Wolfram Pfreundschuh (13.7.2012)

Diskussionen rund ums Geld

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Teil V: Wie “demokratisch“ kann eine Bank sein?

Das Bundesverfassungsgerichts prüft derzeit, ob der "dauerhafte Rettungsschirm", der ESM, verfassungswidrig ist, bzw. ob es dies verhandeln kann. Zum ersten Mal seit seinem Bestehen sieht es sich außerstande, die Sache rein juristisch zu behandeln. Man müsse auch politische Gesichtspunkte hinzunehmen. Aber gerade dies sollte die Gewaltenteilung ja eigentlich verhindern. Was ist da los? Wird das höchste deutsche Gericht nun etwa selbst in den Dienst der Wirtschaft gestellt, unter den Sachzwang einer Geldwertstabilisierung, deren Konsequenzen die Hoheitsrechte der Nationalstaaten angreift? Es kracht ganz gewaltig im Gebälk der repräsentativen Demokratie. Immerhin geht es um die Haushaltsautonomie der deutschen Parlamente. Sollte es tatsächlich möglich sein, dass sie und ihre Wähler nichts dagegen machen können, wenn über einen gewaltigen Teil der Steuern von Finanzspezialisten der EZB, also von einer Bank entschieden wird? Das Grundgesetz, welches die Souveränität der Staatshaushaltung des Bundestags garantieren soll, könnte dabei einen gehörigen Schaden abbekommen. Man steht vor einer grundsätzlichen Infragestellung des bisherigen Demokratieverständniss. Man kann sich fragen, was die Bürger von einem Einfluss der Geldmärkte auf die Staatspolitik halten.

Nach einer globalen Umfrage des Internationalen Gewerkschaftsbundes, die in den G20- und den EU-Ländern und weiteren 13 Ländern durchgeführt wurde, befinden zwei Drittel der Befragten, dass die Banken und Großkonzerne zu viel Einfluss auf die Politik haben. Von den Deutschen fordern 90 % eine größere Beteiligung der Banken und Großkonzernen an den Zahlungen zur Krisenbewältigung. Doch die eigene wirtschaftliche Lage schätzen die deutschen Staatsbürger als verbessert an, obwohl ihre objektive Belastungen durch Staatsverschuldung und Verschlechterung der sozialen Perspektive spürbar angewachsen ist (0).

Das subjektive Befinden scheint die objektive Lage eher zu illusionieren, als dass es sich ihrer Wahrnehmung zuwenden wollte. Sie sind offensichtlich erleichtert, dass die große Krise noch nicht so schlimm eingetroffen ist, wie sie befürchtet war. Die noch verfügbare Geldmenge ist für viele nicht das größte Problem, solange sie noch Arbeit haben. Die Existenz als solche ist weitaus wichtiger. Die Angst vor der unmittelbaren und mittelbaren Zukunft steht im Fokus, die Angst um die Zukunft der Kinder, die Angst vor Arbeitslosigkeit, einem Randgruppendasein mit Hartz IV, vor Überforderung, Isolation, psychischer Krankheit und kulturellem Zerfall ist weit bestimmender als die reale ökonomische Lage. Obwohl die Reallöhne in den letzten 10 Jahren um 5 % zurückgegangen sind, sich die Zahl der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse bis 400 Euro fast verfünffacht hat und ein Viertel der Beschäftigten mit einem Billiglohn von weniger als 9,15 Euro auskommen müssen, befürchten die meisten Menschen doch vor allem den Zerfall des Ganzen, des Systems der Marktwirtschaft, das System ihrer Lebenshaltung. Da hat man sich lieber Lohnprozente abnehmen lassen, Wochen- und Lebensarbeitzeit für jedweden Job und jedwede Rente zugegeben, als dieses zu gefährden.

Doch gerade hierdurch wird es um so gefährlicher. Wer der Konkurrenz auf den Märkten Platz macht und ihnen damit einen größeren Spielraum lässt, soll sich nicht wundern, wenn seine Chancen dadurch ganz allgemein schlechter werden. So ähnich ist das auf der anderen Seite auch mit dem Geld: Je mehr denen überlassen bleibt, die es schon haben, desto weniger kommt für die Menschen heraus, die es bitter nötig haben. Es wandert nur in die Finanzmärkte und wuchert dort in einer Geldschwemme, die nach Anlagen giert, um seine Macht zu verstärken und die wachsende Ohnmacht der Länder und Kommunen zu nutzen. Der Aufkauf von Staats- und Kommunalvermögen, die Implantierung immer sinnloserer städtebaulicher Projekte und die zunehmende Verödung und Verwahrlosung der sozialen Verbindlichkeiten zehrt das ökonomische und kulturelle Vermögen auf, die Nachbesserungen werden immer teurer. Die Schulden wuchern in den Gemeindekassen und im Staatshaushalt.

Das Problem ist aber nicht einfach eine bestimmte Geldmenge, nicht der bloße Geldmangel. Es ist der Grund, warum dieser Gegensatz der Bereicherung und Verarmung durch Geld überhaupt möglich ist, warum die Ausgleichsysteme der staatsbürgerlichen Partnerschaft bei Einkommen, Steuer, Sozialversorgung und Versicherung nicht mehr funktionieren. Geld gibt es genug. Es bietet sich überall an zum Aufkauf von öffentliche Einrichtungen, Verkehrsmittel und finanziert Bauprogramme für ganze Stadtviertel. Doch das Geld, das in Hülle und Fülle aufgehäuft ist, plündert zugleich die Kassen des Staates, der Kommunen und der Renten- und Sozialvorsorge. Es macht immer weniger Sinn, wenn es ausgegeben wird, weil inzwischen die Substanzen zu seiner Erneuerung, die gesellschaftliche Bildung und Geschichte, das Verhältnis von Leben und Arbeit, von Kommune und Bürger, durch das konzentrierte Geld ausblutet, eher zerstört wird, als dass eine Gesellschaft hierdurch aufgerichtet und verbessert werden könnte.

Das kapitalistische System im Ganzen steht für viele in Frage. Nach einer Allensbach-Umfrage assoziieren 77 % der Bevölkerung damit „Ausbeutung“, mit „Gerechtigkeit“ nur noch ganze 5 %. Aber eine aktive Stellungnahme zum Finanzssystem und zur Politik ist kaum zu erkennen. Nur 22% der Bevölkerung verbindet das Verhalten der Banken und Großkonzernen mit einem allgemeinen Versagen des kapitalistischen Gesellschaftssystems (1). Das Interesse an Politik und Wirtschaft ist in den unteren Schichten steil abgesunken. Mitte der Neunziger Jahre interessierten sich noch 45 % der unter 25-jährigen aus den unteren sozialen Schichten für Politik, heute sind es nur noch 32 %. Allgemein herrscht Resignation vor. Man könne es eben doch nicht ändern und muss zusehen, dass man sich selbst halt noch so gut wie möglich durchbringt. Doch das Mögliche wird immer knapper.

Es bleibt die Frage, wie gegen ein Finanzsystem angegangen werden kann, das nicht nur im Moment seiner Krise, sondern auch bezüglich seiner vernichtenden Perspektiven zu bekämpfen ist. Es gibt ja schon länger viele einzelne Initiativen, welche die Verteilungssysteme zu verbessern suchen. Im Wareneinkauf werden fairere Zahlungsverhältnisse verabredet, umweltverträgliche Ernährung wird von landwirtschaftlichen Kooperativen gefördert und sogenannte Ethik-Banken wollen den Geldfluss auf soziale und umweltverträgliche Projekte ausrichten. Regionalgeld soll den regionalen Handel gegen den Geldhandel absichern und Genossenschaftsbanken wollen die Investoren am Geldhandel beteiligen und bessere Kredite beschaffen. Tauschringe, Produktsharing und Geschenkökonomie wollen die Warenproduktion drosseln. Und ein ganzes System von GLS-Banken arbeitet so, dass der Bankkunde bestimmen kann, wofür sein Geld eingesetzt werden soll. Man könnte sich ja auch vorstellen, dass Geld durch gezielte Änderung im Konsumverhalten wieder sinnvoller einsetzbar ist. Das ist so gesehen auch nicht falsch. Doch geht es wirklich nur darum? Kann man damit die Weltmärkte umleiten und das Finanzkapital auflösen, die Macht der Banken aufheben und die weltweite Ausbeutung der Menschen aufheben?

Die Initiativen wissen meist selbst, dass sie nur Behelfe für beschränkte Zwecke sein können. Doch neuerdings ist ein Begriff aufgetaucht, der einen umfassenden Anspruch darstellt. Ein "Demokratisches Bankenwesen" will endlich Schluss machen mit dem ganzen Finanzmarktkapitalismus. Es soll durch gesetzliche Verankerung in das Grundgesetz dem Kapital insgesamt entgegenwirken und verlangt zugleich die vollständige gesetzliche Kontrolle des Geldflusses, durch welche die Geldverteilung wieder gerecht gemacht werden soll.

Es bleibt also die Frage: Kann man durch ein streng kontrolliertes Finanzwesen den Kapitalismus verbessern oder gar seine Aufhebung in Gang setzen oder wenigstens durch ein genossenschaftliches Kreditsystem zu einer neuen Verteilungsgerechtigkeit beitragen? Kann man durch eine politisch kontrollierte Geldumverteilung das Kapital abschaffen und zu einer von ihm bereinigten Marktwirtschaft gelangen? Oder ist es nicht gerade die Falle, in welcher die Marktwirtschaft auf dem Entwicklungsstand der heutigen Produktivität sich dann gerade durch verschärfte Ausbeutung im Arbeitsprozess erneuern wird, sich zu einer verallgemeinerten Selbstausbeutung entwickeln und steigern muss? Kurzum: Kann man das Finanzwesen politisch besser kontrollieren und das Kapital durch politischen Einfluss abschaffen oder stellt jede Verschärfung der Kontrolle den Kontrolleuren nur immer wieder neue Fallen, solange die menschliche Arbeit die Warenmärkte der Welt zu bedienen hat? Es ist letztlich die Frage: Können Banken demokratisch bestimmt werden? Kann marktwirtschaftlich wirklich für die Menschen und nicht für Kapital produziert werden? Gibt es Geld, ohne dass es zu Kapital und Finanzhandelskapital wird?

