Machtpolitisch

Aus kulturkritik

"In der Praxis muß der Mensch die Wahrheit, d. h. die Wirklichkeit und Macht, die Diesseitigkeit seines Denkens beweisen. Der Streit über die Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit eines Denkens, das sich von der Praxis isoliert, ist eine rein scholastische Frage." (MEW 3, S. 533).

Macht entsteht durch die vereinigte Substanz gesellschaftlicher Beziehungen in ihrer existenziellen Form, worin diese allerdings auch als bloßer Inhalt einer abstrakt begründeten Rechtsform eines Vertragsversprechenes wirksam sein kann. Überhaupt ist sie die Form der geschichtlich gegebenen gesellschaftlichen Verwirklichung einer Subjektivität, deren Tätigkeit sich in ihrem Gegenstand über jeden Zweifel erhaben erkennt; aber auch sich als diese Erhabenheit durch die Verkehrungen des Austauschs vortäuschen lässt (siehe auch politischer Wille). Darin wird die bloße Macht der Gewohnheit zur Macht einer Täuschung, die allerdings in ihrer Geschichte subjektiv notwendig und zugleuch zweifelhaft wird weil sie immer wieder auf die Wahrheit ihrer Macht zurückkommen muss. Doch die erweist sich sogleich als als Ausdruck ihrer Ohnmacht, die eine Verkehrung der vereinzelten Selbstwahrnehmung ihrer Isolation wahr machen muss (siehe hierzu auch autoritärer Charakter), weil sie zwangsläufig ungewöhnlich werden muss, wo sie wirklich subjektiv wird (siehe auch Kontrollbedürfnis).

Vom Standpunkt der Ohnmacht ist Macht natürlich negativ belegt. Doch Ohnmacht resulstiert nicht aus einer Macht, aondern aus einer Formbestimmung von Macht, aus einer fremden Kraft, die Macht hat. Wo etwas gemacht wird, das Wirkung hat, entsteht Macht, wirkliche Wirkung, gegenständliche Wirklichkeit. In dieser doppelten Wirkung als einzelne Wirklichkeit verhält diese sich zu jeder anderen Wirklichkeit aber nicht nur als Subjekt, sondern zugleich als ihr Objekt. Macht an sich gibt es daher nicht, sondern nur Wirklichkeit als Verhältnis unterschiedlicher Mächte, die einander entweder ergänzen oder konkurrieren, je nach der Form, in der ihr Verhältnis bestimmt ist, also je nach ihrer Formbestimmung.

Macht wird oft im Zusammenhang mit Machtmissbrauch oder selbst schon als Missbrauch verstanden, als Phänomen einer Übermacht, sodass jedwedes Verhalten das Wirkung zeigt, schon diskriminiert wurde. Michel Faucault hat daher diesen Bezug auf das Handeln als Möglichkeit des Verhaltens innerhalb der Verhältnisse handelnder Menschen beschrieben: Macht entsteht nach seiner Auffassung als

"ein Ensemble von Handlungen, die sich auf mögliches Handeln richten, und sie operiert in einem Feld von Möglichkeiten für das Verhalten handelnder Subjekte. Sie bietet Anreize, verleitet, verführt, erleichtert oder erschwert, sie erweitert Handlungsmöglichkeiten oder schränkt sie ein, sie erhöht oder senkt Wahrscheinlichkeit von Handlungen, und im Grenzfall erzwingt oder verhindert sie Handlungen, aber stets richtet sie sich auf handelnde Subjekte, insofern sie handeln oder handeln können. Sie ist auf Handeln gerichtetes Handeln." (Michel Foucault: Subjekt und Macht, in: Michel Foucault: Analytik der Macht. Frankfurt am Main, 2005)

Macht ist im Grunde sehr einfach darin zu verstehen, dass sie eine zweifelsfreie Lebensäußerung und als Lebensausdruck menschlicher Praxis gegenständlich ist. Ohnmacht entsteht nicht durch Macht, sondern durch Übermacht einer Einverleibung, durch eine Form, in der Macht gegen ihre Wirklichkeit entwirklicht, zu Ohnmacht bestimmt ist. Macht entsteht, wo Ohnmacht herrscht, also durch eine Herrschaft, die Lebensäußerung enteignet, die Menschen das ihnen Eigene entwendet, sie von sich entfremdet. Die Aufhebung dieser Entfremdung erfordert die Aneignung der enteigneten menschlichen Lebensäußerungen, bedeutet also die Verwirklichung des eigentümlichen Verhältnisses der Menschen als ihre Macht im Diesseits ihres Lebens. Sie können hierdurch nicht über andere herrschen, weil und wenn es ihr wahrer Gegenstand ist, weil und wenn sie sich hierin gesellschaftlich ergänzen. Ein einzelner Mensch kann daher nicht für sich Macht erlangen, soweit er diese privat aneignet, seiner Gesellschaft, dem Zusammenhang seiner Geschichte enzieht.

