Uk3021
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Der nachfolgende Text ist eine Beschreibung der Argumentation in dem gleichnamigen Buch. (==> Verlagsinformationen hierzu <==)
321. Die Heimat des ästhetischen Willens (Der objektive Geist der Kulturmächtigkeit)
Bürgerinnen und Bürger, die zu ihrer Selbstveredelung hohe kulturelle Werte verfolgen, begreifen ihre unmittelbaren Lebensverhältnisse als Lebensmaßstab schlechthin. Sie verspüren in sich daher einen starken Unwillen gegen die Verwerfungen der Welt und neigen dazu, ihre Gefühle ästhetisch zu idealisieren, um damit Störungen im Vorhinein durch Ekel abzuwehren, und das Störende selbst in einer allgemeinen Selbstwahrnehmung vorgreifend auszuschließen suchen. Nicht allein ihr Heim macht ihre hierdurch bereinigte Lebensburg aus, sondern die gesellschaftlichen Strukturen und Institutionen ihrer Kultur höchstselbst. Durch ihren Willen zu solcher Reinheit entwickelt sich eine heile Welt, die sich selbst genügen soll und von daher durch sich selbst bestimmt erscheinen muss. Ein solches Gebilde stellt die Verhältnisse eines ästhetischen Willens dar, der nach einer körperlichen Verwirklichung seiner Kulturwerte als Allgemeinstruktur ihrer Egozentrik strebt. Es ist die politische Reaktionsbildung auf dekadent gewordene kulturelle Verhältnisse, wie sie sich in den zwischenmenschlichen Verhältnissen in Zeiten ihrer Belastungen und Stagnation, also in kulturellen Krisenzeiten herausstellen.
Wo Gewohnheiten das Leben dadurch beherrschen, dass sie es unentwegt befrieden, Auseinandersetzungen durch Einverleibung und Verleiblichung nichtig machen, da gilt jeder Abweichung eine besondere Aufmerksamkeit. Alles Fremde steht darin unmitttelbar unter dem Zwang, Vertrauen zu erheischen, sich gemein zu machen, um den Frieden der Befriedeten nicht zu stören. Dadurch wird Entfremdung selbst vertraut, weil das Vetraute schon von vorne herein entfremdet ist. Es ist die Gewohnheit der Entfremdung, die hier herrscht und als persönliche Macht in zwischenmenschlichen Lebensverhältnissen auftritt.
Und wo diese selbst als Entfremdungsmacht übermächtig werden, weil sie vorgeblich ein unterstelltes Kollektiv, eine zwingende Gemeinschaft aus zwischenmenschlichen Verhältnissen darstellen, also Isolation per se überwunden haben wollen, da werden die wirklichen Beziehungen der Zwischenmenschen schon im Vorhinein abstrakt aufgehoben, in ihrer abstrakten Allgemeinheit ihrer Unterschiedenheit selbst zu einer allgemeinen Artigkeit, zu einer Art von Leben, das sich im Unterschied von sich selbst enthebt, weil es sich darin nur versöhnen darf. Und wenn sich in solchem artigen Leben die Beziehungen der Menschen gegeneinander abscheiden, sich entgegenwärtigen und in ihrer Abwesenheit als permanente Störung anwesend sind, entsteht eine Unfähigkeit, Sinn und Unsinn dieser Verhältnisse zu unterscheiden. Und dies beinhaltet eine Einheit in der Entgrenzung, ein Gefühl, das sich in einem allgemeinen Ekel zusammenfasst. Denn wo der einzelne Mensch sich in seiner isolierten Selbstwahrnehmung allgemein nicht mehr in irgendeiner Form bestätigt und bestärkt findet, empfindet er das Allgemeine als eine Prominenz, an der er gemessen wird und kann sich somit natürlich nurmehr im Mangel gegen diese empfinden, sich als unprominente Einzelheit in einer Welt voller prominenter Selbstwahrnehmungen fühlen. Ein solches Selbstgefühl steht in der Notwendigkeit, sich zumindest dem anzugleichen, was ihm als Wahrnehmung prominent erscheint und ihm somit als allgemeine Gebotenheit erscheint. Sein Wille wird in dieser Notwendigkeit nur aus seiner Selbstwahrnehmung in einer Welt selbstveredelter Sitten begründet und wird hierdurch zu einem ästhetischen Willen.
In diesem Sinne wird damit einer Welt gedient, deren Verstand mit ihrer Vernunft unentwegt in Konflikt gerät und deshalb ihre Probleme gerade dort verstärkt, wo sie ihrer Logik nurmehr blind gehorchen können und sich der Wahrnehmung entziehen müssen. Und wo die Wahrnehmung sich nicht mehr weltlich verstehen kann, weil die Welt sich nicht mehr wahr haben lässt, da stellt sie sich gegen diese in der Isolation von ihr, in ihrer Selbstisolation ins Jenseits ihrer Natur und bezieht sich selbst nurmehr auf ihre Naturalformen, auf die Organe ihrer Selbstwahrnehmung. Wahrheit nimmt sie dann in der bloßen Abstraktion, der Absehung von jeglichem weltlichen Inhalt und versetzt sich von daher in die Absicht der Bereinigung, in der Selbstbehauptung einer Reinheit, durch die Abstraktion von den Inhalten, die sie für wahr nicht mehr nehmen kann. Sie bezieht sich auf die Reinheit der Form, auf die reine Form.
Wo unter dieser Bedingung Auszuscheidendes nicht abgeschieden werden kann, weil es Bestandteil einer notwendigen Selbstwahrnehmung ist, entsteht Ekel. Er ist die Empfindung einer unmöglich gewordenen Scheidung, die das Auszuschließende gegenwärtig mächtig macht, also eine verkehrte Entscheidung offenbart. Was abwesend sein soll wird mächtig und das Ausgeschlossene bleibt im Ekel anwesend. Ekel ist von daher die Empfindung einer Abweisung, die nicht wirklich abgewendet ist nd von daher das Selbstgefühl beherrscht.
Wenn Ekel nicht mehr in Abwendung verwirklicht werden kann, so wendet er sich zur Ästhetik der Selbstwahrnehmung, oft auch nur in der Abweisung von fremden Selbstgefühlen als ästhetisches Selbstgefühl, das dadurch gewonnen wird, dass es den Ekel, der ein Ekel vor sich selbst werden würde, einfach verdrängt. Damit allerdings wird aus einem Verhältnis der Wahrnehmung eine Selbstwahrnehmung, die sich zu einem Verhängnis in den zwischenmenschlichen Verhältnissen entwickelt.
Weil er in der Isolation seiner Verdrängung keinen Gegenstand finden kann und somit ausschließlich wirkt, wird der Ekel unerkennbar mächtig, übernimmt eine unerkennbare Herrschaft über die Selbstwahrnehmung, die sie über das Wahrnehmungsverhältnis überhaupt gewinnt, indem sie jeden aufkommenden Selbstwert darin bekämpfen muss. Sie enthebt von daher die Selbstwahrnehmung der ihr nötigen Gewissheit, indem sie ihre Verhältnisse beherrscht. Was in Wahrheit ihre Selbstentfremdung ist, wird darin als Selbst zwang zur Selbstlosigkeit bestimmend. In diesen Verhältnissen können die Menschen ihren Schmerz nicht mehr erkennen, denn sie können sich von ihrer WAhrnehmng nicht mehr unterscheiden und verlieren die Möglichkeiten einer Kritik, durch die sie ihre Selbstachtung erlangen könnten. Es kann dies nurmehr durch die Erzeugung eines ästhetischen Willens überwunden werden. Dieser wird somit allgemein in der zwischenmenschlichen Wahrnehmung zu einem meist völlig verkannten Machtfaktor, weil er alle Selbstwahrnehmungen isoliert und gegen sich wendet.
Denn wo der einzelne Mensch sich in seiner isolierten Selbstwahrnehmung allgemein nicht mehr in irgendeiner Form bestätigt und bestärkt findet, empfindet er das Allgemeine als eine Prominenz, an der er gemessen wird und kann sich somit natürlich nurmehr im Mangel gegen diese empfinden, sich als unprominente Einzelheit in einer Welt voller prominenter Selbstwahrnehmungen fühlen. Ein solches Selbstgefühl steht in der Notwendigkeit, sich zumindest dem anzugleichen, was ihm als Wahrnehmung prominent erscheint und ihm somit als allgemeine Gebotenheit erscheint. Sein Wille wird in dieser Notwendigkeit nur aus seiner Selbstwahrnehmung in einer Welt selbstveredelter Sitten begründet und wird hierdurch in dem, wo diese sich Eindruck verschaffen kann, wo sie prominent wird, zu einem ästhetischen Willen.
Von daher ist der Eindruck, den etwas oder jemand macht, immer prominenter als das, was darin zum Ausduck kommt, obwohl die Wahrnehmung von dem lebendigen Leiden bestimmt wird, das sich darin überträgt. Die sinnliche Form der Leidenschaft, die sich wahrnehmbar ausdrückt unterscheidet sich wesentlich von den Inhalten, die Eindruck machen können. Jede Botschaft konzentriert isch in ihrer Wirkung auf die Wahrnehmung, während das wirkliche Leben, das sie darstellt lediglich als ihr Hintergrund existiert und gänzlich außer acht geraten und jede Aufmerksamkeit verlieren kann (siehe hierzu auch Medien).
Der Ausdruck (oder die Expression) unterscheidet sich von dem, was darin ausgedrückt wird, schon durch die besondere Leidenschaft, die er enthält, also durch die besondere Beziehung auf den Menschen in seinem Leiden, das in seinem Gegenstand nicht aufgehen kann, also durch die nicht gegenständlich verwirklichte Tätigkeit des Menschen, die im Ausdruck jedoch sich als Sinn ohne Gegenstand gestaltet hat, ausdrücklicher Sinn ist. Von daher ist die Beachtung der Ausdrücklichkeit ein Ereignis der Kultur, die darin ihre Abwesenheit so verkörpert, wie die Sehnsucht der Kunst nach der Wirklichkeit menschlicher Gegenstände, menschliche Schönheit (Ästhetik) selbst ausdrückt und somit dieser eigenes Sein verleiht und darin ausdrückliche Verhältnisse stiftet, in denen Menschen sich als das geben, für das sie Sinn haben.
