

"Was besagt diese Gleichung? Daß ein Gemeinsames von derselben Größe in zwei verschiedenen Dingen existiert, in l Quarter Weizen und ebenfalls in A Zentner Eisen. Beide sind also gleich einem Dritten, das an und für sich weder das eine noch das andere ist. Jedes der beiden, soweit es Tauschwert, muß also auf dies Dritte reduzierbar sein." (MEW 23 S.51)

Im Reichtum der bürgerlichen Gesellschaft, welcher als Tauschverhältnis existiert, als qualitätsloses Dasein der Waren in ihrer jeweils verschiedenen Quantität als ihr Verhältnis zueinander ↓(33)3, steckt ein Begriff, der sich nur in ihrem Verhalten darstellt. Dieser Reichtum wird erzeugt und als Erzeugnis angeeignet, aber die Beziehung der Menschen in der Erzeugung und Aneignung ist verschwunden. Den Waren in diesem Tauschverhältnis ist also nur das gleich, wodurch sie von und für Menschen sind, und da das Tauschverhältnis überhaupt von der <folgt Org-S.78> Bestimmtheit dieser Beziehung vollständig absieht, also auf der Abstraktion jeglichen bestimmten Gehalts gründet, können die Waren im Tauschakt nur das realisieren, was sie für den Menschen sowohl als Arbeitsprodukt wie als Gegenstand seines Bedarfs überhaupt sind. Dem Bedürfnis und dem Arbeitsprodukt ist in der Ware allein das identisch, daß die Ware in ihrem gleichgeltendem Gehalt als Produkt und Gegenstand des Menschen für den Menschen überhaupt nur Wert hat. Die gesellschaftliche Substanz der Ware im Tauschverhältnis ist daher der Wert. Eine Ware hat Wert, weil sie wert ist. Das gleichbleibende Dritte ihres Verkehrs, das gemeinsame des Tauschverhältnisses, der Begriff des Tauschwerts ist der Wert.

"Im Austauschverhältnis der Waren selbst erschien uns ihr Tauschwert als etwas von ihren Gebrauchswerten durchaus Unabhängiges. Abstrahiert man nun wirklich vom Gebrauchswert der Arbeitsprodukte, so erhält man ihren Wert, wie er eben bestimmt war." (MEW 23 S.53)

Die wirkliche Abstraktion vom Gebrauchswert der Arbeitsprodukte ist also erst erkannt, wenn man wirklich von den Gebrauchswerten abstrahiert. ↓(34) <folgt Org-S.78>

B) Die Wertbeziehung

a) Wert als Gehalt der gesellschaftlichen Beziehung der Waren

Als Form des menschlichen Reichtums in der bürgerlichen Gesellschaft sind die Waren nun entdeckt, denn als "gemeinschaftliche gesellschaftliche Substanz sind sie Werte – Warenwerte." (MEW 23 S.52). Der Wert ist also der Gehalt des Reichtums der bürgerlichen Gesellschaft oder ihre Substanz, die allgemeingesellschaftliche Substanz der Menschen, welche ihren Reichtum in der Form einer Warensammlung haben und daher ihren Verkehr, ihren gesellschaftlichen Stoffwechsel, auf dem Wert gründen. Dieser ist der Inhalt für die Ware als eigenes Ding, welches selbständig und für den Menschen gleichgültig darin ihren Gehalt hat.

Aber insofern die Menschen im Reichtum ihr Leben äußern, äußern sie in ihrem bestimmten Leben, in ihrer jeweilig einzelnen Arbeit, zugleich ein Produkt, das innerhalb des Warenverhältnisses von jeglicher Bestimmtheit absieht, das von der Arbeit, die Menschen zu seiner Herstellung geäußert haben, in seiner ihm eigenen Existenz wirklich absehen kann, wirkliche Abstraktion menschlicher Arbeit darstellt. So wie es als Gebrauchswert für Menschen in der ihm eigenen Existenz als Tauschverhältnis gleichgültig war, so ist es auch in seinen Werten als Ding dieses Tauschverhältnisses, als Produkt menschlicher Arbeit, dieser gegenüber gleichgeltend, gleichgültige Arbeit, "gleiche menschliche Arbeit, abstrakt menschliche Arbeit." (MEW 23 S.52). <folgt Org-S.80> Obwohl die Waren zu ihrer Existenz im Tauschverhältnis erzeugt worden sind von Menschen durch deren Arbeit und verbraucht werden durch Menschen in ihrem Konsum, beides – wie bereits gesehen – ein identischer Akt für den Menschen, aber ein unterschiedlicher Akt für die Waren in ihrem Tauschverhältnis, existieren sie selbst gleichgültig, für den Menschen gleichgeltend als Warenwerte im Austausch. Als Produkte nützlicher Arbeit, Arbeit, die für andere Menschen nützliche Produkte schafft, existieren die Arbeitsprodukte als Ware nur auf ihr Dasein als gleiche menschliche Arbeit reduziert.

"Mit dem nützlichen Charakter der Arbeitsprodukte verschwindet der nützliche Charakter der in ihnen dargestellten Arbeiten, es verschwinden also auch die verschiedenen konkreten Formen dieser Arbeiten, sie unterscheiden sich nicht länger, sondern sind allzusamt reduziert auf gleiche menschliche Arbeit, abstrakt menschliche Arbeit." (MEW 23 S.52)

Worin sich die Arbeitsprodukte im bürgerlichen Reichtum also verallgemeinern, worin sie den gesellschaftlichen Charakter ihrer eigenen Erzeugung darstellen, worin menschliche Arbeit allgemein überhaupt nur existiert, ist der Wert. ↓(35)<folgt Org-S.82>

Was ursprünglich unsere allgemeinste ökonomische Frage war, die Beziehung des Reichtums zur Ware, in welcher er erscheint, ist nun im Wert entdeckt. ↓(36) Hinter dem Rücken <folgt Org-S.86> der jeweils einzeln produzierenden und konsumierenden Menschen hat sich während ihrer bestimmten Tätigkeit eine gemeinschaftliche Substanz gebildet, die von jedem absieht und die der abstrakte Gehalt ihres Verkehrs ist. Obwohl die Menschen ihre je einzelnen Bedürfnisse durch je einzelne Arbeiten in Beziehung bringen, verhalten sie sich zueinander gleichgültig, insofern ihre Beziehung allein durch den Wert ihrer Gegenstände besteht. ↓(37) <folgt Org-S.87>

