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2. Der identitätspsychologische Gesichtspunkt Freuds

Mit der Einf�hrung des Narzi�mus' ver�ndert sich sowohl die Begr�ndung der Psyche, wie auch das Verst�ndnis ihres inneren Zusammenhangs. Der seelische Apparat gr�ndet nicht mehr auf der Wahrnehmung eines Befriedigungserlebnisses, das triebm��ig besetzt wird und hierdurch unbestimmt wirksam sein soll, sondern auf einem uranf�nglichen Interesse, das die bestimmte Entwicklung begr�nden soll und daher als psychisches bereits vor aller Erfahrung gegeben ist. Aus ihm erst soll sich der Unterschied zur Au�enwelt ergeben, der im wahrnehmungspsychologischen Ansatz vorausgesetzt war.

Das Menschenbild der Identit�tsphilosophie entspricht ungef�hr dieser Auffassung, so da� ich diese als den identit�tspsychologischen Gesichtspunkt Freuds bezeichnet habe. Ihre Auffassung besteht n�mlich darin, da� es eine urt�mliche und eigentliche Wahrheit oder Identit�t des Menschen in sich selbst gibt, aus der heraus er sich erst dadurch entzweit, da� er die Welt der Gegenst�nde erzeugt und anerkennt, in dem Bestreben - seiner Einheit folgend - diese Entzweiung zu verwirklichen und aufzuheben, das hei�t im Interesse der Einheit zwei zu sein. Dies ist zwar praktisch eine Aufhebung des dualistischen Denkens von Freud, das ja gerade darauf gr�ndet, da� sich aus der Zweiheit, die allem vorausgesetzt gilt, Einheiten finden, die wiederum mit ihren Antagonisten konfrontiert werden, zugleich aber kann Freud dem dadurch entgehen, da� er seinen dualistischen Ansatz nicht aufgegeben hatte, sondern neben diesen �berlegungen weiter beh�lt. Was aber auch in seiner Betrachtungsweise auff�llt, ist, da� er jetzt von dem Problem zwischen Subjekt- und Objektsein des Menschen ausgeht, da� ihm also diese Fragestellung als ein Erzeugungsproze� zwischen Subjektivem zum Objektiven hin besch�ftigt. Es geht ihm jetzt nicht mehr um die Reduktion der psychischen Entwicklung auf ihre vorausgehenden Wahrnehmungen, die die Erlebnisweise und die Zweckhaftigkeit der Psyche trennen mu�ten, sondern ausdr�cklich nurmehr um die Entfaltung der entzweiten Identit�t, die er mit dem Narzi�mus formuliert sehen will. Er folgert hierbei "f�r die Unterscheidung der psychischen Energien, da� sie zun�chst im Zustande des Narzi�mus beisammen ... sind und da� es erst mit der Objektbesetzung m�glich wird, eine Sexualenergie, die Libido, von einer Energie der Ich-Triebe zu unterscheiden." (ebd., S. 44)

Er geht also nicht mehr von einem Kontakt mit der Au�enwelt aus, ihm geht es auch nicht mehr um das Schicksal eines urspr�nglich auto-erotischen Organismus', mit den hieraus erwachsenen Erlebnisweisen, sondern es geht ihm um die Formulierung eines urt�mlichen Interesses in der Psyche, das den Kontakt zur Au�enwelt selbst erst begr�ndet, bevor er erfahren wurde.

Diese Identit�t des psychischen Interesses, die Jung seiner Zeit als eine Art Uridentit�t des Menschen in der Libido selbst ansieht, hat aber Freud nicht philosophisch interessiert. Aus diesem Grund wendet er sich gegen Jung, der die "Libido mit psychischem Interesse �berhaupt zusammenfallen l��t" (ebd., S. 47). Freud setzt sich gegen diese philosophische Grundannahme aber nur praktisch ab: "M�glicherweise hat diese Uridentit�t mit unseren analytischen Interessen so wenig zu tun, wie die Urverwandtschaft aller Menschenrassen mit dem Nachweis der von der Erbschaftsbeh�rde geforderten Verwandtschaft mit dem Erblasser." (ebd., S. 46). Ihm geht es vielmehr um die Darstellung einer psychologischen Entwicklung, die von einer "psychischen Ursituation" ausgehend durch psychische Mechanismen zu einem geschlossenen System des psychischen Apparats gelangt, das nicht mehr in der widerspr�chlichen Begr�ndung durch die Au�enwelt besteht, sondern in sich selbst zu einer doppelten T�tigkeit kommt, bevor es �berhaupt andere Gegenst�nde wahrnimmt. Hierdurch hat sich das Dilemma des wahrnehmungspsychologischen Ansatzes vollst�ndig gel�st.

Um die identit�tspsychologische Seite Freuds zu diskutieren, will ich zun�chst ihre Grundgedanken in der ihr immanenten Logik darstellen. Der Narzi�mus ist f�r Freud "die Vorstellung einer urspr�nglichen Libidobesetzung des Ichs, von der sp�ter an die Objekte abgegeben wird, die aber, im Grund genommen, verbleibt und sich zu den Objektbesetzungen verh�lt, wie der K�rper eines Protoplasmatierchens zu den von ihm ausgeschickten Pseudopodien" (Freud 1914, S. 43). Der Vergleich mit einem Protoplasmatierchen und seinen Bewegungen verdeutlicht die Grundvorstellung eines expandierenden, nicht eines bed�rftigen Apparats, der aus seiner Grundbewegung heraus an die Au�enwelt st��t, die er erreichen oder vor der er auch z�r�ckschrecken kann. Das Streben ist ganz aus dem Organismus selbst heraus gerichtet - es bedarf keiner "Not das Lebens", die den Apparat zwingt, sich aus seiner Ruhe herauszuheben und als "Ansto� zur weiteren Ausbildung" (Freud 1900, S. 538)zu gelten. Diesen Grundzustand des Ichs sieht Freud als Bestimmung des Menschen, sowohl ontogenetisch wie auch anthropogenetisch. Sie gilt ihm als urspr�ngliche Situation des Lebens �berhaupt, das er im Ich abstrakt unterstellt. "Urspr�nglich enth�lt das Ich alles, sp�ter scheidet es eine Au�enwelt von sich ab. Unser heutiges Ichgef�hl ist also nur ein eingeschrumpfter Rest eines weit umfassenderen ja - eines allumfassenden Gef�hls, welches einer innigeren Verbundenheit des Ichs mit der Au�enwelt entsprach." (Freud 1930, S. 68). Hierdurch kann er vor jeder Erfahrung ein umfassendes Interesse �nterstellen, das erst im Gang seiner Entwicklung sich in den Schicksalen, die es durchmacht, unterscheidet. Urspr�nglich soll dieses Interesse, das er im Narzi�mus formuliert, ein allumfassendes Interesse sein, das sich von den einzelnen Interessen, die er im Trieb unterscheidet, noch nicht unterschieden hat. Mit dem Narzi�mus soll die "psychische Ursituation der Seele" (Freud 1915a, S.97) formuliert sein, die gleichg�ltig gegen�ber aller Au�enwelt besteht als ein Zustand absoluter Selbstbezogenheit, denn "die Charakteristik des Narzi�mus ist: sich selbst zu lieben". (ebd., S. 96) Das Ich ist allein der Zustand, in welchem die Triebe sich urspr�nglich besetzt haben, in welchem also �berhaupt Triebe psychisch erscheinen. "Das Ich findet sich urspr�nglich, zu allem Anfang des Seelenlebens, triebbesetzt und zum Teil f�hig, seine Triebe an sich selbst zu befriedigen" (ebd., S. 97). Das psychische Interesse besteht so zugleich jenseits aller Au�enwelt. "Die Au�enwelt ist derzeit nicht mit Interesse besetzt und daher f�r die Befriedigung gleichg�ltig" (ebd.).

Freud hat mit dem Narzi�mus den Menschen im Grunde erst als Subjekt eingef�hrt, wenngleich in der psychologischen Fassung eines triebhaften Apparats. Dieser ist in sich autoerotisch und erlebt als Subjekt selbst die Lust als innere Qualit�t, der gegen�ber die Au�enwelt gleichg�ltig ist. Im Narzi�mus "f�llt das Ich-Subjekt mit dem lustvollen, die Au�enwelt mit dem gleichg�ltigen zusammen." (ebd., S. 98). Bei der Fassung einer derartigen Autonomie

mu� daher die Frage beantwortet werden, "woher dann �berhaupt die N�tigung f�r das Seelenleben r�hrt, �ber die Grenzen des Narzi�mus hinauszugehen und die Libido auf Objekte zu setzen" (Freud 1914, S. 52). Freud findet sie darin, da� der Narzi�mus in seiner Eigenliebe zugleich eine Lustquelle ist, die sich von der Lust an Objekten nicht unterscheiden l��t. Er setzt die Liebe dem Lustprinzip gleich, und sagt, da� "das Lieben als die Relation des Ichs zu seinen Lustquellen" (Freud 1915a, S. 98) zu definieren sei. Obwohl das Ich der Au�enwelt nicht bedarf, bekommt es "aber Objekte aus ihr infolge der Erlebnisse der Icherhaltungstriebe" (ebd., S. 98), denn es kann sich auf Objekte in Form der Eigenliebe so beziehen, da� es die als Lustquelle findet und von sich nicht unterscheiden kann. Es introjiziert die Gegenst�nde, welche seiner Eigenliebe entsprechen. Hierdurch vollzieht sich das Lustprinzip vom Standpunkt des Narzi�mus ausgehend. "Unter der Herrschaft des Lustprinzips vollzieht sich nun (im Ich) eine weitere Entwicklung. Es nimmt die dargebotenen Objekte, insofern sie Lustquellen sind, in sein Ich auf, introjiziert sich dieselben und st��t andererseits von sich aus, was ihm im eigenen Innern Unlustanla� wird". (ebd., S. 98). Die Au�enwelt besteht hierdurch einmal darin, Lustquellen zu haben, die der Narzi�t introjiziert, zum andern Objekt der Unlustempfindung zu sein, die im eigenen Innern bestanden hatte und in die Au�enwelt projiziert wird. Durch diese beiden Begriffe, die Introjektion und die Projektion, hat Freud ein Subjekt-Objekt-Verh�ltnis zugrundegelegt, das dem Lustprinzip gehorcht. Die Objekte werden nach dem Lustprinzip gew�hlt und introjiziert; die Subjekte geben ihre Unlust ab, d.h. sie projizieren sie. Introjektion und Projektion sind die Grundgedanken, die die Beziehung des Freudschen Menschen auf seine Au�enwelt ausmacht. Freud identifiziert diese beiden Empfindungsweisen mit der Beziehung von Liebe und Ha�. In der Liebe verleibt sich das Subjekt seine Objekte ein, im Ha� st��t es diese von sich ab. Durch diese unterschiedlichen Empfindungsweisen hat Freud zwei entgegens�tzliche Interessen entwickelt, die sich darin nach dem Lustprinzip bestimmen. In dem Bezug des Hasses sieht er das Subjekt sich abgrenzen und seinem Selbsterhaltungsinteresse gehorchen, im Bezug der Liebe sieht er es mit seinem Objekt vereinigt. Er nimmt daher zwei Grundtriebe als Formulierungen dieser Interessen an: Den Ich-Trieb, der die abgrenzende und hassende Beziehung will und den Sexual-Trieb, dessen Beziehung die Liebe und Vereinigung ausmacht.

Durch diese Trennung des Narzi�mus’ in zweierlei Empfindungsqualit�ten, die mit zwei unterschiedlichen Trieben identisch sein sollen, gelten dem Subjekt alle Gegenst�nde doppelt: Sie sind Lustquelle oder Liebesobjekt und zugleich Gegenstand des Hasses oder der Selbsterhaltung. "Die Au�enwelt zerf�llt in einen Lustanteil, den (das Ich) sich einverleibt hat, und einen Rest, der ihm fremd ist. Aus dem eigenen Ich hatte es einen Bestandteil ausgesondert, den es in die Au�enwelt wirft und als feindlich empfindet" (Freud 1915a, S. 98). Die Empfindungsqualit�ten des Narzi�mus’ gelten somit als objektive Qualit�ten oder als Qualit�ten des Objekts; es ist eine Lustquelle und es ist ein Feind der Selbsterhaltung. In dieser objektiven Bestimmung erscheint die Au�enwelt als bedrohlich; sie ist in dieser Form Gegenstand des Hasses, der sie urspr�nglich subjektiv, durch den Proze� der Projektion dazu gemacht hatte. So ist "der urspr�ngliche Sinn des Hassens (jetzt) die Relation gegen die fremde, reizzuf�hrende Au�enwelt" (ebd., S. 98).

