Arbeitslohn
"Seit Lassalles Tode hat sich die wissenschaftliche Einsicht in unsrer Partei Bahn gebrochen, daß der Arbeitslohn nicht das ist, was er zu sein scheint, nämlich der Wert respektive Preis der Arbeit, sondern nur eine maskierte Form für den Wert resp. Preis der Arbeitskraft. Damit war die ganze bisherige bürgerliche Auffassung des Arbeitslohnes sowie die ganze bisher gegen selbe gerichtete Kritik ein für allemal über den Haufen geworfen und klargestellt, daß der Lohnarbeiter nur die Erlaubnis hat, für sein eignes Leben zu arbeiten, d.h. zu leben, soweit er gewisse Zeit umsonst für den Kapitalisten (daher auch für dessen Mitzehrer am Mehrwert) arbeitet; daß das ganze kapitalistische Produktionssystem sich darum dreht, diese Gratisarbeit zu verlängern durch Ausdehnung des Arbeitstages oder durch Entwicklung der Produktivität, größere Spannung der Arbeitskraft etc.; daß also das System der Lohnarbeit ein System der Sklaverei, und zwar einer Sklaverei ist, die im selben Maß härter wird, wie sich die gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit entwickeln, ob nun der Arbeiter bessere oder schlechtere Zahlung empfange. Und nachdem diese Einsicht unter unsrer Partei sich mehr und mehr Bahn gebrochen, kehrt man zu Lassalles Dogmen zurück, obgleich man nun wissen mußte, daß Lassalle nicht wußte, was der Arbeitslohn war, sondern, im Gefolg der bürgerlichen Ökonomen, den Schein für das Wesen der Sache nahm. Es ist, als ob unter Sklaven, die endlich hinter das Geheimnis der Sklaverei gekommen und in Rebellion ausgebrochen, ein in veralteten Vorstellungen befangener Sklave auf das Programm der Rebellion schriebe: Die Sklaverei muß abgeschafft werden, weil die Beköstigung der Sklaven im System der Sklaverei ein gewisses niedriges Maximum nicht überschreiten kann! Die bloße Tatsache, daß die Vertreter unsrer Partei fähig waren, ein so ungeheuerliches Attentat auf die in der Parteimasse verbreitete Einsicht zu begehn - beweist sie nicht allein, mit welchem {frevelhaften} Leichtsinn, {mit welcher Gewissenlosigkeit} sie bei der Abfassung des Kompromißprogramms zu Werke gingen! Anstatt der unbestimmten Schlußphrase des Paragraphen, "die Beseitigung aller sozialen und politischen Ungleichheit", war zu sagen, daß mit der Abschaffung der Klassenunterschiede von selbst alle aus ihnen entspringende soziale und politische Ungleichheit verschwindet." (Marx, Kritik des Gothaer Programms MEW 19, S. 25f)
Der Wert einer Arbeit ist der Preis für die Reproduktion ihrer Quelle, der menschlichen Arbeitskraft und dem Verschleiß ihrer Arbeitsmittel. Während letztrer unverkürzt in das Produkt eingeht und vom Käufer bezahlt wird, bestimmt sich der Arbeitslohn nicht aus dem Wert eines erbrachten Aufwands für eine Arbeitsleistung, sondern aus ihrem Preis, also aus dem, wieviel Kräfte gleicher Art sich hierfür anbieten (siehe Klasse). In einer Gesellschaftsformation des Privatrechts, einer Rechtsform des Privateigentums, in der die Menschen als Privatpersonen ihr Leben verdienen müssen und also nicht als lebende Menschen gesellschaftlich zusammenwirken, können sie keine gemeinschaftliche Wirklichkeit ihres Lebens als ein wirkliches Gemeinwesen bilden. Kapitalismus ist im Wesentlichen das System einer von sich selbst absehenden Wertbildung, einer sich erzeugenden und sich selbst verwertenden Not, die sich durch die Ausbeutung der Menschen und ihrer Lebenswirklichkeit erhält, bestärkt und vertieft.