Die "Demokratie" des Geldes

Die Behauptung, das die Marktwirtschaft, also der Austausch der Produkte gegen Geld und der Einsatz von Geld als Kapital, die Grundlage einer jeden demokratischen Gesellschaft sein soll, ist so alt, wie die bürgerliche Gesellschaft selbst. Schon in den frühen Jahren der Volkswirtschaftslehre war von ihren Begründern ein Weg gesucht worden, mit welchem Geld richtig eingesetzt und gerecht verteilt werden könne. Gerechte Geldverteilung wäre der Wohlstand aller Menschen. Und so hieß dann auch das wichtigste Buch des ursprünglichen Moralphilosophen Adam Smith aus dem Jahr 1776 "Der Wohlstand der Nationen – Eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen". Er wurde damit zum Begründer der Klassischen Volkswirtschaftslehre. Ihm war es um eine Theorie des Gemeinwohls gegangen. Und das sah er durch die Freiheit der Märkte gegeben. Das Tauschen von Gütern sei das Merkmal einer höheren Kultur, eine eigentümlich menschliche Art des Umgangs mit den Gegenständen des Lebens. Die Neigung des Menschen zum Tausch befördere ihn zu höhren Kulturleistungen. Er schreibt:

"Jene Eigenschaft ist allen Menschen gemeinsam, und man findet sie nirgends in der Tierwelt, …. Niemand hat je erlebt, dass ein Hund mit einem anderen einen Knochen redlich und mit Bedacht gegen einen anderen Knochen ausgetauscht hätte" (WN, Kap. 2). Er wollte zeigen, dass Marktwirtschaft eine ursprünglich sich selbst verstehende Moralität besäße, die dem menschlichen Charakter entspräche, dass dort nämlich "der Einzelne gerade dadurch, dass er aus Eigennutz seine Produktivität und Erträge steigern will, das Interesse der Gesellschaft stärker fördert, als wenn er dieses Interesse direkt hätte fördern wollen: Er wird in diesem wie auch in vielen anderen Fällen von einer unsichtbaren Hand geleitet, um einen Zweck zu fördern, den zu erfüllen er in keiner Weise beabsichtigt hat." (viertes Buch, Kap. 2).

Es war die Zeit der Aufklärung, die Logik der Vernunft, die als höchstes Gut der bürgerlichen Gesellschaft gewertet wurde. Seine Marktvorstellungen gewann Smith daraus, dass auf den Märkten nicht willkürlich verhandelt werden kann, dass es offenbar etwas gibt, was diese scheinbar wie von selbst regelt. Versteht man unter Vernunft die Einfügung in die Logik des Bestehenden, so war Smith der erste, der die Logik der Märkte vollständig zu erfassen suchte. Im Marktgeschehen sah er eine innere Tendenz, die von selbst immer in einer guten Entwicklung einmünde, wenn man ihr ihren Lauf ließe. Er suchte den Grund einer so wohltätigen Selbstregulation und entdeckte den Wert als Prinzip einer inneren Mechanik aller Tauschbeziehungen. Alles hat darin seinen Tauschwert, einen Preis, der einen Wert darstellt, der sich durch die Konkurrenz erst herausstellt. Solange diese besteht, wird niemand seine Ware zu teuer verkaufen können und wer sie zu billig anbietet, wird schnell ausverkauft sein und an der Nachfrage ermüden, weil er diese auf Dauer nicht bedienen kann. Wer den anderen übervorteilt, wird bald von ihm übervorteilt werden. Und wenn alle sich durch ihre Preise zu betrügen versuchen, würden zwar die Preise allgemein steigen, aber ihr Wert bliebe derselbe, auch wenn das Preisschild fantastische Dimensionen einnimmt. Alles wird durch die Gesetze des Marktes früher oder später eingeregelt, soweit die Beteiligten dort auch wirklich gleichgestellt sind, solange also der Besitz an Gütern auch wirklich und wesentlich gleich und vergleichbar ist. Geld war damit die Form der Gleichheit, das Maß, worin sich alles Verschiedene gleich sein konnte.

Die Gleichstellung der Warenbeitzer war die Grundlage der bürgerlichen Gesellschaft und der bürgerlichen Demokratie. Geld repräsentiert die verschiedensten Dinge und setzt sie in ein quantitaves Verhältnis. Und die bürgerliche Demokratie repräsentiert die verschiedensten Stimmen, Positionen und Meinungen und beruht daher auf einem quantitativen Stimmverhältnis. Von daher entspricht sich beides. Repräsentative Demokratie und Geld befolgen dieselbe Logik: Die Logik der reinen Quantifizierung. Und die beruht auf den unterschiedlichsten Qualitäten, die in ihrer Quantifizierung zu einem Wert zusammengebracht, auf eine einzige Eigenschaft reduziert werden.

Die unterschiedlichsten Inhalte fallen damit aus dem Verhältnis heraus und bleiben im Hintergrund. Das hat den Vorteil, dass die Unterschiede als rein quantitative Unterschiede berechenbar und durch ihren eigenen Durchschnitt beschränkt und aneinander angeglichen werden. Es hat alles seinen Wert, den es darstellt, mal etwas darunter und mal etwas darüber, aber im Durchschnitt doch real. Würde man Geld einfach drucken wie es einem beliebt, so würde man durch Inflation oder Deflation schnell bestraft werden. Wer Geld zu beliebigen Zinsen verleiht, wird bald niemanden finden, der es ihm abkauft und wer es verschenkt, wird sehr schnell keines mehr haben, verarmen und selbst nichts mehr kaufen können. Wer also etwas für seinen Gebrauch einkauft unterstellt immer jemanden, der es ihm zu einem Wert verkauft, den er auch bezahlen kann und zum angebotenen Preis haben will. Absurde Gebrauchswerte und Preise schaffen sich in der Konkurennz von selbst ab, weil alles einen Wert und Bedarf hat. Nur eines setzt sich durch, weil es sich selbst produziert und zugleich beschränkt: Der Durchschnitt. Ganz gleich, woher etwas kommt und was daraus wird, im Durchschnitt wird es allseitig und allmächtig. So ist es auf dem Warenmarkt und in der repräsentativen Demokratie - zumindest solange, wie sie auch durchschnittlich funktioniert.

Die Herrschaft der Märkte über die Wirtschaftlichkeit der Produktion

Soweit sie von keiner Not und Macht erpresst werden, setzt sich im gesellschaftlichen Verhältnis der Marktteilnehmer allgemein der Durchschnitt ihrer Meinungen und Gelder durch. Dies zumindest macht die Verhältnisse der Bürger auf ihren Märkten aus,soweit sie mur vor den Produkten und nicht vor ihrer Produktionsstätten stehen. Doch die sind die wirtschaftlichen Bedingung dafür, dass es die tauschbaren Güter mit ihren unterschiedlichsten Qualitäten gibt. Jeder Marktplatz setzt eine Arbeitsstätte voraus und es entsprechen den entwickelten Warenmärkten daher auch die Arbeitsmärkte. Geld vermittelt sie alle. Wer auf den Markt geht, muss nur Geld haben und wer etwas besitzt, das er verkaufen kann, kommt auch zu Geld. Die Herrschaft des Marktes ist der Geldbesitz. Diesen hat Karl Marx im 19. Jahrhundert genauer untersucht.

Der Geldbesitzer findet alle Gebrauchswerte als fertige Produkte auf dem Markt vor. Der Warenhandel setzt einen gewissen Reichtum voraus, ein Mehrprodukt, das über das Allernötigste des unmittelbaren Stoffwechsels hinausreicht. Von daher ist es etwas völlig anderes, ob ich eine Sache zu verkaufen habe oder nur meine Arbeitskraft. Beides muss ich in fremden Gebrauch stellen, doch während eine Sache verbraucht wird, wird die Arbeitskraft nur zur Produktion benutzt und muss solange tätig sein, wie es zur Nutzungsdauer vereinbart ist. Die Arbeitszeit ist der Gebrauchswert der Arbeitskraft für den Geldbesitzer, ihr Wert ist der Wert Lebensmittel, die sie benötigt um sich zu erhalten. Das Arbeitsquantum der Warenproduktion, also der Wert der Produkte, unterscheidet sich von daher vom Wertquantum der Reproduktion der arbeitenden Menschen. Und dieser Unterschied wird vom Geldbesitzer genutzt, um einen Mehrwert für sich zu akkummulieren. Das ist der ganze Haken an der Gleichförmigkeit der Durchschnittsbildung. Wer Geld besitzt wird mächtiger als wer nur seine Kraft verkaufen kann, weil im Durchscnitt der die Arbeitskräfte weniger Wert konsumieren als sie Produzieren. Der Preis, den der Geldbesitzer dafür zahlt, ist weit geringer als der Wert, den sie für ihn erzeugen. Es gibt daher keinen gerechten Geldbesitz und die repräsentative Demokratie zählt in den Stimmen der Bevölkerung immer auch die unterschiedliche Seinsbestimmungen, die darin allerdings unterschiedslos verdurchschnittlicht werden.