Der Wert ist im Austausch, im Verhältnis zweier Tauschwerte ein Drittes, "das an und für sich weder das eine, noch das andere ist" , wovon die einzelnen Tauschwerte aber "ein Mehr oder Minder darstellen" (MEW 23 S.51). Indem sich dieses Dritte als Kristallisation abstrakt menschlicher Arbeit, als Wert, dargestellt hat, ist die Substanz entdeckt, von welcher die Tauschwerte Quantifizierungen sind. Sie sind ein Mehr oder Minder der abstrakt menschlichen Arbeit, die Quantität einer Arbeit, welche von jeder Bestimmtheit absieht, die Quantität der Arbeit als Arbeit selbst. <folgt Org-S.88>

b) Die Wertsubstanz

Was aber ist die Quantität einer Arbeit, die selbst keine bestimmte Arbeit ist? Sofern man Schuhe herstellt, hat man nach getaner Arbeit ein bestimmtes Quantum von Schuhen, ebenso wenn man Weizen erntet oder Tische schreinert. Man kann auch die Arbeit in einer bestimmten Weise aufteilen, so daß man entweder aufhört zu arbeiten, wenn ein Produkt fertig ist, oder indem man die Arbeit nach einer bestimmten Zeit unterbricht, wenn es halb, dreiviertel usw. fertig ist. Kurz: Das Quantum ist einfacher Ausdruck einer bestimmten Tätigkeit, solang die Tätigkeit bestimmt ist. Ist eine Tätigkeit bestimmt, so kann man auch das Quantum bestimmen. Man ist frei von ihrer Quantität, weil man sich selbst darin in einer bestimmten Qualität quantifiziert. So ist das Quantum der Arbeit als Dauer einer Tätigkeit genauso – nur subjektiv – ausgedrückt, wie im Quantum der Arbeitsprodukte objektiv. Ein Mensch mag 5 Stunden arbeiten, um ein Paar Schuhe hergestellt zu haben, ein anderer hat 10 Stunden gearbeitet, um einen Tisch zu bauen, ein dritter hat 10 Stunden gebraucht, um einen halben Schrank herzustellen, ein vierter hat 5 Stunden gebraucht, um den Plan für ein neues Haus zu entwerfen. Pro Produkt gibt es verschiedene Arbeitsquanten, wie es auch bei demselben Arbeitsquantum verschieden viele Produkte gibt. Am Produkt selbst läßt sich kein quantitativer Unterschied zwischen Herstellungsdauer und Stückquantum allgemein sagen. Somit gibt es auch nicht irgendeine allgemeingültige Zeit, in welcher Produkte zu produzieren wären, so daß man aufzählen könnte, daß nach einem Arbeitstag in einer Stadt jedesmal gleich viele Produkte da wären, denn die Zeit mißt sich nicht überhaupt als Produkt, sondern auch als Verflechtung <folgt Org-S.89> und Entwicklung der Produktion, so daß am Tag vor der Inbetriebnahme des ersten Webstuhls noch 20 Stunden für 20 Ellen Leinwand zu arbeiten war, am Tag danach nur noch 2 Stunden. Kurz: Das Quantum als Quantum gibt es nicht, solange sich die Quantifizierung nicht als eigene Tätigkeit selbst erweist.

Indem der Wert eine Abstraktion von aller bestimmten Arbeit ist, also von jedem Inhalt, von jeder Qualität der Arbeit und ihrer Produkte absieht, ist er etwas, was es nicht gibt. Er unterstellt zwar etwas Gegebenes, eine Existenz von Produkten als Reichtum in einer bestimmten Form, aber er ist für sich nichts. Den Wert als Wert gibt es also nicht, denn er ist überhaupt nur ideal gesetzt, aus der Arbeit heraus ideal gesetzte Arbeit. An und für sich ist der Wert kein bestimmter Stoff und kein bestimmtes Quantum, sondern eine Idee, welche im Produkt die Tatsache von Arbeit, also die abstrakte Arbeit enthält, nicht aber ihren bestimmten Bezug, keine bestimmte Beziehung zwischen dem Arbeitenden und dem Konsumenten. ↓(38) <folgt Org-S.92>

Indem der Wert als Idee allein Arbeit von Menschen in ihrem Verkehr enthält, verkehrt er zugleich auch diese Verhältnisse zur Idee. ↓(39) Die Tatsache, daß die <folgt Org-S.93> Produkte Wert sind und als Wertgegenstände konsumiert werden, macht ihr eigenes Verhältnis und alles, was sie darin hervorbringen, zu einer Beziehung für sich, zu einem Ideal. Weder ihre einzelne Arbeit noch ihr Verzehr als bestimmtes Bedürfnis geht in diesen Verkehr ein, sondern die darüber erhabene und gleichbleibende Form als Quantität des Verkehrens. Was insgesamt ihr Verhältnis darstellt, ist also das Quantum, worin sich die Bedürfnisse und Arbeiten gleichbleiben, worin die Produkte, sei es ihre Entstehung oder ihr Vergehen, als abstrakte ideal gesetzte Produkte quantitativ in sich bleiben als durchschnittliche Masse des Reichtums. Somit stellt sich die Idee im wirk- <folgt Org-S.94> lichen Verkehr überhaupt nur als Durchschnitt dar, in welchem der Reichtum als Masse dem Menschen erhalten bleibt, während die verschiedensten bestimmten Beziehungen und Verhaltensweisen darin entstehen und vergehen. Es gibt also den Wert als Wert wirklich nur im gleichbleibenden Quantum der Sachen.

c) Das Wertquantum

Indem die Warensammlung in ihrem beständigen Entstehen und Vergehen als Durchschnittsmasse im Reichtum der Menschen verbleibt, verbleibt jegliche Arbeit als Quantum von sich überhaupt darin existent. Dieses Quantum aber ist daher auch nicht die Summe der individuell und damit qualitativ bestimmten Arbeitskräfte, die zur Produktion dieser gegenständlichen Welt sich geäußert hatten, der Durchschnitt ist die Nivellierung aller individuell unterschiedlichen Arbeitskräfte zu einer gesellschaftlichen Durchschnittsarbeitskraft, die als Quantum in der Durchschnittsarbeitszeit einer Gesellschaft sich darstellt. Das Quantum der individuellen Arbeitskräfte existiert also in der Gesamtarbeitskraft einer Gesellschaft allein in der gesellschaftlich notwendigen, d.h. durchschnittlichen Arbeitszeit.