Objektiv ist ein Arbeitslohn also der Preis zur Nutzung einer menschlichen Arbeitskraft, der die Kosten der Reproduktion ihres Lebensstandards tragen sollte.Subjektiv ist Lohnarbeit ieine Arbeit, die durch das Geld bestimmt ist, das ein Mensch dafür bekommt, dass er seine Arbeitskraft für eine bestimmmte Zeitdauer (siehe Arbeitsazeit) oder ein bestimmtes Arbeitsquantum veräußert, - zur Verfügung eines Käufers seiner Kraft verkauft. Hierbei nutzt dieser die Funktion des Geldes als Kaufmittel, während der Arbeitsmensch das Geld nur als Zahlungsmittel zum Selbsterhalt (siehe Reproduktion) seiner Existenz, nur als abhängiges und daher variables Kapital erwerben kann (siehe hierzu auch Klassengegensatz). Er ist der Arbeitslohn die Bezahlung der nützlichen Arbeit (siehe auch bezahlte Arbeit) einer Arbeitskraft, die von Menschen zusammen mit unbezahlter Arbeit für den Mehrwert des Kapitals erbracht wird. Zunächst soll der Arbeitslohn der Selbsterhaltung, dem Reproduktionswert ihres Lebens, ihres Lebensunterhalts entsprechen. Und man mag glauben, dass die Höhe des Arbeitslohns aus den Forderungen der Arbeitsleute an die "Arbeitgeber" resultiert, die ihren Lebensstandard verbessern wollen, die also einen gesellschaftlichen Fortschritt der Lebenshaltung einklagen. Doch immer wieder wird bald klar, dass selbst mit der Einlösung dieser Forderungen diese umgehend durch die Verteuerung der Lebenshaltungskosten nach unten entwertet werden.
Es ist nicht unbedingt der "Geiz" der "Arbeitgeber", an dem eine Anpassung des Arbeitslohns an die anwachsende Produktivität der Arbeit scheitert. Zum einen wird mit diesem Anwachsen durch Technologie und Automation die Arbeitskraft entwertet. Zum anderen entsteht ein Problem der Wertrealisierung, wenn die Forderungen oder deren Einlösungen zu niedrig sind, sich beim Abverkauf der Mittel zum Lebensunterhalt durch die relative Entwertung des Geldes als Zahlungsmittel im Verhältnis zum Geld als Kaufmittel rächt. Wenn der Lohn nicht den Produktwerten entspricht, die der Erhalt des Lebensstandards der Arbeitskräfte nötig haben, so hat dies eine Stagnation oder eine Rezesssion oder eine Stagflation der wirtschaftlichen Verwertung zur Folge.
Der Arbeitslohn bewegt sich letztlich in seiner Höhe volkswirtschaftlich immer zwischen Inflation und Deflation und wird auf beiden Seiten auch aus der Existenzangst um die eigene Konkurrenzlage auf den Märkten bestimmt, die Angst vor Arbeitslosigkeit auf der einen Seite und Angst vor dem Konkurs auf der anderen, in der sich dieses Verhältnis abbildett, das insgesamt den Geldwert durch die immer gegenwärtige Möglichkeit eines wirtschaftlichen Versagens durch eine Krise der Wertrealisation im Geldumlauf (siehe Geldwert) bedroht ist (siehe auch Fall der Profitrate).
"Nachdem der Geldbesitzer das Arbeitsvermögen gekauft hat - sich gegen Arbeitsvermögen ausgetauscht hat (der Kauf ist fertig mit der wechselseitigen Übereinkunft, wenn die Zahlung auch erst später eintritt), verwendet er es nun als Gebrauchswert, konsumiert es. Die Verwirklichung des Arbeitsvermögens, sein wirklicher Gebrauch, ist aber die lebendige Arbeit selbst. Der Konsumtionsprozeß dieser spezifischen Ware, die der Arbeiter verkauft, fällt also zusammen mit dem oder ist vielmehr der Arbeitsprozeß selbst. Da die Arbeit die Tätigkeit des Arbeiters selbst, die Verwirklichung seines eignen Arbeitsvermögens ist, so tritt er also als arbeitende Person, als Arbeiter in diesen Prozeß, und für den Käufer hat er in diesem Prozeß kein andres Dasein als das des sich betätigenden Arbeitsvermögens. Es ist daher nicht eine Person die arbeitet, sondern das aktive Arbeitsvermögen, personifiziert im Arbeiter. Es ist charakteristisch, daß in England die Arbeiter von dem Hauptorgan, wodurch sich ihr Arbeitsvermögen betätigt, von ihren eignen Händen nämlich, hands genannt werden." (Zur Kritik der politischen Ökonomie - Ökonomisches Manuskript 1861-1863 MEW 43, S.50)
Marx bezeichnet die Behauptung, dass es einen gerechten Arbeitslohn geben könne (siehe Verteilungsgerechtigkeit), dass es eine gerechte Geldverteilung, ein Recht auf "richtig verteiltes" Geld geben könne (siehe hierzu Geld als Maß der Werte und Geld als Maßstab der Preise), als Frevelei von Sozialisten. Damit nämlich würde das ganze Lohnsystem zu einem ehernen Gesetz der Lohnarbeit verklärt werden. Er fordert hiergegen:
"Statt des konservativen Mottos: ‚Ein guter Lohn für gute Arbeit!‘ sollte sie auf ihr Banner die revolutionäre Losung schreiben: ‚Nieder mit dem Lohnsystem!‘" (Karl Marx, Lohn, Preis und Profit, MEW 16, 152)
Marx fasst den Kern des "Gerechtigkeitsproblems" darin zusammen, dass der Arbeitslohn nicht den wirklichen Wert der Arbeit darstellen kann, weil er nur den Wert der Reproduktion der Arbeitsleute finanziert und lediglich eine Geldform der bezahlten Arbeit des variablen Kapitals ist und bleibt, solange es dieses gibt.