Hinzu kommt, dass, wer Geld besitzt, auch Geld kaufen kann. Doch Geld hat überall nur eine Eigenschaft und kann sich Qualitativ nicht von selbst unterscheiden. Es wäre daher Unsinn eine bestimmte Menge Geld gegen eine gleiche Menge Geld zu tauschen. Nur wer Geld gegen mehr Geld tauschen kann, wird damit auf den Geldmarkt treten. Er verleiht Geld an den, der es nötig hat, um von ihm mehr Geld zurückzubekommen und muss sich sicher sein, dass dieser zahlungsfähig ist und von ihm über die Zeit mehr zu holen ist, als ihm im Augenblick verliehen wird. Wie soll das gehen, wo doch Geld immer dem entspricht, was dafür erarbeitet wird? Auch verliehenes Geld setzt voraus, dass es erarbeitet ist. Der Ausgleich dieses Geldes verlangt daher nach Mehrarbeit, nach Arbeit, die Mehrwert schafft. Das Kreditgeld muss also einen Wert darstellen, der zum Zeitpunkt des Verleihs ein anderer ist, als zum Zeitpunkt der Rückzahlung. Der Verleiher kassiert einen Mehrwert, einen Teil des Mehrprodukts, der nicht unter die Menschen kommt, sondern als ein Mehr an Geld fortexistiert, als vermehrtes Machtpotenzial des Geldes fortbesteht, z.B. als Finanzhandelskapital, oder spekuatives Kapital. Aktien usw.. Der Zins stellt einen Wert dar, den Geldbesitz aus dem Mehrwert abziehen kann, weil Mehrprodukte auch Zahlungsversprechen erwirken können, wenn sie nicht verkauft werden können. Geld wird vorgeschossen und nach einer vereinbarten Zeit mit Zins zurückbezahlt. Der Zins kann nicht willkürlich sein, weil es auf den Märkten keine dauerhafte Willkür gibt, weil eben auch jedem Verleiher die Konkurrenz eines anderen entgegensteht. Es ist der Wert, den Geldbesitz für die Produktion hat und ist abhängig von der frei verfügbaren Geldmenge, welche die Nachfrage auf dem Geldmarkt bestimmt. Zinsen stellen den Wert des Geldkapitals dar, also den überschüssigen Mehrwert, der auf dem Warenmarkt keine Nachfrage erfährt, wohl aber als Wert im Zahlungsversprechen fortexistiert und von daher als reines Geld freigestellt ist, das als bloßes Verwertungspotenzial verfügbar bleibt. Das damit in Gang gesetzte Kreditgeschäft betreiben die Banken. Sie handeln im Grund mit einer Mehrarbeit von Menschen, die noch nicht unter die Menschen gekommen ist und auch auf Dauer nur denen zukommen wird, die Zinsen mit frisch erworbenen Mehrwert bezahlen können.

Dem Geld ist es gleich, ob es zur realwirtschaftlichen Produktion eingesetzt wird und Profit einbringt, oder sich durch Mieteinnahmen nach Kauf von Immobiolien vermehrt. Es muss sich nur vermehren, um seinen Wert im durchschnittlichen Wertwachstum zumindest zu erhalten. Wer Zinsen bezahlen kann, wird immer Geld veriehen bekommen, weil er schon ein Grundvermögen hat, oft auch Grundbesitz. Bezahlen müssen den Mehrwert aber immer die arbeitenden Menschen mit unbezahlter Arbeit, weil sie ihre Lebensmittel und Wohnungen nur duch ihre Arbeit erhalten können. Je größer die Mehrwertrate, desto höher die Zinsen. Je ärmer die arbeitenden Menschen, desto weniger Wert wird ihnen überlassen bleiben. Sie erzeugen nicht nur die Produkte, die Mehrwert darstellen; sie ersetzen mit ihrem Lohn durch die Gebühren für Miete, Energie usw. auch die Zinsen, die damit abgetragen werden. Das macht die sogenante "Demokratie des Geldes" aus, die wahre Erungenschaft der Marktwirtschaft.

Aber in Krisenzeiten steigt das Vergaberisiko und deshalb ziehen die Geschäftsbanken dann auch höhere Zinssätze ein, zahlen z.B. nur noch 0,75% Zinsen bei der Bundebank, um das Geld weiterhin mit 4 bis 11% zu verleihen. Der Staat sorgt sich um den ganzen Wirtschaftsverlauf und wirft billiges Geld auf den Markt, weil er neue Investitionen in Gang setzen will und in der Rezession auch einen Mangel an Nachfrage befürchten muss. Die Banken jedoch suchen ihre Kreditverluste und Existenzsicherung durch hohe Zinsen auszugleichen. Damit untergraben sie das Staatsinteresse und zerstören die Bedingungen für eine Erholung der Wirtschaft. Das macht den Ernst der Lage aus, die nun durch Rettungsschirme gekontert wird. Der Staat selbst ist daran interessiert, dieses Problem zu lösen. Und das wird ihm nur gelingen, wenn er sich mit dem erweiterten Markt der Europäischen Union auch politisch von einem Staatenverbund zu einem Europäischen Bundesstaat entwickelt. Daraufhin zielt wohl auch das Rechtsproblem des Bundesverfassungegerichts und in diesem Zweck stehen schon jetzt die ungeheueren Ausgaben, die zum Erhalt der Währung Euro gelleistet werden. Es geht um die Zeit, in der das ganze System noch zu retten sein soll. Aber dies steht derzeit auch tatsächlich auf der Kippe. Daher die Anstrengung. Aber die bereits aufgebrachten 13 Billionen Euro Verlust ist schon zuviel, hat bereits der durchaus staatskonforme Professsor Sinn festgestellt.

Mit dem weiteren Einsatz von 1,6 Billionen Euro ließ sich bisher nicht wirklich eine Besserung erreichen. Zugleich werden erneut Rettungsgelder an Spanien (30 Milliarden EUR) und Griechenland eingesetzt und es erscheint jetzt schon als hoffnungslos, dass gerettet werden kann, was ihnen unter der Hand zergeht, weil nurmehr die Kredite der Banken damit finanziert werden. Warum also müssen Banken "gerettet" werden und wer oder was wird da gerettet? Es ist absurd, dass zuviel Geld auf dem Finanzmarkt ist und die Steuerzahler ständig die abgefallenen Staaten retten müssen. Was betreibt die Zerstörung der Substanz, die ständig nachfinanziert werden muss und zugleich nur der Bereicherung der vorgeschossenen Geldmengen dient? Es ist nur die Perspektive auf einen erweiterten Kapitalismus, der die blinde Bereitschaft zur Geldbeschaffung erklärlich macht. Würde hievon nur ein Bruchteil für die einfache Subsistenz der Menschen eingesetzt, so wäre auch wirtschaftlich der Einsatz zu rechtfertigen. Doch die Subsistenz erbringt keinen Mehrwert, kein Mehr an Geld.

"Gute Banken" statt "bad banks"?

Der Kapitalismus gründet auf Vorschuss von Geld, das die Produktion in Gang setzt, indem es ihren Kostpreis finanziert. Kredite dienen in der Regel als Vorschuss für die Produktion von Dienstleistungen und Waren. Sie gleichen aber auch Risiken aus, finanzieren Fehlleistungen und Zahlungsunfähigkeit und füllen als Wechsel oder Schuldschein Löcher in Zahlungsketten aus, die überbrückt werden müssen, weil sie nur zeitversetzt funktionieren können. Durch das bloße Zusammentragen von Geld, das nicht gebraucht wird, das also de facto Mehrwert ist, können auch Kredite zur sozialen Verwendung für Menschen vergeben werden, die vorübergehend in Not geraten sind oder gemeinschaftlich produzieren wollen und hierfür einen günstigen Vorschuss benötigen. Von daher kann eine Art systemunabhängige Selbsthilfe eingerichtet werden, die als solidarische Ökonomie sich von den üblichen Verwertungsketten absondert. Hierfür steht dann der genossenschaftliche Gedanke im Vordergrund.

Man kennt solche Art Selbsthilfe ja schon seit den ersten diesbezüglichen Erfahrungen aus dem 18. Jahrhundert. Es entstanden später daraus Genossenschaftsbanken, wie sie von Franz Hermann Schulze-Delitzsch und Friedrich Wilhelm Raiffeisen Mitte des 19. Jahrhunderts geschaffen worden waren und die Grundsätze der Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung befolgen wollten. Ihre Zwecke waren im Wesentlichen die Kapitalansammlung und Kreditgewährung für kleine Leute für den Fall, dass sie in Not gerieten oder Anschaffungen machen wollten. Eine Genossenschaftsbank ist unabhängig vom Staat und seinen Finanzproblemen und verwaltet als Eigenkapital die Einlagen ihrer Mitglieder, ist in etwa sowas wie ein Verein mit eingebauter Aktiengesellschaft und handelt von da her in demokratischer Beschlussfassung seiner Mitglieder, die auch die gesamte Bilanz und die Mitarbeiter kontrollieren. Heute haben die inzwischen etwas mehr als tausend Genossenschaftsbanken in Deutschland immerhin schon circa 30 Millionen Kunden mit einer addierten Bilanzsumme von etwa einer Milliarde Euro. Inzwischen gibt es ganze Ketten von Genossenschaftsbanken und der Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken. Die Genossenschaftsbanken halten zu großen Teilen auch die Anteile der beiden genossenschaftlichen Zentralbanken, die als Geschäftsbanken auch international handeln.

Es stellt sich daher die Frage, ob nicht ein solches Finanzsystem die Abwanderung von Geldwerten in das Finanzkapital verhindern könnte; Banken, die in ihren Zinsen moderater sind, die mit ihren Schuldnern "auf gleicher Augenhöhe" verhandeln und ihnen gerade dann wirklich helfen, wenn Geldnot herrscht. Sollte man ein solches System nicht vielleicht auch in großem Maßstab als staatliche Einrichtung fordern, um bedrohten Existenzen über den Berg zu helfen oder ethisch wertvolle Projekte zu fördern?