"Die gesamte Arbeitskraft der Gesellschaft, die sich in den Werten der Warenwelt darstellt, gilt hier als eine und dieselbe menschliche Arbeitskraft, obgleich sie aus zahllosen individuellen Arbeitskräften besteht. Jede dieser individuellen Arbeitskräfte ist dieselbe menschliche Arbeitskraft wie die andere, soweit sie den Charakter einer gesellschaftlichen Durchschnittsarbeitskraft besitzt und als solche gesellschaftliche Durchschnittsarbeitskraft wirkt, also in der Produktion einer Ware auch nur die im Durchschnitt notwendige oder gesellschaftlich notwendige Arbeits- <folgt Org-S.95> zeit verbraucht. Gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit ist Arbeitszeit, erheischt, um irgendein Gebrauchsgut – mit den vorhandenen gesellschaftlich normalen Produktionsbedingungen und dem gesellschaftlichen Durchschnittsgrad von Geschick und Intensität der Arbeit darzustellen." (MEW 23 S.53).

Das gesellschaftliche Quantum der Warenwelt existiert nicht als die Masse der Waren, als Ansammlung je individuell erzeugter Gebrauchsgüter, sondern als Durchschnittsgut, welches nicht als Gut existieren kann, weil sich der Durchschnitt dieses Quantums nur im Quantum der Arbeit darstellen kann, und sich in diesem Quantum verdurchschnittlicht hat, bevor es als quantitative Größe oder gesellschaftliches Quantum der Ware oder als Wertgröße auftritt. Die Quantität der Arbeit also stellt sich in dem Sachquantum als Wertgröße dar. Die abstrakt menschliche Arbeit stellt sich quantitativ allein als Durchschnittsarbeitszeit oder gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit dar. Der Wert mißt sich daher allein in dieser. So existiert er als Idee im Quantum von Dingen, die sich als wirkliche Masse von Dingen verdurchschnittlicht haben, zu der Idealität ihrer eigenen Quantitatät wirklich vorgedrungen sind. Es geht also nicht um die bestimmte Arbeitszeit, die ein fauler oder auf der andern Seite ein fleißiger Mensch für die Herstellung eines Gegenstands braucht, sondern um die Arbeitszeit, welche sich aus den je unterschiedlichen Arbeiten als Durchschnitt der gleichen menschlichen Arbeit in der Zeit erwiesen hatte.

"Weil die Arbeitszeit als Wertmaß nur ideal existiert," (MEW 42, S. 75) existiert die gesellschaftliche Masse oder das Quantum des Reichtums an Waren, das Wertquantum oder die Wertgröße, als Durchschnitt der Arbeitszeit, die zur Herstellung von Gegenständen nötig ist. Die Durchschnittsarbeitszeit ist die Wirkung und Wirklichkeit der Abstraktion, die auf der einen <folgt Org-S.96> Seite entstanden ist aus der gegenläufigen Vielheit verschiedenster bestimmter Arbeitszeiten, aus dem Mehr und Minder ihres Zeitquantums, und ist zum anderen wieder Grund, notwendiger gesellschaftlicher Gehalt für das gesellschaftliche Dasein der Arbeitsprodukte. Den Durchschnitt gibt es nur, wo sich etwas zwischen Menschen festhält und als dieser Durchschnitt festhaltbar ist. Etwas hält die Waren im Durchschnitt fest, nämlich ihr Dasein als abstrakt menschliche Arbeit, und in dieser festgehaltenen Form existieren sie für Menschen. Was die Ware deshalb gesellschaftlich ausmacht, ist nicht ihre Nützlichkeit, nicht die in ihr vorhandene Produktivkraft des Reichtums, nicht die darin verkörperte Entwicklung von Menschen, sondern ihr Dasein als Durchschnitt ihrer Art.

"Die einzelne Ware gilt hier überhaupt als Durchschnittsexemplar ihrer Art." (MEW 23 S.54).

 

C) Die Reduktion des allseitigen Tauschverhaltens auf Wert

Wir sind nun zu dem Resultat gekommen, daß die Ware als Resultat aller Arbeit überhaupt nur als Resultat abstrakt menschlicher Arbeit gesellschaftlich existiert, also in der Abstraktion von der Arbeit existiert und sich als dieses allein im Quantum ihres Durchschnitts als Form menschlichen Reichtums erhält. In dieser durch die Durchschnittsbildung gesellschaftlicher Produkte erzeugten Form als "bestimmte Maße festgeronnener Arbeitszeit"(MEW 13, S.18) <folgt Org-S.97> existieren die Waren als Wertgröße.Sie sind aber hierdurch zweierlei: Dasein menschlicher Produktivität als Quantum, das je nach Kraft und Gehalt der Arbeit variiert, und Durchschnitt aller Arbeitskraft im ganzen, Gleichheit der verschiedenen Arbeiten, worin sich ihr Dasein als Produktivkraft auf ihr quantitatives Wertsein reduziert. Menschliche Geschichte äußert sich in der Variation dieser Produkte, sie wird zugleich aber auf die Gleichheit reduziert, in welcher die Variation durch den Vergleich der Produkte ihre gesellschaftliche Identität abseits vom Menschen, ihre abstrakte Gesellschaftlichkeit erhalten. Die menschliche Geschichte erweist sich somit als Einheit aller Variationen, als das, worin sich alle bestimmt variierenden Arbeiten einigen, als Durchschnitt. Dieser Durchschnitt ist aber eine Gleichheit, worin sich ebenso alles Bestimmte auf das reduziert, was es abstrakt gesellschaftlich war, bevor es wirklich gesellschaftlich werden konnte: Wert. Die Warenwelt ist nun zum Dasein eines vertraxten Wesens verdammt: Indem sie durch Menschen entsteht, ist sie zugleich für dieselben Menschen zur Reduktion ihrer eigenen Bewegung auf den von ihnen absehenden Gehalt ihres Lebens verdammt. Die Menschen sind gesellschaftlich in der Idee ihrer eigenen Produktion in der Existenz gefangen, die sie durch ihre Produkte haben. Das proportionale Verhältnis ihrer Produkte gerinnt ihnen unter der Hand zu einem festen Verhalten der Waren, das ihnen als in sich fixiertes Wesen des gesellschaftlichen Lebens erscheint, wie es sich ihnen von Generationen zu Generationen überliefert hat.

