Kulturindustrie
Die materielle Produktion einer Realökonomie folgt den dem entsprechenden Lebensbedingungen der Menschen in ihren Beziehungen der unterschiedlichen Klassen (siehe Klassengegensatz). In einer politischen Kultur werden sie selbst zu Lebensumständen, indem sie den ganz eigentümlichen Klassencharakter einer Kultur befördern, die sich mit der Selbstverwertung der kulturellen Persönlichkeiten entwickelt und deren Selbstwert objektiviert, zum Maß der kulturellen Bedeutung macht. Sie setzt sich über die Ereignisproduktion ihrer Medien allgemein durch und verschafft einem Kulturbürgertum die Scheinwelt seiner Selbstverwirklichung als Ästhetik seiner Selbstwahrnehmiung, die jegliches Selbstbewusstsein ersetzt und eine ohnmächtige Selbstwahrnehmiung erzeugt, und die vor allem Unterwerfung mit sich bringt und Widerstand schon im Keim ersteckt. Durch die darin bestimmten Lebensumstände wird ohnmächtige Wahrnehmung zur Selbstbestärkung einer Kulturelite genutzt, "wertlose Kultur" ausgegrenzt (siehe kulturelle Ausgrenzung) und eine politische Gesellschaftform zur politischen Kultur des Geldbesitzes verselbständigt.
Die kulturell bestimmten Klassen verhalten sich nicht als allgemein gesellschaftliche Klassen, sondern nur innerhalb des Geldwertes und seiner Verwertung, wodurch alles Leben an seinem Potenzial für den Geldverbrauch einer Geldverwertung, also an den Umsätzen der Geldzirkulation bemessen und durch diese kontroliert wird. Hier zählt das Potenzial des Geldbesitzes für die Sicherung des Geldwerts der Währung und ihrer Kaufkraft, also das Regulativ der Politik des Nationalstaats für das Vermögen einer Nation, die er in der Konkurrenz der Nationalstaaten erhalten können und von daher auch jegliche Form der Kreditversicherung unterstützen muss. Das stellt ihn objektiv gegen seine Bevölkerung und verlangt einen zunehmend anwachsenden Einfluss auf deren Lebensumstände, die er für seine Zwecke instrumentalisiert.
Nach Auffassung von Theodor W. Adorno, Max Horkeimer und Erich Fromm hat sich die bürgerliche Produktion der Waren dahin verändert, dass der Warencharakter der bürgerlichen Produktion sich auf Kulturprodukte ausgeweitet habe, die eine Kulturindustrie als eine gesellschaftlich mächtige Sparte der Warenproduktion geschaffen hätte. Kulturelle Ereignisse und Erzeugnisse seien wesentliche Momente "kapitalistischer Vergesellschaftung" geworden, die über den Herrschaftscharakter ihrer Produktion hinwegtäuschen würde und hierfür auch eingesetzt würde. In der "Kulturware" würde der authentische Charakter von Kunst und Kultur dadurch verwertet, dass er die Tauschwertproduktion selbst authetisch erscheinen lasse und somit einen "Verblendungszusammenhang" über den waren Charakter der bürgerlichen Gesellschaft herstelle, wodurch die Emanzipation aus ihr blockiert werde. Damit würden kulturindustrielle Werke (wie z.B. Jazz) die bürgerliche Kultur zwar beerben, aber zugleich ihre Wahrhaftigkeit zerstören. Kultur würde als Ware der Degeneration durch ihre Industrialisierung unterliegen und die Ausbildung eines kritischen Denkens verhindern.
Jedes Kulturprodukt werde auf diese Weise zum Objekt einer Massenproduktion, die in ihrer Gefälligkeit die Menschen zufrieden und unkritisch machen solle. Kulturprodukte der Kulturindustrie richten sich also - so Adorno - nicht mehr nach dem eigenen Gehalt und nach stimmiger Gestaltung, sondern vielmehr nach ihrer Verwertbarkeit als Werträger des Geldes. Die gesamte Praxis der Kulturindustrie übertrage ihr Profitstreben auf die Gebilde und Bildung der Kultur. Geistige Gebilde kulturindustriellen Stils seien daher nicht einfach nur Waren, sondern sie seien es durch und durch, seien also eine Profanisierung des Geistes in Warenform und damit Überhöhung dieser Form über den Geist.
Dass das Warendasein der Kunst diese zu einer Massenkultur bestimmen würde, die im Sinne der Massenmedien die Menschen verblenden würde, entsteht vielleicht aus einer Verwechslung von Kulturindustrie mit einer Kommunikationsindustrie, die zwar keine an sich authentische Kunst verfälscht, aber tatsächlich durch ihre Technik eine Befriedung bewirken und die Wahrnehmung der Menschen beeindrucken kann. Durch ihre Befriedungstechnologie konnte Kommunikationsindustrie auch wie die Produktion eines "Verblendungszusammenhangs" erscheinen, welche die gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnisse naturalisieren soll. Dieser "soziale Kitt", wie Erich Fromm die Ideologie einer so verstandenen Kulturindustrie nannte, agiere als Mittel von Herrschaft und Integration. Doch es kann bezweifelt werden, dass diese Industrie selbst der Grund zur Verwendung solcher Mittel ist. Deren Zweck kann nur erfüllt werden, wo die Menschen selbst ein Bedürfnis danach entwickeln.
