Massenmensch

Aus kulturkritik

Die Masse ist ein Gemenge abstrakter Beziehungen, deren Sinn sich im Zweck einer körperlichenVerdichtung aufhebt und zu einer leibbhaftgen Abstraktionskraft wird. Darin vereinigt sich die Kraft der Menge im Maß der Dichte ihrer Ungewissheit, der Abwesenheit ihrer wirklichen Bezogenheiten durch die Gegenwärtigkeit bzw. Anwesenheit ihrer abstrakten Elemente, ihrer Begriffssubstanz. Denn Masse ist die Beschreibung einer unbestimmten Quantität, die Vermengung von Vielem durch ihre Verallgemeinerung in einem bestimmungslosen Zusammengehen unterschiedlichster Qualitäten, die nur durch ihreDichte über eine Kraft ihrer Wirklichkeit verfügen. Vieles wird auf diese Weise zu einem Gemenge wie etwas Ganzes, das nichts Ganzes zum Inhalt hat, sondern gerade hiervon auf ein bloßes Quantum abstrahiert. So bekommt jede Masse schon durch die Tatsachen ihres Daseins eine eigene Substanz ihrer Form, die als Formbestimmung durch die Abstraktionskraft ihrer Begriffsssubstanz sich aus ihrer bloßen Masse mit einer unbestimmten Kraft aufdrängt (siehe Begriffsgröße), die dadurch leicht "von Sinnen" ist, sich zu einer inneren Gewalt verselbständigen.

In der Masse herrscht das abstrakt Allgemeine in seiner bloßen, aus beliebigen Inhalten abgezogenen Energie. Vieles wird auf diese Weise zu einem Gemenge wie etwas Ganzes, das nichts Ganzes zum Inhalt hat, sondern gerade hiervon abstrahiert. In der Masse herrscht das abstrakt Allgemeine in seiner bloßen, aus beliebigen Inhalten abgezogenen Energie. Es gehen daher die einzelnen Unterschiede nicht einfach unter. Sie heben sich in ihrer Bestimmtheit auf und verwandeln sich in eine Kraft, die der Formbestimmung ihrer Verhältnisse die Energie ihrer Abstraktionskraft verleiht, sodass diese in deren Verselbständigung selbst zum Antrieb einer gemeinen Menge werden kann, die jeden Sinn für sich verloren hat. Im Vakuum ihrer Sinnlosigkeit wendet sie ihre zunächst ungerichtete Nervosität in eine Gewalt gegen sich und andere und verfüllt sie mit beliebigen Inhalten, soweit sie sich durch diese weiter aufladen kann (siehe schlechte Negation).

Massenmensch sind Menschen, die sich unter der Bestimmung ihrer Masse, durch ihre Stimmung sich als Mensch verhalten, ausrichten und sich als Glieder einer Massenkultur bestätigen und ihre Befriedung in einer Gefühlsmasse finden und haben. Sinn und Zweck ihrer Bewegung ergibt sich aus der Masse selbst und aus der Massenpsyche, die sie bildet. Politisch wird dies im Populismus und in der politischen Propaganda zunutze gemacht. Die Nutzung allerdings setzt voraus, dass das Interesse der Masse, der Sinn der Vermassung schon in den Menschen besteht, dass sie ihre besondre Eigenschaft dem schon unterworfen haben, dass sie die Masse also als Allgemeinheit ihrer Gewohnheiten ansehen, z.B. auch als Automation ihres Lebensalltags.

Vermassung hat ihren Sinn immer nur in Gedanken, Ereignissen, Ideen usw, die keinen anderen Sinn haben, als den, welchen ihre Vermassung alleine wirklich macht: den abstrakt menschlichen Sinn, den sie ausdrücken (siehe Kulturbegriff). So kehrt sich z.B. in einer Heilsvorstellung, die angesichts eines konkreten Unglücks entsteht, dieser sinnfällige Grund nur dann in solche Vorstellung um, wenn ein konkretes Handeln gegen das Unglück nicht möglich ist oder unmöglich erscheint. Unter der Bedingung des Massenmenschen ist die Verwirklichung einer Heilsvorstellung unmittelbar dadurch möglich, dass die Masse sich körperlich einem durch sie selbst bestimmten und durch sie verwirklichbar scheinenden Heilsversprechen zuwenden (siehe Volkskörper). Darin wird Masse mit einer unwirklichen Bestimmtheit versetzt, die über wirkliche Prozesse hinweggreift (siehe auch Vernichtungslogik).