"Die verschiedenen Proportionen, worin verschiedene Arbeitsarten auf einfache Arbeit als ihre Maßeinheit reduziert sind, werden durch einen gesellschaftlichen Prozeß hinter dem Rücken der Produzenten festgesetzt und scheinen ihnen daher durch das Herkommen gegeben." (MEW 23 S.59).

<folgt Org-S.98> Die gesellschaftliche Bewegung der Sachen stellt sich somit auch nurmehr als die Bewegung ihrer Wertgröße dar. Diese Bewegung allerdings ist umgekehrt wie das darin dargestellte Leben der Arbeit. Denn:

"Je größer die Produktivkraft der Arbeit, desto kleiner die zur Herstellung eines Artikels erheischte Arbeitszeit, desto kleiner die in ihm kristallisierte Arbeitsmasse, desto kleiner sein Wert. Umgekehrt, je kleiner die Produktivkraft der Arbeit, desto größer die zur Herstellung eines Artikels notwendige Arbeitszeit, desto größer sein Wert. Die Wertgröße einer Ware wechselt also direkt wie das Quantum und umgekehrt wie die Produktivkraft der sich in ihr verwirklichenden Arbeit." (MEW 23 S.55).

Es ist sinnfällig geworden, daß sich in der Wertgröße der Waren der Durchschnitt der Wertbildung bewegt: Die Waren also nicht als Quantum bestimmter menschlicher Arbeit existieren, sondern als Quantum dessen, was aus ihrem Dasein als Ware zum Durchschnitt quantifiziert wurde und deshalb umgekehrt wirkt wie die Produktivität der menschlichen Arbeit. Die Gleichheit, worin sich die Waren zu einer Gleichheit, zu ihrem Wertsein, reduzieren, ist umgekehrt in ihrer Bewegung wie die Variationen, in denen sich die Warenmengen als Arbeitsprodukte darstellen. Die Wirkung des Werts, die Reduktion der Waren auf das ihnen Gleiche, auf ihr Dasein als Idee einer Gesellschaft oder als abstrakt menschliche Arbeit, ist umgekehrt wie die Wirkung, welche eine Ware im Verhältnis zu einer andern als von ihr unterschieden sich aber an ihr relativierende Variation ihres Quantums hat. Die Wertgröße einer Ware stellt sich im Unterschied oder relativ zu anderen Waren als ihr Quantum dar, der Wert der Arbeit stellt sich als Quantum der in einer bestimmten Zeit geschaffenen Produkte dar. Obwohl die <folgt Org-S.99> Produkte als Waren dieselbe Wertgröße haben wie sie sie als Arbeitsprodukte haben, weil sie beides sind, wird sich die unterschiedliche Bewegung der Wertgrößen als Bewegung der ganzen Ökonomie der bürgerlichen Gesellschaft in der Form ihrer Beziehung, im Austausch erweisen.

Das Dasein der Ware als nützlicher Gegenstand und das Dasein der Ware als Arbeitsprodukt ist für das Leben der Menschen zweierlei, und dies stellt sich in der unterschiedlichen Bewegung ihres Ausdrucks als Wertgröße dar. Aber in der Wertgröße sind sie eine Existenz des Werts. Die Ware als menschliches Arbeitsprodukt ist so genommen ganz die Verkörperung menschlicher Arbeit in der Abstraktion vom Menschen als Ware, ganz die Substanz dessen, was im Warensein idealisiert ist, Wert ist, Wertsubstanz. Was die Existenz der Ware als nützliches Ding ausmacht, ist ihr Dasein als relatives Quantum, als Größenmaß. Die Existenz der Ware ist von ihrer Bewegung her noch unterschieden von dem Wesen der Ware, wie es für sich ist.

Wir haben bis hierhin die Ware lediglich als verschiedenes Dasein von Wert entdeckt und müssen nun die unterschiedliche Bewegung der Waren als unterschiedene Wertkörper untersuchen.

"Wir kennen jetzt die Substanz des Werts. Es ist die Arbeit. Wir kennen sein Größenmaß. Es ist die Arbeitszeit. Seine Form, die den Wert eben zum Tauschwert stempelt, bleibt zu analysieren." (MEW 23 S.55, Fußnote).

Die unterschiedlichen Momente der Ware, wie sie sich aus der Warenanalyse ergeben haben, werden in ihrer unterschiedlichen Bewegung in einer Form zu untersuchen sein: in der Warenform. <folgt Org-S.101>

III. Die Warenform

1. Der wirkliche Gehalt der Waren

In den Waren vergleichen Menschen die Existenz ihrer Tätigkeit als Ware, weil sie die Ware als Ding mit bestimmten Eigenschaften brauchen. Es hat sich gezeigt, daß dies ein vertraxtes Verhältnis ist, denn was sich als Vergleich von Dingen anschauen läßt, ist in Wahrheit die Gleichsetzung verschiedener Arbeit als Ding, die Verdinglichung gesetzter Gleichheit. Indem die Gegenstände quantitativ verglichen wurden, wurden nicht ihre Quantitäten gleich (2 Ellen Leinwand sind längst nicht 2 Röcken gleich), – sie wurden einem Dritten, dem Gehalt ihrer gesellschaftlichen Existenz gleich, und sie bildeten diese Existenz zugleich allein durch ihren Vergleich. Im Vergleich der Waren hatte sich ein gesellschaftlicher Gehalt gebildet, in welchem sich die Waren gleichbleiben, und der zugleich nichts anderes ist als die Abstraktion, welche der Vergleich bildet: Wert.