Man hätte sicher auch noch eine neue Bank dieser Art verkraftet. Doch der Attac-Gründer Christian Felber aus Österreich, der das "Wirtschaftsmodell der Zukunft" in einer "Gemeinwohlökonomie" erfunden zu haben glaubt, hat unlängst mitbekommen, dass "bad banks eingerichtet wurden und wollte jetzt neue Maßstäbe setzen. Er will eine gute Bank, die den ganzen Kapitalismus aufbessern soll, und hat zur Schaffung einer Demokratischen Bank aufgerufen, die etwa wie eine Genossenschaftsbank aufgebaut sein soll, sich aber durch weitaus höhere Ziele davon absetzt. Und diese sollen nach einer Volksabstimmung in der Verfassung festgeschrieben werden. In einem Papier zur Demokratischen Bank von Attac heißt es unter anderem:

"Die Demokratische Bank ist nicht gewinnorientiert. Geld und insbesondere Kredit werden durch die Demokratische Bank tendenziell zu einem öffentlichen Gut. ... Die Rolle der Demokratischen Bank ist auf die Geldvermittlung zwischen SparerInnen und KreditnehmerInnen beschränkt. ... Die Kredit- und Sparzinsen der demokratischen Bank unterscheiden sich von den herkömmlichen. Die Kreditzinsen sind so berechnet, dass sie die Kosten der Bank inklusive Kreditausfälle decken und den SparerInnen die Inflation ausgleichen. Darüber hinaus verschaffen sie weder der Bank Gewinne noch den SparerInnen Einkommen."

Während die Europäische Zentralbank (EZB) an dem Widerspruch krankt, dass sie den Geldwert einerseits sichern und zugleich Schulden finanzieren soll, ist das hier lediglich ein Problem des guten Willens: Man will Inflation ausgleichen, Kreditausfälle decken, das Geld der Anleger zumindest in Wert halten und dennoch ohne das Geld der Notenbank auskommen. Und dann will man auch noch fair sein, weil man auf eigene Geldvorräte verzichtet, also keine Gewinne macht. Es muss sich um die berühmte Eier legende Wollmilchsau handeln, die Geld zwar aufhäuft und Wertverluste finanziert, aber dennoch kein Geld aneignet. Das hats bisher tatsächlich noch nicht gegeben.

Im genossenschaftlichen Gedanken gab es ja nur zusammengespartes Geld, das allen Geldwerten und ihren Risiken nach wie vor unterlegen blieb und lediglich die üblichen Bankgeschäfte mit Zahlungsobligationen meiden wollte. Meist sind das regional einbezogene Institute, die ihre Geld zwar nicht an jeden verleihen, aber doch soziale Ansprüche fromulieren. Es soll den weniger betuchten Menschen, so sie Besitz zur Wertdeckung haben, mit relativ günstigen Zinssätzen weiterhelfen. Die Genossenschaftsmitglieder erwarten daher auch keine hohen Renditen, dafür aber eine Aufbesserung der lokalen Investitionspolitik. Jetzt aber soll ein solches Geld auch noch ein allgemeines Problem des Geldes lösen und Werte garantieren, die in keiner Weise beeinflussbar und also auch nicht darstellbar ist. Sie sollen ein Problem beheben, das eher als Zufall und mit Überraschung eintreffen wird, als dass es abwendbar ist. Und dabei soll Geld auch noch zu einem öffentlich zugänglichen Gut werden, zu einem Kapital, das per Gesetz zugesichert und durch eine Zentralbank versichert sein soll, die angeblich nicht die Staatskasse belasten muss. Ja wen denn dann?

Die Mitglieder natürlich, die davon überzeugt sind, dass alles gut ausgehen wird, weil sie sich ja demokratisch per Stimme einbringen und entscheiden können. Und deshalb soll das eine "Demokratische Bank" sein. Man lernt daraus also: Demokratisch ist, wenn die Mitglieder und Teilhaber darüber abstimmen dürfen, wofür sie sein müssen, dass das Ganze auch funktioniert. Das Geld kommt dann allerdings von denen, die schon ihre Einlagen abgegeben haben, die dadurch also im Falle einer Geldentwertung in die Notwendigkeit versetzt werden, gegen sich zu stimmen, um ihr abgewertetes Geld für die Bank funktional zu halten und es dadurch irgendwie vielleicht noch zu retten. Eine Mitgliedschaft bei dieser Bank ist im Prinzip eine sozial motivierte Selbstausbeutung, die für Notlagen zwar vorübergehend einen Sinn haben kann. Aber warum soll das dann auch noch eine demokratisch bestimmte Bank sein, eine Bank "für das Volk" und durch das "Volk"?

Nein. Es ist ein Verein. Er gründet auf dem Glauben an die Vereinigung, die das Unmögliche verwirklichen soll, Wertstabilität zu garantieren, wo sie höchstes Risiko eingeht, beruht auf dem Glauben an einen Verein gleich gesinnter Menschen, die nichts anderes wollen, als ihr Geld, soweit sie es aus ihrem Vermögen und den zirkulierenden Geldmengen herausnehmen können, für sich und für ihre guten Zwecke zur Verfügung zu halten. Das gibt es ja auch öfter. Es ist ein Notbehelf für kleine Probleme, aber keine wirkliche ökonomische Alternative zum Bankensystem. Als demokratische Bank ist es ein Selbstbetrug oder ein Betrug an denen, die ihr Geld einzahlen, weil sie glauben, sich damit immer und in jeder Lebenslage helfen zu können.

Es ist ein Verein wie viele und gründet auf dem ewigen Glaube an ein Gemeinwohl, welches durch den guten Willen, durch Moral und Gesinnung errichtet werden könne. Ein solcher Glaube war auch schon dereinst von Max Stirner und Fourier im frühen 19. Jahrhundert formuliert. Sie wollten als freiwilligen Verein des wechseitigen Nutzens das Wohl aller entwickeln (2). Über das Buch von Max Stirner zur " Vereinigung zu materiellen Zwecken und Interessen" beschreibt Marx die darin versteckte Wechselseitigkeit einer Ausbeitung, damals mit Exploitation bezeichnet, die damit lediglich mystifizierte ist. Er hatte in Stirner den Sancho aus Don Quichotte wiedererkannt:

"Sancho spricht ... den frommen Wunsch aus, daß in seinem auf der gegenseitigen Exploitation beruhenden Verein alle Mitglieder gleich mächtig, pfiffig etc. etc. sein möchten, damit Jeder die Andern gerade soweit exploitiert, als er von ihnen exploitiert wird, und damit Keiner um seine "natürlichsten und offenbarsten Interessen" "geprellt" wird oder seine "Bedürfnisse auf Kosten der Andern befriedigen" kann. ... Diese gleiche Macht Aller ist nach seiner Forderung, daß Jeder "allmächtig", d.h., daß Alle gegeneinander ohnmächtig werden sollen, ein ganz konsequentes Postulat und fällt zusammen mit dem gemütlichen Verlangen des Kleinbürgers nach einer Welt des Schachers, in der Jeder seinen Vorteil findet. Oder aber unser Heiliger setzt urplötzlich eine Gesellschaft voraus, in der Jeder seine Bedürfnisse ungehindert befriedigen kann, ohne dies "auf Kosten Andrer" zu tun, und in diesem Falle wird die Exploitationstheorie wieder zu einer sinnlosen Paraphrase für die wirklichen Verhältnisse der Individuen zueinander." (MEW 3, S. 400 ff)

Soziale Geldverwaltung mit dem Grundgesetz?

Nach dem zweiten Weltkrieg standen die Deutschen unter einem Schock vor dem, was mit ihrnen und durch sie geschehen war. Den meisten war die vorausgegangene Wirtschaftskrise und ihre verheerenden politischen und populistischen Folgen noch bewusst. Nie wieder solte eine Wirtschaftskatastrophe eine derartige Zerstörung verursachen. Der Kapitalismus wurde von vielen als Grund hierfür begriffen und abgelehnt. Im ersten Parteiprogramm der CDU, dem Ahlener Programm vom 3. Februar 1947, war seine Abschaffung als Ziel der Partei festgestellt. Darin heißt es:

"Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen. Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr als das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein. Durch eine gemeinwirtschaftliche Ordnung soll das deutsche Volk eine Wirtschafts- und Sozialverfassung erhalten, die dem Recht und der Würde des Menschen entspricht, dem geistigen und materiellen Aufbau unseres Volkes dient und den inneren und äußeren Frieden sichert." (http://www.kas.de/wf/de/33.813/)

Auch das Grundgesetz enthielt aufgrund solcher Erkenntniss Formulierungen, die den Kapitalismus bändigen sollten und private Kapitalkonzentration unter eine gesellschaftliche Einschränkung und Verpfichtung stellte. Dies greift Conrad Schuhler vom Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V. (ISW), wieder auf und fordert im ISW-Report Nr. 89 (auf S. 16) auf dieser Grundlage die Wandlung des Finanzkapitals in öffentliches Eigentum, das in einem "demokratischen Bankenwesen" verwaltet werden soll. Er schreibt:

"Artikel 14 und 15 des Grundgesetzes bieten nicht nur die Möglichkeit, so zu verfahren, sie fordern dazu auf. In Artikel 14, Absatz (2) heißt es: "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen." Im nächsten Absatz wird dann vorgeschrieben, wie mit einer Enteignung zu verfahren ist. "Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig." Die Quintessenz dieser Vorschriften lautet: Eigentum, das im Widerspruch zum Wohl der Allgemeinheit genutzt wird, ist zu enteignen. Nun kann kein Zweifel bestehen, dass die Banken mit ihren Spekulationen und Täuschungsmanövern dem Wohl der Allgemeinheit schroff zuwider handelten. Mit der Hernahme von einer runden Billion Euro von der Europäischen Zentralbank für 1 % Zinsen und für lange drei Jahre, ohne diese Gelder als Kredite an die Wirtschaft weiterzugeben, haben sich die Banken erneut schroff gegen das Entwicklungsinteresse der Volkswirtschaften gestellt. Das Finanzkapital kümmert sich einen Dreck um das Interesse der Allgemeinheit. Die Vergesellschaftung müsste in einem Land, das seine Interessen und Rechte ernst nimmt, selbstverständlich sein. Statt mit öffentlichen Mitteln die Giftpapiere der Banken in sog. Bad Banks zu entsorgen, müssen alle Banken - mit ihren guten und schlechten Teilen in öffentliches Eigentum übernommen und unter demokratische Kontrolle gestellt werden.Von einem demokratischen Bankenwesen trennt uns also keineswegs die Rechts- und Verfassungslage, sondern vor allem eines: das politische Kräfteverhältnis. Die herrschende Klasse, das Kapital, lässt sich, so lange sie es verhindern kann, die Finanzmärkte als Profitfeld Nr. 1 nicht nehmen." (ebenda S. 16)

Es ist natürlich völlig richtig, die Aufmerksamkeit auf die politischen Grundfesten eines demokratischen Staates zu lenken, wie sie im Grundgesetz formuliert sind. Auch überhöhte Zinsgewinne sollte es nicht geben und man muss sie reklamieren. Doch ist damit das gewaltige Ausmaß der weltweiten Aneignung von Mehrwert überhaupt getroffen? Was ist eine Demokratie des Bankenwesens, wenn es selbst nur Mehrwert ins Verhältnis setzt? Was sind Zinsen, die vor allem jene zahlen, die Geld ansammeln können, weil sie ihre Arbeitskraft entweder garnicht oder noch relativ teuer verkaufen? Kann es demokratische Kredite geben, die "gerechte Zinsen" verlangen. Zinsen stellen doch immer nur einen Teil des Mehrwerts dar, der schon produziert ist und nicht erst im Geldhandel entsteht, sondern an der Produktionsstätte der Waren. Wie eine Miete für Geld wird der Zins berechnet, weil sein Verkehrswert wie diese auch reiner Mehrwert ist. Er wird von Banken und Wohnungs- oder Grundbesitzer abgeschöpft; manchmal zuviel und manchmal zu gering. Doch der Mehrwert ist ein den Menschen entzogenes Gut, und stellt im Geld das Wohl einer Allgemeinheit dar, das auch nur das Wohl der Geldbesitzer sein kann. Man kann ja billige Zinsen und billige Mieten fordern. Die Wirklichkeit kann vielleicht auch ab und zu ein Auge zudrücken, wenn sie eine gute Presse hat. Aber ist es das dann schon, ist damit die Macht der Märkte wirklich bedrängt? Es sollte doch vor allem darauf hingewiesen werden, dass das Grundgesetz mit der Gleichstellung der Persönlichkeiten, mit der Würde ihrer Person, zugleich über ihre unterschiedlich gewürdigten Existenzbestimmungen hinwegtäuscht, dass es jeden Menschen zum Schmied seines Glücks herausputzt, um ihm den Grund seines Unglücks aufs Auge zu drücken.

Die Zwiespätigkeit des Bundesverfassungsgerichts, das sich jetzt schwer damit tut, die Haushaltsautonomie des Staates zu schützen, die ja auch in diesem Grundgesetz gerantiert wird, zeigt, dass dieses Gesetz und die ökonomische Wirklichkeit nur soweit zusammenkommen, wie die bürgerliche Gesellschaft auch funktioniert. Der ihr immanente Widerspruch von privatem und gesellschaftlichen Eigentum lässt sich damit zumindest nur soweit einregeln lässt, wie ein Kompromis zwischen den Privatrechten der einzelnen Persönlichkeiten und dem allgemeinen Recht auf Sicherheit und Unversehrtheit noch auszumachen ist. Das Verfassungsgericht hat aber schon in seiner Vorverhandlung bekannt, dass es seine Verhandlung nicht allein rechtlich ausführen kann, sondern auch politische Erfordernisse einbeziehen muss - sprich: Es kann nicht davon absehen, dass die Europäische Gemeinschaft zerschlagen wird, wenn die Haushaltsautonomie der beteiligten Staaten geschützt werden soll. Die dereinst erwünschte und formulierte bürgerliche Demokratie ist von den wirtschaftlichen Zusammenhänge des Kapitals überholt. Und nun will niemand das Ende der sogenannten Europäischen Gemeinschaft durch einen reinen Richterspruch besiegeln. Aus ihrer Sicht wird ein europäisches Recht entwickelt werden müssen, welches die Rückbindung des Finanzkapitals an die Verhältnisse der Einzelstaaten nur soweit regelt, dass die Einzelstaaten ihre Bevölkerungen zu Leistungen verpflichten müssen, die vor allem dem Wertverhältnis der europäischen Finanzen dienen. Die Ansätze hierfür gibt es ja schon.

Der Wille der Macht und die Ohnmacht der Bevölkerung

Es wird alles beim alten bleiben. Wer Geld besitzt, der kann frei bestimmen, was er damit einkauft. Wer keines hat, muss alles tun, damit er es erwirbt. Geld bestimmt alles, was entstehen kann und was vergehen soll. Der Markt wird nicht gerechter, solange Geld die allgemeine Vermittlung der Lebensgrundlagen bleibt. Was bleibt, ist die Unterwerfung der Menschen unter ein abstraktes Mittel, das nach wie vor im Kauf und Verkauf eine rein abstrakte Beziehung von Produkt und Arbeit verwirklicht. Geld ist nicht einfach ein Zahlungsmittel und die Geldzirkulation ist auch nicht der Markt. Markt und Produktion lösen im Geld ihren Gegensatz auf. Es vereint sich darin eine Produktion für den Verkauf von Arbeit, die zugleich als Produkt in Warenform erscheint. Die Arbeitskraft ist eben selbst ein Produkt des Marktes, für den sie produziert, und von daher ihm immer unterworfen. Es wird zum Produkt wer produziert, weil seine Kraft zur selben Warenform bestimmt ist, die er auch herstellen muss. Das sang schon Franz-Josef Degenhart vor 40 Jahren: "In diesem Produktionsprozess wird zum Produkt wer produziert. Das ändert sich solange nicht, solang es nicht geändert wird."

Doch es sind Menschen, die vielerlei Fähigkeiten und Möglichkeiten ihrer Lebensäußerung haben und eine ganz andere Geschichte machen können, als die des Wertwachstums dem Anwachsen von Geldmengen. Von daher ist schon der Kauf und Verkauf von Arbeitskraft ein logisches Unding, eine Vereinseitigung der Vielseitigkeit, die lediglich eine einzige Lebensmöglichkeit fixiert und damit unendlich macht: Die Arbeit zur Wertbildung. Eine Übereignung des Kapitals in den Staatshaushalt, ändert daran gar nichts. Geld ist immer öffentlich weil es immer unmittelbar gesellschaftlich wirksam ist, egal wer es hat. Und ein "Volkskapital", d.h.: ein öffentlich verwalteter Geldwert ändert nichts am Geld selbst. Es entsteht auf diese Weise nur die totale Kapitalmacht des Staates, wie sie der Realsozialismus des Ostens zur Genüge als Staatskapitalismus vorgeführt hat. Auch unter einem Verteilungsrecht des Staates ändert sich nichts an der wirklichen Existenz der Menschen, egal wie wohlmeinend die Politiker damit umgehen mögen. Es bleibt Geld weiterhin bestimmend für alles, was die Menschen tun müssen, um ihr Auskommen zu haben. Es regelt weiterhin ihre Macht und Ohnmacht. Geld in der Hand des Staates wird unmittelbar politisch, Träger von Staatsgewalt und ihrer Ideologie. Totaler kann politische Ökonomie nicht sein. Geld bleibt die allgemeine gesellschaftliche Form für die Schuld, in der die Menschen versetzt sind, wenn sie es nicht besitzen, bleibt also immer die allgemein bestimmende Privatform ihrer Existenzerhaltung (4), gleich, ob sie es als Lohn erhalten oder damit selbständig werden, als verselbständigte Arbeitskraft tätig sind oder als Ich-Ag oder was auch immer. Es ist nicht das Geld, was man zu vergesellschaften hat. Es ist die Arbeit selbst, die gesellschaftlich werden muss, eine Arbeit, die durch die Bedürfnisse der Menschen bestimmt ist und in ihrer Auseinandersetzung entschieden wird.

Die Artikel 14 und 15 des Grundgesetzes waren schon immer ein Argument, den politischen Willen über die ökonomische Realität des Kapitals zu stellen. Die Politikerinnen und Politiker, die als demokratische Repräsentanten auftraten, waren schon immer anfangs davon beseelt, ihren guten Willen umzusetzen und politisch zu gestalten. Aber schon immer haben sich auch die ökonomischen Sachzwänge durchgesetzt. In der Form der repräsentativen Demokratie bleibt die demokratische Entscheidung qualitätslos und vom praktischen Leben der Menschen getrennt. Und so ist das auch mit jedem guten Willen. Ein solcher Wille ist die Illussion jedweder Politik, die das Prinzip des entschlossenen Willens (3) immer als ihre vornehmste Machtfrage darstellt, als Macht des politischen Willens. Schon Marx kannte das Problem einer solchen politischen Illussion als er schrieb:

"In der Tat, man muss jeder historischen Kenntnis ermangeln, um nicht zu wissen, dass es die Regierungen sind, die zu allen Zeiten sich den wirtschaftlichen Verhältnissen fügen mussten, aber niemals die Regierungen es gewesen sind, welche den wirtschaftlichen Verhältnissen das Gesetz diktiert haben. Sowohl die politische wie die zivile Gesetzgebung proklamieren, protokollieren nur das Wollen der ökonomischen Verhältnisse." (K. Marx, Elend der Philosophie, MEW 4, 109.)