Gegen diese Objektivit�t mu� sich das Subjekt eine "Zwischenschicht verschaffen, die die Innenwelt vor der Au�enwelt sch�tzt, zugleich aber die Au�enwelt auf ihre Qualit�ten als Lustquelle hin abtastet. Freud sieht jetzt das Subjekt wie ein "lebendes Bl�schen" (Freud 1920, S. 236f.), das in der Begegnung mit der Au�enwelt eine Rindenschicht errichten mu�, die sein inneres Leben vor der Feindseligkeit der Welt sch�tzt, aber zugleich ihre F�hler und Sinnesorgane hat, mit der sie "Stichproben der Au�enwelt" (ebd., S. 238) machen kann. Diese Schicht nennt Freud jetzt wieder das Bewu�tsein, das ungef�hr dem zweiten System entspricht, das aber seine Schutzfunktionen nicht aus sich selbst heraus begr�ndet. Es resultiert aus dem doppelten Interesse des Narzi�mus', der sich auf die Welt liebend und hassend bezieht, und aus der Eigenschaft der Welt, die dem Narzi�ten als Lustquelle oder Feind begegnet. Im Bewu�tsein ist sowohl das Ich als auch die Au�enwelt vertreten, wodurch sich seine doppelte Funktion begr�ndet. Das Ich ist somit unbewu�t (als Narzi�mus) und bewu�t (als Schutz) zugleich, und mu� sich im Interesse des Lustprinzips sowohl auf die Au�enwelt beziehen, wie sich zugleich gegen sie sch�tzen. Das Problem, das hierbei auftaucht, liegt darin, da� das, was das Bewu�tsein zu seiner Schutzfunktion bestimmt, etwas sein soll, was den Interessen des Narzi�mus urspr�nglich nach Ma�gabe des Lustprinzips entsprungen war. Da Freud aber das Bewu�tsein als vermittelnde Instanz ben�tigt, und in der Au�enwelt zugleich aber nur die allgemeine Welt der Narzi�ten, also eine Allgemeinheit ihrer Bestimmung hat, mu� er hier dem Lustprinzip gegen�ber einen Antagonisten setzen, der in der Lage ist, eine Welt zu erzeugen, vor der sich das Ich sch�tzen mu�. Er unterstellt daher allem Geschehen des Lebens einen Todestrieb, der in der Lage ist, das Lustprinzip zu �berwinden und sich gegen alle Lebenstriebe zu stellen. Das unbewu�te Leben ist jetzt nicht mehr aus der Dualit�t von Ich-Trieben und Sexualtrieben allein begr�ndet, sondern aus dem Dualismus von Lebenstrieben (das umfa�t die beiden urspr�nglichen narzi�tischen Triebe) und Todestrieb.

Da die durch den Narzi�mus gegr�ndete Au�enwelt in ihren objektiven Bestimmungen mit den subjektiven identisch galt, zugleich aber im Bewu�tsein eine in doppelter Weise vermittelnde Funktion hatte, mu�ten die inneren Bestimmungen selbst gedoppelt werden, um die Notwendigkeit des Schutzes zu begr�nden. Es mu� aber zugleich angenommen werden, da� die �u�erungen des Todestriebs allgemeiner und grundlegender sind, als die der Lebenstriebe; es w�re ja sonst die Identit�t der inneren und �u�eren Bestimmungen erhalten und das Schicksal des einzelnen Individuums, sich vor einer allgemeinen Welt sch�tzen zu m�ssen, nicht notwendig, wenn diese dieselbe Entwicklung wie das Einzelwesen h�tte. Freud spricht daher von einer phylogenetischen Erbschaft, die sich im Todestrieb mitteilt und die das allgemeinste Wesen der Trieb�u�erungen ausmacht. Was aber nun notwendig wird, um diese allgemeine Tendenz des Trieblebens �berhaupt zu beherrschen, ist eine Welt, die nichts mehr mit dem Triebleben zu tun hat, und die zugleich die inneren Tendenzen der Menschen zu �berwinden in der Lage ist. Diese Auffassung macht die Freudsche Kulturtheorie aus, in der er alle Kulturleistungen gerade dadurch begr�ndet, da� sie das Triebleben aufheben, also auf der Triebverdr�ngung selbst gr�nden. Der identit�tspychologische Ansatz endet nun darin, da� der Mensch allgemein sich etwas errichten mu�, was seinem Wesen widerspricht. Es ist etwas notwendig, mit dem er nicht identisch sein darf, um seine eigene Identit�t zu �berwinden. Seine Triebe machen ihn "virtuell zu einem Feind der Kultur" (Freud 1927, S. 139f.), wobei aber gerade die Kultur nur als ein "allgemein menschliches Interesse besteht, welches in der Lage ist, "uns gegen die Natur zu verteidigen." (ebd., S. 148). Aus dem identit�tspsychologischen Ansatz kam daher heraus, da� der Mensch sich gegen seine eigene Identit�t oder sein Wesen verteidigen mu� und hierzu eine ihm in der Kultur �u�erliche Existenz braucht, zu der er sich virtuell wie zu einem Feind verh�lt, aber gerade dort, wo er nicht mit sich identisch sein kann, sich gegen sein eigenes Wesen nur zu sch�tzen vermag.

Dieser etwas kompliziert anmutende Gedankengang des identit�tspsychologischen Ansatzes unterscheidet sich von dem wahrnehmungspsychologischen zun�chst wesentlich darin, da� er keine Entwicklung zum einst Erfahrenen hin enth�lt, sondern ein Konstrukt beinhaltet, das die Erfahrung erst erkl�ren soll. Das Verh�ltnis zur Au�enwelt entsteht erst "infolge der Erlebnisse der Icherhaltungstriebe" (Freud 1915a, S. 98). Der Mensch ist nicht mehr prim�r aus einer nat�rlichen Not in seinem Bed�rfnis unterstellt, sondern prim�r in der Empfindung nach Ma�gabe der Triebe, die ihm zugrundeliegen. Somit ist der Widerspruch vom Zweck seines Handelns und der Erlebnisweise dadurch gel�st, da� beides als Erscheinung von Triebbestimmungen gilt. Seine Entwicklung entsteht nicht aus einer Not des Lebens, sondern aus einer Beziehung, welche zun�chst in ihm selber ist als narzi�tische Beziehung, die sich von den �u�eren Beziehungen nicht unterscheidet und sich schlie�lich nach au�en genauso wendet wie zu sich selbst.

Der Organismus und die Psyche unterscheiden sich nicht mehr und haben keine unterschiedlichen Zwecke. Die Psyche ist deshalb nicht mehr von Haus aus passiv und nur durch die Not angetrieben, sondern in sich selbst prim�r aktiv und von hier aus auf Gegenst�nde �bergehend. Sie ist also nicht abh�ngig von einem �u�eren Dualismus zwischen unmittelbarer Naturbeschaffenheit und Realit�t, sondern ist in sich selbst dual begr�ndet. Das Ich geht in Form des Narzi�mus aller Erfahrung voraus, und ist somit als triebbestimmte Instanz nicht aus der Erfahrung mit der Realit�t abgeleitet, wo es nur eine negative Instanz sein k�nnte, das allein hemmende und verdr�ngende Funktion h�tte. Aus dieser Auffassung ergibt sich daher der Gedanke des Schutzes, was die Ich-Funktion ausmacht, und das ist eher ein inneres Interesse, als ein �u�eres. Dadurch, da� es nicht mehr als reines Mittel (wie der sekund�re Proze� oder das zweite System im wahrnehmungspsychologischen Ansatz) gesetzt ist, sondern mit eigenen Zwecken bedacht ist, kann es auch nicht aus den "bitteren Lebenserfahrungen" an seinem K�rper entstehen, bedarf es keines Ansto�es zu seiner Ausbildung und keiner fremden Hilfeleistung, sondern ist selbst psychisches Interesse, das in sich selbst genauso bestimmt ist, wie es sich auf die Au�enwelt bezieht (im Unterschied zum Wunsch,der gerade die Negation des Bezugs zur Au�enwelt enth�lt) und erst im Schicksal seiner Beziehung seine Entwicklung durchmacht. Die einst nat�rlich vorausgesetzte Trennung von den inneren Tendenzen des Apparats, die sich auf der Not durch die Bed�rfnisse begr�ndet, und der Au�enwelt, die sich auf den Apparat nur reizend bezieht, ist jetzt als Unterschied von aktiven Beziehungen der Psyche in der Form von Empfindungen, der Liebe und des Hasses, gegeben. Der Narzi�t mu� sich nicht hemmen gegen seine Naturkr�fte, er verk�rpert gerade seine Natur im Antagonismus seiner Empfindungen und ist hierdurch aktiv unterstellt. In seinem Verh�ltnis zu Objekten entwickelt er aus seinem Selbstbezug heraus Empfindungsqualit�ten, wodurch er in den Empfindungen selbst den Unterschied zwischen sich und anderen entwickelt. "Nach der Abl�sung der rein narzi�tischen Stufe durch die Objektstufe bedeuten Lust und Unlust Relationen des Ichs zum Objekt" (Freud 1915a, S. 99).

Ich will nun die in diesem Ansatz aufgetretenen Begriffe (Narzi�mus, Liebe und Ha� oder Introjektion und Projektion, das Ich als Bewu�tsein, der Lebenstrieb und der Todestrieb, das Verh�ltnis des einzelnen zur Kultur) in ihrem inneren Zusammenhang und ihrer Bedeutung analysieren und schlie�lich ihren logischen Zusammenhang aus sich heraus rekonstruieren, um daran zu zeigen, da� sich aus diesem Ansatz heraus das Lustprinzip, das wesentlichste Konstrukt der Psychoanalyse aufheben mu� in einen Grundantagonismus zwischen Lebenstrieb und Todestrieb, der Freuds Denken auf eine grunds�tzlich negative Haltung zum Triebleben �berhaupt zwingt. Es soll dabei herausgearbeitet werden, wie sich das Freudsche Entwicklungsinteresse selbst umkehrt und von der Auffassung der positiven Nat�rlichkeit des Menschen sich zu einer hiergegen gestellten positiven Kulturtheorie entwickelt.

a) Die Beziehung im Narzi�mus: Liebe und Ha�

Freud hatte den Narzi�mus aus scheinbar subjektiven Erw�gungen heraus eingef�hrt, um damit erkl�ren zu k�nnen, warum es psychische Interessen gibt, die �ber alle Erfahrung hinausgehen. Im Gr��enwahn des Paraphrenikers ist ihm ein solches Interesse in seiner klinischen Praxis begegnet, und er mu�te in der ihm eigenen praktischen Sichtweise sich eingestehen, da� dieser Gr��enwahn sich nicht einfach aus der Halluzination von Befriedigungsereignissen ableiten l��t, auch nicht von verdr�ngten Vorstellungen, da er, nach seiner Auffassung, auf einer vollst�ndigen R�ckwendung der Libido auf das eigene Ich nur erkl�rlich ist und daher die Empfindungsqualit�ten dieses Ichs, die dem Lustprinzip gehorchen sollen, in einem Umfang verk�rpert, der nicht erfahrbar gewesen sein kann. Er konnte demnach das Ich nicht mehr in seiner hemmenden und verdr�ngenden Funktion, wie er sie im zweiten System vermutet hatte, ansehen, denn es wurde im Gr��enwahn offensichtlich, da� das Ich nicht allein zur Verarbeitung von Realit�t, also nicht allein im Zwecke der Bed�rfnisbefriedigung bestimmt sein konnte. Das Ich bekam selbst Empfindungsqualit�ten und mu�te daher - dem Freudschen Gedanken des Lustprinzips zufolge - mit einer eigenen und daher bestimmten Triebhaftigkeit ausgestattet werden.

