Monade

Aus kulturkritik

"Wenn der Mensch von Natur gesellschaftlich ist, so entwickelt er seine wahre Natur erst in der Gesellschaft, und man muss die Macht seiner Natur nicht an der Macht des einzelnen Individuums, sondern an der Macht der Gesellschaft messen." (Karl Marx, MEW 2, S. 138)

Der Ausdruck Monade kommt aus der pythagoreischen Denkschule und wurde von Platon (vom griech. monás, „Einheit“) verwendet, der damit hinterfragen wollte, was ihre Einheit begründet. Mit der Monadologie von Leibnitz wird die Monade als eine einfache, unteilbare, unzerstörbare und undurchdringliche Substanz definiert. Getrennt von seinem gesellschaftlichen Lebenszusammenhang erscheint sich das bürgerliche Subjekt selbst als in sich und mit sich objektiv identisch, als objektives Subjekt, als Subjekt wie Objekt in einem (siehe objektive Subjektivität) und von da her zugleich als subjektives Objekt, als Monade des eigenen Lebens, das in der Lage sei, sich selbst aus sich heraus – also voraussetzungslos – zu entwickeln, sich selbst zu bilden (siehe Sinnbildung) und von daher seine kultivierte Robinsonade als sein Lebensziel zu erleben, zu feiern und mit Freunden und Verwandten zu teilen (siehe Teilung der Wahrnehmung). Dei damit gegrndeten Isolation des Denkens totalisiert die Vereinzelung und entspricht von daher einer Gesellschaft, die sich aus der Vereinzelung, der Isolation (siehe Ich), der Ausgrenzung und Abspaltung vom Menschen (siehe Teilung der Warnehmung ermächtigt und in einer reinen, bzw. gereinigten Phänomenologie als "Egologie" eines identitären Denkens im "Zeitbewusstseins" fortgebildet (siehe auch faschistische Ideologie).

Aus: "Die Paralyse der Kritik – eine Gesellschaft ohne Opposition": "Dient nicht die Bedrohung durch eine atomare Katastrophe, die das Menschengeschlecht auslöschen könnte, ebensosehr dazu, gerade diejenigen Kräfte zu schützen, die diese Gefahr verewigen? Die Anstrengungen, eine solche Katastrophe zu verhindern, überschatten die Suche nach ihren etwaigen Ursachen in der gegenwärtigen Industriegesellschaft. Diese Ursachen werden von der Öffentlichkeit nicht festgestellt, bloßgelegt und angegriffen, weil sie gegenüber der nur zu offenkundigen Bedrohung von außen zurücktreten — für den Westen vom Osten, für den Osten vom Westen. Gleich offenkundig ist das Bedürfnis, vorbereitet zu sein, sich am Rande des Abgrundes zu bewegen, der Herausforderung ins Auge zu sehen. Wir unterwerfen uns der friedlichen Produktion von Destruktionsmitteln, der zur Perfektion getriebenen Verschwendung und dem Umstand, daß wir zu einer Verteidigung erzogen werden, welche gleichermaßen die Verteidiger verunstaltet wie das, was sie verteidigen." (Marcuse: "Der eindimensionale Mensch")

Darin vervollständigt sich der Doppelcharakter seiner psychischen Natur durch seine zwischenmenschliche – und also wechselseitige – Selbstwahrnehmung, wie eine Gesellschaft für sich (siehe auch heile Welt), die sich hierdurch in seinen zwischenmenschlichen Beziehungen als ein natürliches Wesen seiner privaten Persönlichkeit erscheinen kann.

"Die Triebe und Kräfte der einzelnen Naturwesen werden verwandelt in die Triebe und Kräfte "der Natur", die dann natürlich in diesen einzelnen Wesen vereinzelt "zur Erscheinung kommen". Diese Mystifikation war nötig, um nachher die Vereinigung dieser Triebe und Kräfte "der Natur" im menschlichen Selbstbewußtsein hervorzubringen. Hiermit wird dann auch ganz selbstredend das Selbstbewußtsein des Menschen verwandelt in das Selbstbewußtsein der Natur in ihm." ((Karl Marx 1845, MEW 3, S.398 f)

In der Natur gibt es keine Monaden (siehe natürliche Intelligenz), weil sie in ihrer Geschichte nur durch Lebenszusammenhänge entstehen konnte. Nicht mal Bakterien können voneinander isoliert leben – auch nicht Bäume und Blumen könnten vereinzelt für sich sein. Die Monade ist ein bloß vorgestelltes Wesen des vereinzeltan Einzelnen, der Verselbständigung der Vereinzelung der Person gegen ihre gesellschaftlicheWirklichkeit (siehe hierzu auch Autopoiesis), worin die Privatpersonen sich als bürgerliche Subjekte verstehen wollen (siehe auch Aufklärung). In der wirklichen Getrenntheit der einzelnen Selbstwahrnehmunng von der allen gemeinen Wahrheit (siehe Teilung der Wahrnehmung) gerät jede Erkenntnis ins Belieben der privatperson, die ihr vereinzeltes Meinen und Wollen jedweder politischen Repräsentation übereignet (siehe auch Populismus), um sich überhaupt politisch vergegenwärtigt zu fühlen (siehe hierzu repräsentative Demokratie). Von daher betreibt die Monade auch den Impuls einer entäußerten Gegenwärtigkeit, wie sie sich im isolierten Subjekt ihrer verallgemeinerten Einzelheit, im bürgerlichen Subjekt dess Elends ihres Scheiterns (siehe Krise) zu einer faschistischen Ideologie entwickelt, die ihr dann gerne den "Sinn des Seins" erklärt (siehe Martin Heidegger). Darin lässt sich das Urteilsvermögen leicht auf die Lebenspflichten des Spießbürgertums reduzieren. Jede Monade wird dann durch deren Prominenz selbst zum Gott ihrer Selbstdarstellung (siehe auch autoritärer Charakter)