Der politische Wille der demokratischen Repräsentanten reagiert nur auf die Probleme der Marktwirtschaft. Er kann ihre grundlegenden Widersprüche nicht auflösen. Die tollen Sprüche der CDU von 1947 in Ahlen waren genauso gut gemeint, wie die politischen Formulierungen vieler Demokraten in den Parlamenten von heute. Niemand will dort einafch nur die Interessen des Finanzkapitals durchsetzen. Die Macht des politischen Willens in seiner parlamentarischen Repräsentation ist eine mehr oder weniger bewusste politische Inszenierung, die dem Bürger illusionieren soll, dass er mit seinem Kreuz bei der Wahl Souverän der Verhältnisse sei. Und der Wille in der parlamentarischen Repräsentation, der sich für eine gerechte Gesetzgebung und Gleichstellung der Menschen einsetzt, beruht auf der Vorstellung von einer Verteilungsgerechtigkeit, die in der Marktwirtschaft möglich sein könne. Bei dem schier überquellenden Reichtum der Warenmärkte der modernen Gesellschaften wäre es doch wirklich ein Gutes, wenn er an alle verteilt würde und jeder seinen Anteil bekommt. Doch es geht dabei weniger um einen gerechten Absatz von Waren, sondern um Geld. Und das ist das Gegenteil. Geld ist lediglich eine abstrakte Form, Formbestimmung im Warentausch - für sich genommen ein Wert ohne Sache. Bei der Marktvorstellung von einer gerechten Geldverteilung abstrahiert man immer schlicht und einfach vom Verhältnis, das durch Geld zwischen Verkauf und Kauf wirklich vermittelt wird und alles dazu bestimmt, Wert zu haben, Wert zu sein und Wert beizubringen. Weil sie leben, werden dann die Menschen dem Geld ihr Leben schuldig, müssen für eine Abstraktion arbeiten, nur um wirkliche Dinge zum Leben zu haben. Waren zu erstehen, wird zur Lebensnotwendigkeit, Ware als Arbeitskraft zu sein, zur Schmach der Existenz (5).

Geldbesitz verewigt sich in der Verpflichtung, die er setzt und bestärkt. Er macht Arbeit immer zu einer Lohnarbeit, weil sie immer Arbeit für eine marktgerechte Existenz sein muss, immer Mehrwert erzeugen muss, nur um auf dem Markt zu bestehn, um also der Konkurrenz um das Wertwachstum zu genügen.

Es ist der Markt, der sie existieren lässt oder auch nicht, gleich, ob sie selbst als Warenhändler ihre Produkte anbieten oder als Arbeitskraft sich dem Kapital anbieten müssen. Der Geldbesitzer ist immer der Käufer. Und der bestimmt, was gekauft, also abgesetzt wird. Ob direkt auf dem Produktenmarkt oder In ihrem Betrieb: Sie erfahren überall, ob ihr Warenangebot für den Erhalt ihres Lebens genügt, also dem Wertverhältnis des Marktes entspricht. Entweder zwingt sie das Risiko ihrer Existenz, mehr zu arbeiten, als sie konsumieren, oder der Kreditgeber oder die Leasingfirma oder der Unternehmer selbst. Der Markt stößt sie ab, sobald seine Verwertungsrate abnimmt, der Warenabsatz nicht mehr so funktioniert wie ihnen nötig. Wenn möglich, müssen sie dann ihre Arbeit verbilligen, durch ihre Konkurrenz den allgemeinen Mehrwert steigern, dem Wertwachstum dienlich sein. Es ist nicht unbedingt das persönlich auftretende Kapital, nicht der Unternehmer als Person, die ihnen das abverlangt. Es ist der Geldwert selbst, der immer wieder durch Warentausch erneuert werden muss, um zu bleiben, was er war, und mit der Konkurrenz der Warenabieter zugleich einen Mehrwert abzieht, der durch ihr allgemeines Marktverhältnis zwangsläufig entsteht. Der Mehrwert entsteht zwar durch Produktion, er realisiert sich aber erst auf den Warenmärkten, wo die Waren zirkulieren und verkauft werden - oder auch nicht.

Die Konkurrenz der Einzelnen betreibt die Wertbildung, die Hast nach Gewinn zur eigenen Absicherung. Der herrschende Geldbesitz, die Wertsumme des verfügbaren Geldes bestimmt die Preise, die bezahlt werden. Und die Technologie ist sein tragendes Werkzeug. Die Maschinen schaffen keinen Wert, sie transportieren ihn nur und verschleißen dabei und geben ihren Wert ins Produkt. Es sind die Menschen, die durch ihre Arbeit nicht nur ihr Leben erhalten, sich reproduzieren, sondern auch Mehrwert bilden, um auf dem Markt zu überstehen. Es ist ein substanzielles Problem der Märkte, dass sie zur Realisation von Mehrwert immer wieder über sich hinauswachsen müssen und sich irgendwann nicht mehr hinreichend erweitern können. Die Überproduktion ist die Folge einer Mehrproduktion, die nicht mehr konsumiert und auch als Geldwert nicht verbraucht wird. Das macht dann die Krise aus, die als Krise des Geldwerts auf allen Märkten erscheint. Die Staatsbank muss dann den Geldwert sicher stellen und sich mit Steuergeldern aus der Staatskasse auffüllen. Die Staatsverschuldung ist der einzige Ausweg, um die Verwertbarkeit der Produktivkräfte zu erhalten, sobald ihr Marktwert ausgeschöpft ist. Es ist im Großen wie im Kleinen, weil Geld etwas ganz Allgemeines ist. Es ist das absurde Pendel der Konjunktur, das Hin und Her zwischen Prosperität und Krise, hinter der die Geldmacht oft nur versteckt hervorscheint und sich dann doch immer wieder mal durch brutale Verwüstungen urplötzlich vergegenwärtigt. Geht es gut, dann lobt man die Freiheit der Marktwirtschaft, geht es schlecht, dann spricht man von Ungerechtigkeit in der Geldverteilung. Das ist dürftig.

Diese Marktwirtschaft verbraucht unendlich viel Lebensarbeitszeit zur Bestärkung der Kapitalwerte und der Überwindung ihrer selbstgemachten Krisen. Man kann es leicht im Verlauf des letzten Jahrhunderts erkennen, dem Krisenkarussel zwischen Kriegen und Wirtschaftwunder, das letztlich eine ungeheuerliche Barbarei gegen das Leben von Mensch und Natur darstellt. Dem Geld, wie es auf dem Geldmarkt ist, sieht man das alles nicht mehr an und keine Bank wird daran etwas ändern können, wie nett und schön sie auch wirken mag. Man lebt heute noch vom Glück der deutschen Konjunktur und wird morgen ihr Unglück wieder himmelschreiend finden. Wenn man nicht in die Welt schaut, aus der die Mittel zum Leben kommen, dann existieren die Klassenkämpfe nurmehr zwischen der Angst vor der Zukunft der einen und dem Glück einer ewigen Verschuldungsmacht für die anderen (6).

Zwischen Kapital und Arbeit sind die Klassenkämpfe hierzulande nicht mehr wahrnehmbar und verlaufen anderswo in blanker Ohnmacht. Da kann von Kampf keine Rede sein. Es handelt sich um pure Macht. Das Kapital verfügt inzwischen nicht nur über die Produktionsanlagen und den Grundbesitz, sondern über ganze Staaten und ihren Gewalten. Es hat damit zwar immer noch die selben Verwertungsprobleme wie eh und je. Aber es kann sie zunehmend durch Staatsgewalt lösen, die es durch sein Geld, seine Agenturen, seine "Rettungsschirme" und Sparpläne weitgehend bestimmen kann. Der bürgerliche Staat verfällt im bloßen Kapitalinteresse und Volkswirtschaft funktioniert zunehmend wie Betriebswirtschaft. Die Bevölkerung wird für seinen Betrieb verbürgt wie ein Schuldschein vor dem ewigen Gericht. Die Politik schlängelt sich nur noch um die derbe Funktion, die sie bekommen hat: Sie muss die Bevölkerung immer totaler in die Pflicht nehmen und soll doch auch von ihr gewählt werden. Das kann auf Dauer nur durch Rechtspopulismus gelingen. Repräsentative Demokratie ist dagegen vollständig zur Farce geworden. Der Kapitalismus hat sich zu einem Feudalkapitalismus entwickelt, dem modernste Technik, Produktionsmittel und Waffen zur Verfügung steht und der zugleich mittelalterlich disponiert.