Der Gedanke, da� sich im Ich Empfindungsqualit�ten des Lustprinzips selbst formulieren, ist grundlegend f�r die Annahme des Narzi�mus. "Das Ich findet sich urspr�nglich, zu allem Anfang des Seelenlebens, triebbesetzt und zum Teil f�hig, seine Triebe an sich selbst zu befriedigen." (Freud, ebd., S. 97) Sein eigener Zweck ist somit vorausgesetzt als Beziehung zu sich selbst, die eine positive Empfindung ausmacht. Alles Fremde ist ihm unangenehm. Die Form der angenehmen Beziehung ist die Liebe, und es ist "die Charakteristik des Narzi�mus: sich selbst lieben." (ebd., S. 96) Hierdurch besteht zun�chst und urspr�nglich die Lustempfindung nur im Ich selbst, so da� alle Au�enwelt nur in unlustvoller Weise erfahren werden kann. Es kommt so zu einer "Deckung der beiden Polarit�ten Ich - Subjekt mit Lust, Au�enwelt mit Unlust" (ebd., S. 98). Bezogen auf die Au�enwelt bestehen f�r den Narzi�ten also nur negative Empfindungen und die Liebe gilt nur auf sich selbst bezogen. "Der Ha� ist als Relation zum Objekt �lter als die Liebe, er entspringt der uranf�nglichen Ablehnung der reizspendenden Au�enwelt von Seiten des narzi�tischen Ichs". (ebd., S. 101) Die Entwicklung geht davon aus, da� alles Objektive geha�t wird und erst in der Einverleibung als anerkannte Lustquelle seine positiven Qualit�ten erwirbt. "Das �u�ere, das Objekt, das Geha�te waren zu allem Anfang identisch. Erweist sich sp�terhin das Objekt als Lustquelle, so wird es geliebt, aber auch dem Ich einverleibt." (ebd., S. 99) Obwohl nun dieses Ich keiner Au�enwelt bedarf, bekommt es also Objekte aus ihr infolge der Erlebnisse der Icherhaltungstriebe und kann doch nicht umhin, innere Triebreize als unlustvoll f�r eine Zeit zu versp�ren. Unter der Herrschaft des Lustprinzips vollzieht sich nun in ihm eine weitere Entwicklung. Es nimmt die dargebotenen Objekte, insofern sie Lustquellen sind, in sein Ich auf, introjiziert sich dieselben ... und st��t andererseits von sich aus, was ihm im eigenen Innern Unlustanla� wird. (ebd., S. 98).

Ganz aus dem Interesse des Lustprinzips entwickelt sich den subjektiven Empfindungsqualit�ten zufolge ein Bezug zur Au�enwelt. Hierzu mu� aber das Ich selbst "innere Triebreize als unlustvoll f�r eine Zeit versp�ren", so da� es erstens das Interesse an einer Introjektion und zugleich ein Interesse an der Projektion (das meint das Aussto�en der inneren Unlust) hat. Der Narzi�t kann sich also nur aus sich selbst heraus, aus seinen subjektiven Erlebnisunterschieden, auf etwas anderes beziehen, das diesen Unterschieden zu entsprechen vermag. Insofern gereicht ihm die Au�enwelt zum reinen Mittel, welches den Empfindungsqualit�ten, die in ihm sind, entsprechen soll, also f�r sich selbst leer und indifferent bestimmt sein mu�. Es kommt nur darauf an, wie sich das Ich f�hlt, um das zu erkennen, als was die Au�enwelt gilt: einmal gilt sie als Gegenstand der eigenen Lust und wird introjiziert, ein andermal gilt sie als Gegenstand der eigenen Unlust und dient zu deren Projektion. Die Erlebnisweisen des Ichs von sich selber werden also zum Kriterium, als was die Au�enwelt gilt. Die Quelle der Empfindungen ist das Ich, das sich "unter der Herrschaft des Lustprinzips" seine Beziehung findet.

Nun schreibt Freud eine Seite sp�ter im guten Glauben, da� er diesen Sachverhalt nur wiederholt, davon, da� das Objekt Quelle von Lust-oder Unlustempfindungen wird, da� also objektive Anl�sse zu Lustempfindungen oder Unlustempfindungen bestehen sollen: "Wenn das Objekt die Quelle von Lustempfindungen wird, so stellt sich eine motorische Tendenz heraus, welche dasselbe dem Ich ann�hern, ins Ich einverleiben will; wir sprechen dann auch von der 'Anziehung', die das lustspendende Objekt aus�bt und sagen, da� wir das Objekt 'lieben'. Umgekehrt, wenn das Objekt Quelle von Unlustempfindungen ist, bestrebt sich eine Tendenz, die Distanz zwischen ihm und dem Ich zu vergr��ern, den urspr�nglichen Fluchtversuch vor der reizausschickenden Au�enwelt an ihm zu wiederholen. Wir empfinden die 'Absto�ung' des Objekts und hassen es." (ebd., S. 99). Diese Unklarheit Freuds dar�ber, was nun die Quelle der Beziehung von Subjekt und Objekt ist, ob sie also aus dem Ich heraus kommt oder aus dem Objekt herauskommt, ist ein immanentes Problem des Begriffs des Narzi�mus selbst, und daher keine zuf�llige Unklarheit. Sofern die Entwicklung allein aus den Empfindungsqualit�ten vermutet wird, ist darin das Subjekt genauso enthalten wie das Objekt, und das, was in der Empfindung als Ph�nomen des Subjektiven oder als Ph�nomen des Narzi�mus gilt, kann gleicherma�en als Ph�nomen des Objektiven angesehen werden.

Der Narzi�t war urspr�nglich mit der Au�enwelt identisch und hatte sich im Gang seiner Entwicklung davon unterschieden, indem er in sich Empfindungen hatte, und diese in die Au�enwelt projizierte. Zugleich aber gilt er auch von aller Au�enwelt getrennt, weil er au�er sich das Ganze seiner Unlustgef�hle hat. Sowohl er wie auch seine Au�enwelt ist somit �berhaupt doppelt bestimmt. Der Bezug zwischen beiden, der in Liebe und Ha� besteht, ist demnach einmal an dem Narzi�mus begr�ndet und hieraus abgeleitet: Der Narzi�t st��t seine Unlustempfindungen ab und zieht seine Lustquellen an; zum andern ist der Narzi�mus der Au�enwelt abgeleitet: Sie ist Lustquelle und zugleich Bedrohung der Selbsterhaltung. Das Ich des Narzi�ten ist somit von aller Welt bedroht und zugleich mit ihr identisch. Dieser doppelte Bezug macht den Gegensatz von Ha� und Liebe, der aus dem Narzi�mus abgeleitet worden war, zugleich zum urspr�nglichen Gegensatz im Narzi�mus selbst, der sich in der Wirklichkeit �berhaupt nur realisiert. Der Dualismus von Ha� und Liebe ist somit abgeleitet und urspr�nglich zugleich. Die hierdurch entstandene Unterscheidungsunf�higkeit von Ursprung und Resultat l�st Freud durch die Unterscheidung des Narzi�mus' in zwei Triebe, welche ihm innewohnen: Der Ich-Trieb und der Sexualtrieb. Ersterer begr�ndet das Selbsterhaltungsinteresse, letzterer den Bezug zur Welt. Beide sind triebhafte Grundlagen aller Beziehungen.

"Das Wort lieben r�ckt also immer n�her in die Sph�re der reinen Lustbeziehung des Ich zum Objekt und fixiert sich schlie�lich an die Sexualobjekte im engeren Sinne und an solche Objekte, welche die Bed�rfnisse sublimierter Sexualtriebe befriedigen." (ebd., S. 100) "Im Gebrauche des Wortes hassen (kann man aber) keine so innige Beziehung zur Sexuallust und Sexualfunktion" (ebd.) finden und "man kann behaupten, da� die richtigen Vorbilder f�r die Ha�relation nicht aus dem Sexualleben, sondern aus dem Ringen des Ichs um seine Erhaltung und Behauptung stammen." (ebd.) Die Beziehungen des Subjekts zu seinen Gegenst�nden "sind (also) nicht aus der Spaltung eines urgemeinsamen hervorgegangen, sondern haben verschiedene Urspr�nge und haben ein jedes seine eigene Entwicklung durchgemacht, bevor sie sich unter dem Einflu� der Lust-Unlust-Relationen zu Gegens�tzen formiert haben." (ebd.)

Der Gedankengang, den der Narzi�mus impliziert, hat sich somit umgekehrt: Liebe und Ha� sollten Ph�nome des narzi�tischen Bezugs sein, haben sich schlie�lich aber als Ph�nomene zweier Triebe dargestellt, die Freud mit dem Sexualtrieb (Liebe) und dem Selbsterhaltungstrieb (Ich-Trieb) identifiziert. Dies widerspricht aber g�nzlich dem narzi�tischen Interesse: Es sollte ja die Einheit von Trieben oder Bed�rfnissen mit den Empfindungsqualit�ten formulieren, und aus den Empfindungsqualit�ten heraus den Kontakt zur Welt begr�nden. Dies konnte nicht gelingen, weil die subjektiven Interessen mit den objektiven Gegenst�nden identisch sein m�ssen, zugleich aber einen Unterschied der Subjektivit�t und Objektivit�t in der Quelle der Beziehung notwendig ist, um den Narzi�mus begr�nden zu k�nnen und durch weitere Entwicklung als �berwindbar ansehen zu k�nnen. W�re Inneres und �u�eres gar nicht unterschieden, so w�re �berhaupt keine Aussage mit dem Narzi�mus getan. Das Modell w�re so das einer Empfindungswelt, in welcher keine Unterschiede von psychischer oder subjektiver und realer oder objektiver Verh�ltnisse gegeben w�ren. Man m��te demnach seine Unlust in der Au�enwelt als das hassen, was man aus der Au�enwelt f�r sich gemacht hatte. Was man liebt, m��te man hassen, da die Au�enwelt sowohl Produkt der Innenwelt wie auch Gegenstand der narzi�tischen Beziehung ist. Das narzi�tische Subjekt k�nnte nicht �ber sich hinausgehen, denn es bezieht sich sowohl in der Liebe auf etwas, als auch im Ha�; letztendlich w�re es identisch mit dem Lustprinzip, welches alles, was ihm angenehm ist, liebt und das, was ihm unangenehm ist, ha�t. Der Narzi�t k�nnte somit nicht �ber sich hinweg,au�er im Narzi�mus selbst, denn wenn er nicht in der Liebe best�nde, so best�nde er im Ha�. Freud mu�te deshalb unterschiedliche Triebe im Subjekt selbst annehmen, die eine gegens�tzliche Beziehung zur Au�enwelt begr�nden. Nur hierdurch kann das Lustprinzip als entwickelnde Kraft, die sich mit dem Narzi�mus identisch erwiesen hatte, zu unterschiedlicher Arbeitsweise kommen. Die Unterschiede n�mlich sind jetzt triebm��ig gegeben, insofern die Selbsterhaltungstriebe die Beziehungen zum Ich ausmachen und daher die negativen Beziehungen zur Au�enwelt begr�nden, die Sexualtriebe die Beziehungen zur Au�enwelt ausmachen und daher die negativen Beziehungen zur Selbstbehauptung (Freud spricht hierbei von einem Selbstverlust) ausmachen. Damit aber ist der Grundgedanke des Narzi�mus’ aufgehoben, denn nicht er begr�ndet seine Beziehungen in der Liebe und im Ha�, sondern diese Empfindungen sind Ph�nomene zweier Triebe, die darin die Erscheinung ihres qualitativen Interesses haben. Der Gedanke des Narzi�mus war ja, da� es nur ein Interesse gibt, welches den Zweck der Beziehung als Empfindungsqualit�t selbst verk�rpert, nun handelt es sich um zwei Zwecke, die sich in unterschiedlichen Empfindungen ausdr�cken. Das Ph�nomen, die Empfindungen, das durch den Narzi�mus begr�ndet sein sollte, ist zum Ph�nomen von Trieben geworden, die sich von den Grundbed�rfnissen des Organismus' in nichts unterscheiden. Die Entwicklung dieser Triebe macht es daher aus, wie sich die Beziehungen gestalten, und das narzi�tische Interesse selbst ist zum Ziel ihrer Bewegung geworden, obwohl es ihnen vorausgesetzt sein sollte. "Die Entwicklung des Ichs besteht in einer Entfernung vom prim�ren Narzi�mus und erzeugt ein intensives Streben, diesen wiederzugewinnen" (ebd., S. 66).