Sie erzeugen sich als Form ihrer gewollten Sinnlichkeit und begründen darin einen ästhetischen Willen, der außerhalb ihres wirklich gegenständlichen Seins ist: Der Wille der entäußerter Zwischenmenschlichkeit. Dies macht es möglich, dass Ausdruck dort, wo er Eindruck macht, vielerlei Täuschung dienen kann, wenn er sich an der Äußerlichkeit eines Eindrucks, z.B. eines Reizes, misst (s.a. Design). Im Eindruck existiert jeder Ausdruck sowohl in seiner sinnnlichen Form als Reiz für die Wahrnehmung, wie auch als sinnlicher Gehalt dessen, was sie ihre Erinnerung bestätigt und bestärkt. Im Eindruck auf die Wahrnehmung kommt jeder Lebensausdruck doppelt vor und verschafft sich eine Prominenz, die aus der Abwesenheit ihres Gehalts, aus seiner Abstraktion zehrt, der sich durch seine Erinnerung vergegenwärtigt und zugleich sich seiner Regung so vergewissert, dass er sich darin als bloße Erregung verselbständigen und durchaus gesellschaftlich mächtig werden kann. Die allgemeinste Verwirklichung kultureller Inhalte macht daher Inhalte prominent, die nurmehr als erregte Erinnerung zur Wirkung kommen und über Wirklichkeit zu herrschen in der Lage sind.
Der Ausdruck wird zur Substanz eines jeden ästhetischen Verhältnisses, wenn er darin durch seine Seele sich Eindruck verschafft. Der ästhetische Wille wird so erst zum wirklichen Ausdruck ihrer Absicht und will so ausgedrückt sein, wie er Eindruck machen soll. Er entspringt einem Sollen, das von der Abwesenheit, also in der vollständigen Trennung von den leiblichen Substanzen der Wahrnehmung ausgeht. Es ist eine haptische Notwendigkeit, das Entzogene, das aus dem Verhältnis der Einverleibung (siehe auch Kulturkonsum) Entgangene, äußerlich anwesend zu machen, ihm in der Existenzform und der Art und Weise seines Daseins eine sinnliche Gegenwart dessen zu entnehmen, zu vergegenwärtigen, was nicht wirklich da sein kann. Darin betätigt sich der ästhetische Schmerz, der Bruch der Wahrnehmung mit der Wirklichkeit dessen, was sie - ohne Wahrheit auch wirklich zu nehmen - längst wahr hat. Das erscheint als eine notwendige Forderung an die zwischenmenschliche Existenz, an die Ästhetik, wie sie zwischen den Menschen und unter ihnen sein soll, im Gegensatz zur Wahrnehmung, wie sie ist. Es ist die Grundlage für die hartnäckigen Erfordernisse einer an und für sich heil sein sollenden Welt, also der Boden, worauf eine heile Welt zu errichten sein wird.
Die aufgrund ihrer Selbstlosigkeit subjektiv entgeisterte Kultur hatte in der Religiosität ihrer Sittlichkeit ein höheres Wesen geschaffen, in welchem das Leben selbst allgemein veredelt erscheint. Dieses Wesen mag auch rein ideell schon - also als Ideologie - für die Menschen Geltung gehabt haben, in der kulturellen Wirklickeit wirkt es zugleich aber auch praktisch - weil eindrücklich - auf die Sinne der Menschen zurück. Wesentlich kann diese Erscheinung daher nur durch ein objektiv bestimmtes kulturelles Leben sein, durch ein Leben, das die Menschen selbst so zu erfüllen haben, wie es ihrer Selbstwahrnehmung nötig ist. Diese besteht aus einem Mangel an Sinn für sich, aus dem sinnlichen Manko, dass jede zwischenmenschliche Begegnung ihren menschlichen Sinn nur erfüllen kann, wenn sie ihre Empfindungen und Gefühle hiernach bestimmen können, wenn sie sich also so fühlen, wie sie sich selbst veräußern, wie sie für ihre Empfindungen außer sich sein müssen, um sich darin auch wirklich zu finden (Empfindung = zu Ende finden).
Die Kultur, wie sie in den wirklichen Lebensverhältnissen der Menschen wirkt, hat sich in der Selbstlosigkeit ihrer Beziehungen, in ihrer Sittlichkeit praktisch aufgehoben und erscheint als sinnliche Äußerung nur noch chaotisch, willkürlich und zusammenhanglos. Lediglich die sich darin aufeinander beziehenden Individuen scheinen noch wirklich, weil nur sie noch eine, wenn auch sogleich durch ihre selbstlose Selbstbeziehung aufgehobene Wirkung haben. Es hatte sich hierdurch eine wesentliche Änderung der Selbstbestimmung ergeben, durch welche alle Subjektivität nur noch in der Reflexion der objektiv wirksamen Vernunft dieses allen gemein gewordenen Wesens gebeugt sein kann, sich durch Läuterung reduzieren und bemessen lassen muss, um für sich zu sein, was auch für andere nötig ist. Im Grund besteht nun eine allgemein total individualisierte Kultur, die allerdings eine enorme allgemeine Macht hat, weil sie die Individuen von dem ausschließt, was sie verbindetn kann: Der Sinn, den ihre Individualität gesellschaflich hat. Indem er nicht mehr wirklich existiert, also nur durch seine Unsinnigkeit wirkt, existiert er durch seine Abwesenheit, seine Negation in der Wahrnehmung selbst, die mächtig ist, wo sie sich sich selbst verallgemeinert hat und nur noch nichtige Wahrheiten erkennen kann.
Das wesentliche Resultat aus dem selbstlosen Verhältnis der Menschen in der Sittlichkeit ihrer Kultur ist nun eine Subjektivität der Menschen, die stark gefordert ist und zunehmend allgemeiner erforderlich wird und die sie zugleich völlig machtlos für sich sein lässt. Die Götter, an die sie gerade noch glaubten, haben sie längst verlassen, weil die geistige Erfüllung, die sie versprechen, ihre sinnlichen und leiblichen Zusammenhänge verbraucht haben. Es verbleiben leere Appelle, in der sich die Angst vor einer allgemeinen Zerstörung der Lebensgrundlagen der Menschen darstellt.
Aus diesen Verhältnissen ergibt sich auf der einen Seite eine Prominenz angepasster Persönlichkeiten, die Sinn stiften wollen und sich allgemein präsent machen können, indem sie damit Eindruck machen, und auf der anderen eine massenhafte soziale, und also menschliche Verelendung, in der vor allem sich jede Sinnfrage unsinnig macht und man sich von daher mit vorgegebenem Sinn identifizieren muss. In den Konflikten zwischen ihnen wird kein neuer Sinn entwickelt, sondern nur der Unsinn verdichtet, der sich in unauflösbaren Verhältnissen nurmehr kreisförmig bewegt. Der Unsinn selbst wird dadurch mächtig, dass er durch nichts mehr zu ertragen ist, dass die Entleerung, die fortgetriebene Leere und Ödnis dieser Verhältnisse unerträglich ist und durch die Wirkung einer höheren Sinnlichkeit, die man nicht empfinden, wohl aber erspüren kann, überwunden werden soll.
Die Verhältnisse volstrecken aber nur dadurch ihre Entleerung, dass ihre Wahrnehmung der Welt selbstlos gemacht wurde, dass sie also weder Subjekt noch Objekt, keinerlei Gegenständlichkeit mehr haben kann, nicht mal mehr verdrängt oder unbewusst sein kann, weil sie in der Tat keinen Sinn mehr hat. Der Mensch selbst muss sich in solchen Verhältnissen einen Sinn verschaffen, den er nicht wirklich haben kann, der aber sehr wohl über ihn hinausgeht. Es braucht etwas wirklich Übermenschliches, das garnicht wirklich sein muss, ein Zarathustra der unmittelbaren Wahrnehmung, ein Wille, der selbst nur noch aus Wahrnehmung besteht, ein nur in seiner vorgestellten Vollkommenheit bewahrheiteter Wille, der lediglich die Vollkommenheit einer Wahrnehmung beabsichtigt, weil ihre Gegenstände hierfür völlg gleichgültig geworden sind: Ein rein ästhetischer Wille.
Der ästhetische Wille entsteht aus einer abgehobenen Ohnmacht gegen die wirklichen Lebensverhältnisse, die als Niederungen profaner Schäbigkeiten durch den Edelmut eines gediegenen Kulturbürgertums ausgeschlossen und ausgewiesen werden. Er sucht Güte und bezieht sich auf die Welt, dass nicht sein darf, was da ist. Es ist ein Wille, der ensteht, wo die Selbstwahrnehmung nicht mehr zuträglich ist und von da her nicht mehr ertragen wird. Die Egozentrik des bürgerlichen Subjekts fühlt sich bedroht, wenn es sich durch Irritationen der Wahrnehmung, die es nicht mehr für sich selbst gerecht nutzen kann, an Selbstwert verliert. Weil es sich somit nicht mehr kulturell in gewohntem Umfang behaupten kann, siehte es sich in seiner Selbstbehauptung dekultiviert und bedroht. Eine sich selbst fremd gewordene Selbstbehauptung sucht ihre Bestätigung im Glauben an eine Allgemeinheit ihrer Selbstwahrnehmung durch die ästhetische Ausgrenzung eines fremden Wesens, das als solches nicht wirklich existieren kann, und von daher aus einer Verdichtung von Eindrücken der Wahrnehmung in Ressentiments gebildet wird, die sich vergemeinschaften lassen und darin eine eigene Größe als Gefühlsmasse bekommen.
