Selbsttäuschung

Aus kulturkritik

Eine Selbsttäuschung ist die Vertauschung der Eindrücke, die auf die Wahrnehmung wirken, die Austauschung der Empfindungen mit den Gefühlen der kognitiven Sinne, die durch das Bild von Erinnerungen bestimmt werden, die durch Ereignisse einer entfremdeten Beziehungen bestimmt sind, worin das Fremde angeeignet worden war. Hierdurch wird der Wahrnehmung der Reiz eines Eindrucks nurmehr ästhetisch so vermittelt (siehe Ästhetik), wie sie diese in ihren Selbstgefühlen findet und empfindet. Der Grund dieser Vertauschung ist die Notwendigkeit einer Selbstveredelung, die aus den Absichten eines ästhetischen Willens ergeht, der ihre wahren Bedürfnisse entstellt.

Diese Absichten entwickeln sich von Grund auf aus der Angst einer verlorenen Selbstgewissheit (siehe auch [[Lebensangst), welche dieWahrnehmungvon ihrenEmpfindungentrennt und ihreSinnenichtet, ihreGefühlesinnlos macht, die unentwegt nach einerIdentitätstreben, die es nicht wirklich geben kann. Hierdurch ist dem betroffenen Menschen die Erkenntnistätigkeit entzogen, ihmentfremdet, weil er "seine Sinne nicht mehr bei einander haben kann". Die Selbsttäuschung betreibt die Vertauschung einerSelbstwahrnehmung, die einewidersinnigeIdentitäterzeugt, um sich vor einerIdentitätsangstzu bewahren, um an sich noch glauben zu können - oft schon durch Vorbeugung oderVerdrängungihrerSubstanz.]]

Substanziell verstanden ist dieser Glaube nicht nur ein Nichtwissen, sondern die Behauptung einer Wahrheit, die man nicht wissen muss oder auch garnicht wissen kann (siehe auch Wissenschaft), eine höhere Wahrheit, die höhere Einsicht verlangt und eher durch Erleuchtung zu erfahren ist, als durch Verstand und analytisches Denken (siehe auch Esoterik). Man glaubt an etwas, das nicht wirklich da, nicht anwesend ist, sich aber nötig gemacht hat, wo die eigene Notwendigkeit nur abstrakt sein kann, sich also nur durch ihre Sehnsucht verhält. Dieser Glaube verhält sich daher selbst nur abstrakt und sucht in seinen Interpretationen das Reine von dem, was der Wirklichkeit entzogen erscheint, sucht das, an das man glauben kann oder glauben muss, um dessen Güte verwirklicht zu finden, die sich gegen diese Wirklichkeit verhält und durch die ein Verhältnis in deren Verneinung möglich, also eine unmögliche Kritik an ihr ist.

Das macht alles einfach – allerdings auch schlechterdings einfältig: Was nötig ist, das fügt sich. Der Nutzen der Selbstwahrnehmung erschien bisher in einem Zweck der Wahrnehmungsidentität und musste ihm dienen. Doch durch die Verrücktheiten der familiären Gewohnheiten der Selbstwahrnehmung war diese Selbstbezogenheit in ihren erzieherischen Beziehungen vernutzt worden. Mit der Ablösung aus der Familie und der Konfrontation in den allgemeinen zwischenmenschlichen VerhältnisseN war offensichtlich geworden, dass sich diese mehr oder weniger private Identitätsstiftung in ungewohnter Beziehung gegen die gewohnten zwischenmenschlichen Verhältnisse der Psyche richten mussten. Waren diese noch durch den Antrieb (siehe Trieb) ihrer Selbstverwirklichung (Buch 1) und durch die Selbstvergegenwärtigung(Buch 2), insgesamt durch eine Ästhetik bestimmt, durch die sie den Zweifel ihrer Zwischenmenschlichkeit beherrschen konnten, aber schließlich als Lebensangst in den hierfür nötigen Lebensstrukturen erfahren mussten, so sind sie nun bestrebt, ihre von sich selbst entrückten Verhältnisse, ihre verrückten Beziehungen in den Widersprüchen ihrer Selbstwahrnehmung aufzuheben. Ihren zwischenmenschlichen Lebensstrukturen unterworfen waren sie noch ganz auf sich gestellt, selbstverloren, selbstbezwungen und bis zum Wahnsinn ihrer Psyche beherrscht. Ihre Verrückheit hat sich darin ihrer Selbstwahrnehmung entledigt und ist zu sich selbst in einen wesentlichen Widerspruch der persönlichen Selbstverwirklichung geraten: Weil sie sich ihrer selbst nicht mehr gewiss werden kann, findet sie diese jetzt nur noch in dem, was sie außer sich empfindet, was sie nicht wirklich sein kann, was sie also von sich verloren hat (siehe Selbstverlust), so dass sie sich eine Identität ihrer Selbstwahrnehmung über die Prothesen ihrer Kultur aneignen muss, die sie in und durch ihre Selbstgerechtigkeiten selbst herstellen, bewahren und bewähren müssen.