Es gibt also wieder eine nat�rliche Begr�ndung f�r das' psychische Interesse; es besteht aber nicht mehr in einer Beziehung zur Au�enwelt, welche durch bestimmte Erlebnisse einverleibt wird, sondern aus einer Strebung selbst, die dualistische Bed�rfnisse enth�lt, welche sich in Bezug zur Au�enwelt nur ihren eigenen Determinanten folgend - entwickeln. Diese Auffassung macht die ganze Phasenlehre Freuds aus, in welcher sich die verschiedenen Strebungen darstellen. Sie sind verteilt auf die orale Phase, "das Sicheinverleiben" (ebd., S. 101), die anale Phase, "das Streben nach dem Objekt in der Form des Bem�chtigungsdranges" (ebd.), das "vom Ha� kaum zu unterscheiden" (ebd.) ist und schlie�lich die phallische Phase, worin durch die "Herstellung der Genitalorganisation ... die Liebe zum Gegensatz vom Ha� geworden" (ebd.) ist. Das Seelenleben besteht somit identisch mit den Polarit�ten, welche nat�rlicherweise vorausgesetzt sind. Die Bed�rfnisse des Organismus' und die Empfindungsqualit�ten sind dadurch identisch, da� der Entwicklung des Organismus' im Verh�ltnis zu seiner Welt unterschiedliche Erlebnisweisen zukommen sollen. Sie sollen sich in dem Ma� entwickeln, wie das narzi�tische Interesse in die Sexualtrieborganisation �bergeht, zugleich aber soll sich dieser �bergang daraus begr�nden, da� sich die Sexualtriebe von den Ich-Trieben von vornherein unterscheiden. Es entsteht hierdurch eine doppelte Auffassung des Ichs bez�glich der Triebdetermination: Zum einen ist es Resultat eines Entwicklungsprozesses der Triebe, was Freud das Gesamtich nennt, zugleich aber ist es auch ein Teil der Triebe, was Freud im Ich-Trieb formuliert. Als Ich-Trieb ist es dem Proze� vorausgesetzt, als Gesamtich ist es ihm zufolge. Die Beziehungen, die es zu den Objekten hat, l��t sich daher nicht einfach mehr in den Empfindungen ausdr�cken, sondern es hat zugleich alle Beziehungen zur Welt zu verk�rpern, wie es zugleich auch einen Teil der Beziehungen (als Ha�regung) begr�ndet enth�lt. Freud erkennt dies selbst, wenn er feststellt, da� die Bezeichnungen "Liebe und Ha� nicht f�r die Relationen der Triebe zu ihren Objekten verwendbar (seien), sondern f�r die Relationen des Gesamtichs zu den Objekten reserviert" (ebd., S. 99) sein soll.

Das Ich ist also in einer doppelten Bestimmung gegeben. Im Ich-Trieb besteht es als Beziehung auf sich selbst und als Teil allen Trieblebens. Als "Gesamtich" besteht es als Mittel zwischen allen Trieben und der Au�enwelt. Diese Bestimmung des Ichs, einmal als Trieb selbst Teil des Gesamten zu sein, zugleich aber das Gesamte der Beziehungen zu verk�rpern und hierin als Mittel zu gelten, l��t wieder das Problem entstehen, ob es nun als Zweck im Apparat begr�ndend ist, oder als Mittel des Apparats anzusehen ist, der seine Begr�ndung in sich hat. Dieses Problem diskutiert Freud in der Fassung des Ichs als Bewu�tsein oder "Rindenschicht" des psychischen Apparats.

b) Das Bewu�tsein und das Unbewu�te

In Freuds erstem Gesichtspunkt konnte man das Unbewu�te unbefangen mit dem prim�ren Proze� gleichsetzen. Die Stellung, die es n�mlich in der Psyche einnahm, war identisch mit der Stellung, die es zur Realit�t selbst hatte. Es war ja passiv von der Wirklichkeit und aktiv gegen sie unterstellt worden, und nur hierdurch hatte sich das Dilemma im Unterschied von Erlebnisweisen und Zwecken der Psyche ergeben. Aus ihm heraus wurde gerade eine neue Diskussion des Unbewu�ten notwendig, und so entstand eine Theorie �ber das, was hinter dem Bewu�tsein geschieht, eine Metapsychologie (8).

Nun ist das Unbewu�te zwar nicht mehr aus einem Verh�ltnis zur Au�enwelt hervorgegangen und kann deshalb nicht mehr als einfacher Antagonist zum Bewu�tsein gelten, denn das Bewu�tsein ist jetzt selbst zum einen Erscheinung des Unbewu�ten, insofern sich der Ich-Trieb darin formuliert, zum andern ist es die sch�tzende Funktion des Unbewu�ten vor der Au�enwelt, was seine Bestimmung ausmacht. Ich will nun zuerst die Begr�ndung dieser Funktion aus dem Unbewu�ten nachvollziehen, welches allein die Triebe repr�sentiert, um schlie�lich den bewu�ten Charakter des psychischen Apparats darzustellen und das Verh�ltnis vom Unbewu�ten zum Bewu�ten in Beziehung auf das Problem der beiden Triebe (Sexualtrieb und Ich-Trieb) diskutieren.

Freud f�hrt jetzt das Unbewu�te durch die Verdr�ngung von Trieben ein, die immer dann auftritt, wenn es "das Schicksal einer Triebregung wird, da� sie auf Widerst�nde st��t, welche sie unwirksam machen wollen" (Freud 1915b, S. 107). Die Bedingung der Verdr�ngung aber ist, "da� das Unlustmotiv eine st�rkere Macht gewinnt als die Befriedigungslust" (ebd., S. 108) der Triebe, und "ihr Wesen (besteht) nur in der Abweisung und Fernhaltung von Bewu�tem" (ebd.). Hiermit hat Freud wieder den Unterschied vom Unbewu�ten und Bewu�ten eingef�hrt, wobei er das "Unlustmotiv", das "eine st�rkere Macht gewinnt als die Befriedigungslust, herauszuarbeiten bestrebt ist. Zun�chst stellt er fest: Wir haben Grund eine Urverdr�ngung anzunehmen, eine erste Phase der Verdr�ngung, die darin besteht, da� der psychischen (Vorstellungs-) repr�sentanz des Triebes die �bernahme ins Bewu�te versagt wird." (ebd., S. 109) und da� dieser Urverdr�ngung das fortw�hrende Nachdr�ngen des Verdr�ngten die eigentliche Verdr�ngung ausmacht, die das einzelne Schicksal bestimmt. Wir d�rfen uns vorstellen, da� das Verdr�ngte einen kontinuierlichen Druck in der Richtung zum Bewu�tsein hin aus�bt, dem durch unausgesetzten Gegendruck das Gleichgewicht gehalten werden mu�" (ebd., S. 112).

Durch die Verdr�ngung also hat Freud einen urt�mlichen Unterschied von Bewu�tem und Unbewu�tem eingef�hrt, wobei dieser zugleich aber nur dann m�glich ist, wenn es im Unbewu�ten selbst ein Unlustmotiv gibt, das eine "st�rkere Macht gewinnt als die Befriedigungslust". Freud meint hier, "da� wir die Vertiefung in das Wesen der Verdr�ngung aufschieben m�ssen bis wir mehr von dem Aufbau des psychischen Instanzenzugs und der Differenzierung von unbewu�t und bewu�t erfahren haben" (ebd., S. 108).

Im identit�tspsychologischen Ansatz ist f�r Freud das Unbewu�te der urspr�ngliche und allgemeine Ort, aus welchem sich das Verh�ltnis der Menschen begr�ndet. "Den Inhalt des Unbewu�ten kann man mit einer psychischen Urbev�lkerung vergleichen" (Freud 1915c, S. 154). Im Unterschied zum wahrnehmungspsychologischen Ansatz gilt es als eine Art ontologische Verbindlichkeit, in welcher die Menschen das ihnen zugrundeliegende und in ihnen sich bewegende Triebleben �bernehmen. "Wenn es beim Menschen ererbte psychische Bildungen, etwas dem Instinkt analoges gibt, so macht dies den Kern des Unbewu�ten aus." (ebd., S. 154) Dieser Kern ist ambivalent, denn er besteht (wie in a erw�hnt), aus einem best�ndigen Konflikt von Liebesregungen und Ha�impulsen, welche die narzi�tische Libido ausmachen. Die Konflikte, die sich im Unbewu�ten abspielen m��ten, "auf dem normalen Wege durch das Vorbewu�te zum Bewu�tsein (sich) fortsetzen" (Freud 1917, S. 210). Nun kann aber dieser Konflikt deshalb nicht ins Bewu�tsein vordringen, weil er ja gerade die Existenz des Unbewu�ten als das narzi�tische Geschehen selbst ausmacht, so da� Freud schreiben mu�: "Die konstitutive Ambivalenz geh�rt an und f�r sich dem Verdr�ngten an ... so bleibt alles an diesen Ambivalenzk�mpfen dem Bewu�tsein entzogen." (ebd., S. 210) Dieser Kampf ist im Grund ein Konflikt um das unbewu�te Leben selbst, der wie ein "seelischer Schmerz" (ebd., S. 212) bestehen mu�. Dieser Schmerz ist wie ein Unlustmotiv, und es mu� das Motiv ausmachen, das "eine st�rkere Macht gewinnt als die Befriedigungsunlust" und macht daher die treibende Kraft der Verdr�ngung des Unbewu�ten aus. (Im Falle der Melancholie kann Freud selbst zeigen, da� sich dort dieser Konflikt im Bewu�tsein selbst zeigt und da� die darin bewu�t erfahrene Selbstqu�lerei "unzweifelhaft genu�reiche Selbstqu�lerei (ebd., S. 205) ist und "die Befriedigung von sadistischen und Ha�tendenzen" (ebd.) vollzieht, nachdem die Tendenzen der Liebe "in die narzi�tische Identifizierung gefl�chtet" (ebd.) waren). Der seelische Konflikt kann also nur durch eine L�sung geschehen, welche "eine au�erordentlich hohe Gegenbesetzung in Anspruch nimmt" (ebd., S. 211). Von hier ist Freud gen�tigt, zur "Einsicht in die �konomische Natur zun�chst des k�rperlichen und dann des ihm analogen seelischen Schmerzes" (ebd., S. 212) zu kommen.

In dieser Zeit interessieren ihn vor allem die schmerzhaften Ph�nomene, wie sie in der Melancholie und in den traumatischen Neurosen zum Ausdruck kommen in einer Art Wiederholungszwang, welcher sich nur in dem Verst�ndnis des Schmerzes, erkl�ren l��t, der diesen Krankheiten vorausgeht. Sein theoretisches Interesse hierbei ist, den Zustand herauszuarbeiten, durch welchen das narzi�tische Interesse des Unbewu�ten so �berwunden werden mu�, da� sich ein Bewu�tsein hieraus ableiten l��t. Der identit�tspsychologische Ansatz w�re n�mlich sonst mit einer Mythologie im Sinne Jungs identisch geblieben.

