Heilig

Aus kulturkritik

"Jene grossen Treibhäuser für starke, für die stärkste Art Mensch, die es bisher gegeben hat, die aristokratischen Gemeinwesen in der Art von Rom und Venedig verstanden Freiheit genau in dem Sinne, wie ich das Wort Freiheit verstehe: als etwas, das man hat und nicht hat, das man will, das man erobert." (Friedrich Nietzsche)

Das Heilige ist das Heil des Glaubens, das reine Ganze der Gläubigkeit, das Unberührbare, das dem Ungläubigen verschlossen sein soll. Heilig ist von da her das Unsinnliche als Übersinn verfasst. Das Profane ercheint darin übermenschlich und in der Reliquie wird es als Material einer außerweltlichen Hoheit geboten, in welchem das Heilige ausschließliche Rührung ist, die sich darin als ein Symbol der Ewigkeit durch den Tod des Körpers eines Geisteswesens gibt.

Erst in der Religion wird das Heil als das Heilige Gott ähnlich, also das, was sich dem irdischen Geschick entwindet und einer abstrakten Ganzheit des Lebens zugehört und damit der Erlösung von irdischem Unglück und Schuld nahe ist. Der Heiland schließlich soll dies doppelte sein: Glücksbringer, der zugleich Heilung im Sinne von Erlösung, verschafft, Heilung durch Glück. Das macht ja schließlich jeden Glauben aus - und sei es der ans Nirwana (siehe Nichts). So also sprach auch Buddha:

"Wohlan, ihr Mönche, ich sage euch, alles geht dahin und stirbt, aber die Wahrheit bleibt. Strebt nach eurem Heil!"

Im Sinne Buddhas ist das Heil eine über alles bestimmte Sein ewige Wahrheit, etwas, das nichts ist und also auch nicht gebrochen sein kann und von allen Widersprüchen frei und unteilbar, ein totales Ganzes ist, das heilig ist (siehe auch heile Welt), weil es dem profanen Leben entgegensteht, dieses erst in seinem Schatten erfunden hat. Die Christen haben hieraus das positive Heil des Paradieses gemacht, die Erkenntnis Gottes, der man durch seine Sünden sich verschuldet. In solcher Religion muss das Heil letztlich total, ein richtiges Leben der Gottesfurcht, also totalitär sein. Es wird als ihnen gänzlich äußerlich verstanden, ohne Schmerz im gebrochenen Leben, doch nicht wirklich außer diesem seiend.

Die in ihren Lebensburgen eingeschlossenen Menschen, die in ihren Familien, in deren symbiotischen Selbstbehauptungen durch ihren Selbstverlust eine Lebensangst strukturiert hatten, an der sie verrückt geworden waren, gelangen In ihrer Selbstverlorenheit in eine Welt, in der sie zunächst nur durch ihre Selbstlosigkeit gegenwärtig sein können, weil sie darin ihre Ohnmacht zumindest kaschieren können. Damit wird allerdings eine Macht vermittelt, die nichts anderes als eine Macht der Heilsamkeit ist (siehe auch Heilserwartung), einer unterstellten Gesundung einer noch nicht erkannten Krankheit. Von daher gründet die Selbstlosigkeit auf der Machtfantasie eines abstrakt gesellschaftlichen Heils.