Produktivität

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"Allgemein: Je größer die Produktivkraft der Arbeit, desto kleiner die zur Herstellung eines Artikels erheischte Arbeitszeit, desto kleiner die in ihm kristallisierte Arbeitsmasse, desto kleiner sein Wert.“ (K. Marx, Kapital I, MEW 23, S. 55).

"Mit Bezug auf die angewandte Arbeitskraft zeigt sich die Entwicklung der Produktivkraft wieder doppelt:

Erstens in der Vermehrung der Mehrarbeit, d. h. der Abkürzung der notwendigen Arbeitszeit, die zur Reproduktion der Arbeitskraft nötig ist.

Zweitens in der Abnahme der Menge von Arbeitskraft (Arbeiterzahl), die überhaupt angewandt wird, um ein gegebenes Kapital in Bewegung zu setzen. Beide Bewegungen gehen nicht nur Hand in Hand, sondern bedingen sich wechselseitig, sind Erscheinungen, worin sich dasselbe Gesetz ausdrückt. Indes wirken sie in entgegengesetzter Richtung auf die Profitrate."" (K. Marx, Kapital III, MEW 25, 257)

Die Produktivität ist das Maß, nach dem die Produktivkraft einer Gesellschaft gemessen wird, also das Ausmaß der Anwendung ihrer Produktionsmittel im Verhältnis zum damit produzierten Reichtum. Es sind die Mittel einer Produktion, durch die sie sich die kapitalistische Verhältnisse erhalten und durch die sie sich über ihr bestehendes Vermögen hinaus entwickeln, einen Reichtum bilden, der über die bloße Selbsterhaltung hinausreicht und mit fortschreitender Produktivität danach drängt, sowohl die "Arbeiterbevölkerung" immer effektiver auszubeuten und zugleich ihre Konsumbereitschaft zu vermehren, ihren Konsum also in ihre Ausbeutunggsinteressen einzuverleiben.

"Das Gesetz, wonach eine immer wachsende Masse von Produktionsmitteln, dank dem Fortschritt in der Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit, mit einer progressiv abnehmenden Ausgabe von Menschenkraft in Bewegung gesetzt werden kann - dies Gesetz drückt sich auf kapitalistischer Grundlage, wo nicht der Arbeiter die Arbeitsmittel, sondern die Arbeitsmittel den Arbeiter anwenden, darin aus, daß, je höher die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre Beschäftigungsmittel, desto prekärer also ihre Existenzbedingung: Verkauf der eignen Kraft zur Vermehrung des fremden Reichtums oder zur Selbstverwertung des Kapitals. Rascheres Wachstum der Produktionsmittel und der Produktivität der Arbeit als der produktiven Bevölkerung drückt sich kapitalistisch also umgekehrt darin aus, daß die Arbeiterbevölkerung stets rascher wächst als das Verwertungsbedürfnis des Kapitals." (K. Marx,Das Kapital I, MEW 23, 674)

Im allgemeinen Wortsinn ist Produktivität daher lediglich der Begriff einer Wirtschaftskraft (siehe Wirtschaft), wie sie in den Epochen der gesellschaftlichen Entwicklung gegeben war. Im Kapitalismus ist es daher die Wirtschaftskraft des Kapitals. Darin verhalten sich die Ressourcen und Arbeitskräfte bezogen auf die Realisation des Werts als Mehrwert ihrer Produkte (siehe auch Wertrealisation). Dieses Maß scheidet zugleich die Arbeit in notwendige Arbeit und produktive Arbeit und bestimmt somit das organische Verhältnis von Lohnarbeit und Kapital, wie es sich im Wertverhältnis in der Mehrwertrate als Verhältnis von variablem Kapital und Mehrwert (M=m/v) darstellt und somit die Profitrate im realisierten Gesamtkapital (P=m/(c+v) bestimmt (siehe auch Wertrealisation). Das Konstante Kapital (bzw. Capitale fixe) bewegt sich hierbei zwar mit dem produktiven Kapital und der darin veräußerten menschlichen Arbeit und Zeit. Es ist aber in seiner ursprünglichen Bestimmung nicht selbst unmittelbar produktiv und wird vor allem durch sie verschlissen und muss im Maß des Verschleißes erneuert werden. Zugleich aber ist die organische Masse des konstanten Kapitals ein Betstandteil der Produktivität, der Produktivkraft des Gesamtkapitals.

