Dienstleistung

Aus kulturkritik

"In der bürgerlichen Gesellschaft selbst gehört in diese Rubrik aller Austausch persönlicher Dienstleistungen - auch Arbeit für persönlichen Konsum, Kochen, Nähen etc. Gartenarbeit etc. bis herauf zu den sämtlichen unproduktiven Klassen, Staatsdiener, Ärzte, Advokaten, Gelehrte etc. - gegen Revenue in diese Kategorie. Alle menial servants etc. Alle diese Arbeiter, vom geringsten bis zum höchsten, vermitteln sich durch ihre Dienstleistungen - oft aufgezwungene - einen Anteil am Surplusprodukt, an der Revenue des Kapitalisten. Es fällt aber niemand ein zu denken, dass durch Austausch seiner Revenue gegen solche Dienstleistungen, d.h. durch seinen Privatkonsum, der Kapitalist sich als Kapital setzt. Er verausgabt vielmehr dadurch die Früchte seines Kapitals." (K. Marx, Grundrisse, MEW 42, S. 380)

Dienstleistungen sind unterschieden in persönliche Dienste zur privaten Reproduktion, die aus Lohnarbeit finanziert werden (wie z. B. eine Arztbehandlung, Gastgewerbe, Kultur, Reparaturen) und als öffentliche Leistungen zur gesellschaftlichen Reproduktion, die aus Steuern und Sozialkassen finanziert werden (z.B. Verkehr, Tätigkeiten der Agenturen, Werbe- und Kommunikationsindustrie, der Banken und Versicherungen, Krankenpflege, Altenpflege und Kinderversorgung). Diese Dienstleistungen bilden den tertiären Sektor, den gesellschaftlich bestimmenden Sektor der Dienstleistungsgesellschaften. Deutschland zählt seit den 1970er Jahren als Dienstleistungsgesellschaft, da durch den Dienstleistungssektor mehr als 50 Prozent der Bruttowertschöpfung des Staates erwirtschaftet werden und über die Hälfte der Erwerbspersonen in ihm tätig sind.

Dienstleistungen stehen für eine Arbeit, die nicht durch ihr Produkt bestimmt ist, sondern durch die Notwendigkeiten der Reproduktion, indem sie ein ganzes gesellschaftliches Produktionsverhältnisses sicher stellen und dessen Strukturen und Verbindlichkeiten hegen und pflegen. Mit einer Dienstleistung wird eine Leistung erbracht, die kein sachlich gegenständliches Produkt erzeugt, das also auch nicht lagerfähig ist und zu einem bestimmten Zeitpunkt auf dem Warenmarkt im Warentausch erstanden und bezahlt wird (siehe auch Terminhandel), sondern das von den Umständen seiner Produktion und deren Prozess und Verlauf selbst unmittelbar abhängig bleibt. Weil mit der Produktion meist die Konsumtion unmittelbar verbunden ist, kann keine zeitliche Differenz ihrer Arbeitzwischen bezahlter und unbezahlter Arbeit verwertet werden, wiewohl diese zwischen der Erhaltung des Lebensstandards eines Dienstleisters und dem Wert seiner Veräußerung gesellschaftlich existent ist (siehe hierzu auch Existenzwert).

Als Ware kann Dienstleistung oft nur als Teilprodukt gehandelt werden, wenn dieses in ihrer Naturalform (siehe auch Gebrauchswert) selbst als Bestandteil der Bedingungen iihrer Produktion als Produkteigenschaft oder als konstantes Kapital zirkuliert. Ihre Herstellung ist daher selbst schon unmittelbar mit ihrem Verbrauch bestimmt und findet meist gleichzeitig mit ihm statt. Sie reproduziert daher vor allem kein produktives, sondern ein konstantes Kapital, das sich in der organischen Form der Produktion und Produkte und ihrer kulturellen Beziehung realisiert.

