Lohn
"Seit Lassalles Tode hat sich die wissenschaftliche Einsicht in unsrer Partei Bahn gebrochen, daß der Arbeitslohn nicht das ist, was er zu sein scheint, nämlich der Wert respektive Preis der Arbeit, sondern nur eine maskierte Form für den Wert resp. Preis der Arbeitskraft. Damit war die ganze bisherige bürgerliche Auffassung des Arbeitslohnes sowie die ganze bisher gegen selbe gerichtete Kritik ein für allemal über den Haufen geworfen und klargestellt, daß der Lohnarbeiter nur die Erlaubnis hat, für sein eignes Leben zu arbeiten, d.h. zu leben, soweit er gewisse Zeit umsonst für den Kapitalisten (daher auch für dessen Mitzehrer am Mehrwert) arbeitet; daß das ganze kapitalistische Produktionssystem sich darum dreht, diese Gratisarbeit zu verlängern durch Ausdehnung des Arbeitstages oder durch Entwicklung der Produktivität, größere Spannung der Arbeitskraft etc.; daß also das System der Lohnarbeit ein System der Sklaverei, und zwar einer Sklaverei ist, die im selben Maß härter wird, wie sich die gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit entwickeln, ob nun der Arbeiter bessere oder schlechtere Zahlung empfange." (MEW 19, S.26f)
Der Wert einer Arbeit ist der Preis für die Reproduktion ihrer Quelle, der menschlichen Arbeitskraft und dem Verschleiß ihrer Arbeitsmittel. Während letztrer unverkürzt in das Produkt eingeht und vom Käufer bezahlt wird, bestimmt sich der Lohn nicht aus dem Wert eines erbrachten Aufwands für eine Arbeitsleistung, sondern aus ihrem Preis, also aus dem, wieviel Kräfte gleicher Art sich hierfür anbieten (siehe Klasse). In einer Gesellschaftsformation des Privatrechts, einer Rechtsform des Privateigentums, in der die Menschen als Privatpersonen ihr Leben verdienen müssen und also nicht als lebende Menschen gesellschaftlich zusammenwirken, können sie keine gemeinschaftliche Wirklichkeit ihres Lebens als ein wirkliches Gemeinwesen bilden. Kapitalismus ist im Wesentlichen das System einer von sich selbst absehenden Wertbildung, einer sich erzeugenden und sich selbst verwertenden Not, die sich durch die Ausbeutung der Menschen und ihrer Lebenswirklichkeit erhält, bestärkt und vertieft.
Objektiv ist ein Arbeitslohn der Preis zur Nutzung einer menschlichen Arbeitskraft, der die Kosten der Reproduktion ihres Lebensstandards tragen sollte.Subjektiv ist Lohnarbeit ieine Arbeit, die durch das Geld bestimmt ist, das ein Mensch dafür bekommt, dass er seine Arbeitskraft für eine bestimmmte Zeitdauer (siehe Arbeitsazeit) oder ein bestimmtes Arbeitsquantum veräußert, - zur Verfügung eines Käufers seiner Kraft verkauft. Hierbei nutzt dieser die Funktion des Geldes als Kaufmittel, während der Arbeitsmensch das Geld nur als Zahlungsmittel zum Selbsterhalt (siehe Reproduktion) seiner Existenz, nur als abhängiges und daher variables Kapital erwerben kann (siehe hierzu auch Klassengegensatz). Subjektiv wie objektiv stelt Lohn die Wertgröße einer bezahlten Arbeit als Tauschwert für ihren Gebrauchswert dar. Es ist das Entgeld für den Aufwand einer Lohnarbeit, den jemand auf sich nehmen muss, um dafür das Geld zum Einkauf der Lebensmittel zu seiner Reproduktion im Verhältnis zum gegenwärtigen Lebensstandard zu bekommen, den Lebensunterhalt der Arbeitsleute zu bezahlen (siehe bezahlte Arbeit). Sie müssen dafür einen Wert bilden, den die Produkte ihrer Arbeit im Warentausch haben, sodass durch Lohnarbeit auch Mehrwert (siehe auch unbezahlte Arbeit) gebildet wird, der durch ihre Preise der Arbeitsprodukte mit ihrem Abverkauf realisiert wird (siehe Wertrealisation).