"Das Capital fixe, in seiner Bestimmung als Produktionsmittel, deren adäquateste Form die Maschinerie, produziert nur Wert, d.h. vermehrt den Wert des Produkts nur nach 2 Seiten hin: 1. soweit es Wert hat; d.h. selbst Produkt der Arbeit, ein gewisses Quantum Arbeit in vergegenständlichter Form ist; 2. insofern es das Verhältnis der Surplusarbeit zur notwendigen Arbeit vermehrt, indem es die Arbeit befähigt, durch Vermehrung ihrer Produktivkraft eine größre Masse zum Unterhalt des lebendigen Arbeitsvermögens nötiger Produkte in kürzrer Zeit zu schaffen. Es ist also eine höchst absurde bürgerliche Phrase, daß der Arbeiter mit dem Kapitalisten teilt, weil dieser durch das Capital fixe (das übrigens selbst das Produkt der Arbeit und vom Kapital nur angeeignete fremde Arbeit) ihm seine Arbeit erleichtert (er raubt ihr durch die Maschine vielmehr alle Selbständigkeit und attrayanten Charakter) (= Vorleistungen) oder seine Arbeit abkürzt.

Das Kapital wendet die Maschine vielmehr nur an, soweit sie den Arbeiter befähigt, einen größeren Teil seiner Zeit für das Kapital zu arbeiten, zu einem größeren Teil seiner Zeit als ihm nicht angehöriger sich zu verhalten, länger für einen andren zu arbeiten. Durch diesen Prozeß wird in der Tat das Quantum zur Produktion eines gewissen Gegenstandes nötige Arbeit auf ein Minimum reduziert, aber nur damit ein Maximum von Arbeit in dem Maximum solcher Gegenstände verwertet werde. Die erste Seite ist wichtig, weil das Kapital hier - ganz unabsichtlich - die menschliche Arbeit auf ein Minimum reduziert, die Kraftausgabe. Dies wird der emanzipierten Arbeit zugute kommen und ist die Bedingung ihrer Emanzipation." (K. Marx,, MEW 42, 597f

Die zum Selbsterhalt notwendige Arbeit, die sich im variablen Kapital als Lohn zur Erhaltung des Lebensstandards darstellt, erzeugt durch ihre Produktivität in der Verfügung des Kapitals eine Warenmasse, die einerseits Mehrprodukt ist und als Sache, also in der Entwicklung und Neubildung von Produktionsmittel oder Verbesserungen des Lebensstandards investiert oder hierfür angesammelt wird (siehe hierzu auch Existenzwert), die aber zugleich einen Mehrwert aus unbezahlter Arbeit darstellt, die sich darüber hinaus als bloße Wertform einer Warenmasse im Gesamtkapital als Warenkapital je nach dem Ausmaß ihrer Wertrealisation akkumuliert.

"Die sozialen Verhältnisse sind eng verknüpft mit den Produktivkräften. Mit der Erwerbung neuer Produktivkräfte verändern die Menschen ihre Produktionsweise, und mit der Veränderung der Produktionsweise, der Art, ihren Lebensunterhalt zu gewinnen, verändern sie alle ihre gesellschaftlichen Verhältnisse.

Die Handmühle ergibt eine Gesellschaft mit Feudalherren, die Dampfmühle eine Gesellschaft mit industriellen Kapitalisten. ...

