Kauf
"Zweite oder Schlußmetamorphose der Ware: Kauf. - Weil die entäußerte Gestalt aller andren Waren oder das Produkt ihrer allgemeinen Veräußerung, ist Geld die absolut veräußerliche Ware. Es liest alle Preise rückwärts und spiegelt sich so in allen Warenleibern als dem hingebenden Material seiner eignen Warenwerdung. Zugleich zeigen die Preise, die Liebesaugen, womit ihm die Waren winken, die Schranke seiner Verwandlungsfähigkeit, nämlich seine eigne Quantität. Da die Ware in ihrer Geldwerdung verschwindet, sieht man dem Geld nicht an, wie es in die Hände seines Besitzers gelangt oder was in es verwandelt ist. Non olet "Es stinkt nicht", wessen Ursprungs auch immer. Wenn es einerseits verkaufte Ware repräsentiert, so andrerseits kaufbare Ware." (MEW 23, S.123)
Nach seiner Position im Tauschhandel bestimmt sich die Funktion des Geldes zwischen seinem Dasein als Maß der Werte und seinem Dasein als Maßstab der Preise: Was man bezahlt. das hat seinen Preis (siehe Geld als Zahlungsmittel). Was man dafür bekommt, das ist dann ein Wert (wodurch Geld zum Kaufmittel wird).
Weil menschliche Bedürfnisse nur in Einheit mit der menschlichen Arbeit zu verstehen sind (siehe hierzu Stoffwechsel), weil sie nur zwischen Produktion und Konsumtion sich adäquat existieren können, stellt sich ihre Trennung zwischen Einkauf und Verkauf, die Trennung der Arbeit zwischen Gebrauchswert und Tauschwert dar und kann nur in der LebenGeldform ihren abstrakten Zusammenhang vermitteln. Von daher kann der arbeitende Mensch seine Bedürfnisse nur durch Geld befriedigen und der bedürftige Mensch nur durch einen Arbeitslohn sein Leben verdienen.
Mit Geld lässt sich ein Wert darstellen und auch bezahlen. Beim Einkauf wird der Gebrauchswert einer Ware gegen Geld getauscht und ist in der Beziehung W-G ein Kaufmittel. Beim Verkauf wird eine Ware durch einen Tauschwert in der Form von Geld bezogen und ist in der Beziehung G-W ein Zahlungsmittel. Weil sie sich aus ihrer Produktion als veräußerbare Ware bei ihrem Verkauf als Maß der Werte bestimmt und darstellt, ist sie als Kaufmittelaus dem notwendigen Bedürfnis nach der Sache ohnmächtig bestimmt. Aus ihrer im Warentausch, in der Zirkulation der Waren auf dem Markt erworbenen Fähigkeit, ihren Wert als Maßstab der Preise beim Einkauf darzustellen, fungiert sie hier als Zahlungsmittel. Durch die Gesellschaftlichkeit des Geldes, die in beiden Funktionen das Verhältnis zwischen Macht und Ohnmacht des Geldbesitzes bestimmt, ist das Geld als Zahlungsmittel auf dem Markt gegen die Privatheit der Bedürfnisse, die das Kaufmittel Geld nötig haben, eben als dieses Zahlungsmittel Subjekt des Marktes und hat allein schon durch diese Funktion eine gesellschaftliche Macht, die den Bedürftigen zwingt - soweit er keinen anderen Besitz zum Tausch bieten kann - seine Arbeitskraft zur Wertbildung zu verkaufen.