Der ästhetische Wille ist daher ein Wille, der das Dasein für sich bedingungslos schön haben will, indem er es in seinem Sinne ideell bereinigt, von allen Zwiespältigkeiten befreit, also von schädlich empfundenen Eindrücken ausgemerzt sehen will. Er sucht hierfür eine Ästhetisierung des Eigenen für dessen Heil zu betreiben, eine Wahrnehmung der Selbstveredelung zu bewirken, die es für sich haben soll, indem es Schönheit ohne Sinn, Reinheit ohne Wahrheit, Ordnung ohne Struktur für sich zu isolieren sucht. Durch die abstrakte Verselbständigung, durch das unendliche Zerteilen ihres wirklichen Wesens will er deren Zusammenwirken auflösen, welche dessen inneren Beziehungen nötig hat. Von daher ist er sowohl real wirksam, wie auch unwirkliche Position des Glaubens an eine unendlich mögliche Selbstveredelung. Er überwindet ihre Religiosität durch die Bestrebung, sie zu verwirklichen, sie wahrzumachen und ihre Selbstlosigkeit in eine mächtige Selbstsucht zu kehren, die alles auszuschließen sucht, was für die Wahrnehmung nicht wahr sein soll, was sie also dort verwesentlicht, wo sie für sich rein sein muss, um überhapt Identität zu erlangen. Es ist ihr innerer Zwang, der aus der Egozentrik einer selbstlosen Wahrnehmung entstanden war, wenngleich er auch nur die Identität einer Scheinwelt bilden kann, die eine heile Welt für sich haben muss.
Der ästhetische Wille gründet von daher auf einem erhabenen Selbstgefühl, dem religiösen Selbstgefühl, und reflektiert darin die Abwesenheit seiner wirklichen Selbstwahrnehmung als die Ungegenwärtigkeit ihrer Nichtigkeit, ihre Selbstauflösung und sucht sein Heil im Ganzen seiner Selbstwahrnehmung im Jenseits seiner Wirklichkeit. Er ist von daher die objektiv nötige Form einer Selbstwahrnehmung, die an den Mängeln ihrer Selbstveredelung leidet. Er ergeht aus der Nichtung von Gefühlen, wie sie sich in den Gegensätzen zwischen der relativen Selbstlosigkeit und der absoluten Egozentrik der Selbstveredelung, aus der relativen Selbstverneinung im Zweck einer totalisierten Selbstentfremdung entwickelt, wie sie für den Glauben an ein Ganzes der Selbstwahrnehmung nötig ist, Er ist von daher das Leiden einer unendlichen Wiederkehr desselben Verhältnisses einer Versagung, aus der ausschließlich ästhetischgewordenen Wahrnehmung eines Widerspruchs, dem er mit einer ausschliesslichen Anpassung an die Form der Wahrnehmung begegnet, die ihre gegenteilige Form zugleich auch für sich wahrhaben will, ohne ihrer Ursache wirklich entgegen zu treten, ohne also ihre Wirklichkeit zu durchdringen.
Ein solcher Wille bildet er sich daher aus einer Reflexion für sich, aus der Ausschließlichkeit einer Selbstwahrnehmung, die sich gegen die Wirkungen der Wahrnehmung auf die Selbstbeziehung stellt. Es veräußert sich hierbei die Selbstbeziehung zu einer Objektivität, die sich im Nachhinein von Wahrnehmungen, die unerträgliche Zusammenhänge enthalten, einen ästhetischen Zusammenhang des Erträglichen vorkehren. Es geht also um eine Veräußerung einer positiven Selbstbeziehung gegen Widernisse von zwischenmenschlichen Verhältnissen, die als fremde Kraft bis in die Ebenen der Staatskultur empfunden werden. Diese wird hierdurch als Gefühl der Entfremdung umgekehrt zu einem Selbstgefühl einer selbstgerechten Ästhetik.
Die Selbstgestaltung der Kultur hat auf diese Weise aus den Absichten, die in zwischenmenschlichen Beziehungen sich gegenseitig bewirken, eine Sphäre des allgemein gütigen Menschseins geschaffen, eine allgemeine Psyche in welchem die Gefühle sich durch ihr Medium selbst, in aller Öffentlichkeit zu einer Psyche der Allgemeinheit verdoppelt haben: Der vereinzelte Mensch wird durch die Ikonisierung seiner Alltäglichkeit zu einem massenhaften Individualwesen, das sich selbst als Teil einer allgemeinen öffentlichen Meinung verstehen kann, weil es auch tatsächlich seine Dafühaltungen medial objektiviert wahrnehmen muss. In seiner medialen Vermittlung hat er die Grundlage seiner Vermassung erfahren und tritt aus der Masse nun als Träger ihrer Bestimmtheit durch eine eigene Meinung hervor, als Träger einer Notwendigkeit, welche das ganze Menschsein betrifft und wodurch er auch seine Persönlichkeit mit einer empfindungslosen Allgemeinheit ausstattet. Was er in der medialen Welt der Gemeingefühle empfindet, wird nun durch die stoffliche Gegenwärtigkeit des Mediums selbst zu seiner wirklichen Lebensgrundlage in einer sinnentleerten Welt, die sich gegen die Selbstvergegenwärtigung durch die gewöhnlichen Erregungen und Reize wendet: Nicht die einzelnen Inhalte bereiten ihren Boden, sondern die verallgeinerte Not des Individuums selbst wird zu einer allgemeinen Wendung durch einen Willen gebracht, welcher seine Allgemeinheit nun auch ästhetisch in einem Selbstgefühl dieses Willens verwirklichen muss und darin jede wirkliche Empfindung von sich ausschließt, den Willen als Gefühl für sich popularisiert.
Diese Notwendigkeit des Massenindividuums hat also in der Objektivierung seiner Meinung zu einer Allgemeinheit des Dafürhaltens einen Willen erzeugt, der jenseits ihrer Wirklichkeit zunächst allgemein ausgegrenzt ist, weil er sich hiervon unabhängig erscheint, wiewohl er gerade hieraus bestimmt ist. Als Wille war er ja bisher nur ein Moment der Gewohnheit, Machtbedürfnis der Gewöhnung, Seinsverständis des Wohnens schlechthin. Als solcher unterstellt er einen allgemeinen Wohnraum, welcher dem Selbstgefühl entspricht und ihm auch zu entsprechen hat, um als kultivierter Lebensraum zu gelten. Raum wird also zu einer Selbstverständlichkeit des Selbstgefühls, das sich aller inneren Schranken entledigt hat, - jetzt also prinzipiell unbeschränkt sein soll. Dies wird sich nun als Trieb des ästhetischen Willens durchzusetzen suchen.
Alle Lebensäußerung erfährt nun im Raum seine Kulturbestimmung. Er wird den Lebensverhältnissen ganz allgemein als Prinzip des Notwendigen überstellt und alle Kulturinhalte verbleiben so ganz unmittelbar nurmehr als Residuum einer Kultur, die ästhetische Form, worin sich die Menschen reflektier, an der der Maßstab des Menschseins angelegt wird, ein Maß, welches die kulturelle Befriedung längst nötig hatte und die jetzt zu einer eigenständigen kulturellen Bestrebung geworden ist, die wie von selbst im Willen der Menschen zutage tritt. Es ist ein Wille, der sich nicht aus ihrer sozialen oder ökonomischen Wirklichkeit heraus objektiviert; es ist eine Willenform, die sich in den Menschen so objektiv bildet, wie etwa der Schweiß in überhitzten Räumen. Solcher Schweiß einer überhitzten Kultur ist nun ein ästhetischer Wille, wenn er sich tatsächlich als Bestreben in jedem Menschen äußert, wenn ihm die Kultur unwohnlich wird. Mag ansonsten ein Wille äußerst willkürlich sein, hier tritt er als eine pure Notwendigkeit auf, als Wendungsbedarf einer ästhetischen Not. Die ästhetische Erregung zwingt die Menschen in ihrem Lebensraum zu einem ästhetischen Frieden zu gelangen, zwingt die Menschen zu einem allgemein bestimmten ästhetischen Sein, sofern sie diesen Raum nicht verlassen können.
Im einzelnen sind es meist der Kultur äußerliche Bedingungen, meist ausweglose Beziehungsnöte oder Wirklichkeiten, an denen sich der ästhetische Wille entzündet. Aber er selbst zielt nicht auf die Veränderung dieser Bedingungen, sondern auf die Befriedung der Menschen in dieser nun als Lebensraum empfundenen Kultur, als Heilung unfriedlicher Beziehungen durch die Bereinigung dieses Lebensraums, als Gesundungsbedarf einer ganzen Kulturformation.
Der ästhetische Wille ist ein Wille, der zur Ästhetisierung treibt. Er entsteht, wo ein grundlos scheinender Zerfall wahrgenommen wird und der Glaube an eine Lösung durch höhere Ordnung herrschen kann. Die bloße Wahrnehmung eines Zerfalls reflektiert Gebrochenes, zerstörte Einheit. Innerhalb der bloßen Wahrnehmung scheint sie überwindbar durch eine Einheit des Wahrnehmens, also durch eine Notwendung der Verhältnisse im wahrnehmenden Subjekt, also dadurch, wie sie in diesem wirken. Die Veränderung des wahrnehmenden Subjekts wirkt subjektiv wie eine Veränderung der Verhältnisse selbst, wenn das Objekt in der Form eines Ideals wahrnehmbar gemacht wird. Der ästhetische Wille verfolgt den Bedarf nach der Veränderung der Wahrnehmung, wie sie ihrem Gegenstand entsprechen soll und dieser ihr. Er verfolgt eine Subjekt-Objekt-Verkehrung in der Wahrnehmbarkeit eines Objekts, welches Gegenstand der Gefühle ist.
Darin herrscht dann dieser Wille, welcher aus Gründen der Ästhetik eines Selbstgefühls nötig ist, das sich in seinen Gewohnheiten des Guten und Schönen bedroht fühlte. Was er darin subjektiv zu verwirklichen sucht, entspricht der Notwendigkeit eines allgemeinen So-Sein-Sollens eines Verhältnisses, wie es einer zu Bilder der Erinnerung idealisierten Wahrnehmung entspricht. Er verfolgt letztlich ein identitäres Streben und er will Verhältnisse, die schön und gut erscheinen, gleich wie sie wirklich sind, ist also der Wille eines ästhetischen Verhältnisses, das sich rein haptisch gegen die praktischen Bedürfnisse der Menschen wie eine eigenständige Kulturform objektiver Gefühlebestimmt. Er begründet sich subjektiv aus einem Ekel vor dem Zerfall und der persönlichen Abgrenzung hierzu und wendet sich an die Güte einer kulturalisierten Sitte. Objektiv wird hierbei der Reiz der Schönheit zum Gütesiegel schlechthin, zum Design einer höheren Kulturform gegen die zerfallende, Grundlage jeder Selbstveredelung, die im Allgemeinen herrschen soll, um das Unbeherrschte und Unbeherrschbare zu bezwingen.
