Psychosophistik

Aus kulturkritik

Sophismus gründet auf einer Leitvorstellung Platons, wonach die Weisheit über aller Realität steht, da Reales als Verfälschung der Idealität, also auch ihrer eigenen Ursprungsideale angesehen wird. Dies ist die theoretische Formulierung einer allgewaltigen Ursprungssehnsucht. Die allgemeine Begrifflichkeit der Sophistik besteht aus der Umkehrung der Bedeutung eines analytischen Begriffs durch Verfüllung mit einer Wesenbehauptung (siehe Phänomenologie), die als solche nicht abgeleitet und also auch nicht hinterfragbar, also Ideologie ist. Sophistische Begriffsbildung erzeugt eine intellektuelle Systematik, welche die Legitimationsgrundlage von hoch aufgeladenen Moralismen ist.

Psychologische Begriffe eignen sich für solchen Sophismus in dem Maße, wie sie unreflektiert entwickelt sind oder angewendet werden. Man kann mit ihnen jedes Verhalten als Mangelverhalten beschreiben, indem man es einfach ohne jedes Verhältnis aufgreift, ihm ein negatives Wesen zuordnet und auf diese Weise ein erwünschtes Verhalten erzwingen kann. Von da her ist begriffliche Phänomenologie dieser Art auch politisch optimal nutzbar. Zugleich lässt sich damit die reale Negation leugnen, deren Wirkung auf die Beziehung selbst, in der das Verhalten steht.

Für den psychologischen Gebrauch ist Sophistik ein intensiv radikalisiertes Mittel, um Vernichtungserfahrungen in Vernichtungspotenziale zu wenden und eine nutzbare Selbsttäuschung zu evozieren. Sie dient der Vermittlung von hohen Idealisierungen auf die Selbsterfahrung von Menschen, die vor allem in Sekten (siehe z.B. die Scientology Church) oder fundamentalpolitischen Grupierungen (siehe z.B. Antideutsche) angewendet werden, die sich analytischer Arbeit entziehen, um einen moralischen Einsatz in eigenständigem Antrieb zu bestärken.

Die psychischen Phänomene des Kapitalismus, soweit sie nicht nur die entsprechenden Interessen einer Formation der notwendig egoistischen Bedürfnisse des Privateigentums entsprechen, sondern tatsächlich eine eigenständige Subjektivität der Selbstbezogenheit entfalten, lassen sich nicht unmittelbar aus den Existenzformen einer Waren produzierenden Wirtschaft, aus dem Verhältnis der Waren und dem Fetisch ihrer geselschaftlicihen Erscheinungsform erklären, wie das die so genannte Subjektkritik versucht. Das verlangt nach einer kritische Theorie der politischen Kultur, die aus der Zirkulation des Geldes und seiner Kapitalfiktionen und der hieraus begründeten Ohnmachtder Menschen begründet ist (siehe hierzu Feudalkapitalismus). Dort erst lassen sich psychisch begründete Beziehungen aus dem Entzug der Selbstachtung des bürgerlichen Subjekts und ihre Verkehrung zu einem Geldungsstreben, zu einem Treiben der Selbstwertoptimierung erklären. Weil unter den Bedingungen fiktiver gesellschaftlicher Verhältnisse (siehe fiktives Kapital) diese sich nurmehr in zwischenmenschlichen Beziehungen der Erlebensformen der Wahrnehmung einer durch lebensbestimmende Ereignisse zwischen den Menschen wirkenden Gesellschaftlichkeit darstellen können, treiben sie ihre widersprüchliche Objektivität in die Subjekte dieser gesellschaftlichen Form. Die hat zwar noch den zirkulierenden Geldwert zu ihrer Bedingung, aber nicht mehr die realwirtschaftlichen Verhältnisse zu ihrer Grundlage. Die Menschen machen sich selbst zur Formation ihrer Zwischenmenschlichkeit, zum Material ihrer Lebensbedingungen und betreibn hieraus ihre Selbstbeziehung zu ihrem Gegenstand durch die Ästhetik ihrer Gefühle. Sie gründen somit auf einer anderen Substanz, als jene der wirtschaftlich nur noch fiktiven Geldbeziehungen eines Schuldgeldsystems (siehe hierzu Pfreundschuh, "Die Kultur des Kapitals - Zur Kritik der politischen Kultur").