Politische Ästhetik

Aus kulturkritik

Politik gründet auf einer Zielvorstellung, die durch Beeinflussung der allgemeinen gesellschaftlichen Verhältnisse zu verwirklichen sein soll. Von daher begründet sich Politik im Allgemeinen durch einen Willen zu dem, was sein soll, durch das was hierfür nötig ist um diese Zielsetzung zu erreichen: durch einem politischen Willen. Aber aus einer Zielsetzung lässt sich keine Ästhetik bestimmen, ohne dass deren Beziehungen (siehe zwischenmenschliche Beziehung) und Verhältnisse (siehe zwischenmenschliches Verhältnis) für eine ästhetische Wahrnehmung zugerichtet werden. Von daher lassen sich viele Vorstellungen zu einem ästhetischen Willen vereinen, durch den eine politische Ästhetik angetrieben werden kann (siehe Trieb).

Es lässt sich ein ästhetischer Wille als ein politischer Wille durchsetzen, wenn er sich populär (siehe auch )Populismus) vermittelt, wenn er im Ressentiment politisch instrumentalisiert wird (siehe hierzu auch Kritik der politischen Ästhetik). Ästhetik ist dadurch politisch, dass sie getrennt von dem, was die Menschen wirklich wahrhaben eine Welt voller Erlebnisse bietet (siehe auch Scheinwelt), die eine politische Prominenz der Wahrnehmung von Menschen oder Ereignissen oder Produkten erzeugt (siehe Eventkultur, Tittytainment). Dies soll einem Auseinanderfallen ihrer gesellschaftlichen Beziehungen durch eine Kommunikationsindustrie im Zweck von Massengefühlen (z.B. Sport) entgegenwirken, indem die Institutionen eines Kulturkonsums sie zu einer Gefühlsmasse vereint, in der sie ununterscheidbar sich im Großen und Ganzen als einzeln bestimmtes Individuum auflösen lassen (siehe auch Konstruktivismus) und in ihrer Individualität kraftlos werden. Politische Ästhetik bindet sie an objektive Gefühle, indem sie die Selbstgefühle der Menschen in ihren zwischenmenschlichen Gefühlen bestimmt und in einer Massenkultur deren Empfindungen ihrer Wirklichkeit entzieht (siehe auch Selbstveredelung). Weil sie einer Absicht folgt, die nur über Selbstgefühle wahrgemacht werden kann, ist sie das wesentliche Werkzeug des Populismus. Hierdurch stiftet sie den Erlebnissen der Menschen einen besonderen Zusammenhang, verleiht ihnen einen Sinn, in welchem sie als unmittelbar politische Wahrheit gelten und an ihrem Gegenstand einen eindeutigen politischen Zweck nominiert finden (siehe politischer Nominalismus), um eine politische Absicht zu kaschieren, zu personalisieren oder zu kulturalisieren.

In der politischen Kultur tritt der politische Wille bei Populisten deshalb meist auch als ästhetischer Wille auf, der in Krisenzeiten das Vakuum der gesellschaftlichen Beziehung in den zwischenmenschliche Beziehungen einer Eventkultur füllen soll (siehe hierzu auch Tiittytainment) und von daher objektiv notwendig für ihre Selbstwahrnehmung ist, die darin ihre verlorene Subjektivität aufgehoben wissen will. Darin verkehrt sich allerdings der Grund bürgerlicher Meinungsbildung. Diesen objektiv notwendigen Willen begründet Arthur Schopenhauer daher auch als das Erste der Erkenntnis, als eine Vorstellung, die unabhängig von Raum und Zeit ist (siehe hierzu auch Konstruktivismus). Wie sein Lehrer Platon sieht er in allen Erscheinungen nur die Verkörperung des einen noch erkenntnislosen Willens. Alles Dasein gilt demnach nur als die Verwirklichung des Willens einer ästhetischen Ganzheit, womit schließlich auch sein Konservatismus einer determinstischen Massenbewegung des Nationalsozialismus für ein totalitäres System unterlegt wurde, die alle kulturellen Inhalte und Geschöpfe mit einer eigentlichen Wahrheit versah, die ewig und unumstößlich sein sollte (siehe hierzu auch Martin Heideggers Fundamentalontologie).

"Welche Erkenntnisart nun aber betrachtet jenes außer und unabhängig von aller Relation bestehende, allein eigentlich Wesentliche der Welt, den wahren Gehalt ihrer Erscheinungen, das keinem Wechsel Unterworfene und daher für alle Zeit mit gleicher Wahrheit Erkannte, mit einem Wort, die Ideen, welche die unmittelbare und adäquate Objektität des Dinges an sich, des Willens sind? Es ist die Kunst, das Werk des Genius. Sie wiederholt die durch reine Kontemplation aufgefassten ewigen Ideen, das Wesentliche und Bleibende aller Erscheinungen der Welt, und je nachdem der Stoff ist, in welchem sie wiederholt, ist sie bildende Kunst, Poesie oder Musik. Ihr einziger Ursprung ist die Erkenntnis der Ideen; ihr einziges Ziel Mitteilung dieser Erkenntnis." (Arthur Schopenhauer: "Welt als Wille und Vorstellung")

Der ästhetische Wille ist von daher immerhin als Trieb einer reaktionären Selbstwahrnehmung geoffenbart, die für sich keine Wahrheit findet und nur außer sich in der Ästhetik ihrer Gefühle den Sinn wahrhaben kann, der ihrer Empfindung entgangen ist. Durch das Erleben von Ereignissen wird von der Wahrnehmung ein Leben einverleibt, worin sie die Wahrheit für ihre Absichten findet, wodurch sie empfindet, was sie für sich wahrhaben will, was die notwendige Beziehung ihres ästhetischen Willens verwirklicht und somit den Menschen ihre Gefühle in dem Sinn bereichert, nach dem sie außer sich verlangen und den sie für ihr Selbstgefühl begehren. Damit trifft der ästhetische Wille unbeschadet auf die heile Welt des Kulturbürgertiums und füllt dessen Sehnsucht mit dem Prinzip einer Heilserwartung.