Das grundlegende Interesse des ästhetischen Willens bezieht sich auf die Lebensform selbst. Es will diese Form als Welt für sich gegen das Unheil fremder Bedingtheiten, will vor allem eine heile Welt, die von fremden Interessen frei gehalten wird. Je mehr sich die Menschen in ihrer Lebenswirklichkeit entzweien, desto stärker wird in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen nun Einheit erzwungen, je mehr sich Elite und Lebenswelt der Menschen aufspalten, desto sinnfälliger wird die Notwendigkeit einer kulturellen Einheit. Der ästhetische Wille speist sich daher nicht aus der Wirklichkeit, aus wirklicher Not, sondern aus der Notwendigkeit einer Einheitsstiftung, die einer zur Glaubensmacht gewordenen Sittlichkeit der Kultur Folge zu leisten hat. Der Lebensraum der Menschen wird daher zum Bestimmungsrahmen ihrer Sittlichkeit. Damit gelten im Prinzip alle anderen Lebensräume als unsittlich, also nicht nur fremdartig, sondern unartig.
Was für das Kulturinteresse bislang völlig bedeutungslos war, kann nun zu einem Moment dieser im Raum bestimmten Kulturformation werden. Als erstes werden die politischen und ökonomischen Beziehungen hier einbezogen und als politische Substanz eines Kulturraums genommen. Der ökonomische, der politische und der kulturelle Lebensraum vermengen sich auf diese Weise zu einer eigenständigen Größe, so dass Kultur auch mit Nation gleichgesetzt wird. Was in der Formation des bürgerlichen Staats politisch nötig ist, gilt daher jetzt als kulturell notwendig. Der ästhetische Wille tritt hierdurch auch unmittelbar als politisch notwendige Meinung auf, in der sich die Gegensätze der wirklichen Verhältnisse aufheben, das Untere sich zum Oberen kehrt, die Unterschicht sich wie eine Oberschicht verhält, in der das Meinen zunächst zumindest ideell regiert.
Die gedoppelten Gefühle als notwendiges Selbstgefühl des Heilsamen in einem ästhetischen Willen.
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321.1 Die Not der Sitte und die Notwendigkeit der Güte
Die Kultur als das Meine ist zu einem Lebensraum des Seinigen geworden und muss als dieses allgemein Seinige mächtig sein. Wer dies nicht befolgt, gilt in solcher Kultur nicht mehr nur befremdlich oder fremd, sondern als Feind. Der ästhetische Wile wird erst dadurch wirklich zum Medium der politischen Macht, dass er sich als Notwendigkeit einer allgemeinen Gesinnung betätigt, die jedem geläufig sein muss. In der Behauptung einer allgemeinen Seinigkeit steckt die Drohung des Allgemeinen Sollens, denn wer das Seinige verfolgt, verfolgt nicht seine Meinung, sondern ein allgemein notwendiges Meinen, das sich in der Kultur eines gegebenen Lebensraums bestimmen muss - woher sonst könnte eine allgemeine Meinung verbindlich sein. Menschen werden nach ihrem Bezug zu dieser Allgemeinheit sortiert und behandelt. Sie ist das Maß des ästhetischen Willens in dieser politischen Kulturbestimmung. Es wird zu einer Kulturdoktrin, die sich auch gewaltsam durchsetzen muss, wo sie sich nicht von selbst ergibt, besonders, wo ihr zuwider gehandelt wird. Die Häme des Allgemeinen kann sich nicht deutlicher zeigen als durch die Inschrift in dem Gitter des Ausgangstors des KZ Buchenwald: Jedem das Seine, das von innen nur leserichtig zu erkennen war.
Der ästhetische Wille ist von daher selbst zu einem politischen Subjekt des Meinen geworden, in welchem sich die Menschen auch wirklich identifizieren können, sofern sie in ihrer Meinung als Gesinnung Identität finden. Dies hängt ab von der Bedrängungslage, in der sie sich befinden. Einen Selbstwerts des Meinens gibt es am ehesten dort, wo allgemeine Gefahr herrscht, die als Gefährdung allgemeiner Beziehungen verstanden wird. Die Staatsbürger werden familiär, wo sie ihren bislang staatlich gewährten Schutz in Gefahr sehen. Sie müssen gegen alles argwöhnen, was ihnen in diesem Beziehungsraum nicht vertraut ist. Das Grundvertrauen bietet daher jetzt vor allem die Gesinnung.
Die rechte Gesinnung verschafft Sicherheit, die einer famikiären Geborgenheit entspricht. Das reaktionäre Bewusstsein sieht in allem, was den Menschen zu eigen ist und was sie als ihre Eigenheit veräußern, eine Gefährdung dieser Sicherheit. So definiert sich aus der Abgrenzung hierzu eine Ästhetik des Menschlichen schlechthin, die selbst bestimmend für die allgemeine Meinung, die Gesinnung wird. Das besondere Selbstgefühl einer allgemein geschützten Menschlichkeit wird zu einem vorausgesetzten Allgemeingefühl des Meinens - zum Stolz und zur Sünde des kultivierten Menschen. Die ästhetisch verfasste Meinung wird daher zum wesentlichen Medium des politischen Willens. Niemand konnte das besser darstellen als Leni Riefenstahl in dem Film: Triumph des Wilens.
Die politische Gesinnung wird auf diese Weise ganz allgemein zur guten Meinung für das Seinige. Der Meinungsstreit, den sich die Demokraten auf ihren Schir m schreiben, versiegt so in eine objektive Form der Meinung, in das das allgemeine Seine, in die dritte Person der Kultur, die ihren Gott verloren hat, sich dafür aber jetzt selbst vergöttert und als göttliche Beziehung, als Kult ihrer Sittlichkeit verwirklichen muss. Als Gott aller Meinung bestimmt sie die Natur des Meinigen, wird zur Allmacht dessen, was als natürlich gelten soll.
Kultur wird daher jetzt selbst durch diese Naturvergötterung bestimmt, wird zur Form des Artigen und Schönen, des Edelmuts. Der Edelmut, den die Gesinnung selbst nötig hat, wird daher zu einer Allgemeinheit, worin sich jede Selbstveredelung einbegriffen haben muss, will sie auch wirklich gelingen. Das Edle ist die Art des Artigen, die letztlich aus der Natur des Reinen, aus der Reinheit der Art zu bemessen ist. Von daher werden auch die Wissenschaften kulturpolitisch bestimmt, kulturalisiert, indem sie zugleich naturalisiert werden. Die Naturalisierung der Wissenschaften treibt sie zu einer Naturdoktrin des reinen Geistes, zu einem totalen Idealismus, der sich mit den totalitären Idealen des ästhetischen Willens und der Gesinnung leicht einig wird. Die Kultur selbst nimmt eine Glaubensform der Zwischenmenschlichkeit ein, welche die Sittlichkeit der Gesinnung als Notwendigkeit der Menschenliebe vermittelt. Die Macht solcher sittlich begründeten Liebe besteht in der Verwirklichung ihrer Ästhetik in den Lebensformen der Familie, der Gemeinde und des Staates. Sie vollzieht und vollstreckt sich daher auch vor allem dort (davon später mehr imTeil C: Der Kulturstaat).
In der Naturalisierung der Artigkeit, welche diese Sittlichkeit unterstellt, war als das Heil, das gute Ganze, begründet worden. Jetzt wird die Anpassung des Unheilen an das Heil vollzogen; die Verbrüderung der Klassengegensätze im Glauben der Kultur, dem kultivierten Heilsprinzip.
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321.2 Das Monster der Kultur und der politische Glaube des kultivierten Selbstgefühls (Die gereinigte Kulturpersönlichkeit)
Das Heile wird es nie wirklich geben, wo es Entwicklung und Geschichte gibt. Es ist zunächst nur eine Vorstellung der Reaktion, dem Wiederherstellen-Wollen von etwas Beschädigtem als das, was es eigentlich war, als es noch ganz war. Als Vorstellung kann dies auch nur eine zu einem Geistwesen reduzierte Kultiviertheit sein, ihre Esoterik. Von daher ist der Begriff des Heils diesem selbst äußerlich: Unheil. Der ästhetische Wille wird daher auch wesentlich aus dem Unheil bestimmt, - doch dies nur, weil das Unheil selbst unbestimmt wahrgenommen wird, weil es seine soziale Herkunft dadurch verdängt, dass es die Bereinigung durch den ästhetischen Willen vollzogen hat und das, was die Religion noch als Elend auf Erden für den Himmel aufbereitet hat, nun als Heiland prominenter Zurschaustellung gegen das Unheil postiert, als Spieß gegen die Unperson, gegen die Persönlichkeit fremder Gesichter. Das Gesicht war im ursprünglichen Sprachgebrauch eine Erscheinung fremder Mächte. Nun wird es durch den Sießer, durch die Prominenz der hervorgekehrten Tugenden der Sitte vermittels ihrer Medien zum Schild gegen das Böse, gegen die Monster, die von der promineten Vorstellung abfallen und in diesem Abfall selbst schon abartig bestimmt werden.
Ein unbestimmtes Unheil ist das unbestimmbare Wirken einer Macht, welche die Wirklichkeit bestimmt, ohne sich darin zu offenbaren. Die Menschen erfahren ein Unheil als etwas, das sie wahrhaben, ohne erkennen zu können, was es wirklich ist. Indem es jetzt durch die Prominenz der Güte allgemein entmachtet wird, kann es in den zwischenmenschlichen Verhältnissen auch endlch persönlich werden. Gerade weil hier der Ort ist, an dem das Unheil seine sozialen Folgen zeigt, werden Menschen hierfür verortet, die sich ästhetisch nicht angemessen gebütert haben, die also unangemessene Kulturgüter repräsentieren. Auf der Ebene der Repräsentation werden die Unterschiede, die unter den Menschen durch ihre persönliche Kulturbeziehung gegben sind, zur Repräsentanz der Monster, die sich als total fremde Kultur vorstellen lassen. Es ist der Keim des Rassismus, der in den Kulturbeziehungen verheerende Folgen hat. Er ist durch die Prominenz der zwischenmenschlichen Güte schon angelegt. Und er wird sich durchsetzen, sobald sich diese durch die Massenvorstellung des Unheils allgemein allgemein macht.