Dienstleistungen bestehen aus Hilfreichungn, die einer Existenz und deren privaten oder gesellschaftlichen Zwecken dienlich sind. In privaten Beziehungen erleichtern sie das Auskommen der Menschen mit ihren Lebensbedingungen (z.B. Babysitting, Unterhaltung, Ästhetik der Selbstdarstellung, Kontaktfindung, Therapie usw.). Ihre Entlohnung geht vom privaten Einkommen der Nutzer ab. Wo sie die Zeiten zwischen Produktion und Konsumtion verkürzen und besonders in der Transportindustrie, Werbeindustrie und Kommunikationsindustrie gebraucht werden, weiten sie für die Produktion und ihre Verwertung die Potenziale der produktiven Arbeit aus. Man kann hierzu auch die Finanzindustrie rechnen, wo sie unabhängig von ihren Quellen als reines Bankengeschäft im Kredithandel (nicht aber im Devisenhandel und Derivatenhandel) zu verstehen ist. Und schließlich sind Leistungen zum sozialen Erhalt der Existenzen darunter zu verstehen, wenn sie Gesundheit, Kulur, Ausbildung und Bildung, Altersversorung und Kindererziehung betreffen.

Dienstleistungen erzeugen keinen Mehrwert, sind aber für die Mehrwertproduktion absolut nötig, für die Gesellschaft unabdingbar, also vorwiegend politisch notwendig. Sie leistet in diesem Sinn keine produktive, wohl aber notwendige Arbeit. Dienstleister sind natürlich auch Arbeitskräfte, Menschen, die ihre Arbeitskraft verkaufen, haben aber auch viele Eigenschaften wie ein konstantes Kapitals und des dem entsprechenden Warenkörpers. Ihre Fähigkeiten sind danach ausgerichtet, die Reproduktion der Warenmärkte zu sichern und auszuweiten, sich in ihrer Existenz zu verschleißen und sich nicht als Körper, sondern als Existenz ständig erneuern zu müssen, sich zu regenerieren. Die gesellschaftlichen Beziehungen der Dienstleistungen sind in dieser Aufteilung gespalten: privat bestehen sie aus unproduktiver Arbeit, weil sie kein Geld für eine Mehrproduktion verwerten. Wo sie den Produktabsatz der gesellschaftlichen Produkte befördern oder beschleunigen dienen sie der Umschlagzeit des Kapitals zwischen Produktion und Konsumtion - also der Geldzirkulation - und ermöglichen damit eine Erhöhung der Mehrwertrate, befördern also die Produktion von Mehrwert und sind somit ein bedeutendes Glied der Mehrwertbildung (siehe Wertwachstum), sind also produktive Tätigkeit im Gesamtprozess des Kapitalverhältnisses. Als Leistung für den sozialen Erhalt der Gesellschaft sind sie wesentlich politisch bestimmt, sind politisch bestimmte Kulturarbeit, die meist aus Steuermittel des Staates finanziert werden.

Dienstleistungen haben viele Eigenschaften wie die eines konstanten Kapitals und des dem entsprechenden Warenkörpers, weil ihre Fähigkeiten danach ausgerichtet sind, die Reproduktion der Warenmärkte zu sichern und auszuweiten, sich in ihrer Existenz zu verschleißen und sich nicht als Körper, sondern als Existenz ständig erneuern zu müssen, sich zu regenerieren. Ihre Entlohnung finanziert zwar auch die Existenz der Dienstleister, also die Preise ihres Lebensunterhalts, ihrer Lebensmittel, Miete, Kommunikation (siehe auch Kommunikationsindustrie) usw.. Der Wert ihrer Arbeit geht aber vorwiegend aus dem Geldumlauf des Kapitals hervor und geht daher in dessen Gebühren auf und auch darin ein, die zur Reproduktion des ganzen Kapitalverhältnisses zugeschossen und abverlangt werden, also in den Verkehr der Güter, der Arbeitsmittel, der Unterhaltung (siehe auch Eventkultur) und des Geldes schlechthin. Ihr Entgelt ist also selbst Teil des Kapitals, das ein Leben und Erleben innerhalb des Geldumlaufs und Geldbesitzes ermöglicht. Sie sind wesentlich für die Wertrealisation des Mehrwerts und zugleich auch schon einfacher Wert aus entstehender und vergehender Existenz, stellen also auch schon einen Existenzwert aus den internationalen Handelsbeziehungen, besonderss aus dem Devisenhandel dar, der in die Bewertung unmittelbar vergänglicher Zusammenhänge und Ereignisse einer Nationalwirtschaft eingeht.