Hierdurch war die Existenz des Reichtums der bürgerlichen Gesellschaft als Warensammlung unterschieden von ihrem Gehalt als Idee einer abstrakten Gesellschaftlichkeit der Arbeit. Die als Waren existierenden Gebrauchsdinge variierten als Quanta von Sachen um das, worauf sie sich als Durchschnitt ihrer Quantität reduzieren konnten. Ihre eigene Variation reduzierte sie zu einer Einheit, in welcher sich der Entwicklungsstand und die Masse des Reich- <folgt Org-S.102> tums abstrakt darstellt. Aus dieser gegenläufigen Bewegung, die die Waren einerseits als Arbeitsprodukte, andererseits als Gebrauchsgüter in der Form des variierenden Quantums zum reduzierten Quantum hatten, ergab sich als ihr Größenmaß die Arbeit in der Zeit. Die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit war das Ergebnis des Vergleichens, nicht etwa seine Bedingung. ↓(40) Das Quantum oder die "Masse des stofflichen Reichtums" (MEW 23 S.60) resultierte somit nicht in der Aufhäufung der Arbeitsprodukte, der Reichtum hat sich also nicht als Aufhäufung von Arbeitsprodukten erwiesen, sondern als wirkliche Warensammlung, also als die Masse des in den Waren dargestellten Quantums der Gesellschaft der Waren, das sich allein als Durchschnitt der in ihnen verkörperten Arbeitszeit ausgedrückt hatte. Somit war das gesellschaftlich gültige Quantum unterschieden von dem gesellschaftlich wirklich existierenden Quantum an Gütern. <folgt Org-S.103>

Dieses Auseinanderfallen hat sich als Gegensatz herausgestellt zwischen dem, was die Waren ihrer Substanz nach sind, nämlich abstrakt menschliche Arbeit, worauf sich die Waren quantitativ zu einem Durchschnitt reduzieren, der die einfache Größe dieser Wertsubstanz ist, zum andern waren die Variationen jeweils bestimmte Quanten von Arbeitszeiten, Wertgrößen, die sich als unterschiedlichste Arbeitszeit proportional zur Produktivkraft der Arbeit dargestellt hatten. Indem die Waren sich zueinander verhalten und damit die wirkliche Warenform annehmen, bewegt sich dieser Gegensatz nun nur noch im Tausch selbst. Es ist die Bewegung des Doppelcharakters der unterschiedlich quantifizierten Form der Arbeit, es ist der "Doppelcharakter der in den Waren dargestellten Arbeit" (MEW 23 S.56). Es ist deshalb zunächst nötig, diesen Doppelcharakter selbst zu untersuchen, d.h. das Dasein des Werts in seinem wirklichen Gehalt zu untersuchen und als Form der Ware zu erweisen. <folgt Org-S.104> Und der "Springpunkt, um den sich das Verständnis der politischen Ökonomie dreht", ist die "zwieschlächtige Natur der in der Ware enthaltenen Arbeit" (MEW 23 S.56). Die Ware stellt also nicht Arbeit dar, sondern ihre Zwieschlächtigkeit ist die Zwieschlacht der darin enthaltenen Arbeit. Es ist nun deshalb die Ware vom Standpunkt ihres Gehalts, vom Standpunkt der doppelt bestimmten Arbeit zu beleuchten.

Das Verhältnis der Waren zueinander ist nichts anderes als das Dasein ihrer unterschiedlichen Bestimmung. Die Bestimmung der Waren aber ist das unterschiedliche Sein der in ihnen dargestellten Arbeit. Erst jetzt haben wir es mit einer unterschiedenen Arbeit zu tun, denn erst im Tausch hat sich ihr Unterschied ergeben. ↓(41)1 So ist die Arbeit zum einen die Herstellung nützlicher Gegenstände für den Menschen.

"Die Arbeit, deren Nützlichkeit sich so im Gebrauchswert ihres Produkts oder darin darstellt, daß ihr Produkt ein Gebrauchswert ist, nennen wir kurzweg nützliche Arbeit. Unter diesem Gesichtspunkt wird sie stets betrachtet mit Bezug auf ihren Nutzeffekt." (MEW 23 S.56) <folgt Org-S.109>

Hierbei kommt es nur auf die Nützlichkeit der Arbeit überhaupt an. ↓(42)2 Aber als wertbildende Arbeit ist in der Ware allein menschliche Arbeit schlechthin enthalten.

"Der Wert der Ware aber stellt menschliche Arbeit schlechthin dar, Verausgabung menschlicher Arbeit überhaupt." (MEW 23 S.59) <folgt Org-S.111>

So stellen unterschiedliche nützliche Arbeiten verschiedene nützliche Arbeiten als Teil der Arbeit überhaupt dar:

"In der Gesamtheit der verschiedenartigen Gebrauchswerte oder Warenkörper erscheint eine Gesamtheit ebenso mannigfaltiger, nach Gattung, Art, Familie, Unterart, Varietät verschiedener nützlicher Arbeiten – eine gesellschaftlich Teilung der Arbeit. Sie ist Existenzbedingung der Warenproduktion, obgleich Warenproduktion nicht umgekehrt die Existenzbedingung gesellschaftlicher Arbeitsteilung'' (MEW 23 S.56).