Was gemacht ist, ist wirklich und in seiner Wirklichkeit auch körperlich wirksam. Von daher ist es schon kräftiger als das Unwirkliche, das es nicht gibt, das den Gegebenheiten unterlegen ist, weil es noch keine Gestalt, keine Form für sich gefunden hat, - das in seiner Bildung vielleicht auch noch unterbrochen, in seiner Entwicklung leicht durch die "Macht des Stärkeren" gehemmt oder sogar ausgeschlossen werden kann und schließlich in der herrschenden Wirklichkeit untergeht, verschwindet. Wo Wirklichkeit selbst schon herrschend ist, weil sie den Menschen zur Bedingung ihres Lebens gemacht wird, ist ihre Macht herrschend und Gewalt über die, welche ihrer nicht inne werden, durch sie ohnmächtig gemacht und durch die herrschenden Mächte vernutzt werden. "Die besten meiner Generation sah ich zugrunde gehen", hatte Büchner geschrieben und damit an eine Gesellschaft appelliert, die im bloßen Faktenglauben, im Glaube an die Macht des Faktischen, im Sachzwang und durch Sachgewalt herrscht. Er beschrieb damit eine Wirklichkeit, deren Zweck es ist, alle Macht der Welt zu bestimmen, allmächtig zu sein, und von daher sich der menschlichen Geschichte und Sinnbildung verschließt, ihre Kritiker ohnmächtig machen muss.

Macht kommt von Machen, - ist also zunächst nur die Bestimmung des Subjekts, die durch sein Objekt Wirkung hat und hierdurch gegeben ist, in Wirklichkeit existiert. Macht besteht sowohl subjektiv durch die Geschichte des Subjekts in seiner Vergegenständlichung (siehe hierzu auch Naturmacht), als auch in der Verfügung über dessen Gegenständlichkeit als Bestimmungsmacht in der objektiven Abhängigkeit von diesem als Inhalt seines Werdens. Solche Macht - als Geschichte begriffen - kann ihre Objekte nicht nutzen, ohne sie zu erneuern, ihr immer wieder einen erneuerten oder neuen Sinn zu verleihen und ist insoweit der Begriff einer Beziehung, die Ohnmacht nicht nötig hat. Macht in diesem geschichtlichen Verständnis wäre also die einfache und gewaltlose Beziehung eines geschichtlichen Subjekts zu seinem Objekt. Vermittelt sich aber das Objekt auf dem Markt im Warentausch, als objektives Mittel einer Welt voller gleichgültiger Nutzbarkeiten (siehe Gebrauchswert) als Geld, so wird es zum Maßstab einer mächtigen Ohnmacht.

"Der Mensch wird um so ärmer als Mensch, er bedarf um so mehr des Geldes, um sich des feindlichen Wesens zu bemächtigen, und die Macht seines Geldes fällt grade im umgekehrten Verhältnis als die Masse der Produktion, d.h., seine Bedürftigkeit wächst, wie die Macht des Geldes zunimmt. ... Die Quantität des Geldes wird immer mehr seine einzige mächtige Eigenschaft; wie es alles Wesen auf seine Abstraktion reduziert, so reduziert es sich in seiner eignen Bewegung als quantitatives Wesen. Die Maßlosigkeit und Unmäßigkeit wird sein wahres Maß. – Subjektiv selbst erscheint dies so, teils daß die Ausdehnung der Produkte und der Bedürfnisse zum erfinderischen und stets kalkulierenden Sklaven unmenschlicher, raffinierter, unnatürlicher und eingebildeter Gelüste wird – das Privateigentum weiß das rohe Bedürfnis nicht zum menschlichen Bedürfnis zu machen; sein Idealismus ist die Einbildung, die Willkür, die Laune, und ein Eunuche schmeichelt nicht niederträchtiger seinem Despoten und sucht durch keine infameren Mittel seine abgestumpfte Genußfähigkeit zu irritieren, um sich selbst die Gunst zu erschleichen, wie der Industrieeunuche, der Produzent, um sich Silberpfennige zu erschleichen)." (MEW 40 Seite 547f)