Dienstleistungen existieren eben meist nicht als Ware, ihr Wert nicht unbedingt in einem körperlichen Produkt, das einen Gebrauchswert in fertiger Form gesellschaftlich ausmacht und als dieser austauschbar ist. Sie selbst stellen einen Gebrauchswert als Wert dar, der durch menschliche Arbeit existiert wie jeder andere Gebrauchswert auch, der aber bei seiner Erzeugung oft schon verbraucht wird. Es ist ein Wert, der nur den Menschen selbst als seinen Warenkörper hat, aber auch als Teilprodukt der Warenproduktion existieren kann (siehe auch Technologie, Design, Kommunikationsindustrie, Transportindustrie). Dienstleistungen können immer dazu beitragen, dass etwas erhalten bleibt oder realisiert wird, was ohne sie wertlos werden würde oder noch seiner gesellschaftlichen Verwirklichung bedarf, weil es Teilprodukt ist, oder schon entstanden war, nicht aber als Produkt gesellschaftlich verwirklicht, also verkauft ist. Dieses enthält zwar durch seine Produktion immer schon einen Wert, der aber noch ganz in seinem einzelnen Dasein steckt, weil es aus einer hierfür notwendigen Arbeit entstanden ist, ohne dass es schon als Ware oder in einer Ware existieren kann, auch wenn es mittelbar oder unmittelbar für den Warenmarkt gemacht ist, weil sie einen Nutzen hierfür erbringen. Dienstleistungen selbst erzeugen keine Lebensmittel, dienen nicht der gesellschaftlichen Reproduktion, sondern vor allem dem Warenmarkt zur Realisation und Erhaltung von Wert aus produktiver Arbeit. Sie verbrauchen aber Kraft und Zeit, wie jede andere Arbeit. Und natürlich können Menschen selbst niemals Waren sein - wohl aber körperlich wie eine Ware, wie der Warenkörper eines Produktionsmittels gebraucht und als dieser - als konstantes Kapital - bewertet werden.

Obwohl sie sich nicht unmittelbar als Mehrwert des Kapitals verwirklichen, verlangen sie körperliche Tätigkeit von Menschen, deren Kraft vernutzt wird, ohne sich unbedingt auch sachlich zu vergegenständlichen. Die Menschen verhalten sich in diesem Verhältnis selbst wie ein Produktionsmittel als Körper für einen Wert, den sie zugleich auch kulturell verkörperlichen, sich für die Pflege und den Erhalt ihrer Kultur, für ihre Lebensverhältnisse veräußern, um darin existieren zu können. Bei Dienstleistungen wird ihre Tätigkeit selbst, ihre Kraftäußerungen unmittelbar genutzt und mit Geld bezahlt, also im Wertverhältnis aller Waren ausgeglichen. Der Dienstleistende wird aber nicht als Mensch, wohl aber durch seine Arbeitskraft unmittelbar versachlicht, ohne dass hierdurch unbedingt Produkte, also andere Warenkörper entstehen müssen. Er oder sie wird zum Körper einer Tätigkeit, zu einem Produktionsmittel, das wirtschaftlich wie bei der Herstellung einer Sache kalkuliert und im Verschleiß von Lebenszeit und Lebenskraft berechnet wird, um darin schadlos ihren Umgang, ihren Verkehr, ihren Einkauf, ihre Familien, ihre Vorsorgen, ihre Unterhaltung und Lebenssicherung - ihre kulturelle Regeneration - zu gewährleisten. Er oder sie veräußert sich kulturell, um am Leben seiner Kultur teilzunhemen. Nur darin unterscheidet sich seine Wertgestalt von der einer Maschine. Ein großer Teil dieser Aufwändungen werden durch den Staat betrieben und mit Steuern und Gebühren durch seine Bevölkerung als Produkt einer Kultur finanziert, die ihre Kulturarbeiter versachlicht, um als Sache ihrer Kultur zu existieren. Kultur selbst wird dadurch zum Medium ihrer Verwertung, die wie ein konstantes Kapital Stück um Stück in die Reproduktion ihrer Verhältnisse eingeht, um sich durch deren Verwertung zu regenerieren wie das konstante Kapitalüberhaupt.

