Enteignung

Aus kulturkritik

"Jawohl, meine Herren, die Kommune wollte jenes Klasseneigentum abschaffen, das die Arbeit der vielen in den Reichtum der wenigen verwandelt. Sie beabsichtigte die Enteignung der Enteigner. Sie wollte das individuelle Eigentum zu einer Wahrheit machen, indem sie die Produktionsmittel, den Erdboden und das Kapital, jetzt vor allem die Mittel zur Knechtung und Ausbeutung der Arbeit, in bloße Werkzeuge der freien und assoziierten Arbeit verwandelt." (MEW 17, Seite 342)

Das Eigene kann nur vermittels seiner [[Ent�u�erung]] enteignet werden, also dadurch, dass es sich selbst in der Entfremdung von sich verliert, sei es, weil es dazu durch Ausbeutung seeiner Wesenskräfte gezwungen wird, einer fremden Kraftfolgen muss, sei es, weil es sich darin auch wirklich aufhebt (siehe z.B. Entleibung) oder dadurch, dass es in Fremdes einverleibt wird.

Mit der Enteignung werden Menschen ihrer Gegenständlichkeit beraubt, entsubjektiviert. Die gewöhnliche Form der Enteignung ist die Privatisierung. Sie kann aber auch durch einen wirklichen oder vermeintlichen Allgemeinzweck gegen die Besitzform der Individualit�t gerichtet sein, indem das individuelle Eigentum in ein gesellschaftliches entäußert wird, also nicht als gesellschaftliches Eigentum begriffen ist, das mit dem individuellen sich identisch und in verschiedenen Beziehungen existiert. Individuelles Eigentum und gesellschaftliches Eigentum bilden an sich keinen Widerspruch, wohl aber die Trennung des Eigenen vom Gesellschaftlichen. Die Frage ist dabei z.B., ob die Parole "Enteignet die Enteigner" substanziell etwas anderes bewirken kann, als die Aneignung von entfremdeten Gütern, also Totalisierung der Enteignung ist. Solange die Güter getrennt von der Arbeit und den Bedürfnissen der Menschen existieren, kann die Aufhebung von Enteignung nur die Aufhebung dieser Trennung sein.

Im ideologischen Denkschema des Postfordismus war Ausbeutung als ein rein moralischer Begriff ausgemustert, der z.B. von der Wertkritik einer reaktionären Arbeiterbewegung zugeordnet wurde. Angesichts einer schwindenden Realwirtschaft und der Aufblähung des fiktiven Kapitals zu einer Weltmacht der Kapitalverwertung auf den Finanzmärkten eines Schuldgeldsystems wurde im Eifer ihrer Kritik alles nivelliert, was im globalen Lebenszusammenhang die Ausbeutung von Mensch und Natur wirtschaftlich und politisch bedeutungslos erscheinen lassen konnte. Doch gerade mit der Globalisierung des Kapitals war es umso nötiger, die sinnlichen Zusammmenhänge einer Weltwirtschaft aufzuklären und ihre internationalen Formationen begrifflich zu entzaubern. Denn es reichte die klassische Arbeitswerttheorie nicht mehr hin, um die komplexen Ausbeutungsmechanismen eines Existenzwerts über den Devisenmart und den Derivatenhandel darzustellen, der mit der sich verschärfenden Konkurrenz der Nationalstaaten durch die Globalisierung des fiktiven Kapitals über die Totalisierung der Staatsverschuldungen verstärkt wurde. Aber es hat sich um so deutlicher gezeigt, dass die Ausbeutung des Lebens der Menschen und ihrer Natur zur zentralen Bedeutung aller Klassenkämpfe und zu einer Überlebensfrage der natürlichen Grundlagen der lebendigen Kreaturen überhaupt geworden ist. Von daher muss der Begriff der Ausbeutung des Lebens überhaupt neu regeneriert werden. Denn sie zehrt ihr eigentümliches Wesen auf und unterwirft sie einer Macht, die nur aus der Allgemeinheit ihrer Entäußerung, aus der abstrakten Äußerlichkeit ihres allgemenen Daseins besteht und auch nur Bestand hat, solange sich das veräußerte eigene Wesen durch unentwegte Ausbeutung bestärken kann.