Wir leben inmitten einer beständigen Bewegung des Anwachsens der Produktivkräfte, der Zerstörung sozialer Verhältnisse, der Bildung von neuen Ideen." (K. Marx, Elend der Philosophie, MEW 4, 130)

Das Verhältnis von menschlicher Arbeitskraft zur maschinellen Arbeit wird wesentlich von der Produktivität der Arbeit und auch von ihrer Automation bestimmt. Es verhält sich umgekehrt wie die Bewegungsabläufe der Arbeit selbst, da die menschliche Arbeitskraft von ihre Reproduktion im Kreislauf der Lebensmittel abhängig ist, die außer den Mehrprodukten erzeugt werden. Ihr Wert wird also von Menschen sowohl produziert wie auch vollständig konsumiert. Der Mehrwert wird aber mit wachsender Produktivität pro Arbeitskraft erst mal geringer, weil die wertbildende menschliche Arbeit mit maschineller Beschleunigung oder durch Automation weniger in Gebrauch ist, während der technische Aufwand Stück um Stück mit dem Preis der Ware verrechnet wird, also an den Konsumenten übertragen wird. Es nimmt daher die Produktmasse pro Arbeitsstunde zu (siehe auch Stoff pro Arbeit)., während ihr Wert pro Stück relativ abnimmt (siehe hierzu auch Lohnstückkosten).

"Je größer die Produktivkraft der Arbeit, desto kleiner die auf eine gegebene Menge Produkt verwendete Arbeit; desto kleiner also der Wert des Produkts. Je geringer die Produktivkraft der Arbeit, desto größer die auf dieselbe Menge Produkt verwendete Arbeit; desto größer also sein Wert. Als allgemeines Gesetz können wir daher aufstellen: Die Werte der Waren sind direkt proportional der auf ihre Produkte angewandten Arbeitszeiten und umgekehrt proportional der Produktivkraft der angewandten Arbeit." (K. Marx, Lohn, Preis und Profit, MEW 16, 127)

Von daher fällt die Profitrate pro Mehrarbeit, wenn die Mehrwertrate, die Ausbeutungsrate (Mehrwert pro Lohn = Mehrarbeit pro notwendige Arbeit), nicht ausgeweitet wird (siehe auch Fall der Profitrate) und erzeugt damit nicht nur eine nicht realisierbare Überproduktion als fiktives Kapital, sondern bedroht auch alle soziale Sicherheiten.

"Die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit zeigt sich doppelt: Erstens in der Größe der schon produzierten Produktivkräfte, in dem Wertumfang und Massenumfang der Produktionsbedingungen, worunter die Neuproduktion stattfindet, und in der absoluten Größe des schon akkumulierten produktiven Kapitals; zweitens in der verhältnismäßigen Kleinheit des im Arbeitslohn ausgelegten Kapitalteils gegen das Gesamtkapital, d. h. in der verhältnismäßigen Kleinheit der lebendigen Arbeit, die zur Reproduktion und Verwertung eines gegebenen Kapitals und zur Massenproduktion nötig ist. Es unterstellt dies zugleich Konzentration des Kapitals." K. Marx, Kapital III, MEW 25, 257.

Die wachsende Produktivität der Arbeit ist der organische Grund für den Fall der Profitrate, weil die zunehmende Konzentration des in der Produktion angewandeten Gesamtkapitals (G=c+v, Gesamtkapital ist Kontantes Kapital + Löhne) die Warenpreise senken müsste, die Verwertungsrate, die Mehrwertrate aber zur Realisation (Verkaufbarkeit) der Warenpreise zum Erhalt der Einzelkapitale nicht sinken darf. Es entsteht hieraus innerhalb der kapitalistischen Produktion die immer wieder eine nach Wachstumsphasen der Produktivität auftretende Krise der Kapitalwirtschaft.

"Die Profitrate fällt nicht, weil die Arbeit unproduktiver, sondern weil sie produktiver wird. Beides, Steigen der Rate des Mehrwerts und Fallen der Rate des Profits, sind nur besondere Formen, worin sich wachsende Produktivität der Arbeit kapitalistisch ausdrückt.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 250.