Dienstleistungen dienen zunächst nur dem Erhalt bestehender Lebensverhältnisse. Wenn ein Mensch dem anderen zu seiner Lebenshaltung behilflich ist, z.B. ihm die Haare schneidet und dieser dafür sein Baby hütet, so sind das Dienstleistungen, die kein Wertmaß nötig haben. Und wenn sie dennoc mit Geld beglichen werden, dann wohl eher, weil sich diese Leistungen in ihrer Zeitdauer, ihrer Komplexität und ihrer Umstände, in den Fähigkeiten und Eigenschaften der Dienstleistenden unterscheiden. Dennoch könnte Geld auch dann als bloßes Rechengeld für diese Bedingungen fungieren, wenn man sich über die Zusammenhänge ihrer Aufwände einig wäre und auch in dem Sinn, durch den die Menschen in solchen Verhältnissen ihr Leben gegenseitig bereichern, sich also durch die Synergieen ihres Reichtums gesellschaftlich ergänzen, wie das für alle Arbeiten einer Ergänzungswirtschaft wäre (siehe hierzu auch internationale Kommunalwirtschaft). Zur Ware werden Dienstleistungen erst, wenn sie auf entsprechenden Märkten angeboten werden. Und produktiv für das Kapital sind sie erst, wenn sie zur Mehrwertbildung beitragen, z.B. Produktion und Umsatz beschleunigen.

Dienstleistungen sind also nicht unmittelbar produktiv, sondern lediglich Behilflichkeiten im Umgang mit Gegebenheiten, die im Allgemeinen nicht als Ware existieren, sondern als bloße Leistung schon bei ihrer Produktion oder zur Reproduktion eines Verhältnisses konsumiert werden oder als Zustandsveränderung eines Menschen oder Gegenstands oder zur Bewältigung ihrer Unterhaltsprobleme nötig sind (z.B. Transport, Taxifahrt, Haare schneiden, medizinische Betreuung, Kulturveranstaltung, Reinigung, Babysitten, Beauty & Wellness, Unterhaltung, Kommunikation, Wissenschaft, Werbung). Sie können also durch sich selbst keine Klassenlage als produktive Arbeit oder unproduktive Arbeitbestimmen und gelten zu ihrem größten Teil als Unkosten des Produktionsverhältnisses insgesamt, die der Revenue des variablen oder konstanten Kapital zuzurechnen sind, obwohl sie sich nicht mit ihm austauschen, sich also nicht als Wert darin verwirklichen.

"Ein Schauspieler ist ein produktiver Arbeiter, wenn er im Dienst eines Kapitalisten arbeitet , dem er mehr Arbeit zurückgibt, als er in der Form des Salairs von ihm erhält, während ein Flickschneider, der zu dem Kapitalisten ins Haus kommt und ihm seine Hosen flickt, ihm einen bloßen Gebrauchswert schafft, ein unproduktiver Arbeiter ist. Die Arbeit des erstren tauscht sich gegen Kapital aus, die des zweiten gegen Revenue. Die erstre schafft einen Mehrwert; in der zweiten verzehrt sich eine Revenue" (Marx-Engels-Werke Bd.13, S. 625)

Das Spezifische einer Dienstleistung ist, dass der Produktwert der Dienstleitungen in den Selbsterhalt eines Verhältnisses (z.B. Reproduktion der Arbeitskraft oder des Kapitalisten) eingeht und daher z.B. dem Reproduktionswert der Arbeitskraft oder des Kapitals als notwendige oder freiwilige Kosten abgezogen wird ohne ihn selbst darzustellen (also nicht einfach dem variablen Kapital oder konstanten Kapital zugeschlagen werden kann). Daher können Dienstleistungen teilweise im Moment ihrer Produktion oder kurzzeitig darüber hinaus schon an Ort und Stelle konsumiert werden (z.B. Transporte und Verkehr, Beauty und Wellness, Kommunikation, Pflege und Reinigung) oder als Teilarbeit an einem Produkt in dessen Wert eingehen (z.B. Verwaltung, Transport). Sie können aber durchaus auch produktive Wirkung haben, wenn z.B. durch Transport-, Kommunikations- oder Technologie-Entwicklungen die Umlaufgeschwindigkeit des angewandeten Kapitals beschleunigt und von daher die Mehrwertrate erhöht wird.