Nun ist die Frage, welches allgemeine Unlustmotiv eine Urverdr�ngung ausmacht, darin beantwortet, da� es sich um den seelischen Schmerz handelt, der sich aus der unbewu�ten Ambivalenz ergibt. Noch ganz im Denken des Lustprinzips befangen, m��te man die auch in diesem Sinne gestellte Frage dahin beantworten, da� die T�tigkeiten des Narzi�mus, die Liebes- und Ha�regungen, welche beide dem Lustprinzip gehorchen, das erstere im Sinne der Lustgewinnung, das letztere im Sinne der Abhaltung von Unlust arbeitet, zu einem Ergebnis gelangen, welches ein solches Unlustmotiv ausmacht, da� dieses st�rker w�re, als die Lusttendenzen des Unbewu�ten, und daher diese zu verdr�ngen vermag. Dies aber w�re ein Schlu�, der sich allen Annahmen des Konstanzprinzips widersetzen mu�: Ein �konomisch sinnvoller Konflikt, der sich im Unbewu�ten zwischen Liebe und Ha� abspielt, soll eine �konomisch �berm�chtige Gr��e hervorrufen, welche sich in der Form eines Schmerzereignisses negativ gegen diesen Konflikt geltend macht und ihn verdr�ngt. Dies ist nach der bisherigen Ansicht Freuds aber nicht denkbar; er diskutiert es am Wiederholungszwang in der traumatischen Neurose, wo gerade die Situation gegeben ist, wo ein Trauma dadurch verdr�ngend wirkt, da� es Handlungen einleitet, welche den Zustand der Situation vor dem Trauma herzustellen bestrebt ist. Seine Gedanken n�tigen ihn dabei, dieses unbewu�t begr�ndete Verhalten nicht mehr als T�tigkeit des Lustprinzips anerkennen zu k�nnen. Nach dem Lustprinzip kann kein ihm folgendes Verhalten der Psyche zu einer Gr��e werden, die es zu verdr�ngen vermag. Freud relativiert daher seine Auffassung des Lustprinzips zun�chst, indem er sagen mu�, dies sei eigentlich unrichtig, von einer Herrschaft des Lustprinzips �ber den Ablauf der seelischen Prozesse zu reden. Wenn eine solche best�nde, m��te die �bergro�e Mehrheit unserer Seelenvorg�nge von Lust begleitet sein oder zur Lust f�hren, w�hrend doch die allgemeinste Erfahrung dieser Folgerung energisch widerspricht. Es kann also nur so sein, da� eine starke Tendenz zum Lustprinzip in der Seele besteht, der sich aber gewisse andere Kr�fte oder Verh�ltnisse widersetzen, so da� der Endausgang nicht immer der Lusttendenz entsprechen kann." (Freud 1920, S. 219). Das bisher f�r die Psychoanalyse lebenswichtige Konstanzprinzip, das als Naturtatsache das psychische Bestreben begr�nden sollte, erkennt Freud in einem lapidaren Nebensatz als Zirkelschlu� an: "Das Lustprinzip leitet sich aus dem Konstanzprinzip ab; in Wirklichkeit wurde das Konstanzprinzip aus den Tatsachen erschlossen, die uns die Annahme des Lustprinzips aufn�tigten." (ebd.) Das Lustprinzip, das sich als der tragende Entwicklungsgedanke in der Psychoanalyse erwiesen hatte, leitete sich aus dem ab, was aus ihm selbst erschlossen worden ist. Die Tatsachen, die dem Lustprinzip entsprachen, sollten das Prinzip erschlie�en, dem sie folgten. Was dem Lustprinzip entspricht, sollte das Lustprinzip begr�nden.

Nach der Aufdeckung dieses Zirkelschlusses und die hiermit verbundene Relativierung des Lustprinzips konnte Freud die Behauptung, da� das Unbewu�te dem Lustprinzip gehorcht, nicht mehr aufrecht erhalten und er mu�te, will er seinen Ansatz fortf�hren, eine psychische Tendenz annehmen, welche "jenseits des Lustprinzips" besteht. Es ist zugleich hiermit aber auch klar, da� es sich um kein Prinzip handeln kann, welches im Dienste des Lustprinzips selber w�re, wie etwa das Realit�tsprinzip. "Es ist indes unzweifelhaft, da� die Abl�sung des Lustprinzips durch das Realit�tsprinzip nur f�r einen geringen und nicht f�r den intensivsten Teil der Unlusterfahrungen verantwortlich gemacht werden kann." (ebd., S. 220). Es mu� eine Tendenz sein, welche st�rker ist, als die dem Lustprinzip gehorchenden Prozesse des Narzi�mus’. Sie mu� also ihm selbst vorausgehen, um ihn als unbewu�te Grundlage der selbsts�chtigen und dem Lustprinzip gehorchenden Prozesse verdr�ngen zu k�nnen. Die Schranke der Selbstsucht, welche zum Genu� f�hrt, kann daher nur eine Tendenz sein, die "das Lustprinzip au�er Kraft setzt" (Freud 1920, S. 239). Freud nennt diese Tendenz den Todestrieb.

Er f�hrt diese Wende seiner ganzen Theorie dadurch der Anschauung n�her, da� er am Beispiel des "lebenden Bl�schens" dessen Entwicklung verdeutlicht und wiederholt in dieser Darstellung das ganze Problem bis zur Einf�hrung des Todestriebs, welcher ihm im Gang seiner theoretischen Entwicklung aufgezwungen wurde (vgl. Freud 1920, S. 237ff). Er stellt darin eine traumatische Situation dar, in welcher "eine gro�artige Gegenbesetzung hergestellt" (ebd., S. 240) werden mu�, bei der "alle andern psychischen Systeme verarmen" (ebd.). Die Aufl�sung dieser Gegenbesetzung, welche die unbew�ltigten Reize in Schach halten soll, kann nur durch eine sukzessive Wiederholung der Reizsituation, welche das Trauma ausmacht geschehen. Dies sieht Freud als Grund des Wiederholungszwangs in der traumatischen Neurose, welche dem Lustprinzip nicht widerspricht. Doch gleichzeitig zeigt Freud diese Tendenz zum Regre� in die traumatische Situation, da� der seelische Apparat eine Funktion hat, die den Entfaltungsinteressen,. welche dem Lustprinzip des narzi�tischen Apparats entsprechen, zwar nicht widersprechen, "doch unabh�ngig von ihm ist und urspr�nglicher erscheint als die Absicht des Lustgewinns und der Unlustvermeidung" (ebd., S. 242).

Was hier nun theoretisch geschehen ist, war die Gleichsetzung des narzi�tischen Interesses mit dem Lustprinzip (das machte ja die urspr�nglich narzi�tische T�tigkeit in den Empfindungsformen von Liebe und Ha� aus), welche die Situation nicht mehr erkl�ren kann, in welcher der narzi�tische Apparat sozusagen funktionsunf�hig ist durch eine traumatische Situation. Diese verlangt n�mlich eine Bew�ltigung "ehe das Lustprinzip seine Herrschaft beginnen kann" (ebd., S. 241). Demnach mu� sich der progressiven Tendenz des Narzi�mus' eine "konservative Natur des Lebenden" (ebd., S. 246) entgegenstellen, "ein dem belebten Organischen innewohnender Drang zur Wiederherstellung eines fr�heren Zustandes, welchen dies belebte unter dem Einflusse �u�erer St�rungskr�fte aufgeben mu�te." (ebd., S. 246). In diesem Drang "entdeckt" Freud nun das Konstanzprinzip wieder, jedoch "jenseits des Lustprinzips". Dieses Konstanzprinzip formuliert sich jetzt nicht mehr als naturwissenschaftliches Konstrukt, sondern als eine Tendenz allen Lebens �berhaupt, also als eine Art geisteswissenschaftliches Konstrukt, nach dem alles "Lebende aus inneren Gr�nden stirbt, ins Anorganische zur�ckkehrt" (ebd., S. 248). Das Leben selbst ist als geistig und unmateriell verstanden, weshalb es die "unbelebte Materie" (ebd., S. 248) ist "welche allem Lebenden vorangeht, aber zugleich auch das Ziel allen Lebens sein soll. "Das Ziel allen Lebens ist der Tod, und zur�ckgreifend: das Leblose war fr�her da als das Lebende." (ebd.) Das Konstanzprinzip, urspr�nglich als naturwissenschaftliches Erkl�rungsmodell des Luststrebens gedacht, ist nun zu einer Lebenstendenz geworden, welche das Gegenteil des Lustprinzips ausmacht und urspr�nglicher als es selbst ist.

Hierdurch aber hat sich Freuds ganze Auffassung des psychischen Lebens und der Triebe �berhaupt radikal ge�ndert (10).Das psychische Leben wird nicht mit dem materiellen Leben �berhaupt identisch genommen (was der Naturwissenschaftler Freud als seine wesentliche Voraussetzung und als Grundlage einer "materialistischen Psychologie" ansah), sondern als ein Proze�, der jenseits des Materiellen bestimmt ist und in der Materie lediglich seine Voraussetzung und auch seinen Untergang hat. Die Triebtheorie ist jetzt zu einer geisteswissenschaftlichen Konstruktion geworden, in welcher die Grundtendenzen des nichtmateriellen Lebens abstrakt als Lebenstrieb und Todestrieb formuliert sind. Der urspr�nglich materielle Gegensatz von Lustprinzip und Realit�tsprinzip ist zu einem ideellen Gegensatz von Lebenstrieb und Todestrieb geworden. Das Konstanzprinzip - einst naturwissenschaftliche Begr�ndung der psychischen T�tigkeit �berhaupt - hat sich in eine geistige Tendenz verwandelt, welche sich gegen das (implizit ebenso geistig gemeinte) Entfaltungsinteresse des Narzi�mus' wendet. Das Triebleben selbst wird zu einem Dualismus, dessen Grundziel das Ende allen Lebens in der Materie ist. "Es ist wie ein Zauderrhythmus im Leben der Organismen; die eine Triebgruppe st�rmt nach vorw�rts, um das Endziel des Lebens m�glichst bald zu erreichen, die andere schnellt an einer gewissen Stelle dieses Weges zur�ck, um ihn von einem bestimmten Punkt an nochmals zu machen und so die Dauer des Weges zu verl�ngern." (ebd., S. 250)

c) Die Kultur als das negierte Unbewußte

Die gedankliche Bewegung, die sich bei Freud mit der Einf�hrung des Narzi�mus im identit�tspsychologischen Gesichtspunkt begr�ndet hatte, hat nun das Gegenteil ergeben von dem, wovon ausgegangen worden war. Die Einheit der seelischen Kr�fte in einem urt�mlichen Konstrukt wie dem Narzi�mus, die "psychische Ursituation", worin alle Triebe in nur einer Tendenz beisammen sind, hat sich in ihr Gegenteil verkehrt, n�mlich in eine doppelte Urtendenz, welche sich in allen Momenten des Lebens ausdr�ckt und darin zur Einheit verschmilzt. Nicht mehr die Entfaltung des Lebensprozesses macht den psychischen Prozess aus, sondern dessen Zur�cknahme, die fortw�hrende Aufhebung aller Lebensmomente in ihre urspr�nglichsten Interessen. Das Bewu�tsein ist nurmehr Ausdruck des Dualismus, der ihm von seinen Trieben her vorausgesetzt ist.

Die theoretische Notwendigkeit zu der Wendung im identit�tspsychologischen Ansatz lag in der doppelten Begr�ndung des Bewu�tseins, welches die Triebinteressen einerseits formulieren sollte (im Sinne von Lebens- und Entfaltungsinteressen - vgl. das "lebende Bl�schen"), andererseits aber das Triebleben vor der Au�enwelt sch�tzen mu�te, um das, was das narzi�tische Leben allgemein ausmacht, n�mlich die Beziehung in Liebe und Ha� zu erm�glichen. Die Konstruktion des narzi�tischen Menschen h�tte eine Bev�lkerung verlangt, welche - wie Freuds "psychische Urbev�lkerung" im Unbewu�ten - sich wesentlich absto�en (der Ha� galt als prim�re Tendenz) h�tte m�ssen, sich zugleich aber in diesem Absto�ungsprozess als Lustquelle h�tte finden k�nnen sollen. Da aber der Ha� nicht nur ein Absto�en, sondern auch zugleich ein Vernichtungsinteresse unterstellt, w�re die Gesellschaft nichts anderes als ein Ort der kollektiven Vernichtung geworden. Da sich der einzelne hierin bedroht f�hlen mu�, hat es eines Bewu�tseins bedurft, welches die unbewu�ten Tendenzen von Liebe und Ha� in dieser Gesellschaft zugunsten des Lustprinzips h�tte vermitteln m�ssen. Somit mu�te das Bewu�tsein den Widerspruch tragen, welcher in der Konstruktion des narzi�tischen Menschen gesetzt war. Es konnte diese Leistung aber nicht mehr im Sinne des Lustprinzips bew�ltigen, da diesem ja bereits die unbewu�ten Prozesse gehorchten. Um seine T�tigkeit aus der Verdr�ngung dieser unbewu�ten Prozesse zu begr�nden, mu�te eine psychische Tendenz angenommen werden, die sich gegen das Lustprinzip durchzusetzen versteht. In der Zerst�rung des einzelnen "fand" Freud daher einen Trieb, der urspr�nglicher ist, als die bis dahin angenommenen Triebe. Somit dr�cken sich in dem Verh�ltnis der Menschen zwei Triebe aus, die alles Leben �berhaupt ausmachen sollen, der Lebenstrieb und der Todestrieb. Das Bewu�tsein ist nurmehr eine Instanz, die mit diesen Trieben fertigzuwerden hat. Es mu� diese daher nicht mehr sch�tzen, sondern mu� den "d�monischen Charakter" (ebd., S. 245) des Trieblebens �berhaupt meistern.

