Untergangstheorien

Aus kulturkritik

Untergangstheorien enstehen im Verhältnis toter Wahrnehmungen zum Nutzen eines popularisierenden Alarmismus, der sich einem konkreten Wissen und darauf gründenden Handelns zu entziehen sucht, dafür aber Untergangsängste im Zweck der Abwehr einer Zerstörung zum Mittel seines politischen Willens macht. Sie sprechen daher vor allem die psychische Wahrnehmung, insbesondere Ängste an, indem sie wahrnehmbare Phänomene ohne sonderliche Erkenntnis zur Phänomenologie eines nur durch Gewalt aufzuhaltenden Vernichtungsprozesses mythologisieren, oft auch in eine Verschwörungstheorie personifizieren. Aus einer Art Vorahnung, werden hierbei objektive Zusammenhänge einerseits ohne einen Begriff zu einem objektiven Subjekt substantiviert und zugleich in ein persönliches Subjekt verkehrt, das sich darin zu objektivieren sucht. Es sind Mutmaßungen über Kennzeichen von Bedrohung einer bis dahin geborgen scheinenden Lebenswelt (siehe auch heile Welt), die darin immer abstrakt subjektiv verstanden werden - sonst wären sie konkrete Krisentheorie eines objektiven Wissens, Bewusstsein objektiver Mächte, die subjektiv durchbrochen werden mössen.

Die Untergangstheorien nehmen meist Positionen eines selbständigen Objektivismus, einen nominalistischen Positivismus ein. Deshalb tendieren Untergangstheorien zu einem Kulturpessimismus, der schnell in einen mehr oder weniger verdeckten Rassismus aufgelöst wird - oft auch nur mit der Zitierung einer Ontologie der Archetypie. Schon in der subjektiven Philosophie sind mehr oder weniger klare Untergangstheorien enthalten (vergl. die Dekadenztheorie bei Nietzsche oder die Seinsvergessenheit bei Heidegger), die mit mehr oder weniger objektivistischen Auswegen verknüpft werden. Diese Wendung ins Objektive als Begründung einer allgemeinen Notwendigkleit der Reaktion sind für solche Theorien typisch (siehe Vernichtungslogik).

Moderne Untergangstheorien gibt es in Amerika von den Schülern von Leo Strauss (Freund des Faschisten Carl Schmidt), namentlich von Huntington mit seinem "Kampf der Kulturen".

Bekannt wurde in der Vorbereitung des Dritten Reiches Oswald Spengler mit seinem Werk: "Der Untergang des Abendlandes - Umrisse einer Morphologie der Weltgeschichte" (erschienen in zwei Bänden 1918 und 1922). Es ist ein Beispiel für reaktionäre Bewusstseinsbildung aus der Fülle der Moderne heraus. Auf der Site des Deutschen Historisches Museums Berlin heißt es hierzu: "Spenglers Hauptwerk ist mehrdeutig: Ausdruck einer Persönlichkeit der Wilhelminischen Ära und der allgemeinen Krise des abendländischen Bewußtseins. Spengler stand zeitlebens zwischen Kultur und Zivilisation, Bürgertum und Boheme, Lebensangst und Anspruch. Die Kontrastehe seiner Eltern trug dazu bei, der Pietismus der Franckeschen "Latina", das Studium der Naturwissenschaften und Philosophie in München, Berlin und Halle (abgeschlossen 1904 mit einer Dissertation über Heraklit), der Darwinismus Ernst Haeckels und die Als-Ob-Philosophie Hans Vaihingers (1852-1933), zuhöchst die Kulturkritik Friedrich Nietzsches - in Haßliebe der Untergangsmusik Richard Wagners (1813-1883) vermählt -, die dem Zeitalter Dekadenz vorwarf und Befreiung durch den Willen zur Macht erhoffte. Polarstern an Spenglers Bildungshimmel blieb Johann Wofgang von Goethe (1749-1832); verwandt empfand er dessen "lebendige Natur", Intuition der Phänomene, organische Entwicklungsidee und vergleichende Morphologie."