Aber nicht nur zur Reproduktion der Menschen und ihrer Infrastrukturen, sondern auch als Arbeitsanteil für den Warenabsatz (z.B. Verkauf und Werbung oder dem Design, der Ästhetik ihrer Kultur) und für die Produktion, als Teil ihrer vielen Bewegungsformen, sind Dienstleistungen nötig - z.B. Bewahrung kultureller Gewohnheit oder des Betriebsklimas oder im Transport von Rohstoffen und Zwischenprodukten, Reinigungsarbeiten usw.. Diese Dienstleistungen können auch Bestandteil der Produktion sein und sind dann der produktiven Arbeit zuzurechnen. Entscheidend ist lediglich, ob sie der Reproduktion von Menschen oder Strukturen dienlich sind, oder sich gegen Kapital eintauschen, weil sie der Wertbildung nützen (z.B. zur Verwaltung des Kapitals, zur Beschleunigung des Arbeitsprozesses oder des Produktabsatzes oder zur Kontrolle des technischen Ablaufs).

"Gewisse Dienstleistungen oder die Gebrauchswerte, Resultate gewisser Tätigkeiten oder Arbeiten, verkörpern sich in Waren, andere dagegen lassen kein handgreifliches, von der Person selbst unterschiedenes Resultat zurück; oder ihr Resultat ist keine verkaufbare Ware. Z. B. der Dienst, den mir ein Sänger leistet, befriedigt mein ästhetisches Bedürfnis, aber was ich genieße, existiert nur in einer von dem Sänger selbst untrennbaren Aktion, und sobald seine Arbeit, das Singen, am Ende ist, ist auch mein Genuss am Ende: Ich genieße die Tätigkeit selbst " ihre Tonschwingungen auf mein Ohr. Diese Dienste selbst, wie die Ware, die ich kaufe, können notwendige sein oder nur notwendig scheinen, z. B. der Dienst eines Soldaten oder Arztes oder Advokaten, oder sie können Dienste sein, die mir Genüsse gewähren. Dies ändert an ihrer ökonomischen Bestimmtheit nichts: Wenn ich gesund bin und den Arzt nicht brauche oder das Glück habe, keinen Prozess führen zu müssen, so vermeide ich es wie die Pest, Geld in ärztlichen oder juristischen Dienstleistungen auszulegen. Dienste können auch aufgedrungen sein, Beamtendienste etc." K. Marx, Theorien über den Mehrwert I, MEW 26.1, 380.

Als Bedingung der Produktion, die in das Produkt genauso eingeht, wie sie im Produktverkauf auch bezahlt wird (siehe hiergegen auch unbezahlte Arbeit), ist die Dienstleistungsarbeit dem konstanten Kapital zuzurechnen.

In den Diskussionen um das produktive Kapital und dem produktiven Arbeiter werden diesem gerne auch Dienstleistungen zugeordnet. Doch das ist nicht richtig. Produktive Arbeit erweist sich im Gebrauchswert der Produkte, durch den Warenverkauf als Wert. Weil Dienstleistungen nicht im Gebrauchswert der Produkte erscheinen und nur der Funktionalität des Kapitals in der sich immer wiederholende Erneuerungen dienen, können sie weder einen Mehrwert darstellen (es sei denn als Innovation), noch produktiver Arbeit entspringen. Indem die Gebäuden gereinigt, der Müll entsorgt, die Menschen von Karnkheiten geheilt oder zur Arbeit befördert werden usw., werden nur die Bedingungen der Produktion und der Produktivkräfte als das erhalten, was sie sind und bleiben sollen, zählen also zum konstanten Kapital, das für sich nicht produktiv ist, sondern nur durch die Anwendung der Arbeitskraft produktiv wird..

Den Diensten sind die Stoffwechselprozesse vorausgesetzt und sie selbst sind Bestandteil derer Erhaltung und Regeneration, nicht aber ihrer Produktion oder Reproduktion. Sie betreffen nicht deren Erzeugung, sondern dienen dem Unterhalt der Bedingungen hierfür und der Menschen selbst. Dienstleistungen sind daher ungegenständliche Arbeiten (siehe gegenständliche Arbeit) und haben keinen Bestand jenseits ihrer Produktion. Sie erzeugen also auch kein Mehrprodukt, können aber zu dessen Produktion unabdingbar sein (z.B. Transport). Von daher müssten sie als Teil der Mehrproduktion kostenmäßig entsprechend auch abgegolten werden.

