Norm

Aus kulturkritik

"Das herrschende Bewusstsein ist das Bewusstsein der Herrschenden!" (Karl Marx)

Qualitativ ist alles nur im Einzelnen als das Besondere da. Im Allgemeinen kann sich ein Wesen nicht darstellen, sich nicht wirklich äußern, weil es darin nicht ganz wahr, kein Ganzes vieler Eigenschaften sein kann. Im Einzelnen verhält sich daher immer ein abwesendes Wesen mächtig, weil es sein Wesen nur ohnmächtig außer sich haben kann, weil es nur in einer abwesenden Allgemeinheit durch sein ungegenwärtiges Wesen seine Macht und Wirklichkeit über seine Abstraktionskraft erfährt (siehe Trieb).

Eine Norm ist die Bestimmtheit eines abstrakt allgemeinen Wesens. Sie entsteht in der Not der Unverbindlichkeiten des Beliebens, ist eine formulierung der Not ihrer bestimmten Inhalte, sodass sich ihre gesellschaftliche Substanz darin aufzehrt und sich in der abstrakten Allgemeinheit einer Wertigkeit fixieren muss, worin sie über alle Einzelheiten erhaben sein sollen (siehe auch Normalität). Um ihnen ein allgemeines Maß ihrer nominellen Einheit anzulegen (siehe z.B. auch Maß der Werte) setzt sich die Norm nicht einfach als das Maß ihrer Entäußerung, sondern vor allem im Maßstab aller Äußerlichkeiten im Dasein ihrer Verhältnisse über ihr Verhalten durch (siehe hierzu auch Maßstab der Preise), worauf sie in ihren wirklichen Verhältnissen nur abstrakt auf sich zurückkommt. Daher setzt sich in der Form ihrer Verallgemeinerung die bloße Masse durch. Sie entsteht eine mächtige Allgemeinheit durch die Form von dem, was seinen unmittelbaren Sinn verloren, in seiner verallgemeinerten Negation nur noch im Nichts da ist (siehe Anwesenheit), also dadurch herrscht, dass er nicht wirklich wahr sein kann (siehe Widersinn). Darin ist sein Dasein von dem bestimmt, was so da ist, wie es seiner Existenzform ist (siehe Sein). Es ist eben wesentlich in seinem Anderssein dadurch verschieden bestimmt, dass es sich in seiner Negation gegen sich selbst begründet, weil sein wesentlicher Grund abwesend ist. Er verkehrt ausschließlich in seiner Einzelheit durch die Negation in seiner abstrakt allgemeinen Substanz, – über seine Abstraktionskraft, in der er seiner Formbestimmung zufolge qualitativ allgemein wird, soweit er sich in ihr entsprechend quantifiziert (siehe auch Trieb).

Er kann nur privat für sich existieren, weil Nichts nicht durch sich Sein kann, weil sich also seine Wahrheit nur im verhalten für sich in seiner Vereinzelung, in seiner Selbstwahrnhmung erkennen kann und dadurch nur in seiner algeminen Existenzform als das auf sich zurück kommt, was in Wahrheit nicht wirklich wahr sein kann (siehe Selbstwert). Denn wo etwas auf sich nur durch seine Nichtung zurück kommen kann, existiert es als Täuschung für sich – als Bedeutung Selbsttäuschung außer sich – und ermächtigt sein abwesendes Wesen zu einem Wesen im Widerschein seiner selbst im Allgemeinen (siehe Allgemeinwesen), im Jenseits seiner Sinnlichen Gewissheit. Gesellschaft wird so zum Wesen einer Fiktion (siehe Fetisch).

Soziale Normen entstehen im "Schweigen der Lämmer", durch das sich ein bürgerliches Selbstverständis (siehe bürgerliches Subjekt) als verdurchschnittlichte Selbstverständigung durchsetzt, wo also die im Allgemeinen unwidersprochene allgemeine Selbstverständlichkeit der burgherrlichen Kultur in den gesellschaftlichen Konflikten zu einer Moral im Gemeinsinn der zwischenmenschlichen Verhältnisse einer kleinbürgerlichen Selbstgerechtigkeit (siehe auch Spießertum) wird. Die setzt sich zwangsläufig bei ihrer Auflösung gegen die stille abstrakte Identität der Bildungsbürger durch (siehe auch identitäres Denken). Weil diese sich selbst im Ausschluss von gesellschaftlicher Macht ohnmächtig fühlt, wird sie wie selbstverständlich gegen ihre potenziellen Konkurrenten, gegen die soziale Ohnmacht der "Außenseiter" einer bloßen Selbstverwertung seiner Bildung gewendet. So wird eine verselbständigte Kultur der Kulturbürger mächtig die sich an den Institutionen der Kultur des eigenenen Lebensraums – und seiner natonalstaatlichen Verwertung orientiert – mächtig (siehe z.B. Fremdenfeindlichkeit).