Subjektiv mag das auch vom jeweiligen Bildungsgrad eines Menschen abhängen, ob und wann er in der Lage ist, Wirkungen zu durchschauen. Objektiv jedoch gibt es das Unheil schon in den einfachsten zwischenmenschlichen Beziehungen in der Erfahrung selbstvernichtender Kräfte, als Krise oder Unglück eines Verhältnisses, in welchem sich wirklich unlösbare Konflikte auftürmen. Die Unlösbarkeit einer Krise besteht aus einer schlechten Unendlichkeit der Verwertungslage, aus einer Zerstörung der Geldwerte, die vollkommen in einen Widerspruch zum realen Verhältnis der Produkte und der Produktion geraten sind. Das ist innerhalb der Lebenswelt der Menschen unerklärlich und tritt hier auch nur als Niedergang der Lebenssubstanzen auf. Dies wird als Niedergang der Kultur erfahren und in dieser Erfahrung manifest.
Da diese Lebenssubstanzen nun aber wirklich unbestimmt geworden sind und als solche auch nur äußerlich begründet erscheinen, also sich nicht mehr aus den bestimmten Lebenszusammenhängen eines bestimmten Lebensraumes erklären lassen, können sie nur fremder Macht zugeordnet werden, einer Macht aus den Nischen der Welt schlechthin, aus der Finstern der Ferne, die strikt getrennt ist von der eigenen Lebenswelt. Zunächst erscheint das Unheil daher als ein Subjekt der Finsternis, als negatives Geistwesen, welches in die eigene Welt hineinfiltriert, als ein Monster von weltlicher Macht, welche die heile Welt, das Heim und die Heimat bedroht. Es ist das Monster des schlechthin Unheimlichen, das Wesen von fremder Art, das vollständig Artfremde. Vielerlei Figurationen stehen zur Verfügung, um ihm einen Namen zu geben, z.B. Juden, Roma, Schwule, Kommunisten, Kapitalisten, Politiker usw. Doch um diese Fremdartigen geht es zunächst nicht wirklich; es sind dies alles erst mal Bezeichnungen für ein unheimliches Entfremdungsgefühl, das damit einen zunächst nur ästhetisch assoziierten Inhalt bekommt. In Wirklichkeit geht es um eine unheimlich gewordene Kultur, die sich tatsächlich wie ein fremdes Selbsgefühl über die Menschen erhebt. Sie können sich in der Allgemeinheit ihrer Lebensäußerungen nicht mehr erkennen, weil diese nichts mehr mit ihnen zu tun hat. Was sie durch ihre zwischenmenschlichen Beziehungen begründen, können sie nicht darin begründet sehen.
Zugleich erzeugt diese Ausweisung innerer Gründe für ein Unglück zugleich eine Externalisierung jeder wirklichen Begründung. Das Fremde wird zu einem fremden Lebensraum, der auch allem zugewiesen wird, der Unheimlich wirkt. Das eigene Boot soll gerettet werden, indem das Fremde ausgebootet wird. Das Monster wird nur durch Ausgrenzung beherrschbar. Und hierdurch wird der ästhetische Wille zu einem unmittelbar wirksamen politischen Willen, welche in die politische Gesinnung eingeht. In dieser Einheit wird das Gefühl selbst unmittelbar politisch.
Das politische Gefühl besteht an und für sich aus einem Allgemeingefühl, das sich als Gefühl für das Allgemeine, das allen gemeine kulturelle Sein, betätigt und bestätigt. Das ästhetische Ganze, das zu einem politischen Prinzip geworden ist, kann sich nicht unabhängig von den Menschen verwirklichen, wiewohl es aus der Absehung von ihnen begründet war. Um ihm zur Wirklichkeit zu verhelfen, müssen ihm Menschen zugewiesen werden. Es wird personifiziert. Aus der Personifikation des Unheimlichen entsteht nun ein politisches Selbstgefühl, das sich vom Selbstgefühl überhaupt nur dadurch unterscheidet, dass es einen ausschließlich allgemein bestimmten Selbstwert bildet. Als kultivierte Selbstgefühl wird es selbst zum Persönlichkeitsmerkmal eines kultivierten Menschen und die politische Persönlichkeit von daher objektiv: Gereinigt von allen Niederungen einer konflikthaften Welt. Es ist der gradlinige Weg zu einer Kulturpersönlichkeit der Politik, die sich nurmehr im ästhetischen Willen ihrer Macht zu begründen versteht.
Doch um dies auch zu werden, verlangt es die Anteilnahme der allseitigen Artigkeit im poltischen Geschäft, wo nach wie vor die Probleme gelöst werden müssen, die in Wirklichkeit unlösbar geworden waren.
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321.2.1 Die politische Ästhetik des Willens oder die Esoterik (Die Artigkeit des objektiven Geistes)
Eine Kulturpersönlichkeit des politischen Willens kann sich nur aus einem höheren Willen begründen, einem höher begabten Willen, der konkret als ein allgemeines kulturnotwendiges Sollen aufzutreten vermag. Als solches ereignet er sich nicht im Bewusstsein, sondern in ästhetischen Mustern, die sich aus archaischen Wahrnehmungsinhalten ergeben, aus einer Wahrnehmung von Wesenheiten, die sich nicht wirklich darstellen, aber gefühlsweise als nicht vorhandene, und also vermeintlich untergegangene Kultur erahnen lasssen. Im Unterschied zu religiösen Vorstellungen geht es hier um unverwirklichte Kultur und es wird diese nun als kultureller Inhalt einer nicht vorhandenen Welt wahrgefühlt und in solchem Gefühl zu einem allgemeinen Selbstgefühl der vereinzelten Menschen politisiert.
Das politische Selbstgefühl ist das Selbstgefühl des gerechten Menschen, also des Menschen, der durch sein Dafürhalten Recht und Ordnung schaffen kann. In diesem Gefühl hat sich die Politik einer höheren Ordnung verschrieben, einer Esoterik, durch die sie sich nicht mehr wirklich verhalten muss, sondern sich vom Standpunkt eines Geistwesens ihr nurmehr zuwendet.
Das entspricht dann insofern ihrer Wirklichkeit, wie sie sich darin auch wirklich verloren hat, weil die politische Handhabe in den Parlamenten der repräsentativen Demokratie nicht mehr funktioniert. Die Positionen der Parteien zerfließen ineinander soweit, das die Auseinandersetzungen hierüber sich wechselseitig aufheben. Politiker erscheinen daher jetzt als Menschen, die über keine Sache mehr wirklich verfügen können, sind offensichtlich keine Persönlichkeiten mehr, die kraft ihrer Amtes handeln können, sondern sich nur durch ihren Willen verhalten, der zwar weiterhin Politik macht, aber vor allem ihrem Selbsgefühl gehorcht. Von daher ist ihre Esoterik nun zu ihrem wesentlichen Inhalt geworden.
Politik ist daher jetzt einerseits zu einem bloßen Willensakt personifiziert, zugleich aber nur politisch, wenn die Person sich selbst objektiv, also ohne subjektiven Willen einzusetzen vermag. Diese Personifizierung ist die Grundlage einer Produktion von Selbstlosigkeit, denn solche Persönlichkeiten können nur persönliche Politik machen, wenn sie sich selbstlos geben. Selbstlosigkeit blüht allseitig auf, denn es ist der Zweck des ästhetischen Willens, sich durch das Allgemeine zu bestimmen. Jede Individualität, jede eigene Neigung, muss nun in objektiver Gestalt verfasst werden. Der Zweck des Übermenschlichen kann Politik nur dadurch bestimmen, dass er den Menschen eine Lebensweise, eine Artigkeit des Bürgers anträgt, durch welche das Ganze, das Volksganze, wieder gesunden kann.
Von daher wird das Heilsprinzip ein Prinzip der Lebensart, welches als Substanz des politischen Willens sich objektiv durchsetzen muss. Die richtige Lebensart reflektiert sich nicht mehr an den Notwendigkeiten des Lebens, denn diese sind im Unheil aufgegangen. Sie begründet sich selbst als Prinzip einer Heilung, welche der Politik als Prinzip der Erlösung aus dem Unheil unterstellt wird. Doch diese Erlösung hat keinen wirklichen Gegenstand, von dem es sich zu lösen gelte. Sie kann nur eine abstrakte Erlösung von dem Übel sein, eine Erlösung durch Reinhaltung des Lebens, wie es sich doch einmal bewährt hatte, eine Bereinigung des Lebens von allem, was es verletzt, verschmutzt und niedergemacht hat. Der selbstlose Mensch erwirbt sein Heil in einem ästhetischen Selbstwert der heilen Welt. Doch darin ist er absolut selbstsüchtig und autoritär. Im Heil steckt das Ganze, das total werden muss, um das zu verwirklichen, was nie wirklich sein kann: Die Reinheit der Art.
Dieser Selbstwert gestaltet sich nun in der Kultur als politische Persönlichkeit, als Wert der Reinhaltung und Ordnung. Die Bereinigung erweist sich selbst als Verwirklichung des Heilsprinzips als Produktionsstätte einer neuen Natürlichkeit, der Einzigartigkeit der Natur in jedem Menschen, der menshcliche Natur an sich, wie sei einzeln und allgemein zugleich ist. Das Subjektive der Meinung wird ästhetisch zur Einzigartigkeit einer Gesinnung, die sich aus der Natur des Menschseins in der gegebenen Kultur begründet und als diese zugleich allgemein wirksam sein soll. Das positiv ausschließliche Subjekt ist damit als reine Natürlichkeit der Kultur zur Welt gekommen. Von daher ist es ein objektiv natürlicher Geist, der sich in der Gesinnung fortbestimmen will, um eine Artigkeit der Menschen durch einen wesentlich objektiven Geist, einem Ungeist der Kultur, einer kulturellen Mythologie zu erzwingen.