"Es gibt ... selbständige Industriezweige, wo das Produkt des Produktionsprozesses kein neues gegenständliches Produkt, keine Ware ist. Ökonomisch wichtig davon ist nur die Kommunikationsindustrie, sei sie eigentliche Transportindustrie für Waren und Menschen, sei sie Übertragung bloß von Mitteilungen, Briefen, Telegrammen etc. ... Was ... die Transportindustrie verkauft, ist die Ortsveränderung selbst. Der hervorgebrachte Nutzeffekt ist untrennbar verbunden mit dem Transportprozeß, d.h. dem Produktionsprozeß der Transportindustrie. Menschen und Ware reisen mit dein Transportmittel, und sein Reisen, seine örtliche Bewegung, ist eben der durch es bewirkte Produktionsprozeß. Der Nutzeffekt ist nur konsumierbar während des Produktionsprozesses; er existiert nicht als ein von diesem Prozeß verschiednes Gebrauchsding, das erst nach seiner Produktion als Handelsartikel fungiert, als Ware zirkuliert. Der Tauschwert dieses Nutzeffekts ist aber bestimmt, wie der jeder andern Ware, durch den Wert der in ihm verbrauchten Produktionselemente (Arbeitskraft und Produktionsmittel) plus dem Mehrwert, den die Meharbeit der in der Transportindustrie beschäftigten Arbeiter geschaffen hat. Auch in Beziehung auf seine Konsumtion verhält sich dieser Nutzeffekt ganz wie andre Waren. Wird er individuell konsumiert, so verschwindet sein Wert mit der Konsumtion; wird er produktiv konsumiert, so daß er selbst ein Produktionsstadium der im Transport befindlichen Ware, so wird sein Wert als Zuschußwert auf die Ware selbst übertragen." (Marx-Engels-Werke Bd.24, S. 60 bis 61)

Dinstleistungen sind Arbeiten innerhalb der Geldverhältnisse selbst. Ihr Geldbesitz kann sich nur im Quantum unterscheiden und hat den Zweck des Kaufens und Verkaufens daher nur in der Steigerung des Geldwerts, damit letztlich in der Bildung von Mehrwert, indem sie die Umlaufzeit des Kapitals, die Zeit zwischen seiner Erzeugung und seiner Realisation beschleunigen, und somit Mehrwert erzeugen, der sich aus dem Markt dadurch ergibt, dass er die realisierbare Produktionszeit verkürzt. Die Tätigkeit in diesem Verhältnis erzeugt also keine existenzielle Ware, sondern nur Waren, die in ihrer Produktion selbst schon verschwinden. Dienstleistungen, die lediglich Bedingung der Warenproduktion sind und daher als konstantes Kapitalin die Produkte eingehen, können zugleich Wertwachstum erbringen, wenn sie die Realisationszeiten des Kapitals verkürzen. Sie sind von daher ein wesentlicher Faktor des Finanzkapitals gerade dann, wenn es sich von der Realökonomie abgelöst und gegen sie verselbständigt hat.

Die Dienstleistung ist von ihrer organischen Seite her - also auf gesellschaftliche Gegenständlichkeit und Geschichte bezogen - zwar unproduktiv und lediglich als Bedingung der Produktion behilflich, muss aber dennoch dann alsproduktive Arbeitangesehen werden, wenn die Bediensteten unmittelbar für das Kapital arbeiten. Dort gehen sie zwar "nur" als bloße Kosten ein, zählen aber zum Kostpreis der Produktion wie jede Abeit. Von ihrer Arbeitszeit her am Durchschnitt der Preise bemessen müssen auch sie in der Regel mehr arbeiten, als sie durch ihren Lohn für die Kosten ihrer Reproduktion an Lebensmittel einnehmen können. Ansonsten ist die Dienstleistung als Leistung für die Regenation ein Moment der Reproduktion der Menschen und des ganzen Produktionsverhältnisses.