Bezogen auf die Profitrate kann der Anteil des Werts der Mehrarbeit durch die Produktivität der Arbeit vorübergehend - oder im Verhältnis zu ausländischer Produktion dauerhaft - eine bessere Realisierung bewirken:

"Kapitale, im auswärtigen Handel angelegt, können eine höhere Profitrate abwerfen, weil hier erstens mit Waren konkurriert wird, die von andern Ländern mit mindren Produktionsleichtigkeiten produziert werden, so daß das fortgeschrittnere Land seine Waren über ihrem Wert verkauft, obgleich wohlfeiler als die Konkurrenzländer. Sofern die Arbeit des fortgeschrittnern Landes hier als Arbeit von höherm spezifischen Gewicht verwertet wird, steigt die Profitrate, indem die Arbeit, die nicht als qualitativ höhere bezahlt, als solche verkauft wird. Dasselbe Verhältnis kann stattfinden gegen das Land, wohin Waren gesandt und woraus Waren bezogen werden; daß dies nämlich mehr vergegenständlichte Arbeit in natura gibt, als es erhält, und daß es doch hierbei die Ware wohlfeiler erhält, als es sie selbst produzieren könnte. Ganz wie der Fabrikant, der eine neue Erfindung vor ihrer Verallgemeinerung benutzt, wohlfeiler verkauft als seine Konkurrenten und dennoch über dem individuellen Wert seiner Ware verkauft, d.h., die spezifisch höhere Produktivkraft der von ihm angewandten Arbeit als Mehrarbeit verwertet." K. Marx, Kapital III, MEW 25, 247 f.

Aber immer richtet sich die Produktivität unter der Formbestimmung des Kapitals direkt oder indirekt gegen die Menschen, da sie ihre Arbeit entwertet. Durch die Intelligenz ihrer Erfindungen befördern sie nur ihre Reproduktivität, ihren Lebensstandard unter den gegebenen Bedingungen. Wesentlich und allgemein befördern sie aber die Macht des Kapitals.

"Jede neue Erfindung, welche es ermöglicht, in einer Stunde zu produzieren, was bisher in zwei Stunden produziert wurde, entwertet alle gleichartigen Produkte, die sich auf dem Markt befinden. Die Konkurrenz zwingt den Produzenten, das Produkt von zwei Stunden ebenso billig zu verkaufen wie das Produkt einer Stunde." (Karl Marx, Elend der Philosophie, MEW 4, 94).

So auch das im Ausland angewandte Kapital:

"Derselbe auswärtige Handel aber entwickelt im Inland die kapitalistische Produktionsweise, und damit die Abnahme des variablen Kapitals gegenüber dem konstanten, und produziert auf der andern Seite Überproduktion mit Bezug auf das Ausland, hat daher auch wieder im weitern Verlauf die entgegengesetzte Wirkung." K. Marx, Kapital III, MEW 25, 249

Hieraus entwickelt sich die Verselbständigung des Kapitalismus in einen Feudalkapitalismus und die Abhebung der Kultur aus den Niederungen der kapitalistischen Gesellschaft:

"In dem Maße aber, wie die grosse Industrie sich entwickelt, wird die Schöpfung des wirklichen Reichthums abhängig weniger von der Arbeitszeit und dem Quantum angewandter Arbeit, als von der Macht der Agentien, die während der Arbeitszeit in Bewegung gesezt werden und die selbst wieder - deren powerful effectiveness - selbst wieder in keinem Verhältniß steht zur unmittelbaren Arbeitszeit, die ihre Production kostet, sondern vielmehr abhängt vom allgemeinen Stand der Wissenschaft und dem Fortschritt der Technologie, oder der Anwendung dieser Wissenschaft auf die Production. ... Die Arbeit erscheint nicht mehr so sehr in den Produktionsprozess eingeschlossen, als sich der Mensch vielmehr als Wächter und Regulator zum Produktionsprozess selbst verhält. .... Er tritt neben den Produktionsprozess, statt sein Hauptagent zu sein. In dieser Umwandlung ist es weder die unmittelbare Arbeit, die der Mensch selbst verrichtet, noch die Zeit, die er arbeitet, sondern die Aneignung seiner eignen allgemeinen Produktivkraft, sein Verständniß der Natur, und die Beherrschung derselben durch sein Dasein als Gesellschaftskörper - in einem Wort die Entwicklung des gesellschaftlichen Individuums, die als der grosse Grundpfeiler der Produktion und des Reichtums erscheint." (Karl MEW 42, 600)