Parallelkultur

Aus kulturkritik
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An und für sich ist der Begriff "Prallelkultur" ein widersinniger Begriff, weil Kultur immer die Subjektivität einer Gesellschaft ist und von daher auch immer widerstreitende Elemente enthält, nicht "parallel" existieren kann, weil es kein gedoppeltes Subjekt geben kann. Es täuscht dieser Begriff darüber hinweg, dass eine Paralllelkultur nur eine Gegenkultur (siehe auch Subkultur) sein kann. Und diese Täuschung hat ihren politischen Grund darin, dass ein Integrationsgebot herrschen soll (siehe heile Welt), das praktisch nicht eingelöst werden kann, wo Menschen sich in ihren Lebenswerten ausschließlich oder ausgeschlossen erfahren, sich durch eine vorherrschene Leitkultur in eine Kultur gedrängt sehen, in denen sie ihre ethischen, sittlichen und traditionellen Lebensformen als Subkultur bewahren müssen. Von da her macht sich ihre Gegenkultur oft an Glaubensgrundsätzen und Ritualen fest (siehe auch Liturgie).

Es waren ja auch die Religionen das ursprünglichste gesellschaftliche Band der Menschen jenseits ihrer unmittelbatren Tätigkeit als naturbegabte Lebenswesen, die nur durch ihre Lebensgemeinschaften leben konnten. Und sie waren zugleich doch nur die ungewisse und furchtsame Bestätigung ihres Lebenszusammenhangs als gesellschaftliche Kulturwesen, soweit sie sich nur durch ihre Naturgötter bestimmt begreifen konnten. Solche Stammeskulturen formulierten in ihrer Religion immer noch eine nur naturnotwendige Intelligenz (siehe auch natürliche Intelligenz).

"Die Religion ist das Selbstbewußtsein und das Selbstgefühl des Menschen, der sich selbst entweder noch nicht erworben oder schon wieder verloren hat." (MEW 1 S. 378f).

Kulturelle Wirklichkeiten sind zum einen unmittelbar. Darin ist das Leben der Menschen gegenwärtig als Seinsweise und Erscheinung der Lebensproduktion, die in den Lebensmitteln und Ereignissen menschliche Gegenständlichkeit hat. Der Reichtum an den Gütern des Lebens müsste so auch die Reichhaltigkeit an menschlichen Beziehungen enthalten, wie auch die Beschränktheit aller bisherigen Produktion gegenüber den Möglichkeiten der künftigen, welche in der Gegenwart besteht und nach Entfaltung drängt.

Mittelbar reflektieren sich in der Kultur dann also auch Lebensvorstellungen, die zwar auf den sachlichen Gegebenheiten ihrer Lebensweise gründen, diese aber abstrakt idealisieren, z.B. in den Gebräuchen, Sitten, Religionen, die nicht mehr in der wirklichen Lebensproduktion aufgehen, wiewohl sie da her rühren. Das geistige Band dieser Reflexionen ist als Hochkultur vom konkreten kulturellen Gehalt der menschlichen Beziehungen zu unterscheiden. Es ist eine abstrakt gesellschaftliche Verbundenheit, worin Menschen eine Identität finden, die sich nicht wirklich bestätigt, sondern wie ein unwirklicher Überbau auf Geist und Seele der Menschen wirkt. Dies macht den politischen Gehalt der Kultur aus, ihren abstrakt menschlichen Sinn, der sie gerade in dem zusammenführt, wo sie sich in Wirklichkeit entgegensetzen, in Verhältnissen des Geldbesitzes.