Ökonomisch genommen ist alles produktiv, was ein Mehrprodukt erzeugt, das Mehrwert erbringt. Aber auch ein Mehr an Bediensteten zeugt von Reichtum. Von daher ist es der Dienstleistung nicht mehr unmittelbar anzusehen, ob sie der Reproduktion oder der Produktion dienstbar ist. Dennoch kann man sagen, dass das Mehrprodukt keine Dienstleistung enthält, weil diese von ihm abgeschöpft wird:

"In der bürgerlichen Gesellschaft selbst gehört in diese Rubrik aller Austausch persönlicher Dienstleistungen - auch Arbeit für persönlichen Konsum, Kochen, Nähen etc. Gartenarbeit etc. bis herauf zu den sämtlichen unproduktiven Klassen, Staatsdiener, Ärzte, Advokaten, Gelehrte etc. - gegen Revenue in diese Kategorie. Alle menial servants etc. Alle diese Arbeiter, vom geringsten bis zum höchsten, vermitteln sich durch ihre Dienstleistungen - oft aufgezwungene - einen Anteil am Surplusprodukt, an der Revenue des Kapitalisten. Es fällt aber niemand ein zu denken, dass durch Austausch seiner Revenue gegen solche Dienstleistungen, d.h. durch seinen Privatkonsum, der Kapitalist sich als Kapital setzt. Er verausgabt vielmehr dadurch die Früchte seines Kapitals." (K. Marx, Grundrisse, MEW 42, S. 380)

Dienstleistungen haben daher zwar Gebrauchswert und Wert, sie können aber keinen Mehrwert bilden; die in ihnen aufgewendete Arbeitszeit kann kein Mehrprodukt erzeugen, weil sie als reine Kosten des Umgangs, der Instandhaltung, der Verwaltung, des Transports usw. von seiner Verwertung abgezogen werden. Sie verhalten sich wie die Kosten, die innerhalb der Warenzirkulation durch deren Zeitaufwand entstehen und daran auch bemessen sind, wieweit sie diese befördern und der höchstmöglichen Wertrealisation mit niedrigstmöglichen Aufwand nutzen:

"Denkt man sich 2 Arbeiter, die austauschen; einen Fischer und einen Jäger; so würde die Zeit, die beide im Austausch verlieren, weder Fische noch Wild schaffen, sondern wäre ein Abzug an der Zeit, worin beide Werte schaffen, der eine fischen, der andere jagen kann, ihre Arbeitszeit vergegenständlichen in einem Gebrauchswert. Wollte der Fischer sich für diesen Verlust an dem Jäger entschädigen; mehr Wild verlangen oder weniger Fische geben, so dieser dasselbe Recht. Der Verlust wäre für sie gemeinsam." (MEW 42, S.532 )

Dienstleistungen kann man also nicht im Produkt verwerten, wiewohl sie ein notwendiger Bestandteil hierin sind - aber nicht als Bestandteil von Mehrarbeit, die im Produkt realisiert wird, sondern von notwendiger Arbeit, welche die Produktions- und Zirklulationsbedingungen betrifft (also die Infrastruktur wie z.B. Verkehrswege und -verbindungen, Werbung, Vermittlung, Reinigung, Gesundheits- und Schönheitspflege usw.). Die Kosten hierfür stellen immer einen Abzug an Profit dar und werden vom Kapital daher auch niedrig und möglichst als gleichbleibender Durschschnitt im Verhältnis der Kapitalanwender gehalten (z.B. als Durschnittsmaß an Komfort, Gesundheitsfürsorge, Hygiene usw. das nach unten gedrückt wird, sofern es nicht als Konsumpotenzial vom Krisenmanagement benötigt wird). Sie können aber auch dem Werterhalt oder sogar der Wertsteigerung der Arbeitskraft dienen, wenn diese eine besondere Pflege oder Verbesserung ihres Gebrauchswerts nötig hat, das Kapital also einen höheren Wert für ihre Reproduktion (z.B. für Technologie-Arbeiter, Maschinen-Spezialisten) freilassen muss um z.B. seine Rationalisierung zu beschleunigen. Dies läuft aber immer parallel zur Monopolisierung bestimmter Arbeiten und ist somit Ausdruck einer Verschärfung der Konkurrenz der Arbeiter.