Die einzelne nützliche Arbeit kann ebenso wie jeder einzelne Gebrauchswert als deren Objektivierung nicht als einzelne Arbeit schlechthin existieren, kann nicht als einzelne Arbeit zur abstrakten Arbeit werden. Jede nützliche Arbeit ist zwieschlächtige Arbeit, ist wertschaffende Arbeit, obwohl sie als nützliche Arbeit ebenso anzusehen ist wie als wertbildende Arbeit; – sie ist aber keines für sich. So drückt sich nun aus, daß die Arbeit, welche immerhin ganze Dinge schafft, selbst nicht als ganze Arbeit in der bürgerlichen Gesellschaft existiert, sondern als geteilte und in der Trennung der Teile bezogene Arbeit. Jede einzelne Arbeit ist als Teil einer Gesamtarbeit existent, aber nicht als Teil eines ganzen Arbeitsprodukts wirklich. Die gesellschaftliche Arbeit besteht an und für sich immer in einer Gesamtarbeit, die sich hier allerdings erst hinter dem Rücken der Produzenten ergibt. So geht jede nützliche Arbeit als Teil dieser gesellschaftlichen Arbeit in das objektive Sein von Arbeitsprodukten, in den Reichtum ein. Allein – wie sie darin eingeht, das macht ihre gesellschaftliche Form und Epoche aus. Unsere Gesellschaft ist. eine Geschichtsepoche, in welcher die Arbeitsteile als einzelne Teile auch <folgt Org-S.112> gesellschaftlich existieren, obwohl sie ganze Dinge hervorbringen als menschliche Produkte, die aber nur als Waren für den Menschen existieren und als solche nicht unmittelbar die Gesellschaftlichkeit der Arbeit darstellen, sondern die Ansammlung von Privatarbeiten verkörpern.

"Nur Produkte selbständiger und voneinander unabhängiger Privatarbeiten treten einander als Waren gegenüber." (S.57)

So zeigt sich, daß die bisher entwickelte Produktion Arbeitsteile produziert, die ganze Dinge hervorrufen, welche als solche für den Menschen nützlich sind, die aber zugleich keine gesellschaftliche Produktion, keine ganze Arbeit hervorzubringen vermag.

"Die Teilung der Arbeit ist der nationalökonomische Ausdruck der Teilung der Arbeit innerhalb der Entfremdung. Oder, da die Arbeit nur ein Ausdruck der menschlichen Tätigkeit innerhalb der Entäußerung, der Lebensäußerung als Lebensentäußerung ist, so ist auch die Teilung der Arbeit nichts anderes als das entfremdete, entäußerte Setzen der menschlichen Tätigkeit als einer realen Gattungstätigkeit oder als Tätigkeit des Menschen als Gattungswesen." (MEW 40, S.557)

Die geteilte Arbeit ist also in der bürgerlichen Gesellschaft nicht gesellschaftlich dargestellt als Zusammensein der Teile in einer Gesamtarbeit oder in einem Gesamtprodukt. Dies ist der geoffenbarte Entwicklungsstand der Menschen in unserer Zeit. ↓(43)3 <folgt Org-S.115>

Die einzelne nützliche Arbeit ist gesellschaftliche Arbeit, aber sie existiert nicht als .solche. Als gesellschaftliche Arbeit existiert sie – wie wir gesehen haben – nicht als Gesamtarbeit, sondern als Reduktion der einzelnen Arbeit auf ihren gemeinschaftlichen Ausdruck gleichartiger Arbeit, also als Wert. Der Wert stellt keine nützliche Arbeit, sondern hiervon getrennt die Tatsache der Arbeit, die Arbeit überhaupt, abstrakt menschliche Arbeit, dar. Als solche wirkt er gesellschaftlich im Zusammenhang der Arbeitsprodukte.

Indem der Wert aber allein abstrakt menschliche Arbeit darstellt, verkörpert er bereits gesellschaftliche Arbeit, denn er verkörpert gesellschaftliche Beziehungen einzelner Tätigkeiten, wenngleich sie in ihm auch nicht als diese auftreten:

"Wie die Gebrauchswerte Rock und Leinwand Verbindungen zweckbestimmter, produktiver Tätigkeiten mit Tuch und Garn sind, die Werte Rock und Leinwand dagegen bloße gleichartige Arbeitsgallerten, so gelten auch die in diesen Werten enthaltenen Arbeiten nicht durch ihr produktives Verhalten zu Tuch und Garn, sondern nur als Verausgabungen menschlicher Arbeitskraft." (MEW 23 S.59).

Fassen wir nun beides zusammen, die abstrakte Arbeit und die nützliche Arbeit, so finden wir nur in ihrem Produkt, in der Ware, die Verwirklichung ihrer Beziehung in der bürgerlichen Gesellschaft: Gleichgültig, welche bestimmte und konkrete gesellschaftliche Beziehung in den Waren bereits in ihre Produktion eingegangen ist, sie gelten allein als Gebrauchswerte, als je einzeln nützliche Dinge, die in ihrer Beziehung untereinander als Werte gelten, als das, was sie im Tauschwert sind. Sie stellen sich gegenüber als Dinge mit unterschiedlicher Eigenschaft ("Rock tauscht sich nicht aus gegen Rock, derselbe Gebrauchswert nicht gegen denselben Gebrauchswert" – S. 56), in ihren sinnlichen Unterschieden als verschiedene Gebrauchswerte verhalten sie sich wie Dinge mit der gleichen Natur. Zugleich stellt sich umgekehrt in ihnen <folgt Org-S.116> die gesellschaftliche Kraft nur in der bestimmten Form der Gebrauchswerte dar, die Produktivkraft nur als Produktivkraft nützlicher einzelner Dinge, die Gesellschaftlichkeit aber als Reduktion dieser Nützlichkeit auf die Gleichheit der Waren als Werte. So entsteht im Warenverhältnis selbst der Gegensatz in ihrer Bewegung dort, wo sie quantitativ wachsen. Nämlich einerseits wächst in der gegebenen Gesellschaft der stoffliche Reichtum als Zunahme eines Quantums von nützlichen Gegenständen, andererseits aber wächst auch das Wertquantum als Dasein einer bestimmten Größe der durchschnittlichen Arbeitszeit. Die Gegensätzlichkeit des Wertwachstums zum Wachstum an Gebrauchsgütern schließlich bewegt den Tausch vom einerseits entstandenen neuen Gebrauchsgut, das seinem Verbrauch gegenüber in der Warenwelt noch verharrt und die Steigerung der damit verbundenen Arbeit andererseits ↓(44)4 nun im Unterschied zur gesellschaftlich nötigen Arbeit, also zum bisherigen Entwicklungsstand der Gesellschaft, soweit dieser wertmäßig auftritt. Diese Entwicklung aber ist gegensätzlich und bildet in dieser Gegensätzlichkeit die Stellung unterschiedlicher Waren als unter-<folgt Org-S.118> schiedene Ausdrucks formen des Werts im stofflichen Reichtum. Die Waren stehen zueinander in dem gegensätzlichen Entwicklungsverhältnis des stofflichen Reichtums zum Wachstum des Werts und drücken dies in ihrem Dasein als Waren in der Wertform aus. In der Wertform der Waren verwirklicht sich erst die Ganzheit des Tauschwerts, von dem wir ausgegangen waren, sie ist der wirkliche Tauschwert, in welchem die Beziehung von stofflichem Reichtum und Wertquantum zu einer Einheit verschmelzen wird. <folgt Org-S.119>

