Selbstverwirklichung

Aus kulturkritik

"Und der Gott sprach zu dem Teufel Ich, der Herr, kopier mich selber, Nach der Sonne mach ich Sterne, Nach den Ochsen mach ich K�lber, Nach den L�wen mit den Tatzen Mach ich kleine liebe Katzen, Nach den Menschen mach ich Affen; Aber du kannst gar nichts schaffen." (Heinrich Heine: Sch�pfungslieder)

Die so genannte freie [[Pers�nlichkeit]] sieht sich autonom, durch sich selbst wie eine Monade begr�ndet. Doch auch sie wird als Mensch geboren, der seine [[Individualit�t]] nur durch die gesellschaftlichen [[Verh�ltnisse]] der Menschen hat. Und die k�nnen in einer Person [[verselbst�ndigt]] erscheinen, weil und sofern sie sich jenseits ihrer [[gegenst�ndlichen]] Wirklichkeit unter Menschen auf sich als Mensch nur pers�nlich bezieht. Nirgendwo anders gibt es daher ein Selbst, als in [[zwischenmenschlichen Verh�ltnissen]], in denen die Menschen sich als [[Pers�nlichkeiten]] einer [[ausschlie�lichen]] Selbstwahrnehmung zu einander verhalten. Selbstverwirklichung kann daher nur die Verwirklichung der Selbstbezogenheit in diesen Verh�ltnissen meinen. Es ist die Wirklichkeit der Selbstbehauptungen, die durch deren Geltungsstreben entsteht.

Selbstverwirklichung will Wirklichkeitals Wert f�r sich und durch sich selbst, einen Selbstwert schaffen, an und f�r sich also subjektive Wirklichkeit, Wirklichkeit seiner selbst jenseits der ihr �u�erlichen Wirklichkeit. Das folgt der Vorstellung, dass jeder Mensch durch sich schon seine und dadurch eine allgemeine Wirklichkeit der Selbstbeziehungen, eine gesellschaftlich wirkliche Selbstbezogenheit f�r alle schaffen k�nne, indem jeder sich auch wirklich behauptet und alle sich durch ihre wechselseitige Selbstbehauptungen erg�nzen w�rden. Aber durch die hierzu n�tige Selbstbehauptung kann nur eine [[ausschlie�liche]] Wirklichkeit der Selbstwahrnehmung in einer egozentrischen Wahrnehmunfgsformation entwickelt werden. Selbstverwirklichung ist daher die Verwirklichung der [[Selbstgef�hle]], wie sie der Psyche in ihrer Form als Trieb eines isolierten [[Ged�chtnisses]] nach seelischer Wirklichkeit, nach vollkommener Selbstbeziehung, also nach einem Selbst entspringen, das sich in seinem Selbstwert durch Selbstverwertung best�rkt und veredelt (siehe auch Selbstveredelung).

Ein Mensch mag Wirkung haben, soweit und wo er sich �u�ert. Es gibt aber keine Wirklichkeit seiner selbst, die er ohne andere Menschen h�tte. Selbstverwirklichung meint vielleicht die [[F�higkeit]], etwas aus sich heraus zu gestalten. Das aber kann kein verwirklichtes Selbst sein, das voraussetzungslos, also nur durch ihn selbst zu begreifen w�re. Alles, was ein Individuum f�r jedwede Verwirklichung nimmt, ist ihm gesellschaftlich ebenso vorausgesetzt, wie dieses zugleich seiner Gesellschaft vorausgesetzt ist, sie mit zu gestalten vermag. Selbstverwirklichung ist von daher ein ideologischer Begriff, der behauptet, dass es eine unabh�ngige personale Selbstgestaltung gebe, dass Personen aus sich selbst heraus ihr Leben frei gestalten k�nnten, weil eben jeder "seines [[Gl�ckes]] Schmied" sei..

In diesem Verst�ndnis wird Selbstverwirklichung oft als Synonym f�r die "Freiheit der Person" genommen, als die M�glichkleit, sein eigenes Leben auf sich als Individuum zu gr�nden, das die Beschr�nkung seiner Freiheit nur �u�erlich in der Freiheit anderer Menschen hat. Doch das unterstellt zugleich die Getrenntheit der Freiheiten, Leben selbst nicht als gesellschaftlich verwirklichbar, sondern als Individualform eigener Existenz, reine Individualiit�t des Lebens. Diese jedoch gibt es nicht mal im Tierreich wirklich. Leben selbst steht in einem Naturzusammenhang, der durch die Kultur einer menschliche Gesellschaft nicht gebrochen ist. Gesellschaft ist weit �lter als jegliche Privatform und Individuation. Jede Lebenswirklichkeit geht darin auf.

Die �konomische Basis der Selbstverwirklichung in b�rgerlichen Gesellschaften sind Geldverh�ltnisse, also Verh�ltnisse, die nicht im Stoffwechel des Geldes, sondern auf dem Geldbesitz, auf festgehaltenem Geld gr�nden. Dadurch ist das b�rgerliche Individuum vollst�ndig abgeschottet von wirklicher Gesellschaft auf alle G�ter des gesellschaftlichen Reichtums bezogen und kann sich so unbeschadet selbst verwirklichen. Hierbei ist Geld nur Mittel, um Verh�ltnisse zu schaffen, in denen Menschen dem Selbstgef�hl zu Diensten sind. Es ist ein seelisches Leistungsverh�ltnis, in welchem seelische und sinnliche Kraft abverlangt wird und f�r das Objekt dieses Verh�ltnisses im Wesentlichen Selbstentleibung bedeutet, indem es als [[Lebenstr�ger]] positioniert ist. Bisher war dieses Verh�ltnis �berwiegend patriarchischer Natur, solange Geldverh�ltnisse nicht voll entwickelt waren. Es kann aber ebenso matriachisch werden, wo die Lebensgrundlagen als Geld vollst�ndig existieren.