"Seit Lassalles Tode hat sich die wissenschaftliche Einsicht in unsrer Partei Bahn gebrochen, daß der Arbeitslohn nicht das ist, was er zu sein scheint, nämlich der Wert respektive Preis der Arbeit, sondern nur eine maskierte Form für den Wert resp. Preis der Arbeitskraft. Damit war die ganze bisherige bürgerliche Auffassung des Arbeitslohnes sowie die ganze bisher gegen selbe gerichtete Kritik ein für allemal über den Haufen geworfen und klargestellt, daß der Lohnarbeiter nur die Erlaubnis hat, für sein eignes Leben zu arbeiten, d.h. zu leben, soweit er gewisse Zeit umsonst für den Kapitalisten (daher auch für dessen Mitzehrer am Mehrwert) arbeitet; daß das ganze kapitalistische Produktionssystem sich darum dreht, diese Gratisarbeit zu verlängern durch Ausdehnung des Arbeitstages oder durch Entwicklung der Produktivität, größere Spannung der Arbeitskraft etc.; daß also das System der Lohnarbeit ein System der Sklaverei, und zwar einer Sklaverei ist, die im selben Maß härter wird, wie sich die gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit entwickeln, ob nun der Arbeiter bessere oder schlechtere Zahlung empfange." (MEW 19, S.24f)
Im Durchschnitt ist der Arbeitslohn der Lohnarbeit vor allem aus dem Wert bestimmt, den die Arbeitskraft in ihrer täglichen Wiederherstellung, in ihrer Reproduktiion hat. Während der Arbeitslohn nur ein Kaufmittel für dreen Lebensunterhalt ist, sind die Einnahmen, die das Kapital über seine Reproduktiion hinaus macht, ein Zahlungsmittel, durch die es seine Marktmacht stabilisiert und ausweitet. Lohnkämpfe können daher niemals über den Klassengegensatz hinauswirken. Sie sind Klassenkämpfe um den Preis der Selbsterhaltung der Arbeitskraft.
"Ganz unabhängig von der allgemeinen Fron, die das Lohnsystem einschließt, sollte die Arbeiterklasse die endgültige Wirksamkeit dieser tagtäglichen Kämpfe nicht überschätzen. Sie sollte nicht vergessen, daß sie gegen Wirkungen kämpft, nicht aber gegen die Ursachen dieser Wirkungen; daß sie zwar die Abwärtsbewegung verlangsamt, nicht aber ihre Richtung ändert; daß sie Palliativmittel anwendet, die das Übel nicht kurieren. Sie sollte daher nicht ausschließlich in diesem unvermeidlichen Kleinkrieg aufgehen, der aus den nie enden wollenden Gewalttaten des Kapitals oder aus den Marktschwankungen unaufhörlich hervorgeht. Sie sollte begreifen, daß das gegenwärtige System bei all dem Elend, das es über sie verhängt, zugleich schwanger geht mit den materiellen Bedingungen und den gesellschaftlichen Formen, die für eine ökonomische Umgestaltung der Gesellschaft notwendig sind. Statt des konservativen Mottos: "Ein gerechter Tagelohn für ein gerechtes Tagewerk!", sollte sie auf ihr Banner die revolutionäre Losung schreiben: "Nieder mit dem Lohnsystem!""(MEW 16, Seite 152)
Der Wert der Arbeitskraft ist der Wert der Produkte, die zu ihrer Reproduktion nötig sind. Er resultiert einerseits aus der Konkurrenz der "Arbeitnehmer" als durchschnittliches Angebot an kaufbarer Kraft (je mehr Arbeitslose und Niedriglöhner, desto preiswerter für den Käufer) und andererseits durch den Preis der Lebenshaltung (Lebensmittel, Wohnen, Lebensvorsorge, Infrastruktur), der sich aus der Konkurrenz der Verkäufer von absolut notwendigen Mitteln für den Lebensuntehalt ergibt. Jedoch geht der Wert der Arbeit, die mit dem Arbeitslohn bezahlt gilt (siehe bezahlte Arbeit) darüber. Er realisiert sich erst im Nachhinein der Arbeit und der Lohnabschlüsse.