Was Menschen durch ihre Sinnesorgane empfinden ist immer auch das, was sie von sich, von ihrer Natur, Kultur, Gesellschaft, Dingen, Menschen usw., also von ihrem Leben durch ihren Gegenstand für sich finden, was sie in ihrem Dasein von ihrem Sein wahrhaben. Weil dies somit auch substanziell ihren sinnlichen Eigenschaften entspricht, was sie aus ihrem Sehen, Riechen, Hören, Tasten und Schmecken auch wahrnehmen können, ist dieses Verhältnis ihrer Wahrnehmung die Elementarform ihrer Wahrheit, ihrer sinnlichen Gewissheit in einer Kultur, die für sich nicht wahr sein kann, weil und sofern sie eine politische Kultur ist. Darin finden sich die Menschen in ihrer Formbestimmung so, wie sie sich von ihren Gegenständen sowohl unterschieden wie dem Inhalt nach auch einig, sich in eins mit ihnen und ihrer Welt vereint fühlen können. In ihren Gefühlen entwickeln sich ihre Empfindungen zu den Fähigkeiten, die es den Menschen ermöglichen, neue Eigenschaften und Gebrauchsweisen ihrer Gegenstände zu entdecken, zu erfinden, zu erzeugen und zu genießen. Im Gefühl entwickelt sich, was Menschen aus ihren Empfindungen machen und in ihren Lebensverhältnissen, in ihrem Umgang als ihre Kultur wahrnehmen, wahrhaben und wahrmachen und aus der Erinnerung ihre Geschichte auch als Geschichte ihrer Naturmacht fortbilden.

Politisch ist daher eine Ästhetik, die im Zweck der Kulturalisierung zu ihrer gesellschaftlichen Wirkung genutzt wird, z.B. durch eine Vermittlung von Gefühlen, die im Widerspruch zum Gehalt einer Mitteilung stehen, diesen nichten sollen, indem sie über die dem entsprechenden Empfindungen hinwegtäuscht, sie wirkungslos, also unwirklich macht. Diese Art der Vermittlung kann ihr selbst zu eigen sein, wenn sie sich damit verwesentlicht (siehe Eigentlichkeit, Erleben, Brauchtum Sitte, Religion usw.) oder auch äußere Zwecke betreffen (z.B. Eventkultur, Tittytainment, Propaganda, Heilsvorstellungen, Geschichtsverfälschungen und Täuschungen überhaupt). Sie ist eine hervorgehobene Wahrnehmung, die besondere Aufmerksamkeit erheischt. Im Unterschied zur gewöhnlichen Wahrnehmung macht sie auf besondere Weisen der Wahrnehmung z.B. durch eine bestimmte Retorik zur Nutzung von Massengefühlen aufmerksam oder reizt hierzu auf (siehe Reiz). Sie unterstellt eine ästhetische Wahrheit, die durch die Wirkung von Gefühlen auf Empfindungen bewiesen sein soll und auf deren Täuschung abzielt (siehe auch Absicht). Dabei nichtet sie das, was sie wahrhat, um durch bestimmte Eindrücke auf die Selbstwahrnehmung auch selbst etwas wahrzumachen, was bestimmte Wahrnehmungen irritiert oder kulturalisiert.

Die Substanz aller politischen Ästhetik liegt daher nicht in der Politik, sondern in der Selbstwahrnehmung, mit der Politik identifiziert wird. Im einfachen Gebrauch ist sie der Werbung darin gleich, dass sie ein Bedürfnis nach Selbstwert und Selbstveredelung nutzt. Aber im Allgemeinen wird sie - wenn sie selbst in politisch allgemeinen Beziehungen aufgeht - zu einer mythologisierenden Wahrnehmungsmacht, die durch Visionen und Massengefühlen auch politische Gewalt durchsetzen kann und von daher politische Macht vollzieht (z.B. als Massenpsychologie - siehe Wilhelm Reich). Es wird dabei die einzelne Selbstwahrnehmung zum Moment einer Gefühlsmasse bestimmt, die sich wesenlos macht und ihren wirklichen Gehalt nichtet. Das führt dazu, dass das Erscheinende zur Allgemeinheit einer einzelnen besonderen Wesenhaftigkeit hergenommen wird, und damit eine besondere Bestimmung des Einzelnen als unmittelbar allgemeines Wesen eines politischen Willens substanzialisiert wird (siehe auch Formbestimmung). Die Wahrnehmung wird hierdurch selbst unmittelbar in ihrer Sinnlichkeit totalisiert (siehe auch Körperfetischismus) zu einem allgemeinen Wesen, das Wahrgenommene zur erhabenen Wahrheit eines unwirklichen Prinzips (vergl. z.B. Leni Riefenstahls Hitler-Film "Der Wille zur Macht").