321.2.2 Das gemeinhin Geistige und die geistigen Allgemeinheiten
Jede Mythologie ist eine Idealisierung in die Sphäre des abgelösten Geistes, der keine Geschichte mehr hat und sich daher selbst als Geschichte des idealisierten Wesens betreibt. In jeder geschichtslos begründeten Geschichte treiben Ursprünglichkeiten ihr Wesen, das sich nur durch die Tiefe seiner Ursprünglichkeit, also durch seine Wesensabstraktion bestimmen kann. Ein abstraktes Wesen ist ein Unwesen, das sich alleine durch seine Bedeutung, am innigsten durch eine Gedankenabstraktion, welche die Kultur selbst zu umfassen versteht. Alleine durch deren Symbolik raunt sich ihr Sinn durch die Geister und Gemächer des kulturellen Lebens. Zeichen und Runen bewegen den ästhetischen Willen in die Geistergeschichte einer Geistesgeschichte, die keine ist. Wesentlich ist alleine ihre psychologische Bedeutung, durch welche das Ursprungswesen als Einheit von Natur und Kultur abstrahiert und erzählbar wird.
Der ästhetische Idealismus, der sich hierbei erbaut, wird zur Quelle einer heilen Welt, die sich aus der Gegenwart selbst vertrieben hat, um als Zukunft für die Welt herzuhalten. Es herrscht sowohl kulturell wie auch politisch die Autorität des Ideals, das sich ohne Gegenwart und doch bruchlos als Einheit des Vergangenen und Zukünftigen darstellen lässt. Für die Gegenwart bedeutet es nur eins: Ihre finale Auflösung, die als Lösbarkeit der Wirklichkeit durch gemeinhin geistige Kraft vorstellbar gemacht wird. Es braucht nicht die politische Propaganda, um dies zu betreiben. Es steckt in der schlechten Unendlichkeit des Heilsprinzips. Aber die Politik lebt jetzt natürlich vor allem hiervon. Schließlich bietet ihr das die einzig mögliche Überbrückung der Gegenwartskrisen.
Sie beruft sich jetzt vorwiegend auf geistige Allgemeinheiten, welche kulturpolitisch von Bedeutung sind und versteht sich daher auch selbst als ein agierendes Kulturwesen. Das persönliche Heil war zwar ein Heil von persönlicher Wirkung, wird nun aber dadurch übermächtig, dass es in die finale Begründung einer notwendigen allgemeinen Selbstbeherrschung verfrachtet wird. Die Menschen gelten hiergegen nun selbst als ein Kulturproblem. Schließlich erscheint nur durch sie die kulturelle Verwahrlosung, welche die gesellschaftlichen Krisen hervorgebracht hat.
Aus dem heraus bestimmt sich nun das übermenschliche Herrschaftsinteresse als Notwendigkeit gegen die Meute Mensch. Das mythologisierte und vorgestellte Allgemeine behauptet sich nun durch Sortierung, was Art und was Abart ist - nicht weil es hierfür eines handelnden Subjekts bedürfte, sondern weil die Menschen in ihrer Selbstbeherrschung das übermenschliche Herrschaftsinteresse für sich geltend machen. Die politische Funktion der Kultur wird hierbei nicht von Staats wegen entdeckt und ausgenutzt. Sie wird als absolute Kulturnotwendigkeit, als sittliche Notwendigkeit einer Bevölkerung empfunden, die sich gegen ihr Unheil wendet. Von daher wird dieses sittlich gewordene Interesse auch im Alltag der Menschen, in ihren Gemeinden und Familien umgesetzt. Das Allgemeine der Art, die sich als Wesensursprünglichkeit definiert hatte, wird so in das Verhältnis zur Artigkeit und Abartigkeit der Person gestellt, die sich daran orientieren muss, um gesellschaftlich akzeptiert und tätig zu sein. Jeder Mensch kollektivierte sich daran selbst in dem Maß, wie er gesellschaftlich ohnmächtig war. Nur in dieser Folgsamkeit konnte er sich aus der Meute Mensch befreien und in die Herde Mensch versetzen. Die Herde war zur Urkraft eines Volkes geworden, das darin bestimmt ist, folgsam zu sein, dem Herdentrieb zu folgen und alles zu tun, was für sie gut ist. Die Ursprungssehnsucht und die Triebe dieser Urkraft werden nun zum Treibmittel der Bevölkerung, die Kraft der Reinheit zur reinen Kraft der Masse. Sie erscheint als Bindemittel einer haltlosen Gesellschaft, aber als Gestaltungdmaß der Lebenskräfte kann sie nur deren Misslingen betreiben.
321.2.3 Der ästhetische Konsum (Der allgemein verbindliche Anreiz)
Was in Brauchtum und Sitte noch als versinnlichte Selbstbeziehung im Allgemeinen erschien, wird nun geistig zu einem Träger der misslungenen Selbstgestaltung. Sie muss über eine objektiv gültige ästhetische Form in einer quasi übernatürlichen aufgehoben vermittelt werden, um damit jenseits der Selbstbezoegnheiten als Übemacht einer gelungenen Selbstlosigkeit wahr gemacht zu werden, als ein Archetyp tiefer Wahrheiten, die in abstrakten Formationen, aus Mustern der Wahrnehmung gewonnen werden, die eine höhere Gemeinschaft und deren Ethik bestimmen soll.
Die begründet sich selbst durch Prinzipien und Strukturen, die aus einer eidetischen Natur der Wahrnehmung entsnommen wirdd, worin Ästhetik als übernatürliche Wesenhaftigkeit hieraus Allgemeinheiten bezieht, wie sie auch in klassischen psychologischen Konstrukten nachvollzogen wurden (z.B. die Archetypen des C.G. Jung) oder neuerdings auch verschiedene Mustertheorien.
Ganz einfach anschaulich und praktisch wird hier eine Hoheit des Lebens eingeführt, die eigentlich so trivial ist wie das, was in jeder kulturbestimmten Ausbildung wie z.B. für Grafik, Architektur oder Kunst gelehrt wird: Die Erfahrungsmuster der menschlichen Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung. Jeder Werbegrafiker weiß, dass alles, was an menschliche Größenverhältnisse des Körpers oder der Gesichter angeglichen ist, weitaus wirksamer für seine Zwecke ist, als willkürliche oder zufällige Verhältnisse es sein können.
Aus der Lebensweisheit einer naturnotwendigen Ethik heraus begründet laufen diese Begründungen auf eine übernatürliche Ontologie hinaus, eine Theorie des seinsbestimmten Überdauerns, auf ein wesentliches Sein, das dem Dasein tieferen Sinn verleihen soll, der über alle wirkliche Geschichte hinweg seine Wahrheit zu haben hat. Martin Heidegger hatte darauf dereinst seine Fundamentalontologie begründet. Damit konnte auch er die Menschen an eine höhere Gewalt binden, indem er ihnen vorwarf, in ihrer Seinsvergessenheit nur Unwesentliches zu betreiben. Das Wesentliche muss dann allerdings definiert sein, um zu einer gesellschaftlichen Wirkung und Übereinkunft zu kommen. Bei ihm waren es die allem innig seienden Existenzialien, die Fundamente des Lebens, durch die aus einer Gesellschaft eine höhere Gemeinschaft bezogen werden kann. Als eine Gemeinschaft von höherer Güte kann sie nur funktionieren, wenn zur Stiftung und Begründung ihres Gemeinsinns die Naturform eines solchen Wesens verbindlich, als ein höheres Recht gültig gemacht wird, durch das die Konflikte darin eingeregelt werden können.
Hierdurch ensteht theoretisch wie auch praktisch eine Naturalform des Guten wird zu einer Güte eines Gemeinsinns naturalisiert und in entsprechender Gemeinschaft allgemein verstärkt. Es findet so eine Sinnstiftung durch die Ästhetik einer Gemeinde statt. Jede Liturgie funktioniert auf diese Weise gemeinschaftsstiftend und verschafft jeder Kirche ihr höheres Recht, aus dem Politik rein unpolitisch betrieben wird und das sich zugleich gegen die profanen Widernisse der gesellschaftlichen Wirklichkeit abzuheben versteht.
So werden auch die Menschen in diesen Verhältnissen zu Muster ihrer eigenen Beziehungen. Angeleitet von den Abstraktionen ihrer Wahrnehmung werden sie zu Persönlichkeiten von höherer Natur und Wahrheit. Die fiktiven Persönlichkeiten solcher Wahrnehmungsverhältnisse werden zum Bild. Das Bild zur herrausragenden Realität, die alle Wirklichkeit hinter sich lässt. Das Design befriedigt das Bedürfnis, eine Gestalt zu haben, die ein schmuckvolles Bild ist, Schmuck als abstrakte Wahrheit der Bebilderung, als Schauer der Wahrheit in einer unwahren Realität.
Die Regeln des Design sind grafische Rituale des Selbstverständlichen, das sich selbst bricht. Es erschent als Naturgesetz von Raum und Beschränkung, welche als systematische Gestalt anerkannt ist. Aber es ist das System der Vergegenwärtigung abstrakter Form zur Formation eines Gemüts.
321.3 Das ideale Kulturgut als gesellschaftliches Medium
Gesellschaftliche Macht gibt es von daher auch nur in der Kultur. Wer dieser nicht entspricht, kann sich nicht mehr gesellschaftlich halten. Andererseits kann sich die Teilhabe an dieser Macht aber auch nicht mehr aus den persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten ergeben. Kulturmacht ist im Prinzip Feudalmacht. Wer nicht mächtig werden kann, wird ohnmächtig. Die Kultur verliert hiermit die Menschen, die sie bisher gebildet hatten. Nur eine Kulturelite kann noch kulturbestimend sein. Sie wird zum ästhetischen Träger des allgemeinen Willens und somit zugleich zum Träger der politischen Ideale.