Waren werden durch Geld erstanden, womit ihr Preis bezahlt wird, weil mit Geld ihr Wert bemessen und dargestellt wird, eben weil Geld als Maß der Werte funktioniert. Doch Geld hat seinen Wert nicht absolut durch eine bestimmte Wertmenge oder Wertdefinition, weil Wert selbst nicht bestimmt, aber alles bestimmend ist, indem Geld nicht nur als Wertmaß funktioniert, sondern zwischen allenAngeboten und Nachfragen zugleich auch der Maßstab der Preise ist. Der Wert des Geldes bestimmt sich aus einer allgemenen Verwertungslage, aus der Wertmasse der zirkulierenden Produkte, die als Warensammlung auf dem Markt sind - gleich ob die nun Gebrauchsgüter oder Mehrprodukte oder selbst nur Geld sind. Soviel Geld als allgemeines Wertmaß vorhanden ist, soviel wird davon anteilig im Einkauf von Waren vergütet. Beim Einkauf spielt Geld daher die Rolle als Maß der Werte, durch welche die Gebrauchwerte der Waren in die Beziehung zu ihrem Wertsein versetzt werden. Aber dieses Wertmaß kann es nur darstellen, weil es sich als Maßstab der Preise darin bewährt hat, weil sich die Preise also wirklich darin realisieren.
"Die Realisierung des Preises oder der nur ideellen Wertform der Ware ist daher zugleich umgekehrt Realisierung des nur ideellen Gebrauchswerts des Geldes, die Verwandlung von Ware in Geld zugleich Verwandlung von Geld in Ware. Der eine Prozeß ist zweiseitiger Prozeß, vom Pol des Warenbesitzers Verkauf, vom Gegenpol des Geldbesitzers Kauf. Oder Verkauf ist Kauf, W - G zugleich G - W." (MEW 23, S.123)
Die Beziehung von Einkauf und Verkauf ist eine gegenläufige Wertbeziehung der Waren: während im Verkauf ihr Wert durch das Geld des Käufers realisiert, also erst allgemein wirklich wird, wird Geld im Einkauf selbst unmittelbar mächtig und realisiert seine Potenz als Faustpfand der Wertverhälltnisse. In diesem Widerspruch verlauft die Wirklichkeit der bürgerlichen Gesellschaft und er sind darin zugleich auch ihre Krisen angelegt.
"Es kann keine Krise existieren, ohne dass Kauf und Verkauf sich voneinander trennen und in Widerspruch treten oder dass die im Geld als Zahlungsmittel enthaltenen Widersprüche erscheinen, ohne dass also die Krise zugleich in der einfachen Form – dem Widerspruch von Kauf und Verkauf, dem Widerspruch des Gelds als Zahlungsmittel – hervortritt." K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 512f.
Die Beziehung von Einkauf und Verkauf macht die Zirkulation der Waren und also auch des Warenkapitals aus, in welcher sich die Wertbeziehungen des Geldes sowohl als Produkt menschlicher Arbeit in der Mehrwertrate, wie auch als Wertmasse der Preisbildung aus der Profitrate bewegt. Sabald diese Raten auseinanderfallen realisiert sich vor allem der in ihnen enthaltene Konflikt der Wertbeziehungen als Stockung des ganzen Verwertungsverhältnisses.
"Insofern Kauf und Verkauf, die beiden wesentlichen Momente der Zirkulation, gleichgültig gegeneinander sind, in Raum und Zeit getrennt, brauchen sie keineswegs zusammenzufallen. Ihre Gleichgültigkeit kann zur Befestigung und scheinbaren Selbständigkeit des einen gegen das andere fortgehen. (So dass einer nur kauft, ohne zu verkaufen – Warenhortung –, oder dass einer nur verkauft, ohne zu kaufen – Geldhortung, Schatzbildung.) Indem Kauf und Verkauf aber beide wesentlich Momente eines Ganzen bilden (der Warenproduzent verkauft seine Ware, um mit dem Geld andere Ware zu kaufen, die seine Bedürfnisse befriedigt), muss ein Moment eintreten, wo die selbständige Gestalt gewaltsam gebrochen und die innere Einheit äußerlich durch eine gewaltsame Explosion hergestellt wird. So liegt schon in der Bestimmung des Geldes als Mittler, in dem Auseinanderfallen des Austauschs in zwei Akte, der Keim der Krisen ..." (K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, MEW 42, S. 128.)