Macht hat Gewalt nicht unbedingt nötig. Es ist die Ohnmacht, die Gewalt einsetzen muss, soweit sie sich verselbständigt und gegen sich selbst wendet, die sich in einem Prozess der Nichtung, in einer Spirale der Selbstvernichtung bewegt und sich nur durch gewaltsame Aneignung der Mittel ihrer Selbsterhaltung (siehe Reproduktion) retten kann. Es mag im Einzelnen so erscheinen, als ob die Macht in einer willkürlichen Subjektivät, z.B. in einer Gier nach dem Reiz des Erlebens, nach Geld, Ruhm und Glanz, gewalttätig werden würde. Aber derlei Geltungsbedürfnis zwingt ihr letztlich nur das Gegenteil von dem auf, was sie erstrebt. Alle Reize verlieren sich, wo sie zur Gewohnheit werden und diese ist weniger, als was sie als Macht der Gewohnheit noch war, weil sie durch Gewaltanwendung ihre Substanz verloren hat und im Glanz ihres Eifers immer eifriger glänzen muss und süchtig wird nach dem, was sie nicht hat und deshalb auch nichts aus ihr werden kann und worin sie sich letztlich selbst vernichtet.

Der Nutzen, den Objekte für Menschen haben, wird in der abstrakten Vermittllung ihnen selbst äußerlich, also Macht für sich und durch sich. Macht wird durch diese Bestimmung des Gemachten, durch eine Formbestimmung, zu einer fremden Form des Machens, zur Ohnmacht und also zur Bestimmtheit einer Entfremdung. Dies ist inzwischen schon als Sprachgewohnheit zu einem Begriff der Herrschaft fremder Bestimmungen geworden, also zur Bestimmung eines dem Menschen entfremdeten Eigentums: Besitz. Darin wird besetzt, was die Menschen erzeugen, besessen, was sie für ihr Leben äußern. Es vollstreckt sich hierdurch also die Besessenheit eines gesellschaftlichen Verhältnises, worin das, was gemacht wird, zum Herrschaftsmittel des Gegebenen über das Werdende gereicht, des Toten über das Leben. Sie ist die Verfügung über Subjekte, welche zur Ohnmacht bestimmt sind. Sie beeinhaltet den Besitz von Mitteln bloßer Gewalt. Solcher Besitz entspringt der Formbestimmung einer Gesellschaft. Deren Subjekte werden hierdurch zu Objekten einer Verfügungsmacht, die sich nur in der Affirmation dieser Gesellschaft bewähren kann. Die Fähigkeit entsteht durch Herrschaftsmittel (z.B. Waffen, Gesetze). In diesen Mitteln waltet eine Kraft als Gewalt eines Willens, welcher sich gegen die wendet, die gegen seine gesellschaftliche Wirklichkeit bestimmt sind, gegen die darin unverwirklichten Menschen. Der herrschende Wille ist der Wille der herrschenden Wirklichkeit und seine Macht wendet sich gegen das hierin unverwirklichte und unverwirklichbare Menschsein, gegen das, was darin nicht gewollt ist und sich also wirklich machen soll, weil es nicht sein darf. In diesem Sinne kann man Adorno zustimmen, wenn er schreibt:

"Die Menschen bezahlen die Vermehrung ihrer Macht mit der Entfremdung von dem, worüber sie die Macht ausüben." (Theodor W. Adorno "Dialektik der Aufklärung" Fischer 2002 S. 15)

Weil und solange Macht nicht ein subjektives Verhältnis zu Objekten ist, also sich als freie Verfügung der Subjekte über ihre Gegenstände bestimmt, wird die Wirklichkeit der Sachverhältnisse zur Macht der Objekte gegen Subjekte bestimmt, die zur Ohnmacht gezwungen werden. Diese ist die Bestimmtheit entfremdeter Macht, welche wirkliche Subjektivität verneint (siehe Negation). Bevor etwas subjektiv sein kann, ist sein Werden als das bestimmt, was sein darf oder nicht. An der Macht sind die Träger einer Wirklichkeit (z.B. Politiker, Agenten, Manager), die nicht aus einer Geschichte der Menschen hervorgeht, sondern diese selbst schon bestimmt. Macht beeinhaltet die Verfügung über das, was werden soll und das, was nicht sein darf. Und wo gesellschaftliche Verfügung im Zweck des Unwesentlichen, des Vergangenen, des Verwesten, des Todes steht, da beherrscht sie alles Leben.

