Intersubjektivitaet

Aus kulturkritik
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"So wie sich der Mensch ... nur im Menschen erkennen kann, erkennt er sich erst dann im andern Menschen als eigenes Wesen, wenn sein Wesen ihm im andern auch als anderes Wesen gilt. Der Mensch als Wesen der Natur, als natürliches Wesen, hat die Natur seines Wesens in jedem andern Menschen, denn seine eigene Sinnlichkeit ist erst durch den andern Menschen als menschliche Sinnlichkeit für ihn selbst." (MEW 40, S. 544).

Soziologie bezieht sich auf die Verbindlichkeiten einer im Großen und im Kleinen der ganzen sozialen Verhältnisse, die sie mit ihrem Strukturalismus wie eine Sache abhandelt, deren Funktionen erklärt, die an ihrem idealen Durchschnitt (siehe auch Norm) angepasst und repariert werden sollen (siehe hierzu auch Aufklärung). Deshalb kommt sie in ihrem Verstand nicht über eine strukturalistische Begrifflichkeit hinaus. Und damit waren die inneren Gründe ihrer Geschichte, die wesentliche Substanz der gesellschaftlichen menschlichen Verhältnisse außen vor gelassen. Aus ihrem Klassenverhältnis wurden soziale Schichtungen, aus dem Reichtum ihrer Produktionen ein Bruttosozialprodukt und aus ihren politischen Entscheidungen die Repräsentation von Dafürhaltungen (siehe repräsentative Demokratie).

Folgerichtig mussten sich aus solchem Verstand Systemtheorien entwickeln, die aus absolut funktionalen Beziehungen in einer disfunktionalen Welt ein massenhaftes Versagen der Menschen in den Institutionen dea Staates und ihren persönlichen Geschichten zu erklären hatten. Deren wesentliches Mißverstandnis bestand darin, jedes Individuum in ein Subjekt seiner Geschichte zu verwandeln und die schwerwiegenden Störungen als Folgen ihres Tuns und Lassens durch ihre intersubjektive Verhältnisse und Kommunikationen zu erklären (siehe auch Sprache). Allerdings waren diese für die Soziologie nicht zwischenmenschliche Verhältnisse von Personen, was sie in Wirklichkeit sind, sondern persönliche Verhältnisse ihrer Funktionalität als Bürger eines bürgerlichen Staates.

Die Begrifflichkeiten solcher Soziologie wurden letzlich zu einer Kommunikationstheorie der Intersubjektivität (lat. dazwischensein und Subjekt). Die soll darstellen was sich von selbst leicht vorstellen lässt, - nämlich dass ein komplexer Sachverhalt für mehrere Betrachter gleichermaßen erkennbar und nachvollziehbar sei: Man ist sich beispielsweise darüber einig, wie man etwas wahrnimmt und einordnet, oder was es für einen dem äußerlich bleibenden Betrachter zu bedeuten hätte. Solche Soziologie weiß natürlich, wie sie sich von anderen wissenschaftlichen Disziplinen abzugrenzen hat und vor allem den "homo oeconomikus" zugleich als einen "homo soziologicus" zu verstehen habe (vergl. Dahrendorf). Wikipedia hilft dem Leser, der dem nicht so einfach folgen kann:

"Der homo sociologicus bezeichnet einen Menschen, dem in seinem alltäglichen Leben verschiedene soziale Rollen zukommen, mit welchen wiederum verschiedene Normen, Werte und damit gesellschaftliche Erwartungen verbunden sind, denen er sich beugen muss."

Intersubjektivität wurde zum Gegenstand grundlegender Debatten in der Philosophie und den Sozialwissenschaften (etwa im Werturteilsstreit oder Positivismusstreit). In der Soziologie meint Intersubjektivität, dass bestimmte Erfahrungen über mehrere Individuen hinweg vergleichbar seien. Die daraus bezogene Gleichheit ermöglicht es, dass Symbole oder Zeichen, wie zum Beispiel die Wörter einer Sprache, für verschiedene Individuen die gleiche (bzw. ähnliche) Bedeutung haben - und von daher auch oft zur Bildung einer persönlichen Identität ( Wahrnehmungsidentität) hergenommen wird. Nach Auffassung der Soziologie macht erst die Intersubjektivität erfolgreiche Kommunikation möglich. Die Herstellung von Intersubjektivität kann aber unter verschiedenen Bedingungen problematisch sein. Gehören die Akteure beispielsweise unterschiedlichen sozialen Gruppen an, dann können aufgrund unterschiedlicher Erfahrungshintergründen denselben Zeichen oder Symbolen andere Bedeutungen zugewiesen werden.