2. Die Warenform als Wertform

Die Ware ist nun für sich oder dem Inhalt nach ein Ding, ein äußerer Gegenstand der bürgerlichen Gesellschaft, welcher menschliche Arbeit und menschliche Bedürfnisse objektiv darstellt, diese Äußerung aber nur in der Form des Werts erhält und als Reichtum bewahrt. Die Ware ist also ein menschliches Ding, das sich als etwas erhält, was nicht menschlich ist, ein Ding in der Form des Werts. Was die Waren in ihrem Verhältnis als unterschiedliches Sein dieses abstrakt bezogenen Dings waren, ist die Form, worin sich der Wert darstellt. Die Ware als abstraktes Ding verhält sich daher zu sich in der Abstraktion von sich als menschliches Ding.

Wie wir bereits wissen, ist diese Beziehung die Wechselseitigkeit dessen, was die Ware als Produkt einer in sich gedoppelten Arbeit darstellt: Die Beziehung von ihrem Dasein als Produkt konkret nützlicher Arbeit und ihrem Dasein als Produkt abstrakt menschlicher Arbeit. Diese empirische Herkunft ist nun in dem Verhältnis, worin sich die Waren gegenüberstehen, verschwunden zu einem Verhalten der unterschiedenen Formen des Warendaseins. Die Waren sind insgesamt oder überhaupt da als Wert, das heißt überhaupt und allgemein verkörpern sie Wert, dessen konkretes Dasein nicht aus ihm selbst hervorgeht. Ihrer Form nach als Verhalten im Austausch sind sie variierendes Quantum, verschiedene Wertgrößen. Lediglich in dieser quantitativen Beziehung hat die Wertgröße als bestimmte Variation der Ware oder Verhalten der Ware in einer einfachen Form zugleich den Durchschnitt gegründet, wie auch der Durchschnitt sich auf diese Größe rückbezieht, aber der Grund für die Verdurchschnittlichung der Waren existiert nicht als Grund: Die Waren existieren <folgt Org-S.120> als verschiedene Quanta, die sich aneinander messen und durch einander den Durchschnitt der Zeitdauer von gesellschaftlich nützlicher Arbeit bilden.

So ist dem Begriff nach bereits alles analytisch vorhanden, was die Bewegung der Ware kennzeichnet. Das Wesen der Ware hat sich als eine Idee zu erkennen gegeben, welche sich im Durchschnitt der gesellschaftlichen Arbeitszeit ausdrückt, die Existenz der Ware hat sich als variantes Verhalten verschiedener Quanta dargestellt, die sich als solche aufeinander beziehen. Aus der Analyse der Ware haben sich nun die Teile ergeben, deren ganze Bewegung nun überhaupt die bürgerliche Ökonomie darstellen und bilden wird:

"Man sieht: Die Analyse der Waare ergiebt alle wesentlichen Bestimmungen der Werthform und die Werthform selbst in ihren gegensätzlichen Momenten ... das entscheidend Wichtige aber war, den inneren nothwendigen Zusammenhang zwischen Werthform, Werthsubstanz und Werthgröße zu entdecken, das heißt ideell ausgedrückt, zu beweisen, daß die Werthform aus dem Werthbegriff entspringt." (Urfassung 1867, Meissner-Verlag, S. 34)

Es muß sich nun erklären, wie sich der Wert überhaupt und im einzelnen in der Ware wirklich ausdrückt, in welcher Form also die Ware Wertform ist. Wir wissen zunächst nur, daß die verschiedenen Formen der Waren verschiedene Bewegungen enthalten, also in ihre Bewegung selbst unterschieden sind, daher auch als Ware an verschiedener Stelle im Wertausdruck stehen.

"Wie wird der Werth einer Ware nun ausgedrückt? Wie gewinnt er also eigne Erscheinungsform? Durch das Verhältnis verschiedener Waaren. Um die in solchem Verhältnis enthaltene Form richtig zu analysieren, müssen wir von ihrer einfachsten, unentwickelsten Gestalt ausgehen. Das einfachste Verhältniß einer Waare ist offenbar ihr Verhältniß zu einer einzigen anderen Waare, gleichgültig welcher. Das Verhältniß zweier Waaren liefert daher den einfachsten Werthausdruck für eine Waare." (Anhang zum Kapitel I, Punkt l in der Urfassung, S. 764)

Indem sich eine Ware zu einer andern Ware verhalten kann, <folgt Org-S.121> drückt sie aus, daß sich die Ware als Ware zu sich selbst verhält. Weder ein Tisch noch ein Stein kann sich zu sich selbst verhalten ohne ein Wunder zu bewirken. Aber die Ware als Ware kann es, weil sie Ausdruck von etwas anderem ist, geronnenes Dasein unterschiedlicher Arbeit. Die Ware verhält sich zu sich als Dasein konkret nützlicher Arbeit und als Dasein abstrakt menschlicher Arbeit. Und sie drückt das, was sie abstrakt ist, nur in dem aus, was von der Arbeit existiert, was materialisiert ist in einer Naturalform und als solche am Warenkörper besteht. In dieser Naturalform gilt die Ware als materialisierte Arbeit, welche sich als bestimmtes Quantum eines Produkts darstellt. Als Ware, die sich hiergegen eintauscht, die also von der bestimmten Quantität absieht, existiert sie als gleichgültiges Arbeitsprodukt, als für andere Waren relatives Dasein der Arbeit überhaupt, als Produkt abstrakt menschlicher Arbeit. Sie kann nur als dieses von ihrer bestimmten Art und Quantität absehen. Als solches ist sie unmittelbare Form des Werts. Die Waren "erscheinen daher nur als Waren oder besitzen nur die Form von Waren, sofern sie Doppelform besitzen, Naturalform und Wertform." (MEW 23 S.62). Eine Ware als diese eine Ware hat keine Wertform und keine Wertgegenständlichkeit. Die menschliche Arbeit überhaupt gibt es nicht in einem Ding, sie gibt es nur in ihrer gesellschaftlichen Form.

