Praxis

Aus kulturkritik

"Der Hauptmangel alles bisherigen Materialismus - den Feuerbachschen mit eingerechnet - ist, daß der Gegenstand, die Wirklichkeit, Sinnlichkeit, nur unter der Form des Objekts oder der Anschauung gefaßt wird; nicht aber als menschliche sinnliche Tätigkeit, Praxis, nicht subjektiv....

Die Frage, ob dem menschlichen Denken gegenständliche Wahrheit zukomme, ist keine Frage der Theorie, sondern eine praktische Frage. In der Praxis muß der Mensch die Wahrheit, d. h. die Wirklichkeit und Macht, die Diesseitigkeit seines Denkens beweisen. Der Streit über die Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit eines Denkens, das sich von der Praxis isoliert, ist eine rein scholastische Frage." (Marx, 2. These über Feuerbach, MEW 3, S. 533))

"Das gesellschaftliche Leben ist wesentlich praktisch. Alle Mysterien, welche die Theorie zum Mystizismus verleiten, finden ihre rationelle Lösung in der menschlichen Praxis und im Begreifen dieser Praxis." (Marx, 8. These über Feuerbach, MEW 3, S. 533)

Praxis ist die Tat welche durch ihre Kraft Bewegung bewirkt, also immer schon wirklich ist (altgriechisch πρᾶξις prâxis, Tat, Handlung Verrichtung'). Das menschliche Leben entsteht durch seine Geburt, worin seine Natur tätig ist (natus = Geburt) ist. Von daher ist der Mensch schon unmittelbar praktisch, weil er schon vor aller Erfahrung durch die Geschichte seines Gattungswesens stofflich da ist (siehe Dasein), einen Körper und Kraft und damit auch Wirkung hat, die sich als unmittelbar menschliche Geschichte als seine Wirklichkeit in Raum und Zeit erzeugt und äußert (siehe hierzu auch historischer Materialismus), bereichert und sich längst in seinem Lebensreichtum als Naturmacht einer menschlichen Gesellschaft "von selbst" erwiesen hat.

Die gründet auf der Lebenspraxis der Menschen, im Wesentlichen auf Arbeit und Bedürfnisse, auf ihren Lebensgenuss durch sinnvolle Erzeugnisse, dem Reichtum des menschlichen Lebens. Ist seine Vermittlung nicht konkret praktisch, so wird darin von seiner Natur abstrahiert, vom Menschen ist in seinem wirklichen Leben ihm entfremdet, unwirklich. Dies macht die Notwendigkeit, einen Begriff hiervon zu entwickeln (Theorie), um sich ein Bewusstsein hierzu zu schaffen und zu einem Entschluss gegen die Mächte der Entfremdung (fremde Kraft) zu kommen. Die bürgerliche Gesellschaft lässt sich von daher als Gesellschaftsform einer unwirklichen Wirklichkeit verstehen, die es nötig hat, darüber nachzudenken, um ihre Widersprüche auch wirklich, also praktisch aufzuheben.