Bretton-Woods

Aus kulturkritik

Der Zweck der Nationalstaaten ist der politische Ausgleich der Krisen des Kapitalismus, wo er in seiner Verwertungslogik disfunktional wird. Der bürgerliche Staat hat diese so zu verwalten, dass die Mehrwertrate einer Nation das nationale Kapital zu Investitionen befähigt, die seine Produktivität gegen ihre Verluste wenden können. Hierfür bedarf es Einsicht in die konkreten Mängel der Geldverwertung, soweit sich diese durch Umverteilungen und Steuern auflösen lassen. Von daher ist die Volkswirtschaft, die politischen Ökonomie sein wissenschaftliches Handwerkzeug, soweit sie ihm hierauf gezielte Regelungen über realwirtschaftliches Umdispositionieren der Geldverwertung beischaffen kann. Doch deren Krisen führten im 20. Jahrhundert mit der ungeheueren Kapitalakkumulation auf den internationalen Finanzmärkten dazu, dass das nationale Finanzvermögen dem internationalen immer mehr unterlag und von daher eine entsprechende Deckung der nationalen Währungen zunehmend mißlang und der Petrodollar zur einer Schattenwährung wurde, die durch die militärische Gewalt der USA besichert werden musste. Mit deren Scheitern im Krieg gegen Vietnam musste schließlich die realwirtschaftliche Wertdeckung des Dollars, wie er durch die nationalistische Aufschatzung der US-Leitwährung durch Gold über die Verträge von Bretton-Woods seit Juli 1944 gewährleistet sein sollte scheitern und wurde 1974 durch deren Kündigung durch den US-Präsidenten Richard Nixon aufgehoben. Dadurch konnten sich schließlich die "weichen Währungen" gegen die Geldentwertung der "harten goldgedeckten Währung" durchsetzen und über die internationalen Finanzmärkte des darauf gerichtete Kreditwesen mit der "Modernisierung der Finanzindustrie" über einen weltweit ausgeweiteten Derivatenhandel obsiegen, indem dieser den Mehrwert aus den Verhältnissen der Realökonomie, aus der Wertsubstanz der Nationalstaaten über den Devisenhandel abschöpfen und in der Form einer internationalen Existenzverwertung verwirklichen konnte.

Heute sind die Verträge von Bretton-Woods nur noch durch ihre Kündigung bedeutsam, denn dies stellt die weltweite Aufhebung der Gelddeckung durch Gold dar und ist hierdurch der Auftakt zur Auflösung der bürgerlichen Gesellschaft und der Beginn der Globalisierung, der Weltherrschaft des fiktiven Kapitals.

Zunächst zu den Verträgen selbst: "Am 22. Juli 1944 wurde auf der Konferenz von Bretton-Woods (New Hampshire, USA) von 44 UN-Staaten noch während des 2. Weltkriegs ein möglichst stabiles Währungssystem beschlossen. Ziel war die reibungslose und von Handelsbarrieren befreite Abwicklung des Welthandels bei festen Wechselkursen, welches bis zu seinem Zusammenbruch 1973 bestand hatte.

Beschlossen wurde der Weite-Plan, in dessen Mittelpunkt der US-Dollar stand, dessen Wert gegenüber dem Gold festgelegt war (35$ je Unze), verbunden mit der Verpflichtung der US-Zentralbank, Dollar in Gold einzulösen. Die anderen Mitglieder des Systems vereinbarten starre Wechselkurse gegenüber dem Dollar. Das System war demnach asymmetrisch gestaltet: Die USA waren völlig autonom in ihrer Währungs- und Geldpolitik, während alle anderen Mitglieder des Bretton-Woods-Systems ihren Wechselkurs gegenüber dem Dollar durch Devisenmarktinterventionen sicherstellen mussten." (Wikipedia)

Damit war die USA Inhaber eines Pfandes, durch das die Nachkriegsgeschichte des Welthandels bestimmt war und das solange funktionierte, wie die Außenhandelsdefizite der USA nur gering waren. Als die USA in wirtschaftliche Krisen geriet und zunehmend ihre Währung nicht mehr decken konnte, bekamen die die anderen Länder dies auch zu spüren, indem vermittels der Goldpreispolitik ihre Währung unterbewertet wurde (z.B. war die DM mit einem Kurs von 1 : 4 praktisch zum halben Wert bewertet, was sich zeigte, als nach Aufhebung der Golddeckung die DM mit 1 : 2 gehandelt wurde).

Nach den Ölkrisen in den 70ger Jahren wurde diese Rolle des Wertgaranten für die USA von Nachteil, weil sie die Wertverluste eines übersteuerten Ölpreises mit Stabiltätsabgaben zur Währungssicherung ausgleichen musste und nicht mal mehr in der Lage war, allein die von Frankreich bestehende Forderungen durch Gold zu decken. So entschied sich die US-Regierung (unter Präsident Nixon) am 15. August 1971, den Vertrag von Bretton-Woods bezogen auf die Dollardeckung durch Gold zu kündigen. Das war der Offenbarungseid der bürgerlichen Gesellschaftsordnung.