Der Todestrieb begr�ndete �konomisch die Verdr�ngung von unbewu�ten Regungen des Narzi�ten und erm�glichte so die Begr�ndung einer Kraft, welche sich ihnen entgegensetzen kann; er wurde aber zugleich als Trieb selbst Teil des Unbewu�ten und daher eine innere Tendenz, welche die Vernichtung des Menschen �berhaupt ausmachen soll.

Die Vernichtung, die dem Menschen durch seine unbewu�ten Triebe droht, kann nur dadurch bew�ltigt werden, da� er sie zu verdr�ngen in der Lage ist. Dies veranla�te Freud, eine Kulturtheorie aufzustellen, welche auf der Verdr�ngung des Trieblebens gr�ndet. Der angenommene Triebdualismus mu� ja alle Au�enwelt zum Mittel gegen die menschlichen Triebkr�fte bestimmen, denn aller subjektiven Entwicklung ist darin vorgegeben, da� sie sich unter dem allgemeinen Sieg des Todestriebes verzehren m��te. Lie�e man n�mlich die menschliche Natur gew�hren, so h�tte sie diese "ihre besonders wirksame Art, uns zu beschr�nken, sie bringt uns (n�mlich) um, kalt, grausam, r�cksichtslos, wie uns scheint, m�glicherweise gerade bei den Anl�ssen unserer Befriedigung. Eben wegen dieser Gefahren, mit denen uns die Natur droht, haben wir uns ja zusammengetan und die Kultur geschaffen, die unter anderem auch unser Zusammenleben m�glich machen soll. Es ist ja die Hauptaufgabe der Kultur, ihr eigentlicher Daseinsgrund, uns gegen die Natur zu verteidigen." (Freud 1927, S. 149). Da also nat�rlicherweise "bei allen Menschen destruktive, also antisoziale und antikulturelle Tendenzen vorhanden sind" (ebd., S. 141), mu� "sich jede Kultur auf Zwang und Triebverzicht aufbauen" (ebd.), so da� "jeder Einzelne virtuell ein Feind der Kultur ist, die doch ein allgemein menschliches Interesse sein soll" (ebd., S. 140). Der Grund, warum die Kultur nicht das Allgemeine der Einzelnen ist, liegt in der Natur des Menschen, denn nur sie kann "uns gegen die Natur verteidigen" (ebd.). Da aber "die Massen tr�ge und einsichtslos (sind), den Triebverzicht nicht lieben" (ebd., S. 141), mu� "die Kultur ... gegen den Einzelnen verteidigt werden" (ebd., S. 140). Da also der einzelne in der Masse nicht einsieht, wie n�tig er die Kultur hat, da er seinem blinden Triebverlangen unbeherrscht zu folgen bestrebt ist, mu� man die Kultur, "das allgemeinmenschliche Interesse" gegen den einzelnen verteidigen, wie wohl sich dieser damit zugleich gegen seine Natur zu verteidigen hat. Da der einzelne aber von dieser Notwendigkeit nichts wei� - er folgt wohl seinem blinden Todesstreben - bedarf es zur Rettung der Kultur des "Einflusses vorbildlicher Individuen, die (die Massen) als ihre F�hrer anerkennen (und welche) sie zu den Arbeitsleistungen und Entsagungen bewegen, auf welchen der Bestand der Kultur angewiesen ist." (ebd.)

Da also erstens der einzelne seinen Trieben gehorcht und gedankenlos ist und zweitens nach der Freudschen Auffassung die Kultur auf Triebverzicht gr�ndet, bedarf es der Gewalt und der "Verf�gung �ber Machtmittel" (ebd.), damit der Triebverzicht gelingen kann. Was die Menschen f�r diese materiellen Zw�nge entsch�digt, ist das, was sie als "seelischer Besitz der Kultur" (ebd., S. 144) erwerben, denn das machen ihre "seelischen Fortschritte in der Menschheitsentwicklung aus. Indem n�mlich die Menschen die �u�eren Zw�nge in ihre Seele integrieren, erwerben sie die Kultur als ihren eigenen "seelischen Besitz". In dem Ma� wie also der �u�ere Zwang im einzelnen interniert wird, ver�ndern sich die Menschen "aus Kulturgegnern zu Kulturtr�gern. Je gr��er ihre Anzahl in einem Kulturkreis ist, desto gesicherter ist diese Kultur, desto eher kann sie der �u�eren Zwangsmittel entbehren" (ebd., S. 145).

Freuds Theorie endet hier ganz jenseits der Triebe, von denen er ausgegangen ist. Er selbst macht sich zum Vertreter einer Kultur, die sich gegen das, was Freud als Triebleben bezeichnet hatte, wendet und auf der Herrschaft eines, dem einzelnen uneinsichtigen Zusammenhangs beruht. Seine Kulturtheorie besteht nun in dem Widerspruch, da� der einzelne die Kultur braucht, um sich gegen seine Natur zu verteidigen, zugleich aber seine Natur sich so geltend macht, da� man die Kultur gegen den einzelnen verteidigen mu�. Da also der einzelne sowohl Nutznie�er der Kultur wie auch ihr Gegner ist, bleibt nur irgendjemand �brig, der die Kultur zu verteidigen hat. Dies kann nur noch jene Schicht sein, welche (mit Freud) an dem Fortbestand einer Kultur Interesse hat, die sich gegen den einzelnen wendet. Freuds Theorie wendet sich selbst gegen den, den sie erkl�ren soll.

d) Das Dilemma des identit�tspsychologischen Gesichtspunkts

Das Problem, um welches sich der identit�tspsychologische Gesichtspunkt dreht, beruht auf dem doppelten Bezug, welcher durch den Narzi�mus gesetzt ist. Der Narzi�t bezieht sich n�mlich auf sich, wenn er sich auf die Welt bezieht, und bezieht sich auf die Welt, um sich zu gewinnen. Das Problem liegt in der Selbstsucht und der Weltbezogenheit, welche im Narzi�mus identisch und verschieden zugleich gesetzt ist. Der Narzi�t bezieht sich auf sich selbst, indem er an sich Lust findet, er bezieht sich auf die Welt, indem sie ihm als Lustquelle dient. Da sowohl er sich, wie auch die Welt ihm als Lustquelle dienen kann, besteht der einzige Unterschied, den seine Empfindungen ausmachen, in der Unlust. Diese hat zwei Seiten: Sie kann aktiv bestehen, "aus innen heraus" oder passiv, "von au�en her". Der Narzi�t f�hrt die von innen her bestimmte Unlust dadurch ab, da� er sie in die Welt projiziert, die Welt also zu seinem Feind macht, die Unlust von au�en bringt ihn dazu, da� er sich vor jeder Einwirkung bewahrt oder sch�tzt. Umgekehrt geht es seinen positiven Beziehungen. Wenn der Narzi�t sich selbst liebt, so kann er von sich selbst nicht wegkommen, wenn er anderes liebt, so verliert er sich. Diese doppelten Beziehungen, die dem Narzi�mus zufolge sind, hatte Freud in der Diskussion um die Begriffe Liebe und Ha� zum einfachen Unterschied verk�rzt und hierbei den Widerspruch nicht gemerkt, der dadurch besteht, da� diese Begriffe im Grunde identisch sind, aber gegeneinander gestellt werden: Wenn ich n�mlich Liebe als Ph�nomen der Lust und Ha� als Ph�nomen der Unlust auffasse, so bedeuten die Begriffe das einfache Gegenteil derselben Qualit�t - der Lust.

Zugleich sollten die Beziehungen von Liebe und Ha� wesentlich verschiedene Interessen verk�rpern und deshalb Ph�nomene unterschiedlicher Triebe (Sexualtrieb und Ich-Trieb) sein, also qualit�tsunterschiedliche Beziehungen verk�rpern. So war es Freud m�glich, in der Gleichsetzung dieser unterschiedenen Beziehungen sowohl die erste Auffassung wie auch die zweite zugleich zu vertreten. Hierdurch aber kam er in das Problem, das psychische Leben in doppelter Weise verstehen zu m�ssen, n�mlich einmal in einer Dualit�t zweier Empfindungen der Welt (in den Formen von Lust und Unlust), zugleich aber die qualitativ unterschiedlichen Formen der Beziehungen, in welcher die narzi�tische Seele (durch ihre Sexual- und Selbsterhaltungstriebe) in der Lage ist, sich mit der Welt identisch zu setzen und sich von ihr zu unterscheiden. Die Beziehungsformen (Lust und Unlust) und die Beziehung als Verh�ltnis (der Triebe zur Au�enwelt) verbargen also einen Widerspruch, den Freud umging, indem er beides gleichsetzte. Indem er n�mlich die unterschiedlichen Beziehungen als Triebkraft begr�ndet ansehen konnte und die Triebe selbst qualitativ unterschied, konnte er zugleich behaupten, da� beide einem identischen Prinzip, dem Lustprinzip, folgen. Aber das Lustprinzip verfolgte damit gegens�tzliche Interessen und mu�te zu einem grundlegenden Problem werden, da es sich selbst dadurch aufhob, da� es sowohl im Sinne der Selbsterhaltung (als Ha�) als auch dem Selbstverlust (als Liebe) zugleich als allgemeine Empfindungsqualit�t zukommen sollte. Freud bemerkte das Problem, als er den Antagonismus von Unbewu�tem und Bewu�tem mit und durch die bis dahin entstandene Auffassung der narzi�tischen Beziehungen erkl�ren wollte. Das Unbewu�te war n�mlich demnach doppelt bestimmt durch Ich- und Sexualtriebe, zugleich aber war es als ganzes und einfaches System mit der Au�enwelt konfrontiert, gegen die er sich sch�tzen sollte. Der Antagonismus von Ich- und Sexualtrieben konfligierte mit dem Antagonismus von Unbewu�tem und Bewu�tem in dem Empfindungsverh�ltnis (Lust-Unlust), welches diesen ausmacht.

Die doppelte Auffassung des Unbewu�ten dr�ckte sich daher in Freuds Bewu�tseinsbegriff selbst aus. Es sollte einmal die Interessen der ganzen Psyche gestalten, selbst Ausdruck der Psyche sein, zum andern aber sollte es die Psyche sch�tzen und vor der Welt bewahren, gegen�ber welcher es zugleich die unbewu�ten Interessen zu vertreten hatte. Das Bewu�tsein empfindet daher in Lust und Unlustqualit�ten und soll zugleich Beh�ter und Besch�tzer vor dem sein, was Unlust und Lust bereiten kann. Zu dieser widerspr�chlichen T�tigkeit des Bewu�tseins bedurfte es der Verdr�ngung, die es urspr�nglich und nat�rlich vom Unbewu�ten unterscheiden konnte, damit es als Mittler zwischen den Zwecken der Psyche und der Au�enwelt und zugleich als aus der Psyche hervorgegangen begr�ndet sein konnte. Im Unterschied aber zum wahrnehmungspsychologischen Gesichtspunkt, wo das Befriedigungserlebnis den hier notwendigen Zusammenhang gestiftet hatte, sollten es ja die narzi�tischen Interessen sein, welche die Psyche in ihrer Einheit ausmacht. Hiernach mu�te die Selbstsucht des einzelnen in den Qualit�ten, wie sie sich nur unterscheiden konnte (Liebe und Ha� als Formen der Lust) allgemein werden, und Freud mu�te den allgemeinen Narzi�ten mit dem menschlichen Leben und der Geschichte selbst identifizieren.