Die Klasssenkämpfe der Gegenwart gehen um die Aneignung von Zukunft

Die allgemeine Angst um die Lebensgrundlagen der Zukunft ist voll und ganz berechtigt. Realwirtschaftlich wird weniger Profit gemacht, als durch Finanzwirtschaft, die hauptsächlich damit befasst ist, Wachstumsmärkte zu erobern und den Warenabsatz zu fördern um Mehrwert zu realisieren. Der Marktwert der Werbeindustrie ist stetig im Wachsen begriffen, obwohl dort nur durch Creation, Design und Kopie produziert wird. Immer weniger Menschen können immer mehr bewirken, besonders durch geistige Arbeit. Und immer mehr werden davon abhängig, dass virtuelle Produkte auch abgesetzt werden können. Die Dinge für das praktische Leben der Menschen werden aus den Warenmärkten der Welt billig zusammengetragen. Mit moderner Produktionstechnologie, durch welche die Maschinenarbeit den größten Anteil an der realen Sachproduktion hat, wird immer mehr menschliche Arbeit eingespart und wertlos. Auch die verbliebene Realwirtschaft bedient zunehmend Hochtechnologie mit hochtechnologischen Werkzeugen. Die Mittelschicht ist darin völlig subsumiert, als Zulieferer auch abhängig. Der hauptsächliche Ort der Aneigung des Mehrwerts ist auf die Finanzmärkte verschoben. Mehrwert wird immer mehr aus unproduktiven, längst amortisierten Produkten gezogen, durch die Verfügungsmacht über Häuser, Programme, Kultur, Dienstleistungen, Rohstoffquellen usw. Es sind Mieten und Lizenzen, durch die sich die Hauptmasse des Geldes bewegt. Die Menschen werden durch fremden Besitz an ihren Lebensgrundlagen erpresst und werden durch ihre Gebühren, Mieten und Abgaben zu immer mehr Arbeit gezwungen. Zugleich werden diese Arbeiten immer einfacher und billiger und eintöniger. Der Geldwert wird vor allem durch das Finanzkapital gehandelt und gewettet. Das Bankensystem bestimmt die Märkte und die Politik. Doch dieses Kapital lebt von einer Arbeit, die immer wertloser wird.

Das Problem ist daher weniger eine reelle Macht des Finanzkapitals, als die Ohnmacht der darin aufgehäuften Fiktionen. Das fiktive Kapital kämpft um die verblieben Reste der Verwertbarkeit. Es gibt einfach zuviel Geld, das keinen Sinn mehr macht. Selbst die Kongresse der Kapitalseite stellen zunehmend fest, dass der Kapitalismus ein noch sehr viel grundlegenderes Problem hat, dass er dabei ist, seine eigenen Grundlagen, die reale Wirtschaft und Industrie, gänzlich zu zerstören. In Deutschland hat sich Industrie noch zum Teil erhalten. Man würde gerne wieder zu einer verstärkz industriellen Produktion zurückkehren. Doch die Bemühungen, das ganze verfügbare Kapital wieder unter die Interessen der Realwirtschaft zurück zu beordern, waren schnell zerflossen. Nach dem Stand der Produktivkräfte ist dort die menschliche Arbeit, die allein Mehrwert produzieren kann, im Durschnitt zu gering, daher die Arbeitslosigkeit hoch und der Konsum durch zu niedrige Löhne unzureichend für die kapitalnotwendige Produktmasse. Durch den Einsatz von Geldkapital hierfür ändert sich nichts wirklich; auch nicht durch die intensivste Kontrolle der Geldbewegungen, die ja letztlich in Investition, Besitzbildung und Zukunfsplanung münden sollen. Es sind reine Suchbewegungen eines selbst unsinnig gewordenen Verwertungstriebs, ein abergläubisches Verhalten der Hoffnung auf Verwertung. Man kann schon von daher Geldmengen, welche die einzige Bedingung der Wertproduktion, des Wertwachstums und der Lebenserhaltung unter solchen Bedingungen, nicht wirklich kontrollieren und aussteuern. Die Politik des Kapitalismus scheitert an ihrer eigenen Voraussetzung, dass sie die allgemeinen Existenzbedngungen für das Geld auf den Märkten nur durch Mehrwert in Wert halten kann, dass aber die Mehrwertrate sich nicht mehr reell, sondern nur noch aus der Auspressung der Infrastrukturen durch das Besitzrecht für eine Weile halten lässt. Das weiß weiß inzwischen jeder Stadtrat, der in seine Kommunalkasse geblickt hat. Man weiß es schon lange und das hat sich auch immer wieder erwiesen, zuletzt in den USA, Spanien, Irland, Griechenland und wohl bald auch Italien usw.. Keine Troika wird ein Land durch Sparpläne und Finanzkontrolle "retten" können, sobald die reale Wirtschaftssubstanz von der Finanzwirtschaft aufgebraucht ist. Die Realwirtschaft ist am Ende, soweit es ihre Kapitalbildung betrifft. Die nationale und internationale Verschuldung wird von ihr nicht mehr bedient werden können (7).

Es geht jetzt um die Zukunft schlechthin: Auf der einen Seite um die vollständige Unterwerfung der Menschen unter eine Staatsmacht, die ihr Leben diktiert, um durch Gewalt die Verhältnisse zu halten, die Menschen gegen ihr Vermögen zum abloluten Staatsangehören und Bürgen zu machen, um einen reinen Feudalkapitalismus zu entwickeln. Auf der anderen Seite sollte es jetzt endlich darum, gehen die vorhandenen Lebensbedingungen für die Menschen dort anzueignen, wo sie ihnen durch Privatbesitz entzogen werden, weil sie zum ausschließlichen Material ihrer Auspressung geworden sind. Es ist der Klassenkampf der Vielen gegen die Agenten ihrer Entwertung. Wir sollten uns darauf einstellen, dass das Kapital in seinem Überlebenskampf nicht zahmer, sondern immer aggressiver wird. Der Kampf wird um jede Lebensgrundlage gehen, um die Wohnungen, die Energie, die Lizenzen und vieles mehr, was an und für sich keinen Wert mehr hat, aber Wert erpressen soll. Geld ist der Köder, der seinen Wert nur noch vortäuscht, um Wert zu binden. Es geht aber um die Ressourcen des Lebens selbst und darum, dass sich alle Menschen darin verständigen, dass ihr Widerstand gegen die Aneignungsmächte ihrer Lebensgrundlagen um jeden Raum und jedes Grün und jede Kraft ihre Hoffnung auf eine menschliche Zukunft erweitert.

Der Weg dahin kann nicht über politische Forderungen an dubiose Instanzen der Macht gehen. Er besteht aus den Lebensverhältnissen selbst, die de facto enteignet sind. Der Kampf besteht schon selbst aus den Forderungen dieser Instanzen, aus Steuern, Mieten, Gebühren und Kredithaftungen, die an die Menschen gestellt werden. Viele Kommunen und Regionen reduzieren schon aus Geldmangel ihre sozialen und kulturellen Aufgaben. Es geht darum, ein Sachvermögen zu bilden, welches die Basis für eine Subsistenz sein kann, für die Lebenserhaltung der Menschen in einer Region und Produktion. Eine lokal verwaltete Subsistenzindustrie in allen Regionen der Welt und eine internationale Kommunalwirtschaft könnte die Menschen in die Lage versetzen, ihre unmittelbaren Lebensräume zu konsolidieren. Wo dies gelingt, wird die Macht des Geldes von selbst überflüssig werden.


(0) Für dieses ist es daher hilfreich, dort einen Schuldigen zu finden, der gemaßregelt werden kann, damit die katastrophale Macht der Finanzwirtschaft gebändigt wird, damit die Marktwirtschaft des Kapitalismus wieder besser funktionieren kann. Und da gibt es auch tatsächlich mehr als genug. Die Nachrichten über die Verbrechen im Management der Banken und Konzerne und deren Verfolgung durch die Behörden werden daher auch immer unverhüllter. Man soll den Eindruck bekommen, dass wir wieder auf dem Weg zu einem "guten Kapitalismus" sind, dass die wirtschaftlichen und fiskalischen Probleme der EU zu lösen sind und die Politk dadurch wieder handlungsfähig ist.

Da helfen jetzt auch viele mit, die ihn kritisieren. Sie behaupten, dass es eine gerechtere Verteilung des Geldes geben könne, wenn das Grundgesetz entsprechend ausgelegt und die Kapitalwirtschaft gezügelt würde. Es müsse die Politik gegen das Kapital so weitgehend gestärkt werden, bis dadurch ein Kapitalismus der Gleichen, eine Marktwirtschaft ohne Kapitalvermögen geschaffen ist, in welchem Geld ein öffentliches Gut für alle sei und jedem gewährt werden könne, ohne dass daraus ein Aneignungsvermögen von fremder Arbeitskraft entstünde. Der Appell geht an den politischen Willen und trifft sich dort mit den Befürwortern einer Europäischen Staatenunion. Die glauben, dass ein politisch geeintes Europa einen gerechten Schuldenausgleich gewährleisten könne, weil der europäische Markt sich damit regeln ließe wie ein nationaler Staat. Doch war es dem etwa bisher gelungen, Schulden abzuschaffen und eine gleichwertige Existenz aller Menschen sicherzustellen?

Während sich die Prokopf-Verschuldung um ein Mehrfaches verschlechterte, hat sich dennoch die ökonomische Selbsteinschätzung der Deutschen in den letzten 5 Jahren um 8 % verbessert. Im Jahr 2006 sagten noch 19 %, es ginge ihnen besser als fünf Jahre zuvor, 2011 sagten dies schon 27 %. Umgekehrt meinten damals noch 37 %, dass es ihnen schlechter ginge als zuvor, heute meinen das nur noch 25 %. Das subjektive wirtschaftliche Befinden soll ganz offensichtlich die objektive Verschuldungslage verdrängen, die über die Generationen hinweg greift und die weitere Entwicklung immer maßgeblicher bestimmt. Das politische Bewusstsein wird über die persönlichen Befindlichkeiten gekontert, - vor allem bei der Jugend. Politische Macht verfestigt sich auch durch Massenevents mit Brot und Spielen, worin viele ihre Perspektivlosigkeit noch mit populistischen Vergemeinschaftungen und der Kultur eines Billigkonsums ausgleichen können.

