Ungluecklichesbewusstsein
"Wahrheit bemisst sich „an dem ..., was das Bewußtseyn innerhalb seiner für das an sich oder das Wahre erklärt, haben wir den Maßstab, den es selbst aufstellt, sein Wissen daran zu messen.“ Hegel, Gesammelte Werke, Bd. 9, Seite 59)
Für Hegel bestand das Unglück des Bewussteins der Weltgeschchte aus der Entzweiung von Begriff und Sache, aus der Unwahrheit des Wissens um seinen Gegenstand, aus einem noch unvollständigen Bewusstsein (siehe Schmerz). Für Hegel impliziert also die Notwendigkeit des Wissens eine Erfüllung einer ungestörten "Ruhe der Erkenntnis" zu finden (siehe auch Empfindung). In seiner "Phänomenologie des Geistes" hatte er die Weltgeschichte durch einen Anspruch auf eine absolute Wahrheit mit einem Weltgeist verbunden, in der dieser absolut zu sich kommen würde – an und für sich wahr zu werden. Dagegen hatte Karl Marx in seiner Kritik eines bloß unglücklichen Bewusstsein den Anspruch entwickelt, aus dem unglücklichen Bewusstsein das Bewusstsein eines wirklichen Unglücks herzustellen, und dessen Geschichte als Verwirklichung der lebenden Subjekte, aus der Subjektivität der menschlichen Selbsterzeugung, aus der Geschichte der Lebensäußerungen ihrer Arbeit ihre Entfremdung von sich und ihrer Gesellschaft zu begreifen (siehe historischer Materialismus), die bislang nur in der Geschichte ihrer Lebensverhältnisse verwirklicht ist (siehe Klassengegensatz) und deren Aufhebung daher in der bürgerlichen Gesellschaft nur in der Sehnsucht der Menschen erträumt werde (siehe Traum einer Sache). Daraus leitete er die Notwendigkeit ab, die Träume des Unwissens, deren "Gespenster und Sparren" mit den Widersprüchen ihrer Wirklichkeit zu konfrontieren, um den Trämereien zu einer Verwirklichung ihres wahren Lebens als erneuerte Lebenspraxis zu verhelfen:
"Es wird sich ... zeigen, daß die Welt längst den Traum von einer Sache besitzt, von der sie nur das Bewußtsein besitzen muß, um sie wirklich zu besitzen. Es wird sich zeigen, daß es sich nicht um einen großen Gedankenstrich zwischen Vergangenheit und Zukunft handelt, sondern um die Vollziehung der Gedanken der Vergangenheit. Es wird sich endlich zeigen, daß die Menschheit keine neue Arbeit beginnt, sondern mit Bewußtsein ihre alte Arbeit zustande bringt." (MEW 1, S. 346)
Träume bilden in der Nacht aus den Erinnerungen der Empfindungen des Tages Gefühle und können auch Konflikte zwischen Gefühlen und Selbstgefühlen in den Hintersinnigkeiten ihrer Selbstwahrnehmungen darstellen, sie durch Traumbilder bezeichnen. Ein Traum sucht eine Wahrnehmungsidentität vieler Empfindungen und Gefühle herzustellen, indem er aus ihnen innere Bilder macht, die in sein Erinnerungsvermögen auch ohne Bewusstsein eingehen und deshalb im Wachen vergessen werden können. Jeder Traum ist also ein Identitätsstifter im Individuum, sofern er die Zusammenhänge der Empfindungen durch Traumbilder entgegenwärtigen kann und damit zunächst die Wahrnehmungen von der Mühe der wachen Erkenntnis entlastet. Allerdings belastet er damit zugleich die Gegenwärtigkeit des Erkenntnisvermögens, das Abwesendes als seine Ungewissheit bewahrt und als innere Wahrheit gegen ihre Wirklichkeit bewähren muss, um sie von den Organen der Wahrnehmung abzudrängen (siehe Verdrängung) und als Körpergedächtnis im Hintergrund der Wahrnehmung als Unbewusstes zu bewahren. Eine Störung der Wahrnehmung verlangt daher die Aufarbeitung von Träumen im Wachzustand. Es ist dann also eine Anstrengung mit dem Ziel nötig, auf diesen Umweg wesentliche Erkenntnisse aus einer wiederhergestellten Wahrnehmungsidentität zu beziehen.
Jede Empfindung hat ihreWahrheit durch die hieraus gebildeten Gefühle, in der das Wahrgenommene als ein auch wirklich Wahrgehabtes die Wahrnehmungsidentität seines Gedächtnisses bewährt und sich darin bilden und fortbilden kann. Oft kann man diesen Prozess an Traumbildern erkennen, die ihre Verbindung in der Traumarbeit erneuern und rekonstruieren. Wo dies - z.B. durch Schlafstörungen - nicht geschieht, können sich Gefühle auch im Menschen selbst durch Erregungen isolierter Regungen verrücken, ihn verrückt machen (siehe auch Wahnsinn ).
Im Traum bezieht sich die Nacht der Gefühle auf die Empfindungen des Tages, die Ruhe des Innern auf die Notwendigkeit der Erinnerung (siehe auch Sinnbildung). Der Traum enthält Gedanken in Bildern, ist eine Arbeit des Denkens an Empfindungen, wo sie sich nicht unmittelbar aus dem Gedächtnis der einfachen Wahrnehmung zu Gefühlen ihrer Wahrheit gewiss werden können, weil sich ihr Gefühlszusammenhang erst im Traum als eine besondere Wahrnehmungsidentität erschließen muss, um schließlich im Gedächtnis erinnert zu werden, zu seinem inneren werden können, das schließlich die Selbstgefühle der Psyche, ihre Stimmungen ausmacht und bewegt. Von daher kann man unterstellen, dass im Traum eine Spannung zwischen dem Gedächtnis und der Erinnerung von neuen Empfindungen aufgehoben, zu einer eigenen Stimmung eines neuen Gefühlszusammenhangs wird. So sind Schlaf und Traum ganz elementare Beziehungen der Wahrnehmung, durch deren Störung des Erkenntnisvermögens schwere seelische Krisen entstehen können.