Die Verfügungsgewalt kann auch negativ begründet sein: Indem alle anderen verfügen, sind sie mächtig über den, der zu ihnen in einem Verhältnis steht, worin er über nichts verfügt (siehe Gesellschaft). Das Besitzverhältnis selbst bestimmt diese zu Objekten der anderen, die hierdurch Subjekte entäußerter Bestimmtheit werden. Die Fähigkeit zur Verweigerung oder zum Ausschluss aus einem notwendigen Verhältnis (siehe Isolation) ist die gebräuchliche Form von Machtanwendung in der bürgerlichen Öffentlichkeit. So gründet z.B. das Verhältnis von Lohnarbeit zum Kapital darauf, dass der Lohnarbeiter oder die Lohnarbeiterin unter der Bedingung abstrakter Arbeitsteilung besitzlos und gesellschaftlich isoliert und also ohne Lebensmittel sind, so sie nicht an das gesellschaftliche Faustpfand (Geld) durch das Kapital gelangen. Hierfür müssen die Vertragsverhältnisse dieser Gesellschaft eingegangen werden, welche auch das Vertragsrecht als Recht des Besitzverhältnisses sicherstellt. Macht geht immer gegen Subjekte und besteht objektiv durch das, was für Recht gehalten wird, was also für bestimmte Verhältnisse richtig ist. Umgekehrt funktionieren solche Verhältnisse auch nur dadurch, dass die Besitzlosigkeit von Lohnarbeit für recht gehalten wird.

Macht ist also die Bestimmtheit einer Verfügung, die objektiv als Notwendigkeit in der Bestimmung eines Verhältnisses gültig ist, subjektiv als Gewalt gegen das Leben von Menschen besteht. Ein Mensch kann über einen anderen Menschen subjektiv nur durch die direkte oder indirekte Verfügung über Gewaltmittel mächtig sein (direkt z.B. als Besitzer von Arbeit, Waffen, Sanktionierungsmittel, indirekt z.B. durch Wissen, Nötigung usw.). Besondere Fähigkeiten (z.B. "Wissen ist Macht") können nur in indirekter Weise mächtig sein (z.B. als Mittel zur Erpressung in bestimmtem Sachverhalt, Informationsbesitz, also ausschließliche und konkurrierende Information).

Subjektiv bestimmt sich Macht als Notwendigkeit des unerfüllten, weil unerfüllbaren Bedürfnisses und entsteht daher in Ökonomischen Verhältnissen, in denen Bedürfnisse außer sich bleiben, also keine sachliche Gegenständlichkeit und Verwirklichung erfahren.

Objektiv besteht Macht immer politisch, also als Macht im gesellschaftlichen Zusammenhang des bürgerlichen Staates: Direkt durch den politischen Willen (z.B. in der Verfassung, Gesetzgebung und Staatsgewalt), indirekt durch Verlust oder Einschränkung der Lebensbedingung (z.B. wenn die gesellschaftlichen Bedingungen, die Lebensbedingung einer bestimmten Lebensform, nicht erfüllt werden).

Macht resultiert in jedem Fall nicht aus menschlichen Beziehungen, sondern aus der Notwendigkeit ihres Verhältnisses, worin sie ihre Wirklichkeit, ihre Gegenständlichkeit erzeugen und vollziehen. ohne diese Beziehung gibt es Macht unmittelba nur willkürlich, also als Gewalt. Wirklich gesellschaftlich entsteht sie aus den Notwendigkeiten der gesellschaftlichen Lebensform, in welcher Macht verliehen wird und als politischer Wille abstrakt besteht. Nur in einem faschistischen Staat fällt Macht und Wille zusammen (von daher war Nietzsches Leidenschaft für das in Eins gehen von Wille und Macht als "Wille zur Macht" auch Grundlage nationalsozialistischer Ideologie). Die Gesinnung reflektiert dies.