"Die Wertgegenständlichkeit der Waren unterscheidet sich dadurch von der Wittib Hurtig, daß man nicht weiß, wo sie zu haben ist. Im graden Gegenteil zur sinnlich groben Gegenständlichkeit der Warenkörper geht kein Atom Naturstoff in ihre Wertgegenständlichkeit ein. Man mag daher eine einzelne Ware drehen und wenden, wie man will, sie bleibt unfaßbar als Wertding." (MEW 23 S.62).

Es hat also deshalb auch keine einzelne Ware einen bestimm- <folgt Org-S.122> ten Wert, ist keine bestimmte Wertgegenständlichkeit, denn das war ein Widersinn selbst. Die Ware hat nur Wert, weil und sofern sie gesellschaftliches Dasein der Arbeitsprodukte ist, also das ist, worin die Arbeit von Menschen in einer Gesellschaft da ist, die sich allerdings nicht auf diesem menschlichen Dasein, sondern auf dem Wert gründet. Jede Ware, ob in Naturalform oder Wertform, ist Teil dieser Gesellschaft und nur als dieser Teil gesellschaftlich. So ist die Naturalform der Ware nicht als Ding für den Menschen, sondern als Stoff der Ware für eine Ware in Wertform. Das Verschwinden einzelner Waren oder besser Dinge mit nützlichen Eigenschaften im menschlichen Magen oder sonstwo ist gegenüber diesem Verhältnis vollständig gleichgültig geworden, auch wenn der Produktion von Waren ihre Konsumtion eingegeben ist. Die Ware existiert aber als Ware nicht zugleich als Gegenstand, sondern allein als Form des Austausches von Waren. Wenn also sich eine Ware mit anderer tauscht, so gilt sie sich in der andern Ware als Wert, als daseiendes menschliches Arbeitsprodukt überhaupt oder als Dasein abstrakt menschlicher Arbeit, denn nur darin ist sie mit anderer Ware gleich, hat gleiche Wertgegenständlichkeit. Sie ist für die andere ein bestimmtes Quantum menschlicher Arbeit, welches sich nur darin gleichbleibt, was es als bestimmten Wert für das Dasein von Wert im allgemeinen Dasein von Arbeitsprodukten darstellt. Während sich also handgreifliche Dinge als Waren gegenüberstehen, verkörpern sie füreinander allein verschiedenes Dasein von Arbeit, welches sich wiederum nur deshalb aufeinander bezieht, weil es das Dasein menschlicher Arbeit überhaupt ist, also das Dasein dessen, worin die Menschen ihre Arbeit überhaupt nur vergesellschaften, solange sie in der bürgerlichen Gesellschaft leben. Was sich als bestimmtes Wertquantum oder als Wertgröße auf der einen Seite herausgestellt hatte und als Dasein abstrakt mensch- <folgt Org-S.123> licher Arbeit oder als Wertsubstanz auf der anderen, tritt nun im wirklichen Verhältnis zweier Waren gegenüber und verwirklicht somit die einfachste Beziehung des Werts. Der Unterschied der Waren als verschiedene Arbeitsprodukte ist aber nicht als Wertgröße oder Wertsubstanz wirklich, sondern allein in der Tätigkeit der Waren selbst in ihrem Verhältnis. Nur darin bezieht sich die reine Quantität des Warendaseins auf ihre reine Qualität, die Größe des Werts als bestimmtes Quantum von Arbeit auf die Substanz des Werts als Dasein abstrakt menschlicher Arbeit, und diese Beziehung ist die einzige Wirklichkeit des Werts, ohne welche wir lediglich die Wertabstraktionen immer nur zu behaupten hätten, wenn es diese Beziehung nicht als wirklich Entwicklung gäbe.

"Sagen wir: Als Werte sind die Waren bloße Gallerten menschlicher Arbeit, so reduziert unsere Analyse dieselben auf die Wertabstraktion, gibt ihnen aber keine von ihren Naturalformen verschiedener Wertformen. Anders im Verhältnis einer Ware zur ändern. Ihr Wertcharakter tritt hier hervor durch ihre eigene Bewegung zu anderer Ware." (MEW 23 S.65)

Im Wertverhältnis zweier Waren oder in der wirklichen Wertform stellt sich also die Ware auch überhaupt erst wirklich dar.

Wir waren ausgegangen von dem empirischen Tauschverhältnis, wie es der Augenschein erfaßt und hatten darin ein Wesen und eine Substanz entdeckt, das durch Menschen gegründet, aber nicht als menschliches Produkt begründet existiert. Die Analyse des Tausches hat die verschiedensten Momente der Abstraktionen in der Ware ergeben. Nun stehen wir vor der erkennbaren Wirklichkeit dieser Abstraktionen, indem wir zur Verwirklichung des Tauschwerts, wie wir ihn ursprünglich untersucht haben und ihn nun als Verhältnis von Ware zu Ware darstellen können, zurückkehren.

"Wir gingen in der Tat vom Tauschwert oder Austauschverhältnis der Waren aus, um ihrem darin versteckten Wert auf die Spur zu kommen. Wir müssen jetzt zu dieser Erscheinungsform des Werts zurückkehren." (MEW 23 S.62).

<folgt Org-S.125>

Weiter mit IV. Die wirkliche Wertform