Eine Norm entsteht durch die totalisierung nominalistischer "Schlussfolgerungen", wodurch die Funktionalität einer formalisierten Beziehung durch die Ausgrenzung unpassender Teile erhöht wurden und vom Ganzen einer nützlichen Form, bzw. der Formation eines allgemeinen Nutzens (siehe z.B. auch Geldform). Substanziell regelt sie sich schon durch die Gewohnheiten der Funktionalität ein, die durch Algorithmen und den Erinnerungsbilder des Körpergedächtnisses vermittelt werden, - im zwischenmenschlichen Verhalten auch über Sitten und Bräuche und objektive Selbstgefühle, welche die zwischenmenschliche Beziehungen erleichtern, einregeln und sie funktional in einer gespaltenen Welt zu erhalten (siehe hierzu auch Arbeitsteilung), diese zu befrieden und sich über ihre Mängel zu erheben und in ihrer Abgehobenheit zu vergemeinschaften (siehe hierzu auch Menschenpark).

Die Bilder des Bildungsbürgertums werden von daher in seiner Hochkultur zu Chiffren und Symbolen ihrer Zwischenmenschlichkeit. Als diese nivellieren sie ihre Gegensätze und versöhnen durch ihre Veranstaltungen und Ereignisproduktionen die Auseinandersetzungen ihrer zwischenmenschlichen Verhältnisse zu ihrer Prominenz. Eine Norm entsteht durch die Macht ihrer Popularität. Darin vermittelt sich der gesellschaftliche Durchschnitt einer Bewertung über die Masse der Selbstgefühle, die sich darin assoziieren. Im Kult der Masse, in der quantifizierte Reduktion ihrer Gefühle entsteht auf diese Weise das Wertmaß einer darin hervorragenden Bildung der hierin verdichteten Qualität (z.B. Schönheit, Gesundheit, Treue, Kriminalität usw.). Normalität ist daher immer ein Wert, an dem relativiert und gemessen wird, was als Hochform der Gewohnheiten für wahr genomen wird (siehe hierzu tote Wahrnehmung).

Darin bezieht sich ihre Begriffsubstanz, die keinen Sinn durch sich und nicht für sich hat und auch nicht macht. Der abwesende Sinn verallgemeinert sich zu einer Macht abstrakt allgemeiner Wahrheiten in den bloßen Tatsachen ihrer zwischenmenschlichen Verhältnisse und wird so zu einer absoluten Substanz, die durch sich auch keinen Sinn haben muss, weil sie sich selbst nur aus einer Idealisierung der Gewohnheiten ergibt, in aller Regel die kultivierte Existenzform einer Ideologie der Existenzverwertung ist. Normal ist das Quantum des Gegebenen, in welchem es idealisiert und zugleich gewöhnlich erscheint (z.B. Gesundheit als Maß der Funktionalität eines Menschen). Normal ist, was die Menschen sein müssen, damit die Welt sein und bleiben kann, was sie ist, Fixation der Geschichte auf das Sosein des Daseins, subjektiv erfüllt von allen Notwendigkeiten der Objektivität, gebeugt im objektiven Sollen der Sache, dem Schein des Lebens, das seinen Tod nicht erkennt.

Normalität ist eine zur Norm gewordenenen Anordnung oder Gewohnheit. Diese entsteht aus Wiederholungen desselben Inhalts, entweder im Zweck eines Lernprozesses oder als Mittel einer Selbstbestärkung. In der Gewohnheit wird die Form ihrer Beziehungen zu einem selbstverständlichen, einem sich selbst verstehenden Inhalt ihres Verhaltens (siehe hierzu auch Sitte). Gewohnheiten werden in ihrer Vergemeinschaft zu einer Normalität der Selbstwahrnehmung. Darin erzeugen sie eine subjektive Potenz einer Dichte in einer unbestimmten Menge von Menschen, die in ihrer Wirkung auf das Selbstgefühl als Masse einer unspezifischen Bestätigung einer kollektivierten Selbstbestärkung (siehe Massengefühl). In einem entsprechenden Resonanzraum potenziert sich die Entleerung der Selbstwahrnehmung durch die Überfüllung von fremdeter Eindrücklichkeit auf symbiotische Bedürfnise aus der Ohnmacht endloser Zweifel.

Normalität ist das, was innerhalb einer gesellschaftlichen Norm liegt, was z.B. den allgemeinen Funktionen, Sitten und Gebräuche entspricht, was gewöhnlich ist und im Einzelnen auch als Gewohnheit gefordert wird. Die Erfordernis begründet sich aus dem Durchsatz einer reibungslosen Beziehung, die gegen die besonderen subjektiven Inhalte des menschlichen Lebens gleichgültig ist. Die Durchsetzungsfähigkeit der Normalität ist die Macht des abstrakt allgemeinen Verhaltens in den gesellschaftlichen Verhältnissen. Sie hängt also davon ab, wieweit das Leben der Menschen formal abstrahiert, wieweit dieses also einer durchschnittlichen Bewertung unterworfen werden kann.