Der Triebdualismus (Ich- und Sexualtriebe) sollte das allgemeine Leben begr�nden, aber zugleich den einzelnen als luststrebenden Narzi�ten bestimmen. Die Luststrebung konfligierte daher �berhaupt mit den Triebbestimmungen, denn wenn die Selbsterhaltung in der Vernichtung anderer Lust bringt, so mu� die allgemeine Vernichtung zur Naturnotwendigkeit werden. Aus den Ich- und Sexualtrieben wurde daher der Gegensatz von Todes- und Lebenstrieben. Der Mensch als Narzi�t gefa�t, wurde somit zum geisteswissenschaftlichen Konstrukt, das seine naturwissenschaftliche Begr�ndung (das Konstanzprinzip) �berwinden mu�te. Der Zustand der Konstanz wurde identifiziert mit dem materiellen, mit dem Zustand des Leblosen, so da� das Lebende und Psychische mit den unmateriellen Bewegungen des Lebens zusammenfiel, dessen Voraussetzung und Ziel das Leblose sein sollte. Daher wurde die Begr�ndung des psychischen Lebens selbst in einer geistigen Dualit�t (von Lebenstrieb und Todestrieb) erkl�rt, durch welche es aller materiellen Immanenz entledigt war, aber zugleich negativ zu ihr (als Strebung von und zu der Materie) begr�ndet sein sollte.

Hierdurch wurde aber eine Kulturtheorie notwendig, welche sich gegen das Triebleben begr�nden sollte, indem es die h�heren Werte als "seelischer Besitz" gegen das unmittelbare und materielle Leben zu bewahren hatte. Jede menschliche Entwicklung ist demnach nur auf der Basis der Selbst�berwindung m�glich, auf der Triebverdr�ngung, die zugleich die Selbstvernichtung des Menschen �berhaupt abzuwenden vermag. Diese Abwendung war aber als allgemeiner geistiger und kultureller Akt nur gegen das einzelne Interesse m�glich, da dieses durch die Triebe, jenes aber durch die menschliche Entwicklung und Geschichte selbst bestimmt galt. Das Unbewu�te war sozusagen das, was die Vernichtung des einzelnen Individuums ausmachte, was also seiner Natur entsprach, und die Kultur wurde zu einer Art allgemeinem Bewu�tsein, das sich gegen das Unbewu�te durchzusetzen hatte. Der Gegensatz, in dem der Mensch zu leben hatte, bestand jetzt aus den Naturkr�ften und Kulturkr�ften, die sich in jedem einzelnen zu vollziehen haben, der aber zugleich diesen Gegensatz enthalten soll. Er soll gegen sich eine Kultur wollen, die sich zugleich ihm zu Diensten stellt. Diesen Widerspruch ignorierte Freud durch seine Auffassung von Wissenschaft, welche die allgemeinen Werte zu vertreten hatte, damit der bornierte einzelne Mensch von den F�hrern der Gesellschaft vor seinem (wohl langfristig gemeinten) Untergang bewahrt werden konnte. In diesem Ansatz steckt damit eine Auffassung, die den widerspr�chlichen Begriff des Narzi�mus’ zu einem widerspr�chlichen Entwicklungsverst�ndnis des Menschen selbst gef�hrt hatte, das sich gegen die narzi�tischen Interessen wenden sollte. Es hat sich n�mlich ergeben, da� sich die Entfaltung des Menschen aus ihm selbst heraus zu begr�nden h�tte, aber das Entfaltete (als Kultur) wieder zur Bek�mpfung seines Ursprungs gewonnen werden mu�. Der Mensch mu� somit einer ihm vorausgesetzten Bestimmung folgen, seinem Trieb also gehorchen, um sich zugleich gegen das, was ihn ausmacht, zu befreien, indem er das Befreite (die Kultur) gegen seinen Trieb zum Mittel macht, um als Mensch �berhaupt zu gelten.

Das allgemeinste Dilemma des identit�tspsychologischen Gesichtspunktes besteht nun darin, da� er von den autonomen und auf sich gewendeten Interessen des Menschen selbst ausgeht, aber zugleich allen Menschen und ihren Verh�ltnissen unterstellen mu�te. Freud bestimmte die einzelnen Interessen durch die Ich- und Sexualtriebe und verallgemeinerte sie schlie�lich zu Todes- und Lebenstrieben, mit denen er sie identifizierte. Hierdurch gilt die Selbstsucht identisch mit dem, was allen Menschen gemeinsam ist, so da� sie in ihrer Bezogenheit aufeinander sich zugleich vernichten m�ssen, um sich zu gewinnen, aber auch sich anerkennen m�ssen, um ihrem eigenen Untergang zu entgehen. Dies dr�ckt sich schlie�lich in der Verwirrung Freuds �ber den Unterschied oder die Identit�t von Ich- und Sexualtrieb einerseits, welche den je einzelnen Inhalt des Interesses ausmacht, und den Todes- und Lebenstrieben andererseits, welches den allgemeinen Inhalt von menschlicher Entwicklung �berhaupt ausmacht. Freud hatte zuerst beide Triebpaare identifiziert; sp�ter sah er die Ich- und Sexualtriebe als Inhalt der Lebenstriebe an (11), denen der Todestrieb als allgemeines Prinzip �bersteht und daher eine Kultur notwendig machte, die sich dem Triebleben entgegensetzt.

Freuds Narzi�mustheorie endet somit im Grunde in einer Triebtriade (von Ich-, Sexual- und Todestrieb), welche sowohl das einzelne Interesse wie auch das allgemeine bestimmt und dem einzelnen daher auch allgemein eine dreifache Begr�ndung der Psyche geben mu�. Hierdurch aber widersetzt sich Freuds Theorie vollst�ndig dem Unterschied von Entfaltung und Schranke, die bisher als Gegensatz der Psyche mit der Welt grundlegender Bestandteil der psychoanalytischen Argumentation war und wird aufgehoben zu einem allgemeinen, aber je einzelnen Integrationszusammenhang, welcher nur noch als Struktur des menschlichen Lebens �berhaupt formuliert wird, das sich im Konflikt seiner gegens�tzlichen Bestimmung selbst nur bewegt. Die aus der narzi�tischen Entwicklung notwendig gewordene Triade wird zur Lebensstruktur �berhaupt, welche eine neue Theorie Freuds begr�ndet, die ich in seiner Entwicklung als dritten Gesichtspunkt, als den strukturpsychologischen Gesichtspunkt ansehe.

3. Der strukturpsychologische Gesichtspunkt

Eine Strukturanalyse beschr�nkt sich auf die Zergliederung des Gegebenen in analytische Teile, die sich aufeinander als Teile einer ganzen Struktur beziehen. Alle Entwicklung kann darin nur in der Findung dieser allgemeinen Struktur liegen, die ihr als allgemeine Eigenschaft unterstellt ist. Das Erkl�rungsinteresse besteht darin, eine Art Mechanik des Geschehens herauszufinden, welche den allgemeinen Sinn des einzelnen Problems ausmacht, um es "vorauszusehen und m�glicherweise abzu�ndern." (Freud 1940, S. 52)

In der sogenannten Strukturhypothese, welche Freud 1923 einf�hrt, wird das Problem, das Freud bisher als ontologisches Schicksal angesehen hatte, in der Struktur des Subjekts selbst aufgel�st. Der Gegensatz von Kulturwerten und Naturkr�ften l�st sich in der Struktur des einzelnen Menschen zu internen Bestimmungen seines Handelns auf (12).

Wesentlich neu in diesem Gesichtspunkt ist der Gedanke der Internierung allgemeiner und vorausgesetzer Verh�ltnisse in dem einzelnen, welcher als Entwicklungsproze� sein vorbestimmtes Schicksal ausmacht. Auch wenn die alten Begriffe (wie z.B. Introjektion und Projektion, Unbewu�tes und Bewu�tes, Lebenstrieb und Todestrieb) weiter verwendet werden, so haben sie doch selbst keinen theoretischen Wert und werden eher als deskriptive Begriffe f�r den Proze� der Internalisierung verwendet. Am Begriff des Bewu�ten wird dies offensichtlich. Dies bemerken die Verfasser der Studienausgabe ausdr�cklich, wenn sie schreiben, da� es "offenbar geworden (ist), da� weder bez�glich des' Unbewu�ten' noch bez�glich des 'Ichs’ das Merkmal der Bewu�theit helfen konnte, ein Strukturmodell der Psyche zu entwerfen. Infolgedessen gab Freud es in diesem Zusammenhang als Unterscheidungsmerkmal auf: 'bewu�t' zu sein war von nun nur als eine Eigenart zu betrachten, die einem seelischen Zustand zukam oder nicht zukam. Der alte deskriptive Sinn des Terminus war somit alles, was von ihm �brigblieb." (Mitscherlich u.a., S. 277). �hnlich geht es dem Begriff des Unbewu�ten, der einzigen urspr�nglichen Grundlage des Freudschen Forschungsinteresses.

Der strukturpsychologische Gesichtspunkt Freuds hebt die Probleme der beiden vorausgesetzten Gesichtspunkte zusammen auf. Er enth�lt sowohl das, was im wahrnehmungspsychologischen Ansatz das Entwicklungsinteresse ausgemacht hatte, n�mlich die Internalisierung von Wahrnehmungen und Erlebnisinhalten, wie auch das, was das Entwicklungsinteresse des Narzi�mus’ enthalten hatte, n�mlich das Entwicklungsstreben aus der Selbstsucht heraus im Interesse des Schutzes vor dem Vernichtungsinteressen, denen der Narzi�t begegnet. Die Probleme, die in diesen Ans�tzen impliziert waren und welche ich versucht habe herauszuarbeiten werden hierdurch aber nicht gel�st, sondern von ihrem Grund entfremdet. Die theoretische Vorgabe durch die anderen Gesichtspunkte bemerken auch die Verfasser der Studienausgabe. "Vorl�ufer des hier vorgelegten allgemeinen Modells der Psyche sind der ‘Entwurf' von 1895, das 7. Kapitel der Traumdeutung und die metapsychologischen Abhandlungen des Jahres 1915. Jede dieser Schriften behandelt die miteinander verkn�pften Probleme der psychischen Funktionsweisen und der psychischen Struktur, jedoch mit unterschiedlichem Gewicht auf dem einen oder anderen Aspekt der Fragestellung." (Mitscherlich u.a., S. 275). Freud selbst fa�t seine Arbeit �ber die Strukturtheorie als eine Synthese seiner bisherigen Auffassungen auf, wenn er im Vorwort hierzu schreibt, da� seine diesbez�glichen �berlegungen "eher den Charakter einer Synthese als einer Spekulation (haben) und sich ein hohes Ziel gesetzt zu haben scheinen" (Freud 1923, S. 282). In Wirklichkeit st�lpt er die bisherigen �berlegungen aufeinander und spielt ihre Widerspr�che gegeneinander dadurch aus, da� er sie nur formell - also ohne ihren Erkl�rungswert verwendet und sie in die Leerstellen seiner Strukturtheorie einf�gt. Den Antagonismus von Natur und Realit�t, der das Dilemma im wahrnehmungspsychologischen Ansatz gegr�ndet hatte, wird dadurch gel�st, da� sich das Individuum der strukturtheoretischen Phase in der vorausgesetzten Realit�t so entwickelt, da� es unterschiedliche Erfahrungen macht, die sich in seiner Struktur unterschiedlich niederschlagen; das Problem des identit�tspsychologischen Gesichtspunktes, das sich zwischen der Selbstsucht und der Weltbezogenheit begr�ndet hatte, wird dadurch aufgehoben, da� die Internierung dieser Welt im Dienste der Selbstsucht geschieht (vgl. die Entwicklung des �ber-Ichs). Man kann zwar feststellen, da� die einzelnen Glieder der Strukturtheorie bereits nominell bekannt waren, da� also bereits fr�her vom Ich und vom Ich-Ideal gesprochen wurde, aber diese Teile waren Momente eines anderes Gesichtspunktes und h�tten sich dort niemals zu einer eigenst�ndigen Struktur entwickeln lassen. Der Schritt zum strukturanalytischen Ansatz gr�ndet sich im Grunde auf einer Absehung oder Abstraktion von den Begr�ndungen, welche in den anderen Ans�tzen entwickelt waren, und verk�rzen diese zu deskriptiven Termini eines Prozesses, dessen wesentliches Merkmal die Strukturfindung als menschliches Schicksal nach Ma�gabe psychologischer Prozesse ist. Die Erfahrungen, die ein Mensch darin zu machen hat, sind genauso vorgezeichnet, wie die Interessen, mit denen er sich vor seinen Erfahrungen zu bewahren versucht.

