Gleichgeschlechtlichkeit

Aus kulturkritik

Gleichgeschlechtlichkeit lässt sich im Unterschied zur Homosexualität als temporäre sexuelle Beziehung auffassen, die keinen Begriff nötig hat, weil sie lediglich eine von vielen sexuellen Beziehungsformen ist. So formuliert Gleichgeschlechtlichkeit eine Beziehung auf die geschlechtliche Selbstwahrnehmung einer auf sich selbst reduzierten Zwischenmenschlichkeit, die ästhetische Not einer geschlechtlichen Selbstbeziehung, in der die darin aufgehobene Selbstempfindung vermittelst der Gegenwärtigkeit des eigenen Geschlechts in einem geschlechtlichen Narzissmus gefunden wird (siehe auch flexible Persönlichkeit). Die geschlechtliche Empfindung sucht darin einen Sinn für sich, der sich in einem durch sich selbst erfülltendem Geschlechtsleben von narzisstischen Persönlichkeiten finden und empfinden soll und sich gegen fremde Geschlechtlichkeit verschließt. Von daher mündet solche Geschichte meist auch in Homosexualität, einer selbstbezogenen Geschlechtsästhetik, die zur Vermeidung einer Selbstbeschädigung durch die Wirklichkeit des Geschlechts sich auf sich besinnt und bewahrt. Die darauf gründenden Selbstbeziehungen erzeugen Erregtheiten, die sich gegen das Erregtwerden durch fremdes Geschlecht wendet. Es handelt sich dabei wohl meist um eine Fixierung der Selbsterregung in einer hiervon abgetrennten selbstbegründeten Körperlichkeit, in der Ästhetik des eigenen Körpers (s.a. Körperkult).

Jede Liebe hat ihre eigene Geschichte und so kann Gleichgeschlechtlichkeit darin notwendig werden, teils aus Enttäuschung im eigenen Geschlechtlich-Sein durch die Unmöglichkeit eines geschlechtlichen Vertrauens in sich und andere, teils als Verweigerung gegen die Entäußerung des eigenen Geschlechts; vermutlich meist wegen beidem in Einheit. Enttäuschung setzt Überhebung voraus, die oft einer übersinnlichen Geschlechtlichkeit in ursprünglichen Lebensräumen entspringt (z.B. Mutter-Sohn-Beziehung oder Vater-Tochter-Beziehung in familiären Lebensburgen, welche substitutiven Charakter gegen weltliche Zwischenmenschlichkeit haben). Nicht der Übersinn dieser Verhältnisse, die meist Scheinwelten waren, sondern das Scheitern der Selbstverwirklichung auf dessen Grundlage, die wie ein ästhetischer Anspruch des Selbstgefühls wirksam ist, wendet die geschlechtliche Wahrnehmung zur Gleichgeschlechtlichkeit. Es ist die Gewinnung von Vertrauen in sich und andere, das in dieser geschlechtlichen Eigenart wieder möglich wird - auch wenn damit ein oft nicht einfaches Lebensschicksal bestimmt ist, wie anderswo eben auch. Weil und solange nötig, kann sie nicht verhindert oder gar "aberzogen" werden. Solche Versuche sind rein zerstörerisch und enthalten blankes Vernichtungspotenzial. Daher ist es besser, mit solcher Eigenart zu leben, wie eben auch immer mit jeder Eigenart gelebt wird, gleichgültig, wie sie entstanden und woraus sie sich gebildet hat. Das Glück oder die Fähigkeit hierzu ist davon im Grunde unbenommen - solange das gesellschaftliche Unglück sich dem nicht überstellt.

Durch die geistige Vertrautheit des eigenen Geschlechts kann unter socher Bedingung eine hohe Kreativität gewonnen werden. Die Homosexualität kann in bestimmten Verhältnissen aber auch zu einer isolierten Form der Selbstwahrnehmung werden (siehe auch Sucht), die sich der sexuellen Selbstvermittlung wie einer sexuellen Gewalt unterstellt. In jedem Fall ist sie eine subjektive Wendung gegen den Geschlechterkampf, eine Subjektivierung, welche sich gegen die Geschlechtswahrnehmung und also auch gegen die objektive Geschlechtsrolle erhebt und eine eigene Kultivierung entwickelt. Diese ist daher eine hohe Kultur des Selbstgefühls, das sich dem geschlechtlichen Entfremdungsgefühl entzieht, sich sozusagen eine kleinere oder größerere Subkultur schafft. Nicht desto trotz gründet diese alleine auf der unmittelbaren Negation der bürgerlichen Kultur, indem sie sich substantiell verselbständigt. So sie sich nicht von politischen Begriffen verfolgt fühlen muss, ist sie lediglich eine totale Art der Individualisierung von Geschlechtlichkeit.