Der Besitz ist die allgemeine politische Form, worin sich die Menschen in der bürgerlichen Gesellschaft zu einander verhalten, ökonomisch als Besitzer von Waren und Geld, persönlich über das Willensverhältnis, worin sie zu einander im Austausch von Waren stehen und sich dieses Verhältnis in ihrem Staat allgemein sichern. Die zwei Momente der Macht sind politische Formen, die sich als Besitz und Wille (nicht als Eigentum und Bedürfnis) allgemeine Macht verleihen, indem sie von allen als diese Macht politisch anerkannt und hierdurch gültig sind. Macht drückt also die Geltung eines politischen Verhältnisses aus, worin sie zustande kommt und was sie als gültige Verfassung hat. Macht ist die Wirkung der Verfassung, in der ein Mensch oder eine Gesellschaft ist. Die Gewalt, aus der Macht ihre Kraft bezieht, entspringt der Bestimmung, welche Macht als Aufgabe abstrakt, also negativ zu konkreten Problemen, hat: Abstrakte Notwendigkeit, über Gewaltmittel zu verfügen (um z.B. Kriminalität zu beherrschen, für Gesundheit zu sorgen, ökonomische Krisen abzuwenden usw).

Die Welt der abstrakten Allgemeingültigkeiten befindet sich in solcher Wirklichkeit im Widerspruch zu ihren konkreten Wirkungen und Verhältnissen. Es ist der Widerspruch des abstrakt Allgemeinen und des konkret Einzelnen, der die ganze bürgerliche Gesellschaft durchtreibt als Widerspruch von Ware und Geld, Eigentum und Besitz, Wert und Mehrwert, gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung. Die allgemeine Gültigkeit dieser Verhältnisse steht im Widerspruch zu ihren konkreten Lebensinhalten. Daher bedeutet Macht in diesem Verhältnis die Herrschaft des abstrakt Allgemeinen über das konkrete Leben, des abstrakt Allgemeinen über die Bedürfnisse der Menschen, die in ihrer Einzelheit sich nur isoliert äußern können.

"Eben weil die Individuen nur ihr besondres, für sie nicht mit ihrem gemeinschaftlichen Interesse zusammenfallendes suchen, überhaupt das Allgemeine illusorische Form der Gemeinschaftlichkeit, wird dies als ein ihnen "fremdes" und von ihnen "unabhängiges", als ein selbst wieder besonderes und eigentümliches "Allgemein "-Interesse geltend gemacht, oder sie selbst müssen sich in diesem Zwiespalt bewegen" wie in der Demokratie. Andrerseits macht denn auch der praktische Kampf dieser beständig wirklich den gemeinschaftlichen und illusorischen gemeinschaftlichen Interessen entgegentretenden Sonderinteressen die praktische Dazwischenkunft und Zügelung durch das illusorische "Allgemein"-Interesse als Staat nötig. Die soziale Macht, d.h. die vervielfachte Produktionskraft, die durch das in der Teilung der Arbeit bedingte Zusammenwirken der verschiedenen Individuen entsteht, erscheint diesen Individuen, weil das Zusammenwirken selbst nicht freiwillig, sondern naturwüchsig ist, nicht als ihre eigne, vereinte Macht, sondern als eine fremde, außer ihnen stehende Gewalt, von der sie nicht wissen woher und wohin, die sie also nicht mehr beherrschen können, die im Gegenteil nun eine eigentümliche, vom Wollen und Laufen der Menschen unabhängige, ja dies Wollen und Laufen erst dirigierende Reihenfolge von Phasen und Entwicklungsstufen durchläuft.