Von daher ist Kommunikation selbst ein Mittel, das durch Zwecke anwendbar ist, die nicht in ihr selbst mitgeteilt werden. Sie kann durch die Medien und Institute der Meinungsbildung und des Erwerbs von Daten zur Verbesserung der Verwertungslage eingesetzt werden und jede Kultur in einen Kult verkehren, der seine Fans findet und fanatisch macht.
Für Antonio Gramsci bedeutete die Hegemonie der Kommunikationsindustrie,
"dass die herrschende Gruppe sich auf konkrete Weise mit den allgemeinen Interessen der untergeordneten Gruppen abstimmen wird und das Staatsleben als ein andauerndes Formieren und Überwinden von instabilen Gleichgewichten zu fassen ist [...], von Gleichgewichten, in denen die Interessen der herrschenden Gruppen überwiegen, aber nur bis zu einem gewissen Punkt, d. h. nicht bis zu einem engen ökonomisch-korporativen Interesse" (Antonio Gramsci, Gefängnishefte).
Die Kommunikationsindustrie versteht die gesellschaftlichen Beziehungen der Menschen nach ihrem Maß, nach der politischen Kultur ihrer Institutionen. Und diese haben die Kommunikationstechnik zur Grundlage ihrer Maßstäbe, ihrer Quantifizierungen, ihrer Masse. Ihr Verstand bildet sich also aus der Interpretation, wie sie technisch möglich ist, aus der Art und Weise, wie die Daten aus den Ereignissen zu verarbeiten sind, wie sie über Kameras, Tonträger, Internet, Zeitungen, Briefen, Veranstaltungen und so weiter herbeigetragen werden (siehe auch Medien). Sie stellt auch virtuelle Zusammenhänge her, wo sie in der Wirklich zwischenmenschliche Beziehungen untergehen und veranstaltet Ereignisse, die diesen Konsum als eigenständige Kommunikation produziert (Kulturarbeit) und über die Mittel verfügt, diese zu illuminieren (siehe Ereignisproduktion). In ihren Produkten k�nnen sich Menschen etwas nehmen und vernutzen, was sie nicht sein m�ssen, da sie sonst sich in ihrer Selbstwahrnehmung selbst verbrauchen m�ssten. Kulturkonsum zielt also gerade auf das nicht sein m�ssen, auf die [[Ent�u�erung]] von Selbstwahrnehmung, auf die Selbstdarstellung, die keinen anderen Sinn hat, als die Vorstellung, das Sein Wollen und Sollen: Die B�hne des Lebens, auf der man Eindruck machen kann.
Durch den Eindruck, den ein Mensch auf andere macht, täuscht er über seine wirklichen Eigenschaften und Fähigkeiten hinweg und erheischt hierbei einen Selbstwert, der Überlegenheit in Verhältnissen vermittelt, in denen im Allgemeinen Minderwertigkeitsgefühle die Selbstwahrnehmung bestimmen. Es sind deren zwischenmenschlichen Beziehungen, durch die solche Wahrnehmungen in Selbstgefühlen aufgehen, die ihrem Geltungsstreben folgen müssen, um Gefühl für sich zu sein und zu bleiben. Die Täuschung durch solchen Eindruck verlangt allerdings eine permanente Kontrolle über das, was hierfür körperlich ausgedrückt werden muss, eine Selbstkontrolle, die einen ästhetischen Schein in diesen zwischenmenschlichen Verhältnissen erzeugt, denen die Zwischenmenschen in ihrem Körperfetischismus nachgehen und für diese Scheinwelt ihre Sinne aufzubereiten und kulturalisieren und ihre ganze Spontaneität für eine modische Sinnlichkeit aufgeben.
In der Welt der [[zwischenmenschlichen Verh�ltnissen]], wie sie in der [[b�rgerlichen Kultur]] verwirklicht sind, haben sie sich nicht unbedingt so wahr, wie sie sich wahrnehmen, haben sich als Lebens�u�erung wahr, die nur dem erleben dient. Wie sie sich wahrnehmen, verbrauchen sie, was sie von einander wahrhaben, was sie f�r einander sind und voneinander erkennen k�nnen. So wird ihre geistige und sinnliche Lebens�u�erung vergegenst�ndlicht zu einem seelischen Ereignis, welches zum [[ausschlie�lichen]] Inhalt der Wahrnehmung in zunehmender �u�erlichkeit ist. Durch den Konsum dieser Kultur aber wird diese Wahrnehmung wieder zum Erlebnis, allerdings vom Leben vollst�ndig verselbst�ndigt und abgetrennt von dem, was die Menschen wahrhaben. Kultur wird so also zu etwas, was keinen Sinn hat, also damit zu nichts. Kulturkonsum ist das [[Verh�ltnis]], worin die Wahrnehmung im Prozess der Nichtung ihrer Erkenntnisse besteht und ihre [[Gegenst�nde]] in ihrem menschlichen, d.h. geistigen und sinnlichen Gehalt (siehe Substanz) f�r die Selbstwahrnehmung vernichtet (siehe auch Psyche, Seele, Depression), pervertiert (siehe Verkehrung) und in eine allemeine Dekadenz aufhebt. Eine Form, worin dies als Lebensverh�ltnis abgewendet, also gewendet erscheint, ist die [[�sthetik]], der Kult einer Heilskultur (siehe auch heile Welt) und die Volksgemeinschaft, also alle Verh�ltnisse des [[�sthetischen Willens]].