Überproduktion

Aus kulturkritik

"Der krankhafte Überfluss des Kapitals bezieht sich immer wesentlich auf den Überfluss von Kapital, für das der Fall der Profitrate nicht durch seine Masse aufgewogen wird – und dies sind immer die neu sich bildenden frischen Kapitalableger – oder auf den Überfluss, welche diese, für sich selbst zur eigenen Aktion unfähigen Kapitale den Leitern der großen Geschäfts-zweige in der Form des Kredits zur Verfügung stellt. Dieser Überfluss des Kapitals erwächst aus denselben Um-ständen, die eine relative Überbevölkerung (Arbeitslosigkeit) hervorrufen, und ist daher eine diese letztere ergänzende Erscheinung, obgleich beide auf entgegengesetzten Polen stehen, unbeschäftigtes Kapital auf der einen und unbeschäftigte Arbeiterbevölkerung auf der anderen Seite.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 261.

Die Konkurrenz der Einzelkapitale verlangt nach einemstetigen Wachstum der Produktivität, der Synergie und organische Zusammensetzung des konstanten Kapitals, das durch den Verkauf des Produkts bezahlt und "amortisiert" wird und das zunehmend eine Wertmasse darstellt, die sich nicht mehr adäquat verwerten lässt. Das Wirtschaftswachstum steht immer schon im Konfkikt mit dem Wertwachstum und hindert die Mehrwertrate, die ihr nötigen Preise für ihre Produkte zu realisieren. Die Arbeitslöhne müssten ins Unermessliche anwachsen, sollte durch sie der Preis einer bezahlten Arbeit alles konsumieren können, was das Wertwachstum zur Verwertung einer anwachsenden Masse des angewendeten Kapitals zu produzieren hätte (siehe Wertrealisation), um auch ein Anwachsen der unbezahlten Arbeit, der Mehrwert bildenden Arbeit sicherzustellen.

Überproduktion entsteht aus der Logik der Profitrate, die immer schwächer wird, je mehr Produktte pro Anwendung auf dem Markt sind. Die Mehrwertrate jedoch verlangt Wertwachstum, um den Wert der angewandten Kapitals überhaupt halten zu können. In deren gegenläufigen Bestrebungen ergibt es sich immer wieder, dass über die Absatzmöglichkeiten des Warenkapitals hinaus Güter auf dem Markt verbleiben, weil die Löhne aus dem variablen Kapital diese nicht mehr kaufen können, soll die Mehrwertrate nicht fallen. So entsteht eine ökonomische Absatzkrise, die auch als Überproduktion bezeichnet wird.

Dies ist das Resultat des Widerspruchs, auf dem der Kapitalismus gründet: Der Widerspruch der Verwertungsinteressen im Kapital selbst:

"Das Kapital ist selbst der prozessierende Widerspruch (dadurch), daß es die Arbeitszeit auf ein Minimum zu reduzieren strebt, während es andrerseits Arbeitszeit als einziges Maß und Quelle des Reichtums setzt. Es vermindert die Arbeitszeit daher in der Form der notwendigen, um sie zu vermehren in der Form der überflüssigen; setzt daher die überflüssige in wachsendem Maß als Bedingung - question de vie et de mort - für die notwendige. Nach der einen Seite hin ruft es also alle Mächte der Wissenschaft und der Natur wie der gesellschaftlichen Kombination und des gesellschaftlichen Verkehrs ins Leben, um die Schöpfung des Reichtums unabhängig (relativ) zu machen von der auf sie angewandten Arbeitszeit. Nach der andren Seite will es diese so geschaffnen riesigen Gesellschaftskräfte messen an der Arbeitszeit und sie einbannen in die Grenzen, die erheischt sind, um den schon geschaffnen Wert als Wert zu erhalten. Die Produktivkräfte und gesellschaftlichen Beziehungen - beides verschiedne Seiten der Entwicklung des gesellschaftlichen Individuums - erscheinen dem Kapital nur als Mittel und sind für es nur Mittel, um von seiner bornierten Grundlage aus zu produzieren." (Karl Marx in Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie (1857-1858) Marx-Engels-Werke Bd.42, S. 601)

Der Widerspruch des Kapitals ergibt sich aus dem Widerspruch von gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung. Er hat zur wesentlichen Folge, dass die private Aneignung sich aus einem gesellschaftlichen Quantum der Arbeit als durchschnittliche Arbeitszeit ergibt, die Produktion sich durch das persönliche Maß der Nutzbarkeit von Arbeitskraft bestimmt. Das Maß des Nutzens im Gebrauchswert und das Maß des Preises im Tauschwerts heben gegensinnige Substanzen, die sich durch die gesamte kapitalistische Ökonomie hindurchzieht. So muss die Arbeitskraft im Ausmaß der persönlichen Konkurrenzlage der Arbeitskräfte sich wertfrei anwenden lassen und deshalb auch über die Maßen ihres Tauschwerts hinaus anwendbar sein, während das Wertmaß der Arbeit, also ihre durchschnittlich aufgewandte Arbeitszeit, sich durch ihre gesellschaftliche Existenz ergibt. Somit sind gegensinnige Quantifizierung die Grundlage eines Widerspruchs, der sich zwischen den Preisen und ihren Werten durch die Logik des Kapitals hindurchzieht und schließlich die Krisen dadurch erzeugt, dass die Mehrwertrate der Profitrate, also der Preisgestalt des realisierbaren Wehrwerts, entgegen läuft und Überproduktion, also Wertverlust nötig hätte. Dies führt immer wieder zum Fall der Profitrate.


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