"Wie der jeder andern Ware ist der Wert bestimmt durch das zu ihrer Produktion notwendige Arbeitsquantum. Die Arbeitskraft eines Menschen existiert nur in seiner lebendigen Leiblichkeit. Eine gewisse Menge Lebensmittel muß ein Mensch konsumieren, um aufzuwachsen und sich am Leben zu erhalten. Der Mensch unterliegt jedoch, wie die Maschine, der Abnutzung und muß durch einen andern Menschen ersetzt werden. Außer der zu seiner eignen Erhaltung erheischten Lebensmittel bedarf er einer andern Lebensmittelmenge, um eine gewisse Zahl Kinder aufzuziehn, die ihn auf dem Arbeitsmarkt zu ersetzen und das Geschlecht der Arbeiter zu verewigen haben. Mehr noch, um seine Arbeitskraft zu entwickeln und ein gegebnes Geschick zu erwerben, muß eine weitere Menge von Werten verausgabt werden. Für unsern Zweck genügt es, nur Durchschnittsarbeit in Betracht zu ziehn, deren Erziehungs- und Ausbildungskosten verschwindend geringe Größen sind. Dennoch muß ich diese Gelegenheit zu der Feststellung benutzen, daß, genauso wie die Produktionskosten für Arbeitskräfte verschiedner Qualität nun einmal verschieden sind, auch die Werte der in verschiednen Geschäftszweigen beschäftigten Arbeitskräfte verschieden sein müssen. Der Ruf nach Gleichheit der Löhne beruht daher auf einem Irrtum, ist ein unerfüllbarer törichter Wunsch. Er ist die Frucht jenes falschen und platten Radikalismus, der die Voraussetzungen annimmt, die Schlußfolgerungen aber umgehn möchte. Auf Basis des Lohnsystems wird der Wert der Arbeitskraft in derselben Weise festgesetzt wie der jeder andern Ware; und da verschiedne Arten Arbeitskraft verschiedne Werte haben oder verschiedne Arbeitsquanta zu ihrer Produktion erheischen, so müssen sie auf dem Arbeitsmarkt verschiedne Preise erzielen. Nach gleicher oder gar gerechter Entlohnung auf Basis des Lohnsystems rufen, ist dasselbe, wie auf Basis des Systems der Sklaverei nach Freiheit zu rufen. Was ihr für recht oder gerecht erachtet, steht nicht in Frage. Die Frage ist: Was ist bei einem gegebnen Produktionssystem notwendig und unvermeidlich?
Nach dem Dargelegten dürfte es klar sein, daß der Wert der Arbeitskraft bestimmt ist durch den Wert der Lebensmittel, die zur Produktion, Entwicklung, Erhaltung und Verewigung der Arbeitskraft erheischt sind."(MEW 16, Seite 131f)
Arbeitslohn ist also die Bezahlung der Reproduktionskosten für die Arbeitskraft, also der Wert der Existenz- und Lebensmittel, die zu ihrem Erhalt unter den herrschenden Lebensbedingungen nötig sind (im weitern Sinne Miete, Kleidung, Erholung, Gesundheit, Soziale Sicherheit usw.). Vom Standpunkt der gesamten Wertmasse, welche in einem Produktionsumschlag bewegt ist, stellt er das variable Kapital dar.
Er ist also nicht der Lohn für eine Arbeit, sondern lediglich für den Teil der Arbeit, welcher die arbeitenden Menschen zu ihrer Reproduktion und zur Reproduktion der Arbeitslosen erhalten, bezahlte Arbeit darstellt. Das Mehrprodukt, das darüber hinaus erzeugt wird, ist im Arbeitslohn nicht enthalten (siehe hierzu Arbeitstag); es wird durch unbezahlte Arbeit hergestellt - bis auf den geringen Anteil, der zeitweise zur Erhöhung des "allgemeinen Lebensstandards" im Lohn mitgegeben und bei ökonomischen Krisen auch wieder zurückgenommen oder durch Steuererhöhung für Staatsschulden rückerstattet wird.