Die nationale Deckung der Währung durch Goldvorräte hatte die Geldwirtschaft noch auf den Warenmarkt insofern real bezogen, als Gold ein reales Gut, ein Arbeitsprodukt mit nützlichen und ästhetischen Eigenschaften für die Menschen ist und den zirkulierenden Waren als Wertäquivalents real gegenüber stand - zumindest, was den Gütermarkt betraf, solange er nicht defizitär war. Eine real gedeckte Währung verlangte schließlich unentwegt Ausgleich für das damit bewegte Geldvermögen.

Die Stabilitätssicherung durch Ausgleichszahlungen an die Weltbank wurden aber auch zur Beschwernis der wirtschaftsstarken Länder, welche die Wertverluste der schwachen Länder ausgleichen mussten, um den Welthandel auf dieser Basis aufrecht zu erhalten. Das internationalisierte das Krisenmanagement zu Lasten der USA, die nicht mal ihre eigenen Krisen verkraften konnte.

Durch die Aufhebung der Golddeckung wurde der Spekulation freie Entfaltung geboten, da die Wechselkurse sich daraufhin aus dem freigelassenen Kräfteverhältnis der Nationalwirtschaften bestimmten. Die Wechselkurse verselbständigten sich so in reine Zahlungsversprechen und Zahlungserwartungen, die sich in den Finanzmarkt mischten und die freie Aufblähung des Aktienmarktes grenzenlos machte, was die Wertbilanzen der schwachen Länder abstürzen ließ. Sie mussten dies mit realen Güterlieferungen ausgleichen und richteten durch die Entwertung ihrer Geldvorräte ihre eigene Währung zugrunde.

Weltwirtschaft war nun eine Mischung aus Handelskrieg freier Wertbilanzierung und Kapitalinvestment auf allen Weltmärkten. Das machte die USA als die stärkste Macht der kapitalistischen Weltwirtschaft schließlich durch die Abkopplung des Dollars vom Realwert des Güterverkehrs zum weltweit größten Aktienhändler, was sie schließlich das letztendliche Wertpotenzial ausmachte. Aber das verlangte auch eine ökonomische Auffassung, nach der sich der Markt frei auf die Kapitalwerte zurückregeln würde (siehe Neoliberalismus), wenn man es frei ließe. Dies verlangte also auch dessen Freiheit von Ortsgebundenheit und Steuern, was dann die eigentliche Globalisierung nach sich zog.

Eine neue Tendenz wurde damit für die weitere Entwicklung der Finanzpolitik eingeleitet: Für weltweite Kapitalspekulation wurde die auf Realvermögen gründende Volkswirtschaft zunehmend überflüssig und für den freien Kapitalverkehr hinderlich. Die Volkswirtschaft sollte selbst nur noch die Funktion einer nationalen Betriebswirtschaft bekommen, damit die Nationen mit ihrem gesamten Nationalvermögen (Infrastruktur, Industrie, Kultur, Boden, Produktiv- und Arbeitskraft) in Konkurrenz zueinander treten und verwertbar wurden - ansonsten wäre das Wertwachstum für die USA wahrscheinlich am Ende gewesen. Damit wurden alleine die Kursverhältnisse des Devisenmarktes zur Grundlage der Dollarwährung und - relativ zu dieser - zur Währungsgrundlage überhaupt. Alleine die Spekulation hatte das Sagen, die Preisbildung aller Kaufverhältnisse wurde ihr unterworfen und somit die Rendite absolut. Es war die Vollendung und der Abschluss der längst begonnen Globalisierung. Inzwischen ist der Finanzmarkt nur noch zu 1% durch den realen Gütermarkt gedeckt, 99% besteht aus Rechtstitel (siehe Grundrente), Verkehrswert, Wertpapieren und Devisenhandel.

Der von Präsident Nixon 1973 eingebrachte Coup erledigte vor allem in der Zeit der Reagan-Ära in den 80ger Jahren durch aggressive Kursbeeinflussung im Öl-, Getreide- und Kartoffelmarkt die Wirtschaftskraft der UdSSR, die nach Misswirtschaft und Missernten hohe Dollarschulden aufnehmen musste, die sie nur durch Goldverkauf decken konnte (das war die Jahre zuvor ihr wirtschaftliches Rückgrat). Durch die auf den Markt geworfene Goldmengen wurde der Goldpreis gesenkt und die Zahlungsfähigkeit der UdSSR aufgelöst. Damit war der von den USA als "Reich des Bösen" klassifizierten UdSSR-Sozialismus, der immer in realer Golddeckung kalkulierte, weggefegt - nicht, weil er - wie die USA auch - zahlungsunfähig war, sondern weil er über kein nennenswertes Aktienkapital verfügte. Der "Dritte Mann" an jedem Verhandlungstisch (bei Lohnverhandlungen, bei internationalen Verträgen usw.), wie die Sowjetmacht ökonomisch empfunden wurde, fiel aus.