"Der Arbeiter selbst kann Arbeit kaufen, i. e. Waren, die in der Form von Diensten geleistet werden, und die Verausgabung seines Lohns in solchen Diensten ist eine Verausgabung desselben, die sich durchaus nicht von der Verausgabung seines Lohns in irgendwelchen andern Waren unterscheidet. Die Dienste, die er kauft, mögen mehr oder minder notwendig sein, z. B. der Dienst eines Arztes oder eines Pfaffen, ganz wie er Brot oder Schnaps kaufen kann." (K. Marx, Theorien über den Mehrwert I., MEW 26.1, 380).

Dienstleistungen erzeugen keinen gesellschaftlichen Reichtum. Sie bestehen aus Arbeit innerhalb der Reproduktionssphären von Menschen und Kapital, der individuellen (z.B. Information, Kultur, Vermittlungsagentur, Service) ebenso wie der, welche die Belange des konstanten Kapitals besorgt (z.B. Verwaltung, Verkehr, Reinigung, Ausbildung und Motivation). Ihrer konkreten Arbeit ist es aber nicht unbedingt anzusehen, ob und dass sie außerhalb der stofflichen Produktion und des gesellschaftlichen Stoffwechsels stehen. Man kann sich gegenseitig Brötchen backen und Würstchen grillen oder sogar Autos bauen, ohne dass dies gesellschaftliche Produktion wäre, solange sie als gegenseitiges Abkommen zur Verbesserung der eigenen Reproduktion ausgeführt wird. Und es ist der Arbeit selbst auch nicht zu entnehmen, ob sie zur Reproduktionssphäre oder Produktionssphäre gehört (einem Reinigungsunternehmen ist es prinzipiell egal, ob es eine Produktionsanlage putzt oder den Hausflur einer Wohngenossenschaft). Wesentlich an ihr ist, dass sie auf ihre Gesellschaft bezogen Reproduktionsarbeit ist, was immer sie herstellt.

Die Struktur der Dienstleistung unterscheidet sich von der des unmittelbaren Produktionsprozesses durch die Qualifikation der Administration. Was dort lediglich von Verwertungszwängen der Kapitalakkumulation und -zirkulation beherrscht wird, wird hier von den Notwendigkeiten der Optimierung von Produktionsbedingungen bestimmt (z.B. Information, Bildung und Verkehr). Der Administrator muss daher ein qualifizierter Vorarbeiter sein, der Pläne schmieden und Effizienzpotentiale entdecken kann. Das technologische und informelle Interesse stehen daher im Vordergrund. Die letztlich effektivste Dienstleistung ist die Bedienung von Maschinen, nicht weil diese Bedienstete bräuchten, um optimal zu funktionieren, sondern weil sie die Verwertung maximieren. Je weniger ein Arbeiter oder eine Arbeiterin mit der Arbeit selbst zu tun hat, für deren Ausführung er oder sie da ist, desto mehr wird er oder sie zu einem - wenn auch meist produktiven - Dienstleister. Das zeigt sich darin, dass er oder sie nicht einfach nur funktional subordiniert ist, sondern für seine oder ihre Tätigkeit selbst verantwortlich ist: Für die richtige Bedienung eines Automaten, der selbst weiß, was im einzelnen und konkret für die Herstellung eines Produkts zu tun ist. In dieser Verantwortung treffen sich Verwaltung und Bedienung in ein und derselben Administration und sollten daher am besten immer als Team auftreten. Das weiß das Kapital schon lange.

Die Bedienung von Maschinen oder Automaten bringt in jedem Fall eine Optimierung der Verwertungsbedingung - auch wenn sie nicht selbst produktiv eingesetzt sind (z.B. Personenautos, PCs, Handys, Heimwerkermaschinen): Sie reduziert den stofflichen Aufwand jedweder Produktion und Reproduktion, reduziert also die variablen Kosten der Produktion, ermöglicht den erweiterten Absatz für das maschineneproduzierende Kapital und erhöht die Gesamtfunktionalität einer Gesellschaft und bestimmt daher die Optimierung des Kreislaufs von Arbeit und Konsum.