Auch wenn um Arbeitslohn als Preis der Arbeitskraft gefeilscht werden muss, so ist der Lohnkampf doch nichts anderes als ein Klassenkampf innerhalb der bestehenden Verhältnisse. Er weist nicht über sie hinaus, auch wenn er höchste Erträge einbringt, weil sich hierdurch keine substanzielle Änderung in der Verfügung über den Produktionsprozess ergeben kann. Er bleibt die Affirmation der Position des Geldbesitzers als privat angewendete Macht des Geldes, mit dem über die Lebensverhältnisse der Menschen verfügt wird. Das Privateigentum ist seine Bestimmung und wird auch im Lohn nur als Privateigentum genommen. Der organische Prozess der Arbeit ist immer gesellschaftlich, weil er menschliche Bedürfnisse und die gesellschaftliche Entwicklung der Produktivkräfte enthält. Das Privateigentum hat seine Macht gerade dadurch, dass es diese gesellschaftlichen Notwendigkeit vermittelt.
"Die Nationalökonomie geht von der Arbeit als der eigentlichen Seele der Produktion aus, und dennoch gibt sie der Arbeit nichts und dem Privateigentum alles. Proudhon hat aus diesem Widerspruch zugunsten der Arbeit wider das Privateigentum geschlossen. Wir aber sehn ein, daß dieser scheinbare Widerspruch der Widerspruch der entfremdeten Arbeit mit sich selbst ist und daß die Nationalökonomie nur die Gesetze der entfremdeten Arbeit ausgesprochen hat.
Wir sehn daher auch ein, daß Arbeitslohn und Privateigentum identisch sind: denn der Arbeitslohn, wo das Produkt, der Gegenstand der Arbeit, die Arbeit selbst besoldet, ist nur eine notwendige Konsequenz von der Entfremdung der Arbeit, wie denn im Arbeitslohn auch die Arbeit nicht als Selbstzweck, sondern als der Diener des Lohns erscheint. Wir werden dies später ausführen und ziehen jetzt nur noch einige Konsequenzen.
Eine gewaltsame Erhöhung des Arbeitslohns (von allen andren Schwierigkeiten abgesehn, abgesehn davon, daß sie als eine Anomalie auch nur gewaltsam aufrechtzuerhalten wäre) wäre also nichts als eine bessere Salairierung der Sklaven und hatte weder dem Arbeiter noch der Arbeit ihre menschliche Bestimmung und Würde erobert.
Ja selbst die Gleichheit der Salaire, wie sie Proudhon fordert, verwandelt nur das Verhältnis des jetzigen Arbeiters zu seiner Arbeit in das Verhältnis aller Menschen zur Arbeit. Die Gesellschaft wird dann als abstrakter Kapitalist gefaßt.
Arbeitslohn ist eine unmittelbare Folge der entfremdeten Arbeit, und die entfremdete Arbeit ist die unmittelbare Ursache des Privateigentums. Mit der einen muß daher auch die andere Seite fallen." (Zur Kritik der politischen Ökonomie - Ökonomisches Manuskript 1861-1863 MEW 43, S.520)
Mit der Globalisierung des fiktiven Kapitals haben sich die Beziehungen des Arbeitslohns zur Existenz der arbeitenden Bevölkerung allerdings auch verändert. Nach wie vor findet die Ausbeutung von Menschen durch das Kapital im Produktionsprozess über die ganzen Zeitverhältnisse ihres Lebens statt, doch nicht mehr unbedingt über ihre bloßen Arbeitszeiten. Doch zunehmend verteilt sie sich über ihre ganze Existenz, die vor allem durch immer mehr Unkosten immer teurer wird, weil diese nicht mehr nur die Lebensmittel zur Reproduktion der Arbeitskraft betreffen, sondern für die bloßen Umstände und Strukturen ihres Lebens bezahlen müssen. Nicht mehr nur, weil ihre Arbeitskraft als Ware in den Produktionsprozess eingeht, aus welchem sich Mehrwert aus unbezahlter Arbeit für den Kapitalmarkt beziehen lässt, sondern weil der Kapitalmarkt selbst die Kosten des Lebens der Menschen über ihre schlichte Existenz schon durch einen Existenzwert ihrer Währung bestimmt, um hierüber seine Produzenten und Konsumenten als Bürgen der Nationalstaaten in der Konkurrenz ihrer Währungen zu nutzen und negierte Lebenssubstanz aus dessen Preisbildung bezieht (siehe hierzu auch Negativverwertung).