"Die Urmonade ist Gott; alle anderen Monaden sind ihre Erzeugnisse; sie können nur von Gott vernichtet oder erschaffen werden und nicht von selbst entstehen oder vergehen. Die Welt besteht aus Aggregaten von vielen Monaden, die alle voneinander verschieden und jedoch insofern gleichsam als Entelechien autonom tätig sind, als sie Appetit (von frz. appétitions, oft auch mit Begehrungen übersetzt) auf und die Fähigkeit zur Perzeption aufweisen (Prinzip der Vielheit in der Einheit). Als „Perzeption“ versteht Leibniz den bloßen Vorgang der fortwährenden Wahrnehmung selbst." (Wikipedia Monadologie https://de.wikipedia.org/wiki/Monadologie)

Der Mensch hat zwar ein natürliches Wesen, er ist aber kein Naturwesen, kein Wesen der Natur, an welchem die Menschen ihre Individualität ausbilden oder das sich zu einer menschlichen Gesellschaft verallgemeinern könnte. Ein Individuum setzt immer schon Gesellschaft voraus, weil es den Menschen nicht als Individuum geben kann (siehe auch Evolution), weil ihm der Reichtum der bisherigen Geschichte als Lebensbedingung seiner Naturmächtigkeit vorausgesetzt ist. In einer Gesellschaft, in welcher jeder einzelne Mensch durch ein abstrakt allgemeines Subjekt bestimmt ist, kann er nur sich adäquat existieren, wenn er in seiner Selbstbezogenheit an das Mittel kommt, das ihm das abstrakt Allgemeie seiner Gesellschaft vermittelt: Geld. Individualismus ist eine Ideologie, die nicht jedem Individuum im Verhältnis zu seiner Gesellschaft zukommt, sondern nur dem bloßen Geldbesitz hieraus bestimmter Individuen, durch den sie sich voraussetzungslos erscheinen können.

Die Individuen stehen aber immer schon in einem Verhältnis zu ihrer Gesellschaft sowie diese sich in ihnen als das "Ensemble ihrer Gesellschaft" ausmacht. Ihr Individualismus ist lediglich die Ideologie des vereinzelten Individualmenschen, der sich selbst nicht mehr im Verhältnis zu seiner Gesellschaft verstehen kann, sondern sich selbst unmittelbar als Grund für diese sieht, Gesellschaft also als Folge seiner Individualität aus dem Hier und Jetztheraus wahrhaben will, indem er sie ausschließlich als Gegenstand seiner Egozentrik wahrnimmt.

Tatsächlich ist das bürgerliche Subjekt im Individualismus adäquat reflektiert und lässt sich gerne hierüber aufklären (siehe Immanuel Kant). Es ist damit in seiner Zielsetzung beschrieben, sich selbst als allgemeiner Mensch jenseits seiner Lebensbedingung frei zu verstehen, sich selbst voraussetzungslos als Persönlichkeit des Menschseins schlechthin, als sich abgelöst von jeder Notwendigkeit frei entfaltende Persönlichkeit zu begreifen. Es ist die Begrifflichkeit des aufgeklärten Bürgers, der sich als mündiges, als kritisches Subjekt (siehe hierzu auch Kritische Psychologie) dieser Welt der Warenmärkte zumindest solange verstehen kann, solange er sich in ihr nicht wirklich erzeugen und erhalten, sich nicht verkaufen muss, um sein zu können, in der Gunst von reichhaltigen Angeboten an Waren steht und über gute Einkommensmöglichkeiten an Geld verfügt. Es ist die Ideologie des Kleinbürgertums, das sich vorwiegend aus seinem Geldbesitz begründet und also die auf das Individuum reduzierte Beziehung gesellschaftlicher Zusammenhänge repräsentiert, wie sie real durch Geldbesitz möglich ist (siehe hierzu auch Systemtheorie). Von daher ist Individualismus eine Ideologie des Geldes privater Verfügungsgewalt über jedweden Nutzen, dessen soziale Macht dadurch angeeignet wird, dass man sich in die Mechanismen der Gunst von Nutzbarkeiten, Funktionen oder Menschen effektiv und optimal eingliedert. Das macht den Kollektivismus der Funktionalität von Günstlingen aus, die sich zugleich der Ideologie des politischen Kollektivismus, der Abstraktion vom menschlichen Subjekt, dessen Reduktion auf einen gesellschaftlich nützlichen Menschen, entgegenstellt, eben jener anderen Ideologie des Kleinbürgertums, das zwischen beiden Extremen sein Leben begründet sieht, mal unter der Bedingung von Überschüssen von Angeboten, mal in der Existenznot seiner Lebenskrisen, die aus den Lebensbedingung des Geldes heraus sowohl existenziell (kollektiv) wie auch persönlich (individuell) erscheinen.

"Der Kleinbürger ist ... zusammengesetzt aus ein Einerseits und Andererseits ... Er ist der lebendige Widerspruch. .... Wissenschaftlicher Scharlatanismus und politische Anpassung sind von solchem Standpunkt unzertrennlich. Es bleibt nur noch ein treibendes Motiv, die Eitelkeit des Subjekts ..." (Karl Marx, MEW 16, 31f).