Nun ist aber aus den Problemen der Begriffsbildung nicht so einfach eine Unterscheidung von sozial bestimmten Menschen und ihrer ökonomischen Bestimmtheit abzuleiten. Und so hat sich die Soziologie in diverse Widersinnigkeiten verstiegen, dir erst durch die Systemtheorien durch ihre kybernetischen Erklärungsmodelle über ihren Begriff von Subjektivität aufzulösen hatten. Doch dieser Begriff konnte nicht beschreiben, was wirklich zwischen den Menschen geschieht. Er bezieht sich eben nur auf die Handhabung ihrer Abgrenzung. Denn es sei damit das Objektive des Zwischenmenschlichen von seiner Subjektivität abgrenzbar. Weil jeder Strukturalismus auf wesentliche Aussagen verzichtet und daher alle inhalte aus ihren Existenzformen bestimmt sieht, wird deren Aufklärung über ihre Grenzen erstaunlich einfach: „Subjektiv“ nennt man, was nur dem einzelnen Individuum zugänglich ist, und wofür auch keine Allgemeingültigkeit beansprucht wird. Typische Beispiele sind lediglich durch Introspektion zugängliche Sachverhalte, oder Geschmacksurteile („Der Spinat schmeckt mir nicht“). Andererseits sei Subjektivität von der Objektivität schon faktisch unterschieden: Objektive Tatsachen seien idealerweise beweisbar, und zwar unabhängig von Bedingungen, die den einzelnen Betrachtern vorausgesetzt sind. Typische Beispiele seien mathematische und logische Wahrheiten ihrer Formalität („Ein Gegenstand kann nicht gleichzeitig eine Eigenschaft haben, und sie nicht haben“). Einige Positionen behaupten schließlich, dass alle Sachverhalte, die in der Außenwelt bestehen, die natürlichen Eigenschaften materieller Gegenstände betreffen, und seien prinzipiell für jeden zweifelsfrei erkennbar.

Der Begriff Intersubjektivität wurde daher in vielen Theorien unterschiedlich verwendet und präzisiert. Insbesondere spielt er dann eine Rolle, wenn betont werden soll, dass bestimmte Probleme nur dann angemessen behandelt werden, wenn Beziehungen zwischen Personen (siehe zwischenmenschliche Beziehungen) ihren jeweiligen Sichtweisen zugrundegelegt werden. Derartige Positionen werden in den unterschiedlichsten Disziplinen vertreten, etwa im Bereich der Wissenschaftstheorie (siehe Erkenntnistheorie), der politik Theorie, der Ethik oder der Diskurstheorie (z. B. in einer Konsenstheorie der Wahrheit).

So wurde auch in der Psychoanalyse Intersubjektivität zu einer Konzeptualisierung der psychoanalytischen Beziehungssituation als dynamisches intersubjektives Feld, die sich seit 30 Jahren entwickelt. Sie wird auch als „intersubjektive Wende“ bezeichnet und ist in der modernen Psychoanalyse eine schulenübergreifende analytische Haltung, bei der die Beziehung zwischen Analytiker und Analysand (bzw. Patient) zwar als asymmetrisch definiert wird (weil die Verantwortung für den therapeutischen Prozess mehr beim Analytiker liegt), aber auch als wechselseitig. Somit ist der analytische Prozess weniger von Deutungen durch ein Subjekt (der "wissende" Analytiker) gegenüber einem Objekt (der „unwissende“ Analysand / Patient) bestimmt, sondern bringt in der Begegnung zweier Subjekte ein intersubjektives Feld hervor, das gemeinsam analysiert wird.

Dem gegenüber steht Zwischenmenschlichkeit als Begriff für ein gesellschaftliches Wesen, das sich völlig unabhängig und gleichgültig zwischen dem Einen und dem Anderen (siehe Dazwischensein) und daher im Großen und Ganzen gegen sich selbst – gegen sein gesellschaftliches Verhältnisverhält, das ihm als eine schlichte ihm äußerliche Tatsache erscheint. Die Menschen gelten sich darin wechselseitig als das Material ihres Lebens, für das sie für einander als einzelne Persönlichkeiten einer abwesenden Gesellschaft nützlich sein sollen. Dieses widersinnige Verhältnis ist die unmittelbar körperliche Form eines abstrakten ihm äußerlichen Reichtums, unmittelbar menschliche Körperform des Geldbesitzes (siehe hierzu auch Logik). Darin stellt sich ein menschliches Verhältnis dar, in welchem Geld als Kaufmittel die sachlichen Bedingungen ihres sinnlichen Lebens bestimmt und sich für diese als Zahlungsmittel veräußert (siehe hierzu Kapitalismus).