Doch Ideale haben immer auch eine Zielbestimmung, weisen auf eine Vollkommenheit hin, derer es ermangelt. Sie werden als Negation eines wirklichen Mangels geboren und wirken als Idee einer vollkomman anderen Wirklichkeit. Diese Ideale werden nun selbst bestimmend für das gesellschaftliche Leben, das ohne dies nurmehr als verzweifeltes Kulturverhältnis besteht. Bestimmend werden sie, indem diese Verhältnis selbst als zwischenmenschlichenmenschliche Verhältnis behandelt wird. Jeder Mensch darin ist nicht mehr nur seines Glückes Schmied sondern beteiligt an der Schmiede einer guten Gesellschaft, wie sie nur ideell besteht, wenn alle Gesellschaftsmythologien in einen kulturellen Einklang gebracht werden.
Die Ideale ergeben sich aus der Kultur und die Ideale der Politik werden zum unmittelbaren Kulturideal. Alles, was die Wissenschaftler, Künstler, Ingenieure usw. hervorgebracht haben und hervorbringen, wird zu einem allgemeinen Selbstgefühl der Kultur zusammengefasst, um sich als Kulturleistung bestätigt zu sehen und einen entsprechenden Kulturstaat zu errichten, um die idealisierte Gesellschaft daran nachzuziehen.
Alle Momente der Kultur werden daraufhin einem wirklichen Reinigungsprozess unterzogen, der sie zur Idealisierung tauglich macht, der sie heil macht, indem er ihre unheilen Anteile ausrottet. Diese Bereinigung zielt auf alles, was kulturell nicht einvernehmlich ist. Sie erfolgt nicht unbedingt in staatlichem Interesse sondern wird überall betrieben, wo Kultureliten sich als Kulturträger verwirklichen wollen (siehe z.B. die Bücherverbrennung, die vorwiegend von der deutschen Studenten- und Professorenschaft durchgezogen wurde).
Aus diesen Verhältnissen heraus hat sich medial ein neuer Nutzen herausgestellt, der das Design der kulturellen Prominenz herzustellen versteht, der dadurch nützlich ist, dass er die Reize des Guten und Schönen prominent macht, um ihre Güte zu popularisieren.
312.3.1 Das Design der Kunst und die Kunst als Design
Es hat sich mit dem ästhetischen Willen und seinem Dasein als heile Welt eine ganz neue Wirklichkeit ergeben, die in der Lage sein muss, die profane Wirklichkeit der ökonomischen Verhältnisse nun durch ihre Reize und Populisten zu betören versteht. Im Nutzen der hierfür ausgerichteten Schöpferkraft verkehrt suich ihre Wahrheit zu einer Geste der Idiotie. In ihrem Verhältnisschwachsinn wird sie zum Gottesbeweis einer höheren Tugend, die nurmehr durch ihren Edelmut ihr Wesen herausstellt und zum Maß aller Gesinnung macht, zur Lüge einer Sinnlichkeit, deren Täuschung gerade durch Kunst und Design transportiert werden muss, um kulturelle Wirkung zu erlangen, um das was in diesen Verhältnissen nicht mehr unterscheidbar ist, zum Verhältnis einer Massenkultur fortbestimmt, zu einer höheren Wahrheit des Unsuínns, den die darin verkehrten Sinne veräußern.
Harold Pinter sprach bei seiner Verleihung des Nobelpreises für Literatur im Jahr 2005:
Es gibt keine klaren Unterschiede zwischen dem, was wirklich und dem was unwirklich ist, genauso wenig wie zwischen dem, was wahr und dem was unwahr ist. Etwas ist nicht unbedingt entweder wahr oder unwahr; es kann beides sein, wahr und unwahr.
Kunst kann nicht nützlich sein, weil sie mit Wahrheit zu tun hat, weil sie selbst in ihrer Nutzbarkeit für das ihr Fremde bleibt, was sie ist. Umgekehrt kann es nichts nützen, wenn etwas schön ist, weil es das Schöne nicht wirklich ohne das Hässliche gibt, weil der Reiz des Schönen schnell Kitsch ist, in heiler Welt nur Unheil verbirgt und seinen Glanz aus ihm bezieht, ihre Unwirklichkeit glänzen lässt.
Das Hässliche braucht keine eigene Gestalt. Das gibt es überall. Das Schöne nicht minder. Es kann sehr anstrengend sein, es überhaupt für wahr zu nehmen, weil es nicht einfach da ist, weil es nur mit Aufwand ent-deckt wird in dem was wahr ist, was im Hässlichen auch schön sein kann.
Der Bildungsbürger, der sich mit seiner Kultur zu veredeln versteht, wird dies nicht begreifen, weil er schon einen Begriff von sich hat, der ihm über die Institutionen politischer Kunstbetriebe vermittelt wird. Kunst verführt, wo Kunst Sinn bilden will. Und sie wird für sich selbst künstlich, wo sie eine höhere Wahrheit des Schönen und Guten einrichtet und sich an dieser ausrichtet, hierfür politisch tätig wird - ob das bewusst oder gewollt ist oder auch nicht.
Es ist der Vernunft in einer Welt der Sinnentleerung Sehen und Hören vergangen. Der Verstand kann das objektivieren, formulieren und benennen, wissenschaftlich untersuchen, analysieren und synthetisieren. Aber wo Menschen durch ihren Verstand als Aufklärer über das Leben schlechthin Sinn suchen, geraten sie entweder an das abstrakte Menschsein, an Gott, Geister, Magie, Mystik und Fetische jeder Art, oder sie finden in der Kunst wirkliche Menschenliebe. Wo Wissenschaft und Philosophie nur für sich tätig sein wollen, funktionieren sie auch nur für sich und sind dadurch politisch, dass sie sich ihrer Gesellschaft im Wesentlichen verweigern. Indem sie dem Erhalt der Gegebenheiten dienen, sind sie in einer Gesellschaft dadurch nützlich, dass sie ihrem Wesen fremd bleiben, - eben nur dienstbar sein wollen. Sie bleiben im Wesentlichen schal, Worthülse, Gebälk von Begriffen (Nietzsche). Und auch ihre Kunst, ihre politische Kunst wird dadurch widersinnig, ihrem gesellschaftlichen Wesen notwendig äußerlich, einer Allgemeinheit sinngebend, die nicht wirklich konkret sein kann, weil sie der Notwendigkeit entspringt, die Lebensverhältnisse in ein gesellschaftliches Lot zu bringen, sie einer ihnen fremden Allgemeinheit zu beugen, in der sie schon verloren haben, was sie dort finden sollen. All dies sind Formationen von Wille und Macht, letztlich politische Ökonomie.
Wo Kunst zu einer höheren Kultur, zur Hochkultur fixiert wird, sich selbst total macht, indem sie die Ganzheit eines Bildes vom kultivierten Menschen errichtet, dient sie dem illusionären Zusammenhalt einer übermenschlicher Güte, die alle Widersprüche des Lebens unter sich lässt. Und dies ist niemals ungewollt. Es ist die Benutzung von Kunst für eine Politik, die hierdurch ihre Gewalt begründet, ihre Kriege zur Praxis einer Heilserwartung, zur Sittlichkeit einer hohen Botschaft, zum Herrschaftsinstrument einer höheren Art, eines kulturellen Rassismus kürt. Totale Kultur konstituiert einen Kulturkampf bis zum Niedergang.
312.3.2 Die designierte Wahrnehmung (Die allgemeine Macht von Schön und Gut)
Die Lebenswelten der Fiktion sind das wirkliche Erschauern, das seinen Sinn dadurch hat, dass es die Wahrnehmung zugleich unterhält und tröstet.
Das fiktionale Erleben besteht in dem Bedürfnis, an Bilder zu glauben um darin seine hervorragende Realität zu schaffen. Bilder folgen den Regeln des Designs, um zu wirken, wie gewollt. Durch die Dopplung der Wahrnehmung in Erinnerung und aktuellem Sinn, beides im Widerspruch, wird Wahrnehmung prominent.
Die Emanation des Immergleichen in der Selbstunterscheidung ikonisiert die Wahrnehmung. Sie ist die absolute Gestalt der Mediums von Gedächtnis, Gedenken und Sinn.
Die Selbstwahrnehmung der sittlichen Erlebenswelt wird zum Zweck der Ikonen, der aufgeschlüsselten Bilder, des Schreins der Gegenwart. Die Bebilderung der Geschichte macht Bilder selbst geschichtlich, versammelt und verdichtet Geschichte zu einem Bild, das so erscheint, als erzähle es Geschichte. In Wahrheit ist es ein Gebilde der Geschichte, welches im Sinn seiner Komposition die Gewissheiten der Sinne zu einer Form des Wissens bringen, die unmittelbar politisch ist.
Die Kultur der Bilder ist eine immer aus den herausragenden Geschichten bestimmte Bildergeschichte, welche ein Wissen bildet, das keine andere Gewissheit hat als die des hervoragenden Bildes. Mach dir ein Bild. Bild dir deine Meinung.
Doch Bilder, die sich ästhetisch vermitteln haben es in sich, weil sie nicht nur Information oder Schönheit, sondern auch einen Willen äußern. Wo derästhetische Wille das Bindemittel zu einer heilen Welt geworden ist, kann das Schöne nicht einfach gut und das Gute nicht einfach schön sein. Es verpflichtet die Menschen zu einer Sittlichkeit, die sich nicht mehr aus ihren kulturelllen Verhältnissen bestimmt, sondern daraus, dass sie schön und gut sein müssen, um den ästhetische Willen als Allgemeinwille zu bestimmen, um das Heil der Welt zu halten oder dieses durch ihn zu erzeugen und zu bewähren, ihn allseitig gegenwärtig zu machen.