Selbsttäuschung entzieht sich der Aufklärung, weil sie beabsichtigt ist, also einer ästhetischen Notwendigkeit folgt, die der Verkehrung von Sinn und Zweck der Psyche, ihrem Geltungsstreben entspringt, der Vertauschung von Selbstgefühl und Selbstwahrnehmung von Nutzen ist, indem sie dieses Gefühl allgemein gegen Gefühle wahrzumachen bestrebt ist, diese Selbstwahrnehmung als besonders allgemeines Selbstgefühl gegen alle ihr fremden Gefühle wendet (siehe hierzu auch symbiotische Selbstbehauptung). Sie ist nöig, wo die Wahrnehmung sich durch eine Erkenntnis bedroht fühlt, wo und weil Gefühle bestimmte Empfindungen nicht zulassen können, weil also ein Selbstbetrug nötig ist, um wahrzumachen, was nicht wahr sein soll, z.B. weil eine Geschichte oder ein Verhältnis nur durch eine Lebenslüge erhalten bleiben kann. Sie ist daher die Fixierung einer Selbstverwirklichung an ihr eigenes Unvermögen, für sich selbst zu sein. Mehr oder weniger bewusst entsteht sie in einer Scheinwelt von Selbstbeziehungen und erzeugt und bestärkt diese Scheinwelt durch eigene Absichten innerhalb dieser Welt, beruht also auf einem Bedarf an Fremdidentität, welche als Prothese oder Ersatz eigener Identität fungieren oder Eigenheit vortäuschen soll. Sie prozessiert in der Leiblichkeit einer ausschließlichen Selbstbeziehung und betreibt eine Identitätsbildung durch die Einverleibungfremden Seins, der Leiblichkeit abstrakter Wesen, durch Verleiblichung fremder Anwesenheit. Wiewohl dies nur geschehen kann, wo leibliche Beziehungen sind, werden hierurch vielerlei Geister und Mythen beschworen. Es entsteht darin eine Gespensterwelt voll bizarrer Gewalten, Mucken und Zwängen, eine Welt voller objektiver Gefühle.

Im Allgemeinen wird Selbsttäuschung durch einen Konsumismus der Wahrnehmung, einem Kulturkonsum betrieben, durch die Aufreizung und Formbestimmung der Wahrnehmung gegen die eigene Wahrheit, durch das Wahrhaben einer Befriedung durch den Erregungsabbau, welchen Selbstempfindung betreibt.

Wo die inneren Bezogenheiten der Gefühle durch die Aufreizung ihrer Empfindungen in Widerspruch geraten sind, wird aus der darin implizierten Selbstverneinung (siehe Selbstverleugnung) eine Notwendigkeit nach wesentlichen Eigenschaften bestimmt. Das Eigene wird daher als eigene Art aus dem bloßen Anwesen seiner Selbst gesetzt, als Gewohnheit, als das besonders Vertraute, als heile Welt, als heimliche Geborgenheit oder kurz: als Lebensraum für sich.

Vermittelst der Einverleibung der Erlebnisse in diesem Raum entstehen Identitäten einer Verfügungsmacht über die Äußerungen, Äußérlichkeiten und Veräußerungen der Menschen darin, eine Selbsttäuschung, die in der Lage ist, eine Befriedigung durch sich selbst zu bestimmen, ohne einem wirklichen Bedürfnis zu entspringen, eine äußere Ganzheit wahr zu machen, in welcher die Abgrenzung gegen Fremdes als eigene Art totalisiert ist. Diese ist nicht nur vorgestellt, sondern ist vor allem die ästhetische Verwirklichung des Uneinlösbaren, des ungestillten Begehrens und der Wünsche. Dessen wesentliches Ansinnen ist die Hervorkehrung eigner Art gegen Fremdes, der Überwundenheit von Entfremdung durch Eitelkeit, Selbstadel, Selbstveredelung, Selbstentfremdung (siehe auch Rassismus). Es ist die Geburtsstätte eines ästhetische Willens, welcher eine ungeheuerliche Selbstverkehrung vollzieht.