(1) Letztlich wird bei allen juristischen und politischen Klimmzügen ein Europäischer Staat herauskommen, eine große Repräsentation von Demokratie für einen großen Verbund einer Wirtschaftsmacht, die damit politisch kontrolliert sei. Was das bedeutet, kann man aber schon länger am Beispiel der USA studieren. Die Versuche, dort die Wirtschaft politisch zu kontrollieren und einen besseren Lebensstandard hierdurch zu entwickeln, können aus unserer Sicht wohl kaum belobigt werden. Warum nur bringt es ein so großes Land mit so vielen Menschen nicht fertig, seine Wirtschaft nicht voll und ganz in ihren Dienst zu stellen, die Demokratie, die seit der Verkündung der Verfassung allen vorschwebt, auch wirkich einzulösen?

Der Dualismus von Politik und Wirtschaft befördert eben vor allem das, was sich durchsetzen muss. Mit der Größe wird aber zugleich ein ganz zentrales Problem verschärft: Größe und Umfang der Wirtschaft hat die politische Macht der USA zwar enorm bestärkt und zur Weltmacht befördert, doch die Unterwerfung der Menschen unter diese Macht war im In- und Ausland die Folge. Die Politik gab sich mächtig, konnte es aber nur auf der Basis einer Wirtschaft betrieben werden, welche die Menschen immer ohnmächtiger werden ließ. Denn ihre Wirtschaftskraft wurde immer tiefer in die Verschuldung getrieben. Schulden waren und sind überhaupt der wesentliche Motor der amerikanischen Wirtschaft - und sie werden es nun auch in Europa sein.

(2) "Wie sehr diese Theorie der wechselseitigen Exploitation, die Bentham bis zum Überdruß ausführte, schon im Anfange dieses Jahrhunderts als ein Phase des vorigen aufgefaßt werden konnte, beweist Hegel in der "Phänomenologie". Siehe daselbst das Kapitel "Der Kampf der Aufklärung mit dem Aberglauben", wo die Brauchbarkeitstheorie als das letzte Resultat der Aufklärung dargestellt wird. Die scheinbare Albernheit, welche alle die mannigfaltigen Verhältnisse der Menschen zueinander in das Eine Verhältnis der Brauchbarkeit auflöst, diese scheinbar metaphysische Abstraktion geht daraus hervor, daß innerhalb der modernen bürgerlichen Gesellschaft alle Verhältnisse unter das Eine abstrakte Geld- und Schacherverhältnis praktisch subsumiert sind." (MEW 3, S. 394)

(3) "Das Prinzip der Politik ist der Wille. Je einseitiger, d.h. also, je unvollendeter der politische Verstand ist, um so mehr glaubt er an die Allmacht des Willens, um so blinder ist er gegen die natürlichen und geistigen Schranken des Willens, um so unfähiger ist er also, die Quelle sozialer Gebrechen zu entdecken." (Karl Marx in Kritische Randglossen zum Artikel eines Preussen, Marx-Engels-Werke Bd.1, S. 402)

(4) Der Profit, der dem Geldverhältnis in der Geldzirkulation entnommen wird, ist nichts anderes als der Mehrwert, der im Produktionsprozess zugefügt und in der Warenzirkulation, also im Abverkauf der Waren realisiert wurde. Und dieser entsteht durch den Wert, den die Arbeitskraft für das Kapital hat, während sie hierfür einen Preis bezahlt bekommt, der weit unter diesem steht, weil der Lohn nicht die Arbeit bezahlt sondern nur die Reproduktion der Arbeitsleute, wie auch die sonstigen Kosten der Produktion nur einen Teil des Werts haben, den das Kapital damit einnimmt. Deshalb fallen die Werte und Preise auch immer wieder auseinander und machen das Problem des Geldwerts schließlich aus. Es kann sich nur in Geldmacht auflösen, einer Macht, die zunehmend alle Preise auch bestimmt, letztlich in der Verfügungsmacht des Privateigentums von Sachen, die längst existieren, längst amortisiert oder von Natur aus vorhanden sind, z.B. Wohnraum, Energie, Kommunikationsmittel, Verkehrswege, Bodenschätze, Geldvorräte usw. Gerade auf dem Finanzmarkt zeigt sich, dass Geld selbst keine wirkliche Sache, sein Besitz ohne Sache keinen Gewinn erbringen kann. Und wenn die Sachen nicht mehr verwertbar sind, dann werden sie zur Last, weil sie immer billiger genutzt werden können, die Wertrealisation immer mehr bedrohen. Von daher kommt auch die Zerstörungskraft der Finanzmärkte, die auch gegen Sachexistenzen spekulieren, nur im ihren Wert zu halten. Das Problem ist von Anfang an der Geldwert und jedes Geldquantum, das darüber hinausschießt wird zur Last, zum Grund für die Krisen der Kapitalwirtschaft. Denn Geld für sich genommen ist nichts und beweist seine Nichtigkeit fortwährend in seinem Überfluss.

(5) Indem beim Einkauf auf dem Warenmarkt dann vom Arbeitsmarkt abstrahiert wird, vom Kauf und Verkauf der Ware Arbeitskraft, erscheint das bunte Feld der Produkte als frei verfügbarer Reichtum, als Bereicherung der Konsummöglichkeiten. Es ist doch ganz einfach: Man muss nur Geld haben, und schon kann man alles haben. Man werfe Geld auf den Markt, egal was es wert ist! Und siehe da: Sie arbeiten alle mehr als genug, nur damit sie Teil haben an dieser schönen bunten Welt, um den Wert zu schaffen, den das Geld dann auch nötig hat. Das besagt die Geldschöpfungstheorie. Sie hat sich von der Theorie der Wertschöpfung, der Arbeitswerttheorie abgesetzt, gilt inzwischen von vielen Ökonomen als widerlegt, bestimmt aber immer noch die Geldpolitik, weil sie eben die theoretische Grundlage des Finanzhandelskapitals ist. Ihre Vorstellungen gründen auf dem jahrhunderte alten Kapitalfetischismus, wonach der Profit aus dem Kapitalhandel, aus dem Einsatz von Geld und dem Handel mit Geld und Waren selbst entspringen würde. Wenn man also davon absieht, dass Geld immer erst erarbeitet sein muss, bevor es Wert haben kann, dann sieht man auch davon ab, dass Geld gar keine Sache ist. Und unerklärlich wird, wenn zuviele Waren existieren und oft zu wenige gekauft werden, abgestoßen und manchmal vernichtet, nur weil sie für die Geldverwertung überflüssig sind. Und so ergeht es auch den Menschen, die ihr Arbeitskraft verkaufen müssen: Sie werden eingesetzt oder ausgestoßen, wie es dem Käufer ihrer Kraft beliebt. Geld kann ihnen niemals gerecht werden. Das Problem ist die Marktwirtschaft selbst, die ihrer Logik folgend immer zum "freien Markt" der Geldbesitzer wird, weil Geld die Menschen ganz allgemein und existenziell dazu verpflichtet, für Geld zu arbeiten, es dem Geld schuldig zu sein, weil sie ohne Arbeit natürlich nicht leben können. Nur das Allgemeine hat gesellschaftliche Macht, dem Einzelnen kann es gehen wie es soll.

(6) Die Spekulationen und Wetten des Finanzkapitals beziehen sich nur noch auf Zukunft, denn sie haben längst die Gegenwart verspielt. Das wissen auch schon die Gelehrten der Wissenschaft, die den ganzen Prozess bisher gestützt hat. Selbst der medienbekannte Professor Sinn weiß, dass die wirtschaftliche Bedingungen zur Wende aus der Schuldenkrise aufgebraucht sind. Und sind die Grundlagen erst mal aufgesogen, dann geht das ganze selbst zu Ende. Wenn die Menschen nicht mehr genügend verdienen, so können sie auch keine Gebühren mehr bezahlen. Es besteht ein Teufelskreis , der sich zunehmend in einem Mythos des Glaubens an eine zukünftige Rentabilität auflöst, sich auf kommende Generationen vertröstet. Ganze Städte werden vom Glauben an die Repräsentation und Marktgängigkeit der Großanlagen zerstört.

(7) Ein Land kann nur noch selbst auf die Beine kommen, wenn es seine eigenen Grundlagen ohne äußere Gewalt und Pressung schaffen kann. Und so ist es auch mit den Regionen und Kommunen. Man mag hier und dort noch Einfluss nehmen können und hier und da einen Ertrag noch in die Staatskasse abfließen lassen. Doch das Resultat wird ein Rinnsal bleiben, wenn diese Gelder nicht in den Aufbau kommunaler Lebens- und Produktionseinrichtungen fließen und hierdurch eine Gegenmacht erwirken, die in der Lage ist, den Einsatz von Finanzkapital auch wirklich sinnlos zu machen. Eine Demokratisierung der Finanzmärkte ist nur eine fixe Idee, eine Illusion des Glaubens an die repräsentative Demokratie. Sie entspricht den qualitätslosen Verhältnissen des Geldes, das alle Macht hat, sich als Mittel zu repräsentieren, wo es vor allem doch nur den allgemeinen Zweck der bestehenden Gesellschaft verkörpert: Die Verwertung ihres Lebens, ihrer Kultur und der Natur dieses Planeten für nichts und wieder nichts, eben für eine fixe Idee, die nur das fiktive Kapital ernährt. Eine gänzlich andere, eine qualifizierte Demokratie aus der Mitte der Bevölkerung muss sie ablösen, bevor es wesentliche Änderungen geben kann. Und diese müssen sich dort ergeben, wo die Menschen auch ihr wirkliches Leben besorgen und dafür sorgen: In den Kommunen und Regionen.