Im Lohn stellt sichalso der Wert als Preis für die Reproduktion der Arbeitskraft dar, der als Arbeitslohn für Lohnarbeit bezahlt werden muss, um die Arbeit überhaupt, also auch unbezahlte Arbeit zu verwerten und Wertwachstum zu erzeugen. Lohn ist immer Arbeitslohn unter der Bedingung der Verwertbarkeit von menschlicher Arbeit in der Wertform von abstrakt menschlicher Arbeit. Diese besteht daher in einer Existenzform einer Klassengesellschaft, die zur Lebensbedingung den Besitz an Geld hat. Geld ist nicht das Lebensmittel, für das gearbeitet wird, sondern einzig das gesellschaftliche Mittel, wodurch dieses zur Reproduktion der arbeitenden Menschen erworben werden kann. Es setzt die Trennung von Leben und Arbeit voraus, dass sie entlohnt werden kann, also auch den Ausschluss der Menschen, die keine Lohnarbeit eingehen können und die damit wirklich von der gesellschaftlichen Vermittlung der Lebensmittel ausgeschlossen sind (siehe Arbeitslosigkeit).
Die Notwendigkeit des Geldbesitzes macht die Menschen, die nichts besitzen außer ihrer Arbeitskraft, von diesem als allgemeines Kaufmittel abhängig und unterworfen, weil sie Geld nur als Zahlungsmittel für ihre Reproduktion erwerben können. Sie können nur zu Lebensmittel gelangen, die durch Geld vermittelt werden und verkaufen aus diesem Grund ihre Arbeitskraft, überlassen sie der Verwendung durch eine Arbeitsstätte nach Massgabe dessen, was sie von dort an Lohn erhalten (siehe Lohnarbeit). Objektiv ist dieses also ihr Reproduktionsmittel, der Geldbetrag, der sie am Leben hält - oder anders ausgedrückt: Der Wert ihrer Reproduktion, der ihnen als Geld für die fremde Verwendung ihrer Kraft gegeben wird.
Zu ihrem Reproduktionswert zählt auch der Wert der Rohstoffe und ihres Lebensraums, wie er als Grundbesitz oder Staatsgebiet politisch bestimmt ist. Von daher wird der Lohn auch zum Träger eines Mehrwerts, der nicht als Mehrprodukt existiert, sondern durch unmittelbare Auspressung von de facto unbezahlter Mehrarbeit fz.B. ür Miete, Rohstoff (siehe Rohstoffhandel) und Steuern erzielt wird (siehe hierzu auch Feudalkapital).
"Die Maschinen sind keine Lohnempfänger. Das allgemeine Steigen der Löhne wird somit die Industrien weniger treffen, welche im Verhältnis zu den anderen mehr Maschinen als Arbeiter verwenden. Da indes die Konkurrenz stets die Tendenz hat, die Profite auszugleichen, können Profite, die sich über den Durchschnittssatz erheben, nur vorübergehend sein. So wird, von einigen Schwankungen abgesehen, ein allgemeines Steigen der Löhne, anstatt nach Herrn Proudhon einer allgemeinen Verteuerung, vielmehr ein teilweises Sinken der Preise zur Folge haben, das heißt ein Sinken des Marktpreises der Waren, die vorzugsweise mit Hilfe von Maschinen hergestellt werden.
Das Steigen und Fallen des Profits und der Löhne drücken nur das Verhältnis aus, in welchem Kapitalisten und Arbeiter an dem Produkt eines Arbeitstages teilnehmen, ohne in den meisten Fällen den Preis des Produkts zu beeinflussen. Daß aber "Arbeitseinstellungen, die Lohnerhöhung zur Folge haben, auf eine allgemeine Preissteigerung, sogar auf eine Teuerung, hinauslaufen" [Proudhon] - sind Ideen, die nur dem Hirn eines unverstandenen Poeten entspringen können." (MEW 4, S. 176)