Pluralismus

Aus kulturkritik

Zweifellos besteht die Welt aus einer zunehmenden Vielfalt von einzelnen Erscheinungen, die gut oder schlecht zusammenkommen und damit ein Ganzes der Existenzen bilden, die das Leben ausmachen, ganz gleich, wie die sich in Beziehung setzten oder vonainerder isoliert sind. Kein Zusammmenhang wird hier vorausgesetzt, wohl aber eine Dichte von Ereignissen, die sich in bestimmter Zeit und bestimmtem Raum zutragen und hieraus ihre eigene sinnvolle Menge, eine Menge Eigensinn bilden und schließlich sich auch zu einer Masse aufsammeln. Pluralismus versteht das Ganze ausschließlich im Zusammenkommen, in der Aufsammlung von selbständigen Einzelheiten begründet. Diese seien von ebenso unabhängigen Subjekten entwickelt, gelten also als ausschließlich einzelne Konstruktionen in einer Menge der Konstrukte (siehe Konstruktivismus) des "freien Willens", also als gegenständliche Vereinigung des politischen Wollens, das auf einen Zweck hin so konzentriert wird, dass sein Erfolg vorstellbar ist.

Von daher wird Pluralismus auch zur Begründung der repräsentativen Demokratie hergenommen, in der sich angeblich die vielfältigsten Meinungen als politische Strategien durch Kompromisse "zusammenfinden", aus denen dann im Palaver der Repräsentanten politische Entscheidungen ergehen und als Verträge wirksam gemacht werden.

Doch was im pluralistischen Denken sich so leicht auffassen lässt, weil es selbstverständlich erscheint, so sehr widerspricht es seinem Selbstverständnis in der Erläuterung seiner Konstrukte, der Kategorien seines vermeintlichen Wissens, denn der Pluralismus macht aus jeder Einzelheit eine Ganzheit und vereinfältigt das Vielfache, ist schnell als eine einfältigeTheorie der Pluralität zu erkennen. Denn das Einfache taugt zu keiner Erkenntnis, sondern bestenfalls zu seiner bloßen Handhabung. Und selbst diese wird dadurch erschwert, dass sie immer auf vielfältige Wechselwirkungen und Zusammenhänge reagieren muss. Daher wird dem überzeugten Pluralisten das Bedürfnis nach einer Ordnung seiner Gedanken aufgezwungen, die er aber nur schwach und widersprüchlich bewältigt, indem er sie zur Phänomenologie abführt.

Es ist der Grundgedanke des Liberalismus, dass sich Geschichte aus den Möglichkeiten dieses Zusammentreffensdes Vielen wie von "unsichtbarer Hand" geordnet ergibt, weil ihr Sinn erst durch den Zufall der Möglichkeiten, die sie enthalte, hierdurch entstünde. Im Gegensatz hierzu sieht der historische Materialismus eine Bildungsgeschichte des Menschen in Einheit mit einer natürlichen Intelligenz, welche das Ganze der geschichtlichen Entwicklung offenbahre. Der Sinn des Ganzen enthält demnach eine Wirklichkeit, die sich nicht aus dem zufälligen Zusammentreffen seiner Teile erklären kann. Die Geschichte der Menschen ist zwar nicht logisch determiniert in der Bestimmung einer zwangsläufigen Folge von Ereignissen, wohl aber Intelligent im Sinne der Naturgeschichte. Von daher lassen sich erst Aussagen machen über die geschichtliche Entwicklung des Menschen als Geschichte seiner Sinnbildung und die Möglichkeit der Barbarei, wo sich diese gesellschaftliche Sinnbildung gegen sich selbst kehrt (siehe auch Faschismus).