Die Selbstvergegenwärtigung hat sich durch die Notwendigkeit eines gesitteten Allgemeingefühls daher umgekehrt: Nicht das Sich-Einfühlen in einen - wenn auch äußerlichen - Kulturzusammenhang begründet das gesellschaftiche Zusammenwirken der Menschen, sondern die Notwendigkeit, ein allgemeines Kulturverhalten zu vollziehen, in welchem das Einzelne nurmehr Moment des Ganzen ist, worin das Ganze zugleich zum Allgemeinwesen des Einzelnen wird. In der Abtrennung, in der Vereinzelung fühlen sich die Menschen daher jetzt wirklich allgemein und verstehen sich aus ihrem ästhetischen Willen heraus als Allgmeinwille, gegen den jeder, der ihn nicht teilt gefährlich, als Nestbeschmutzer begriffen wird. Was bis dahin nur Heile Welt war, wird jetzt zu einer übermächtigen Selbstgerechtigkeit, worin die Menschen sich allgemein wiedererkennen und hieraus die Macht ihrer Bildung als Edelmut ihrer Selbstverwirklichung beziehen. Im Kult der Medien von Schön und Gut wird sie jetzt prominent und soll verbinden, wo keine Beziehung mehr möglich ist und wo die Bilder zum Medium des herrschenden ästhetischen Willens werden.
Es entsteht eine Bilderkultur, welche sich allen Organen der Wahrnehmung zuwendet, Auge, Ton und Text, und irgendwann wohl auch noch weiteren Sinnen. Diese allgemeine Verbilderung lässt eine Wahrnehmung, deren Widersinnigkeit noch zu spüren und zu erkennen ist, erblinden, stumpft sie ab, Die Güte der Bilder wird Bestimmung des Guten, zu einer Wirklichkeit, die selbst eine Bestimungsmacht in den Medien erfährt. Nicht nur definitiv und durch Sprache, sondern alleine im Umgang mit dem, was auf diese Weise schön und gut wird, wird der Ausschluss von einer Wahrheit betrieben, die nicht mehr von dieser Welt sein darf.
Zum Beispiel der Austausch der guten Menschen in den Talkshows usw. Ausgrenzung des Problems. Z.B. Stasivergangenheit des Vaters von ...
Wahrnehmung wird auf diese Weise zum Gebrauchsgut der Medien. Um etwas zur Promenenz zu bringen und als diese zu bestärken, wird das Leben von Menschen genommen, und in seiner Güte verwertet. Die Guten sind dabei natürlich die, welche die Löcher der Wirklichkeit ausfüllen und stopfen können (z.B. durch interessante Erlebnisse, durch Arbeit in der Dritten Welt, durch eklatante Leiderfahrungen, durch Originalität usw.). Das konkrete Leben wird nicht nur widergespiegelt, sondern bekommt eine Reflexion, die einen hohen Grund und Wert hat: Seine Vernichtungen und Nichtigkeiten gehen dadurch unter, dass sie von einer Medienwirklichkeit ersetzt werden, die dazu verhilft, sie zu relativeren, also auch erträglich zu machen.
Es etabliert sich somit ein formiertes Wissen, die Information, als wichtigster Inhalt der Medienkultur, die hierdurch unmittelbar politische Kultur geworden ist.
312.3.3 Die mediale Bildproduktion (Der objektiv allgemeine Kulturträger der Information)
Die Wahrnehmung ist nun völlig abgetrennt von der Realität, zugleich aber auch vollständig gegenwärtig als Inhalt des Wissens. Als dieser wird Wahrnehmung selbst zu einem Medium des Wissens, denn außer diesem hat nichts mehr eine Gewissheit. Die Menschen erkennen sich im Medium als Allgemeinheit ihrer Selbstbildung, als Teilhaber der hervorgetretenen Selbstwahrnehmung, die dadurch zu Wissen und als Wissen mächtig wird, dass sie zugleich prominent ist, gültig als Wissensform, als Information, wie sie sich in Bildern mitteilt, die mehr sind, als reine Form von wahrnehmbaren Inhalten. Die Bebilderung in ihrem weitläufigen Sinn macht das wesentliche Medium der Wissensbildung durch Information zu einem wesentlichen Kulturträger.
Bilder werden gemacht, mal mit Absichten, die sich darin artikulieren, oder mit dem Bedürfnis, etwas Schönes darzustellen, oder um Information zu verdichten oder in einem bestimmten Sinn zu erinnern. Sie sind immer Geschöpfe und Interpretationen von Wahrnehmungen, die Anschauungen, Meinungen oder auch Gesinnungen aus den unterschiedlichsten Zwecken äußern, entäußern oder veräußern. Es gibt kein objektives Bild, das für sich wahr sein könnte.
Bild kommt von Gebilde und ist von daher so subjektiv wie ein Traum. Bevor ein Gegenstand hergestellt wird, macht man sich ein Bild von diesem und nach dem Bild einen Plan, wie die Herstellung verlaufen muss. Man kann sich auch ein Bild von einer Lage, einer Sache oder einer Vorstellung machen und auch ganz allgemein im Bilde sein. All dies beschreibt Vorgänge, die nicht unmittelbar gegenständlich, nicht objektiv sind.
Wieweit ein Bild in der Vorstellung objektive Wirkung haben, hängt davon ab, in wieweit es die Menschen an Wahrnehmbares erinnert, in wieweit es also mit dem Gedächtnis korrespondiert, in ihre Gefühöle eingreift, sich darin einmischt und deren Haptik bestimmt. Für sich genommen ist es ein Konstrukt. Als solches werden Bilder meist gemacht, z. B. gemalt oder gefilmt, und mit eigenständigen Inhalten und Zusammenhängen belebt (siehe Bildung). Dennoch haben sie Wirkung auf die Wahrnehmung. Durch den Lebensraum, in welchem sie die Wahrnehmung beeindrucken und die Zusammenhänge, die sie hierzu beitragen (siehe Medien), wirken in dem Maße, wie sie auf die anwesenden Gegenstände oder Umstände eingehen können.
Über diese können Bilder zu Beziehungsinhalten werden und Zusammenhänge den Gegenständen zuordnen, welche nicht wirklich mit ihnen zu tun haben. In der Verknüpfung dieser rein ästhetischen Beziehungen entstehen praktische Mythen, die sich als gewohnheitsmäßige Routine (Ritual) oder als Kult ereignen. Praktisch entsinnlichen diese die wirkliche Beziehung des Wahrnehmens und entheben sie in eine Welt der aufgelösten Empfindungen, worin Bilder die Bildung der Selbstgefühle vorantreiben und in ihrer Haptik ausformen, worin sie schließlich ihr einziges Material haben: Abstrakt menschliche Sinnlichkeit. Darin verallgemeinern sich die Empfindungen als Naturstoff der Bilder zu einem Kulturstoff der zwischenmenschlichen Beziehungen, zu einem Fetisch des Körperlichen (siehe Körperfetischismus), zu einem naturhaften Klischee der Gefühle (siehe Psyche in der Psychoanalyse als Erinnerungsbild eines Befriedigungserlebnisses - nach Sigmund Freud). Das Bild wird so zu einer verdichteten Form der Wahrnehmung in gleichgültiger Bezogenheit, zu einem selbständigen Sinn eines sinnlichen Typus, einer Vorstellung die Sinn hat und von daher auch sinnlich wird (z.B. in der Werbung oder im Design).
Darin sind die Zusammenhänge der Gewissheiten medial fixiert zu Verdichtungen der Wahrnehmung, welche Aussagen prominent machen, die nicht mehr für sich sprechen müssen, deren Inhalte nicht mehr promenieren, deren Herkunft also keinen Sinn mehr macht, weil nur ihre gegenwärtige Form Sinn hat. Es sind die Selbständigkeiten des Wissens, die als Informationen kursieren und Wissen als Konzentrat ihres Mediums vertreiben. Es werden damit alle Gewissheiten vetrieben, die daran zweifeln lassen und Wissen wird zum Medien gegen alles Ungewisse. Dessen Dichte erscheint nötig um die Eindrücke fassbar und damit unbezweifelbar zu machen.
Information wird auf diese Weise zur wesentlichen Formation der Selbstwahrnehmung, zum Bilderleben schlechthin, auch wenn es sachliche Informationen durch Text und Sprache betrifft. Informaion erzeugt Bilder. Bilder machen das aus, was Menschen in der Reduktion auf Wahrnehmungsdichte fassen können und verdichten damit die Auffassungen von dem, was ihnen fremd ist. Information erscheint als vertraute Fremdheit, die doch gegenwärtig ist. Und sie entfremdet auf diese Weise jedes Vertrauen.
Information ist die Erstattung einer Neuigkeit, also auch der Ersatz eines bisher gültigen Wissens über das Notwendige ebenso wie über das Überflüssige, die Nachricht über Ereignisse im Ablauf des Alltags und den daraus herausragenden Abläufen, über Zufall und Schicksal, Glück und Unglück, nicht um sich darin zu bilden, sich darin zu verstehen, zu erkennen und gewiss zu werden, sondern um den Umgang damit zu lernen. Es ist ein rein phänomenales Wissen um Geschehnisse, die sich vergleichen lassen, um das Hervorragende ebenso, wie um den Gebrauch des Gewöhnlichen, mit dem man Umgang hat oder sucht, das Wissen um die Funktion, um das Funktionieren des immer gleichen Verlaufs und Begriffs, dessen innere Beziehung durch Information wirkungslos gehalten und durch sie auch gleichgültig wird. Wo Information nicht in neuem oder erneuertem Wissen aufgeht, also nicht in die Gewissheiten des Lebens gelangt, wendet sie sich gegen überkommenes durch einen flachen Austausch mit Informiertheit. Diese aber ist so unendlich, wie die Ereignisse selbst es sind. Information endet dann in den Tantalusqualen einer unendlichen Wissbegierde, die eine eigene Notwendigkeit errichtet. Information macht süchtig, weil die das große Loch der Uninformiertheit auftut. Da fällt ninein, wer die durch Information ertüchtigte Wirklichkeitswahrnehmung nicht teilen will.
Im Maß der Verselbständigung trennt sich die Information von jedem lebenden Gehalt. Der Sachzwang erscheint als Wissenszusammenhang und totalisiert sich darin. Abgelöstes Wissen ist daher notwendig unsittlich, hat keinen Sinn für das menschliche Leben selbst und konfrontiert sich diesem als Totalität gewisser Gegebenheiten, die eine sinnliche Entleerung der Gewissheiten betreiben. Die Menschen werden sich vielleicht überinformiert empfinden, aber sie sind der Macht der Bilder dennoch gebeugt. Die Welt erscheint verwirrt. Eine innere Autorität wird nötig.