Diese "Entfremdung", um den Philosophen verständlich zu bleiben, kann natürlich nur unter zwei praktischen Voraussetzungen aufgehoben werden. Damit sie eine "unerträgliche" Macht werde, d.h. eine Macht, gegen die man revolutioniert, dazu gehört, daß sie die Masse der Menschheit als durchaus "Eigentumslos" erzeugt hat und zugleich im Widerspruch zu einer vorhandnen Welt des Reichtums und der Bildung, was beides eine große Steigerung der Produktivkraft, einen hohen Grad ihrer Entwicklung voraussetzt - und andrerseits ist diese Entwicklung der Produktivkräfte (womit zugleich schon die in weltgeschichtlichem, statt der in lokalem Dasein der Menschen vorhandne empirische Existenz gegeben ist) auch deswegen eine absolut notwendige praktische Voraussetzung, weil ohne sie nur der Mangel verallgemeinert, also mit der Notdurft auch der Streit um das Notwendige wieder beginnen und die ganze alte Scheiße sich herstellen müßte, weil ferner nur mit dieser universellen Entwicklung der Produktivkräfte ein universeller Verkehr der Menschen gesetzt ist, daher einerseits das Phänomen der "Eigentumslosen" Masse in Allen Völkern gleichzeitig erzeugt (allgemeine Konkurrenz), jedes derselben von den Umwälzungen der andern abhängig macht, und endlich weltgeschichtliche, empirisch universelle Individuen an die Stelle der lokalen gesetzt hat." (MEW 3, S. 34f).

Macht ist nicht unmittelbar gewalttätig und resultiert auch nicht aus Strukturen, wenngleich sie darin wirksam ist, insofern sie Verfassung repräsentieren. Sie hat ihren Grund in der Notwendigkeit, widersinnige Lebensverhältnisse zu vermitteln, also die Not zu wenden, die sich an den Mächtigen wendet oder die zu beheben die verfassungsgemäße Aufgabe des Mächtigen ist. Die Verfügung über Gewalt setzt ein Besitzverhältnis zu dieser selbst voraus, das sich aus der Verfügung über die gesellschaftliche Lebensproduktion (Ökonomie) und der Notwendigkeit der gesellschaftlichen Reproduktion (Staat) ergibt. Macht ist letztlich pure Verfügung, welche Besitz ausmacht, in ihrer allgemeinen Form und im Widerspruch zu jedem eigentümlichen Sein (Eigentum). Macht stellt sich in allen Preisbildungen als Potenz der Ausbeutung (siehe Klassenkampf) des Lebensstandards dar (z.B. in den Mietpreisen, Lebenshaltungskosten, Rente usw.). In der Staatsgewalt hat sie ihre größte Ausdehnung und Wirkung, da sich darin das Kapital politisch als Überlebensnotwendigkeit der bürgerlichen Gesellschaft darzustellen versteht und je nach allgemeiner Wirtschaftlage überzeugen kann. Dies wird in Dienstleistungsgesellschaften sich auch immer wirklich machen lassen, so dass hier die Teilhabe des Großteils der Bevölkerung an der Macht des Kapitals offensichtlich ist.

In der bürgerlichen Demokratie geht alle Macht vom Besitz aus, der in einem Volk verteilt ist. Auch wenn es mit der Machtverfügung allgemein nicht einverstanden ist (z.B. Entscheidung zu Krieg), muss es sich der allgemeinen Notwendigkeit der Machtausführung beugen. Es ist die Notwendigkeit des Staats, der sie entspringt, die Notwendigkeit, die Verwertungsverhältnisse zu sichern und die Verteilungsverhältnisse zu festigen, besonders ihrer immanenten Krisenhaftigkeit (Krise) zu begegnen. Indem seine Regierung demokratisch gewählt wird, wird nicht er gewählt. In der Wahl wird seine allgemeine Funktion und Macht bestätigt, indem besondere Urteile für die Ausübung der Staatsgewalt als bestimmter politischer Wille durch die mehrheitliche Meinung der Bevölkerung abgewählt werden können. Die Wahl als solche, nicht der Inhalt des Wählens stellt die Macht dar; sie ist reine Formbestimmung des Staats. Der Staat erscheint als wählbar, während er seinen Notwendigkeit folgt. Dem Volk bleibt alleine die Potenz des Abwählens möglicher Entscheidungsrichtungen (Positionen), deren Grundlage als Notwendigkeit der Entscheidung unberührt ist. Es geht praktisch keine Macht vom Volke aus, sondern alleine von der Notwendigkeit der Problemlösung, welche der bürgerliche Staat betreiben muss, damit die allgemeinen Verhältnisse funktionieren. Indem diese Machtfunktion als politischer Wille ausgeführt wird, kann sie auch als notwendiges Bedürfnis erscheinen und hierdurch das Volk selbst bestimmen, wenn es zur Wahl schreitet (Faschismus).