Freud geht in der Darstellung der Strukturtheorie von der "Vorstellung von einer zusammenh�ngenden Organisation der seelischen Vorg�nge in einer Person" (ebd., S. 286) aus, welche er das Ich nennt. Dieses Ich, an welchem "das Bewu�tsein h�ngt" (ebd.), ist es auch, welches den Grund f�r das Unbewu�te abgibt, denn es errichtet Widerst�nde gegen bestimmte Vorstellungen, die hierdurch verdr�ngt werden. Das Unbewu�te ist somit ein Produkt des Ichs, das durch das Ich Verdr�ngte und "das Verdr�ngte ist uns das Vorbild des Unbewu�ten" (ebd., S. 284). "Den Begriff des Unbewu�ten gewinnen wir also aus der Lehre von der Verdr�ngung" (ebd.). Obwohl "die Unterscheidung des Psychischen in Bewu�tes und Unbewu�tes die Grundvoraussetzung der Psychoanalyse" (ebd., S. 283) ist, begr�ndet sich dieser Unterschied durch das Ich, das ihnen also jetzt vorausgesetzt wird. Hierdurch hat sich die Beziehung zwischen Unbewu�tem und Bewu�tem wesentlich ver�ndert: "Wir m�ssen f�r diesen Gegensatz aus unserer Einsicht in die strukturellen Verh�ltnisse des Seelenlebens einen anderen einsetzen: den zwischen dem zusammenh�ngenden Ich und dem von ihm abgespaltenen Verdr�ngten." (ebd., S. 287). Das Unbewu�te hat seinen prim�ren Stellenwert in der Freudschen Theorie aufgegeben, und Freud mu� "zugestehen, da� der Charakter des Unbewu�tseins f�r uns an Bedeutung verliert" (ebd.).

Ausgangspunkt in diesem Gesichtspunkt ist also die "zusammenh�ngende Organisation der seelischen Vorg�nge in einer Person" (ebd.), welche das Ich ausmacht. Dieses Ich nun ist sowohl bewu�t wie auch unbewu�t, denn "wir haben im Ich selbst etwas gefunden, was auch unbewu�t ist, sich gerade so benimmt wie das Verdr�ngte" (ebd.), n�mlich den Widerstand. Er ist es schlie�lich, der das zusammenh�ngende Ich mit von den verdr�ngten Vorstellungen unterscheidet. Dieser Widerstand gr�ndet auf einem "quantitativ-qualitativ Anderem im seelischen Ablauf" (ebd., S. 221), welches nicht "an Ort und Stelle bewu�t werden kann (und deshalb erst) bis zum System Wahrnehmung fortgeleitet werden mu�." (ebd., S. 291). Dieses Andere enth�lt "unbewu�te Empfindungen"" durch welche das Ich passiv bestimmt ist, sich also als deren Erscheinung verstehen soll, "sich im Leben wesentlich passiv verh�lt" (ebd., S. 292) und "von unbekannten, unbeherrschbaren M�chten" (ebd.) gelebt wird. Deshalb schl�gt Freud vor, das urspr�ngliche, vom Wahrnehmungssystem ausgehende Wesen, "das Ich zu hei�en, das andere Psychische aber, in welches es sich fortsetzt und das sich wie unbewu�t verh�lt, ... das Es" (ebd.) zu nennen. Dieses Es nun ist der gereinigte Kern der menschlichen Antriebe, welche die Widerst�nde im Ich verursachen. Wesentlich ist hierf�r, da� das Es nicht mit den Wahrnehmungen zu tun hat, sondern nur den Grund ihrer Verdr�ngung bedeutet. "Den Kern unseres Wesens bildet (n�mlich) das dunkle Es, das nicht direkt mit der Au�enwelt verkehrt" (Freud 1940, S. 53). "Sein Inhalt ist alles, was ererbt, bei Geburt mitgebracht, konstitutionell festgelegt ist, vor allem also die aus der K�rperorganisation stammenden Triebe" (ebd., S. 9). Das Es ist selbst "das gro�e Reservoir der Libido, im Sinne der Einf�hrung des Narzi�mus" (Freud 1923, S. 298, Fu�note 1).

Das Es, welches die Widerst�nde des Ichs begr�ndet hatte, entpuppt sich nun aber auch als Begr�nder des Ichs, denn jenes soll "der durch den Einflu� des Wahrnehmungssystems modifizierte Anteil des Es (sein), der Vertreter der realen Au�enwelt im Seelischen" (ebd., S. 296). Da nun das Es "die eigentliche Lebensabsicht des einzelnen Wesens ausdr�ckt" (Freud 1940, S. 11), welche aber vom Ich verdr�ngt wird, und zugleich das "gro�e Reservoir der Libido" ausmacht, welche das Ich speist, damit dieses seine synthetischen und verdr�ngenden Aufgaben erf�llen kann, mu� es gegen sich selbst t�tig werden k�nnen. Es mu� also aus den Kr�ften des Es sich Gegenkr�fte entwickeln, die dem Es quantitativ gleichgesetzt sind. Diese entstehen im �dipuskomplex durch Vernichtung oder "Desexualisierung" (ebd., S. 298) der Libido, wodurch das Es seinen Antagonisten, n�mlich das �berich bekommt. "W�hrend (nun) das Ich wesentlich Repr�sentant der Au�enwelt, der Realit�t ist, tritt ihm das �berich als Anwalt der Innenwelt, des Es, gegen�ber." (ebd., S. 303).

Das Ich, welches nun die "zusammenh�ngende Organisation der seelischen Vorg�nge" sein soll, und in dieser Aufgabe allem Unterschied von bewu�t und unbewu�t vorausgesetzt war, hat nun die Konflikte zwischen dem Es, dem �berich und der Au�enwelt zu vers�hnen, um seine "synthetische Leistung" daran zu vollziehen. "Eine Handlung des Ichs ist dann korrekt, wenn sie gleichzeitig den Anforderungen des Es, des �berichs und der Realit�t gen�gt, also deren Anspr�che miteinander zu vers�hnen wei�" (Freud 1940, S.10). Vom Standpunkt dieser synthetischen Funktion ist es aber von all den Momenten, welche es zusammenfassen soll, bedroht. Obwohl es "sich von der Triebwahrnehmung zur Triebbeherrschung, vom Triebgehorsam zur Triebhemmung" (Freud 1923, S. 322) entwickelt hat, ist es ein "armes Ding, welches unter dreierlei Dienstbarkeiten steht und demzufolge unter den Drohungen von dreierlei Gefahren leidet, von der Au�enwelt her, von der Libido des Es und von der Strenge des �berichs." (ebd.) Das Ich entpuppt sich als Herr und Knecht der Triebwelt und kann diese widerspr�chliche Bestimmung deshalb nicht sprengen, weil es sich um kosmische Aufgaben handelt. Der einzelne Mensch ist in seinem Ich n�mlich darin t�tig, sein phylogenetisches und anthropogenetisches Erbe zu ertragen.

Die eigentliche Begr�ndung der Strukturtheorie steht daher an ihrem Ende: Es ist die mythologische Gesellschaft, wie sie in der Entstehungsgeschichte des Menschen selbst gewesen sein mu�te, die sich sowohl in den menschlichen Kulturen, wie auch in den menschlichen Organen vererbt hat. "Die Au�enwelt, in der sich der einzelne nach der Abl�sung von den Eltern ausgesetzt finden wird, repr�sentiert die Macht der Gegenwart, sein Es mit seinen vererbten Tendenzen, die organische Vergangenheit und das sp�ter hinzugekommene �berich vor allem die kulturelle Vergangenheit, die das Kind in den wenigen Jahren seiner Fr�hzeit gleichsam nacherleben soll." (Freud 1940, S. 61) Die Begr�ndung des Schicksals der menschlichen Triebe liegt daher ganz im Mythos, in einer Gesellschaft, wo das, was in der Psyche geschieht, urspr�nglich wirklich abgelaufen sein sollte und sich in der Psyche selbst tradiert. Die seelischen Konflikte sind letztlich phylogenetische Konflikte, die sich durch eine Kette von Erbschaften hindurch im einzelnen nachvollziehen. Das Wesen der Menschen ist darin absolut bestimmt und daher in sich geschlossen. Die Strukturtheorie ist die Verwirklichung einer Mythologie. "Die Trieblehre ist sozusagen unsere Mythologie. Die Triebe sind mythische Wesen, gro�artig in ihrer Unbestimmtheit. Wir k�nnen in unserer Arbeit keinen Augenblick von ihnen absehen und sind dabei nicht sicher, sie scharf zu sehen." (Freud 1933, S. 529)

Im strukturpsychologischen Gesichtspunkt Freuds hat sich nun die Trennung von der Begr�ndung psychischer T�tigkeit zu seiner Theorie vollst�ndig vollzogen. Er wendet sich in der Zeit, wo diese Theorie vorherrscht, deshalb vorwiegend den Kulturproblemen zu, um darin die Begr�ndung seiner Psychologie zu finden. Seine kulturtheoretischen Schriften kann man deshalb als metatheoretische Schriften f�r seine Psychologie selbst ansehen, in welcher kein eigener Grund mehr den Gedankengang der Entwicklung ausmacht. Die einzelnen Beziehungen, welche zwischen den Strukturmomenten der Psyche bestehen, sind so offensichtlich widerspr�chlich oder gegens�tzlich, da� sich darin kein gedankliches Interesse von Freud mehr festmachen l��t. Ihm geht es in der Strukturhypothese haupts�chlich um die Ausf�hrung seines Kulturverst�ndnisses als Psychologie.

Die Strukturtheorie steht daher auch an der Grenze dieser Arbeit, welche nur den systematischen Gedankengang von Freud zum Gegenstand hat. Sie ist nicht mehr im systematischen Sinne zu kritisieren, da sie nicht systematisch sein will. Ich will daher im folgenden nur die vielf�ltigen Beziehungen in ihrer Widerspr�chlichkeit aufzeigen, welche der in der Strukturtheorie erfa�te Gedanke ertragen mu� und schlie�lich zeigen, da� diese Theorie die T�tigkeit von Wissenschaft �berhaupt kritisiert. Es ist eine Theorie, die die einstigen Interessen Freuds selbst wie auch das Interesse der Wissenschaft �berhaupt praktisch aufhebt. Um dies zu zeigen, will ich nochmals ihre einzelnen Momente diskutieren, soweit sie sich auf andere beziehen lassen.

 

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Fußnoten:

(7) Die ökonomisch unterschiedlichen Vorgänge in diesen Prinzipien bezeichnet Freud mit dem Primärprozeß und dem Sekundärprozeß, für welche Lust und Realität eher die Inhalte ausmachen. Dort kann Freud rein energetisch argumentieren und die Energie in den beiden Systemen als freie Energie und gebundene Energie unterscheiden. Das sind aber lediglich die ökonomischen Formulierungen, in dem sich das, was hier inhaltlich gesagt wird, bewegt und was bereits im Unterschied der Erregungsformen in der Psyche oben gesagt wurde. Sie lassen sich nur aus den hier geschilderten Prinzipien ableiten, haben in ihrer Formulierung aber nichts mehr mit dem Inhalt zu tun, die im Lustprinzip und Realitätsprinzip formuliert sind. Ich sehe daher von diesem Unterschied ab.

(8) Freud verwendete diesen Ausdruck bereits 1901 identisch mit "Psychologie des Unbewußten" Die Arbeit hieran begann unmittelbar nach der Traumdeutung, wonach Freud diesen theoretischen Aspekt der Psychoanalyse immer als eine Theorie des Unbewußten aufgefaßt hatte (vgl. Mitscherlich u.a. 1975, S. 10).